Alle drei Vorschläge kommen aus dem Bereich der Arbeitgeber. Die Industrie- und Handelskammer hat ausdrücklich das Kurzarbeitergeld auch für die Beschäftigten gefordert. Sie hat ausdrücklich gefordert, dass es Garantien geben muss und dass die ausbildenden Betriebe durch ein Förderprogramm gestützt werden können. Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das sind alles Aspekte aus der Fachdebatte, und das sollte uns gemeinsam beschäftigen und nicht einfach so vom Tisch gewischt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Weil mir das wirklich ein Anliegen ist und weil die grüne Fraktion so verschrien ist, sie kümmere sich immer nur um die Abiturienten, will ich ausdrücklich sagen: Wir hatten schon vor Corona – das wissen wir alle – Nachwuchsprobleme, weil die duale Ausbildung offensichtlich nicht mehr die hohe Anziehungskraft hat oder weil sie gesellschaftlich nicht so akzeptiert wird. Das mag unterschiedliche Gründe haben. Deswegen werbe ich ausdrücklich dafür: Geht in die Ausbildungsbereiche. Das ist wertvoll. Ihr könnt dort Qualifikationen erwerben, und wenn ihr euch dann noch für einen anderen Weg entscheidet, für einen akademischen, dann ist das in Ordnung.
Was ich sehr klar für die grüne Fraktion reklamieren will, ist: Wir müssen uns um diesen Ausbildungsjahrgang und wahrscheinlich auch noch mindestens um den nächsten Jahrgang viel intensiver kümmern, als das vorher der Fall gewesen ist. Auch die Betriebe, die ihre Pflicht wahrnehmen, die Ausbildung voranzutreiben, auch im eigenen Interesse, sollten wir nach Kräften unterstützen und nicht auf das Parteibuch schauen, sondern auf den Inhalt des Vorschlags. Daran wäre mir sehr gelegen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ist es auch Ihnen aufgefallen, dass an diesen drei Plenartagen eine Vielzahl von Anträgen debattiert werden muss, welche sich mit den Verwerfungen beschäftigen, die durch die Pandemiemaßnahmen der Landesregierung entstanden sind.
Vor zwei Monaten war das Parlament noch damit beschäftigt, das Ausmaß und den Umfang der Grundrechtseinschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu debattieren.
Nicht debattiert haben wir im März und im April darüber, ob überhaupt die Notwendigkeit besteht, so radikal die meisten der Grundrechte außer Kraft zu setzen. Wir haben den Angaben des Robert Koch-Instituts und des Virologen Drosten kritiklos geglaubt, dass COVID-19 eine solch gefährliche Bedrohung sei, dass das Aussetzen der Grundrechte zu rechtfertigen ist. Dabei nahmen wir auch keine Rücksicht auf die Berufsausübung und auf die Fortführung von Wirtschaftsunternehmen. Ohne Rücksicht auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben wurden Betriebe und ohne Rücksicht auf soziale und persönliche Auswirkungen wurden die Bürgerinnen und Bürger ruhiggestellt.
Die Landesregierung und das Parlament haben lediglich auf einen einzigen Punkt gestarrt, nämlich auf die Seuchenabwehr und auf den Gesundheitsschutz, ohne auf die Zweckmäßigkeit und die Verhältnismäßigkeit dieses radikalen Einschnitts zu achten. Dabei sollten wir es besser wissen. Entscheidungsträger müssen immer mit einem multiperspektivischen Blick auf die Vielzahl der Auswirkungen ihrer Entscheidungen schauen. Vor zwei Monaten haben Landesregierung und Parlament genau gegen diesen Grundsatz verstoßen. Landesregierung und Parlament haben ihre Perspektive zu sehr verengt und damit für die Verwerfungen gesorgt, über deren Beseitigung wir heute debattieren.
Jetzt reiben sich einige hier die Augen und stellen erschrocken fest, was das Niederliegen des öffentlichen Lebens angerichtet hat. Gerade Kinder und Jugendliche sind von diesen Maßnahmen direkt und indirekt besonders hart betroffen. In dieser Gruppe sind es vor allem diejenigen, die in dem vorliegenden Antrag Thema sind, nämlich die Auszubildenden. Das Schließen zahlreicher Betriebe trifft diese Gruppe besonders hart.
In Ihren Anträgen und Entschließungsanträgen haben Sie die Lage richtig beschrieben. Der Einstieg in die Berufsausbildung kann in vielen Fällen gar nicht stattfinden, laufende Ausbildungsverfahren können nicht weitergeführt werden, viele Betriebe können keinen Ausbildungsplatz mehr anbieten und – das ist
Leider ziehen alle hier vorliegenden Anträge nicht die richtigen Schlüsse aus der Situationsanalyse. Die Grünen wollen mit ihrem Entschließungsantrag ihr Steckenpferd, nämlich die Ausbildungsgarantie, durchdrücken. Die SPD will die Misere durch eine steuerfinanzierte Reparatur und durch eine Quasselrunde bewältigen. Die einen nutzen die Krise, um ihr ideologisches Süppchen zu kochen, die anderen wollen wieder einmal in die Tasche des Steuerzahlers greifen und Stuhlkreise aufstellen.
Die CDU hält sich in ihrem Antrag etwas vage und fordert die Landesregierung auf, die Stärkung der dualen Ausbildung fortzusetzen. Das kann man unterstützen. Auch das Maßnahmenpaket, das in dem Antrag gefordert wird, findet unsere Unterstützung.
Aber zur einzigen richtigen Schlussfolgerung kommen Sie nicht. Die einzige Schlussfolgerung aus der Misere wäre nämlich, das öffentliche Leben wieder völlig freizugeben, sowohl in der Schule als auch in der Wirtschaft den Normalbetrieb einschränkungslos zuzulassen.
und geben deshalb nur zögerlich das öffentliche Leben wieder frei. Eine Entscheidung, die vielleicht im März 2020 verzeihlich war – hier werfe ich niemandem etwas vor; wir waren an dieser Entscheidung beteiligt –, ist aber heute unverzeihlich. Man kann es nur als Ignoranz bezeichnen, wenn die Mehrheit dieses Hauses und die Landesregierung neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Verlauf und die Gefährlichkeit der COVID-19-Infektionswelle nicht zur Kenntnis nehmen.
Diese Erkenntnisse werden durch die Zahlen bestätigt, die man heute in der „WeLT“ lesen kann. Mit Stand heute sind laut „WeLT“ 181.524 getestete Infizierte erfasst. Davon sind 162.820 geheilt. Wir haben also im Augenblick eine Infektionsrate von 20.000. Und 8.428 sind verstorben. Bei einer Bevölkerung von 80 Millionen reden wir heute von 20.000 getesteten Infizierten. Ich sage Ihnen ehrlich: Selbst wenn noch Ängste wegen COVID-19 herrschen, die man ernst nehmen muss, muss man doch die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe in das öffentliche Leben betrachten, und diese Eingriffe sind mit Blick auf die neuen medizinischen Erkenntnisse unverhältnismäßig.
Da dies aber nicht auf dem Rücken der Auszubildenden ausgetragen werden soll, können wir dem CDU/FDP-Antrag zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der CDU und der FDP sehr dankbar, dass sie mit ihrem Antrag dafür gesorgt haben, dass wir auch in dieser Plenarwoche im Landtag von Nordrhein-Westfalen über ein Thema sprechen, auf das zurzeit aus gutem Grund viele Menschen etwas sorgenvoll schauen, nämlich die Entwicklung unserer Ausbildungsplätze für das Ausbildungsjahr, das im August/September beginnt, aber auch für das Ausbildungsjahr, das im August/September des nächsten Jahres beginnt, denn viele Firmen entscheiden sich schon vor Weihnachten, wen sie ab Sommer ausbilden möchten.
Die Meldungen aus den Kammern geben noch kein hundertprozentiges Bild, aber sie machen deutlich: Es geht in die Richtung, dass weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen werden als im letzten Jahr.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr etwa 100.000 Ausbildungsverträge. Es wird immer überlegt, was der Staat tun kann, um Ausbildungsplätze zu organisieren.
Das MAGS ist mit den Kammern, mit den Sozialpartnern im Gespräch. In wenigen Tagen werden wir eine Konferenz der Spitzen des sogenannten Ausbildungskonsenses durchführen, um für dieses Thema ganz breit zu sensibilisieren. Darüber hinaus bereiten wir uns im MAGS darauf vor, was wir machen, wenn es im September, Oktober unversorgte Jugendliche gibt, die auch deswegen nicht versorgt sind, weil die Unternehmen nicht bereit sind, in der COVID-19Krise Lehrstellen zur Verfügung zu stellen.
Wenn wir Ausbildungsprämien zur Verfügung stellen würden, um zu stimulieren, dann würde man natürlich gleichzeitig einen riesigen Mitnahmeeffekt organisieren. Deswegen ist zurzeit meine Strategie: Wir müssen gute Pläne vorbereiten, auch über die Finanzierung nachdenken, aber diese Pläne nachher gezielt für diejenigen einsetzen, die im regulären Wettbewerb um Ausbildungsplätze nicht zum Zuge gekommen sind.
Das bereiten wir gut vor. Diejenigen, die länger dabei sind, kennen alle die Instrumente: Das ist Verbundausbildung, das ist Teilzeitausbildung, das ist unter Umständen das Geben von Lehrprämien.
Ich habe mit der Handwerkskammer auch darüber geredet, ob man sich vorstellen kann, wenn alle Stricke reißen, die Leute erst einmal in die ÜBSen aufzunehmen und die Lehre beginnen zu lassen und dann immer wieder zu versuchen, sie möglichst schnell in einen Lehrbetrieb zu geben. Aber wir
machen es erst dann, wenn die Situation da ist, weil es meiner Meinung nach auch in dieser Frage bei der Verantwortung der Wirtschaft bleiben muss, jetzt auszubilden. Denn ein Auszubildender, den ich im Sommer dieses Jahres einstelle, macht frühestens in drei Jahren seine Gesellenprüfung. Erst dann steht die Frage an.
Bis vor Kurzem haben wir noch darüber geredet, dass wir in vielen Bereichen einen Fachkräftemangel haben. Deswegen muss man in dieser Situation appellieren, dass ausgebildet wird; denn die Arbeitskraft steht erst drei Jahre später zur Verfügung. Wir alle wollen sicherlich nicht zulassen, dass wegen der COVID-19-Krise alle Schülerinnen und Schüler eines Schulabgangsjahres oder auch nur Teile eines Jahrgangs ein Problem kriegen, eine Lehrstelle zu bekommen.
Wir machen auch ganz praktische Dinge. Zum Beispiel erhalten die Leute, die Messebau lernen, selbstverständlich weiterhin in der Berufsschule Unterricht, auch wenn der Betrieb jetzt bei null ist. Wenn der Betrieb vielleicht schon gar nicht mehr existiert, besteht die Möglichkeit, dass der Auszubildende seine Abschlussprüfung ablegen kann. Das sind ganz praktische Dinge, die wir für die Bereiche anbieten, in denen quasi überhaupt keine wirtschaftliche Tätigkeit mehr stattfindet. Denn es ist uns natürlich ganz wichtig, dass junge Leute des dritten Lehrjahres auf jeden Fall ihre Abschlussprüfung machen und ihre Lehre beenden können.
Wir im MAGS, Herr Pinkwart im Wirtschaftsministerium und der Landtag sind für das Thema „Ausbildung“ hoch sensibilisiert. Ich weiß auch, dass man bei den Kammern, bei den Unternehmerverbänden, den Gewerkschaften sehr genau hinguckt. Wir bekommen es deshalb, glaube ich, am Ende mit einer vernünftigen Kraftanstrengung hin, dass die jungen Leute eine Lehrstelle finden.
Das Wichtigste ist aber, dass ein Mensch im Anschluss an die Schule eine duale Ausbildung beginnen kann. Das sind wir den jungen Leuten schuldig. Das ist auch klug fürs Land und wichtig für unsere Gesellschaft. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.
Erstens. Wir stimmen über den Antrag der Fraktion von CDU und FDP Drucksache 17/9368 ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt dieses Antrags. Wer stimmt zu? – Das sind CDU, FDP und AfD. Wer stimmt
dagegen? – Das ist die SPD. Wer enthält sich? – Das sind die Grünen. Damit ist der Antrag Drucksache 17/9368 angenommen.
Zweitens. Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/9445 ab. Wer diesem Entschließungsantrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU, FDP und AfD. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/9445 abgelehnt.
Drittens. Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/9452 ab. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU, FDP und AfD. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/9452 abgelehnt.
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/9352