Protokoll der Sitzung vom 11.05.2000

(Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stehtdoch gar nicht drin! Wie kommen Sie denn darauf?)

-Ich sage nicht, dass das da drinsteht. Es steht da dr[n, dass Sie zwei Vollzeitkräfte wollen, das heißt, SO 000 Menschen an diese Stelle gebunden sind. Wenn ich jetzt noch eine katholische und eine evangelische Beratung dazu installieren will,

um das plurale Angebot aufrechtzuerhalten, bin ich bei mehr Menschen, als ein Kreis in Rheinland-Pfalz Einwohner hat.

(Zuruf der Abg. Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Das ist das Einzige, was ich sage. Frau Bill, Sie können das gern gleich noch einmal hier einbringen.

Kommen wir noch einmal zu der Frage des Beratungsangebots. Die evangelische Kirche sagt zu Recht - das hat sie uns allen geschrieben-, sie lehnt eine Segmentierung in der Beratung ab. Das heißt, sie findet es als Idealfall- das muss ich sagen, das ist für mich persönlich auch ein absoluter Idealfall -, wenn die Schwangerschaftsberatung und die Schwangerschaftskonfliktberatung in einer Hand und in einer Person vereinigt sind, weil das Lebenswirklickeit ist, dass man sehr oft zur Beratung geht und nicht weiß, braucht man eine Konfliktberatung oder braucht man eine Schwangerschaftsberatung. Das ist Lebenswirklichkeit, und das istder Idealfall. ·

Das Bundesverfassungsgericht gibt uns aber beide Pflichten auf, sowohl das eine als auch das andere. Damit haben wir als Land Rheinland-Pfalz und als Haushaltsgesetzgeber auch umzugehen. Wir dürfen niCht verleugnen, dass es beide Pflich

ten gibt und beide Angebote auch zu erbringen sind.

Frau Bill, ich komme noch einmal zu ihrem Antrag zurück. Der Aspekt, der in Ihrem Antrag richtig ist, abgesehen von den Zahlen und den Ziffern, die ich so nicht nachvollziehen kann, weil sie zu einer Verschlechterung des wohnortnahen Angebots führen würden, ist, dass unser Landesberatungsgesetz novellierungsbedürftig ist. Ich halte das auch für den Aspekt in Ihrem Antrag, dem wir nachgehen sollten. Das Beratungsgesetz des Landes entspricht nicht mehr den Bundesvorgaben. Es ist älter. Da wird auch noch § 218 StGB zitiert. Tatsächlich ist es § 219 StGB usw. Es ist novellierungsbedürftig. Sicher ist es im Moment unschädlich, weil Bundesrecht vor Landesrecht geht, aber man sollte das durchaus einmal

berei~igen.

Ich bin auf die Segmentierung eingegangen. Ich bin auf die Frage der Pflichten des Landes eingegangen, und ich biri auf die Frage der Zahlen eingegangen. Noch einmal und zur Verdeutlichung: Die nicht konfessionellen mit sieben Beratungsstellen beraten mehr Menschen als die konf_essionell gebundenen mit 60 Beratungsstellen. - Das hat mit der ländlichen Struktur von Rheinland-Pfalz zu tun. Das darf man auch nicht übersehen.

Die Diskussion- auch das habe ich gesagt- findet heute statt, weil ein Teil einer ursprünglich funktionierenden Beratungsstruktur, funktionierend im Sinne der Erfü!lung des Gesetzes, herausbricht. Deswegen müssen wir uns mit dem herausbrechenden Teil beschäftigen. Deswegen liegt dieses starke Gewicht auf der Frage des katholischen Beratungsangebots. Das bricht aus dem pluralen Beratungsangebot heraus; Das man dabei natürlich die Chance nutzen kann, das eine oder andere an Strukturdefizit zu bereinigen, darüber waren wir uns auch einig. Das haben meine Vorrednerinnen auch alle bestätigt. Es ist die Frage, wie man das im ländlichen Raum geschickt einbindet, dass es auch für eine nicht konfessionelle Beratungsstelle ein attraktiver Standort ist. Das sind die Verhandlungen, die zu führen sind. Aber dabei gilt das Hauptaugenmerk, einen Teil dieses Beratungsangebots nicht ganz zu ·

verlieren. Das ist das katholische Element. Das sind die Bemühungen, die die Ministerin imJy1oment auch treiben. Ich un

terstiitze die Ministerin auch in ihrem Bemühen, ein landes

einheitliches Konzept zu entwickel_n.

(Glocke des Präsidenten)

.Es ist uns nicht gelungen. Die katholische Kirche ist in Speyer friiher ausgestiegen als in anderen Bereichen. Das heißt, die Verhandlungssituation, die das Land hat, ist ausgesprochen schwierig, weil sie mit unterschiedlichen Bischöfen und unterschiedlichen Bistumern unterschiedlich diskutieren muss. Das erleichtert ganz sicher nicht das schwierige Geschäft, das die Ministerin hat.

Vielen Dank.

(Beifall der F.D.P. und vereinzelt bei der SPD).

Vizepräsident. Heinz:

Zu einer Kurzintervention erteile i~h der Abgeordneten Frau Bill das Wort.

Frau Hatzmann,.Sie haben noch einmal einiges bestätigt, was wir sicherlich auch gemeinsam wollen. Sie haben dabei auch noch einmal gesagt: Wir kümmern uns besonders um den herausbrechenden Teil, aber dabei möchten wir auch Strukturdefizite bereinigen.

Um genau das möglich zu machen, bedarf es einer anderen Finanzierung, weil dies son·st nicht möglich sein wird. Es werden noch mehr Teile herausbrechen. Unser Antrag sieht vor, es denen, die herausgebrochen sind, den Laienorganisationen, dadurch leichter zu machen. Es wird dadurch dann noch einmal möglich, diese Strukt,urdefizite zu bereinigen, wo im Augenblick aus meiner Sicht und nach dem, was i~h mitbekomme, wenig "Gehirnschmalz" daran nicht verschwendet, sondern investiert wird.

Deswegen möchte ich Sie noch einmal bitten, dies nicht als Provokation zu betrachten, dass wir den Antrag spät vorge'legt haben, sondern so zu betrachten, dass wir einen Vorschlag machen wollten, der dem, was Sie eben sehr deutlich gemacht haben, entgegenkommt, dass es nämlich sonst durch die Art der Finanzierung nicht möglich ist, weil die katholische Kirche deshalb immer so lange gepäppelt wurde, weil sie billiger war.

Ich möchte Sie noch einmal bitten, diesen Vorschlag an den Ausschuss zu ü herweisen und darüber zu diskutieren. Er ist finanzrelevant, und es müssen Mittel bereitgestellt werden. Aber wenn man es gut macht, kann es auch zu einem "Nullsummenspiel" werden. Wenn Kommunenirgendwo entlastet

werden, kann man sie woanders wieder belasten, sodass dies letztendlich das Land nichts kostet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Granold das Wort.

Frau Kollegin, Sie haben noch zwei Minuten Redezeit.

Frau Bill, ich möchte aus Ihrem Antrag vom 18. Januar 2000 zitieren, und zwar einem Entschließungsantrag zum Landes·haushaltsgesetz. Dort heißt es in dem Beschlussvorschlag: Der Landtag stellt fest, in der Bundesrepublik Deutschland ist es Frauen nach wie vor verwehrt, uneingeschränkt selbstbestimmt die Entscheidung über einen S~hwangerschaftsab bruch zu treffen.

(Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)

Was Sie hier machen, ist, Sie prügeln die katholische Kirche, ·

~en"Sack, und meinen den Esel. Sie wollende facto die Fristenregelung und weg von der ganzen Beratung. Diese Diskussion führen wir nicht.

(Beifall der CDU- Dr. Altherr, CDU: So ist es!)

Ich möchte noch 'eines klar und deutlich sagen: Ich möchte mich nicht so sehr auf Zahlen stutzen, wann wo welche Beratungen durchgeführt wurden, weil dies ein falsches Bild ergibt. Ich möchte eindeutig sagen, dass.es in ~er Regel, zumindest sehr oft, bei den Beratungsstellen von "Pro Familia", ohne diese abzuqualifizieren, so ist, dass nach einem Einmalge

spräch ein Beratungsschein ausgestellt wird.

(Frau Bill, BÜNDr-:JIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Die Beratungsgespräche, die bei den katholischen Beratungs

stellen und auch bei den evangelischen geführt werden, umfassen in der Regel ein bis sieben Beratungsgespräche. Es wird auch ein umfasse·nder Hilfeplan vorgestellt.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

·wenn Sie die Zahlen sehen, wo und von wem die Gelder abgerufen werden, dann werden Sie sehen, dass es Tatsache ist, was ich Ihnen gerade gesagt habe.

(Beifall der CDU)

Nun zu Ihrem Entschließungsantrag: Ich finde die Einbringung in der Tat etwas spät. Ich finde es auch bedauerlich, dass wir den Konsens, der ursprünglich einmal bestanden hat, aufgekündigt haben.

Ich kann Ihnen in einem Teil beipflichten, die Aktualisierung der Vorschriften ist vorzunehmen. Aber das ist im 'Prinzip gegenstandslos, weil es längst gemacht wird.

Was Ihre Forderungen nach wohnortnaher Versorgung anbelangt und auch nacli Strukturierung-der Beratungsstellen, so sind diese alle in Ordnung. Nur, dies ist in einem Flächenland

wie Rheinland-Pfalzüberhaupt nicht finanzierbar.

Der Gesetzgeber hat uns vorgegeben: pro 40 000 Einwohner eine Beratungsst~lle. Wir sollten froh sein, vitenn wir dieses Mindesterfordernis des Gesetzgebers überhaupt erfüllen können.