Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

Wenn ich ein kurzes Fazit ziehen darf: Die Maßnahmen sind angelaufen. Was ich von der Rückmeldung her erfahren habe ist, dass sie sehr gut aufgenommen werden und die Hilfsbereitschaft sehr hoch eingeschätzt wird. (Beifall der SPD und der FDP)

Herr Staatsminister, zunächst einmal vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich habe noch eine Nachfrage. Sie sind in den letzten Monaten mehrfach in den USA gewesen. Mich würde interessieren, wie sich die persönlichen Kontakte, die Sie für die Landesregierung aufgebaut haben, in solchen Ausnahmezeiten auswirken.

Persönliche Kontakte wirken sich immer positiv aus, insbesondere in diesen Ausnahmezeiten. Es gibt direkte Drähte. Wir telefonieren mit dem Pentagon in Washington, das einen Teil dieser Hilfsmaßnahmen koordiniert. Wenn es also einen Kritikpunkt gäbe, wüssten wir davon.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kohnle-Gros.

Herr Staatsminister, hatten Sie eine Bemerkung dazu gemacht, welchen Polizeieinsatz wir benötigen? – Ein

paar Tage lang war in den Medien zu lesen, dass eventuell zur Identifizierung von Toten unsere Polizisten des BKA oder des LKA benötigt werden. Kann man dazu aktuell etwas sagen?

Der Bundesinnenminister hat eine Identifizierungsgruppe vom BKA angeboten. Ich bin aber momentan überfragt, ob das Angebot abgerufen worden ist. Soweit ich weiß, wurden auch wir darauf hingewiesen. Wir stellen dem Bund immer wieder Experten zur Verfügung, so beispielsweise auch bei der Tsunami-Katastrophe. Aus Rheinland-Pfalz wurden sie aber nicht abgerufen. Ob sie vom Bund abgerufen worden sind, kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Das müsste ich nachprüfen lassen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schnabel.

Ist Ihnen bekannt, ob andere Bundesländer in ähnlicher Weise helfen wie Rheinland-Pfalz?

Die Bundesregierung hat das Land Baden-Württemberg beauftragt, die Koordination vorzunehmen. Ich gehe davon aus, dass auch andere Bundesländer sich in ähnlicher Weise beteiligen. Allerdings sind wir einmalig in unserem Angebot der finanziellen Unterstützung. Dies hängt auch mit unserer direkten Verbindung mit den USA zusammen.

Weitere Fragen liegen nicht mehr vor. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Rosenbauer und Christian Baldauf (CDU), Heimerziehung statt Untersuchungshaft – Nummer 2 der Drucksache 14/4483 betreffend –, auf.

Herr Baldauf, bitte.

Vor wenigen Tagen hat Justizminister Herbert Mertin mitgeteilt, dass mit der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee eine Vereinbarung geschlossen worden ist, nach der für rheinland-pfälzische Unterbringungsfälle nach den §§ 71 ff. JGG drei Plätze im Heinrich-Wetzlar-Haus, Schloss Stutensee, ständig vorgehalten werden. Offenbar geht also die Landesregierung auf absehbare Zeit nicht von der Realisierung eines entsprechenden Ange

bots in Rheinland-Pfalz selbst durch das Sozialministerium aus, nachdem der Versuch mit dem Jugendheim in Rodalben aufgrund gravierender Fach- und Umsetzungsfehler und mit einem tragischen Todesfall geendet hat.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hätte eine Vereinbarung zur festen Vorhaltung von Plätzen mit Schloss Stutensee der Entwicklung und Umsetzung des ursprünglichen Projekts für Heimerziehung statt Untersuchungshaft in Rheinland-Pfalz dadurch gut getan, dass Zeit für gründliches und durchdachtes Vorgehen hätte gewonnen werden können?

2. Mit welchen Trägern, die nach Auffassung des Sozialministeriums die Voraussetzungen für die Durchführung eines Projekts für Heimunterbringung statt Untersuchungshaft erfüllen, hat die Landesregierung konkret Kontakt aufgenommen mit der Zielsetzung, ein erneutes Projekt Heimerziehung statt Untersuchungshaft in Rheinland-Pfalz zu realisieren?

3. Welche Vorstellungen über Umfang und Inhalt des Projekts lagen dem seitens der Landesregierung zugrunde?

4. Welche Bedeutung haben die wegen konzeptioneller Uneinigkeit von Justiz- und Sozialministerium entstandenen Fach- und Umsetzungsfehler und andere Gründe dafür, dass derzeit kein Träger zur Durchführung eines Projektes zur Untersuchungshaftvermeidung zur Verfügung steht?

Herr Kollege, ich weise noch einmal darauf hin, dass die Verlesung des Vorspanns entbehrlich ist.

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Rosenbauer und Christian Baldauf beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Für die Planung und Umsetzung des Projekts Heimerziehung statt Untersuchungshaft im Jugendheim Mühlkopf in Rodalben stand ausreichend Zeit zur Verfügung. Ein gründliches und durchdachtes Vorgehen war jederzeit gegeben. Diese Feststellung entspricht auch den Ergebnissen des Abschlussberichts des Untersuchungsausschusses.

Im Schloss Stutensee werden seit Jahren seitens der Justiz Plätze belegt. Eine Vereinbarung schien sinnvoll, da in Rheinland-Pfalz zurzeit kein Träger zur Verfügung steht, um ein entsprechendes Konzept umzusetzen. Darauf haben der Justizminister und ich bereits in der

Landtagsdebatte am 1. Juni 2005 hingewiesen. Es verwundert, dass dies nun scheinbar eine Überraschung sein soll.

Zu den Fragen 2 und 3: Bereits mit Abschluss des Untersuchungsausschusses stand fest, dass keiner der erfahrenen Träger in der Heimerziehung aufgrund des öffentlichen Drucks und der fortwährenden politisch motivierten Debatten bereit ist, ein entsprechendes Projekt umzusetzen. Daran hat sich nichts geändert. Ein Jugendhilfeträger, der nach Abschluss des Untersuchungsausschusses Interesse gezeigt hatte, hat dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung mitgeteilt, dass er den Gedanken der Einrichtung einer geschlossenen Gruppe im Moment nicht weiter verfolgen will.

Zu Frage 4: In Rheinland-Pfalz gibt es weiterhin Einrichtungen, die Plätze für Heimerziehung statt Untersuchungshaft anbieten. Bundesweit gibt es eine einzige Einrichtung mit baulichen Sicherungsmaßnahmen.

Dass sich hierfür in Rheinland-Pfalz zurzeit kein Träger findet, hat aus meiner Sicht zwei Gründe:

Zum einen sind in Rheinland-Pfalz nur wenige Träger in der Lage, grundsätzlich die Anforderungen für die Umsetzung eines solchen Projekts zu erfüllen. Zum anderen ist keiner dieser Träger vor dem Hintergrund der großen öffentlichen Aufmerksamkeit für dieses Projekt bereit, das Projekt letztlich umzusetzen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Baldauf, bitte.

Frau Staatsministerin, welche Unterlagen, Konzepte, Planungen und Ähnliches, wurden den jeweiligen potenziellen Interessenten vorgelegt?

Herr Abgeordneter Baldauf, wenn Sie meine Antwort richtig verfolgt haben, haben Sie auch gehört, dass es neuerdings keinerlei Verhandlungen mehr gegeben hat, weil sich schon vor Abschluss des Untersuchungsausschusses kein Träger mehr dazu bereit erklärt hat. Es gab einen Träger, der im Nachhinein sein Interesse bekundet hat. Es gab ein einführendes Gespräch beim Landesjugendamt. Dort sind die Rahmenbedingungen formuliert worden, und dort sind die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses sowie das formuliert worden, was mit der Ministerratsvorlage bereits vorgelegt worden ist. Der Träger hat nach einem ersten Gespräch bereits mitgeteilt, dass er kein Interesse an der Umsetzung des Projekts hat.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Baldauf.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie von sich aus aber nicht in irgendeiner Form die Konzeption oder das Anforderungsprofil an einzelne Träger gesandt haben?

(Zuruf aus dem Hause: Also, es ist unerträglich!)

Wir nehmen unsere Partner ernst. Wir sind unentwegt mit ihnen im Gespräch. Das Landesjugendamt hat permanent Kontakt mit diesen Trägern. Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund, noch einmal ausdrücklich schriftlich oder in sonstiger Form auf die Träger zuzugehen. Es hat sich bei unseren Partnern in ihrer Einstellung, was diese Einrichtung betrifft, bis zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nichts geändert.

(Lewentz, SPD: Es nimmt ihn doch keiner mehr ernst!)

Herr Marz, bitte.

Frau Ministerin, Sie sagen, potenzielle Träger hätten im Moment kein Interesse.

(Ministerpräsident Beck: Das wundert ihn!)

Ich gehe davon aus, dass es Gründe gibt, weshalb die Träger kein Interesse haben. Können Sie mir sagen, inwiefern sich die konzeptionellen Vorgaben, von denen die Träger bei ihrer Ablehnung ausgehen, von den konzeptionellen Vorgaben unterscheiden, die für die Einrichtung in Rodalben gegolten haben?

Es gibt keinerlei Ablehnung seitens der Träger aufgrund konzeptioneller Vorgaben. Wir waren lange Zeit mit einem potenziell geeigneten Träger im Gespräch. Der einzige Grund der Ablehnung zurzeit ist der öffentliche Druck bezogen auf dieses Projekt. Die Träger sind nicht bereit, sich sozusagen zwischen die Stühle der politischen Auseinandersetzung zu setzen. Deshalb können wir auch nicht davon ausgehen, dass sich dies in absehbarer Zeit ändert.

(Beifall der SPD und der FDP)

Frau Thelen, bitte.

Frau Ministerin, wer konkret war der Träger, der zuletzt noch seine Bereitschaft bekundet hatte?

Ich weiß nicht, ob es richtig ist, die Träger immer in öffentlicher Debatte zu benennen. Es ist ein Träger aus der Pfalz. Wir können Ihnen den Namen gern zukommen lassen, das ist überhaupt keine Frage. Es soll kein Geheimnis dem Parlamentarier gegenüber sein. Aber die Erfahrung aus den letzten Diskussionen hat gezeigt, dass es für die Träger ein großes Problem ist, wenn dies öffentlich immer wieder diskutiert wird. Wir lassen es Ihnen heute noch zukommen.