Protokoll der Sitzung vom 14.12.2001

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch ist der strukturelle Unterrichtsausfall an den berufsbildenden Schulen insgesamt und an ihren einzelnen Schulformen im Schuljahr 2001/2002?

2. Wie viele Lehrerwochenstunden weniger als das angeforderte und anerkannte Soll erhielten die berufsbildenden Schulen insgesamt und ihre jeweiligen Schulformen (bitte absolute und prozentuale Angaben)?

3. Wie viele Lehrkräfte (Stellenäquivalente) mehr als die zugewiesenen wurden von den berufsbildenden Schulen zur Abdeckung der Unterrichtsversorgung angefordert?

4. Wie hoch ist der durchschnittliche strukturelle Unterrichtsausfall aller Schularten in Rheinland-Pfalz unter Einbeziehung des strukturellen Unterrichtsausfalls der berufsbildenden Schulen im Schuljahr 2001/2002?

Es antwortet Staatsministerin Frau Doris Ahnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt: Wie in den vergangenen Jahren auch wurde den Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags nach Auswertung der Erhebungsunterlagen eine Übersicht mit Informationen zur Unterrichtsversorgung an den einzelnen berufsbildenden Schulen des Landes übersandt.

Zu Frage 1: Wie in dieser Übersicht ausgewiesen, beträgt der strukturelle Unterrichtsausfall an den berufsbildenden Schulen (öffentliche Schulen ohne landwirt- schaftliche Schulen – das ist die Bezugsgröße, die wir immer wählen) zum Stichtag der allgemeinen Schulstatistik im Schuljahr 2001/2002 insgesamt 6,95 % und unter Berücksichtigung der Veränderungen, die sich bis zum 2. November 2001 durch zusätzliche Einstellungen, insbesondere für die Absolventen der Seminare – auch das entspricht der jährlichen Übung – ergeben haben, 5,98 %.

Damit konnte die Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen auch in diesem Jahr weiter verbessert werden, nämlich um 0,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Für die einzelnen Schulformen der berufsbildenden Schulen liegen Angaben nur für den Stichtag 25. September 2001 vor. Auch hier ist in der Regel in der Zwischenzeit eine Verbesserung eingetreten. Ich bin aber gern bereit, Ihnen die Zahlen pro Schulform bezogen auf den Stichtag zu nennen. Das heißt für die Berufsschule 8,55 %, für die Berufsfachschule 6,21 %, die Fachoberschule 5,13 %, das berufliche Gymnasium 1,94 % und die Fachschule 3,0 %.

Zu Frage 2: Das Unterrichtssoll errechnet sich anhand der Klassen, der erforderlichen Klassenteilungen und der Stundentafeln. Gesonderte Anforderungen werden von den berufsbildenden Schulen nicht erstellt.

Zu Frage 3: Unter Zugrundelegung des Regelstundenmaßes von 24 Wochenstunden ergibt sich zum 2. November 2001 ein rechnerischer Bedarf von 256 Lehrereinheiten. Allerdings ist diese Berechnung schon wegen der Fächerdifferenziertheit mehr als problematisch.

Zu Frage 4: Zum jeweiligen Stichtag ergibt sich ein struktureller Unterrichtsausfall aller Schularten in Rheinland-Pfalz unter Einbeziehung des strukturellen Ausfalls der berufsbildenden Schulen von 2,3 %.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wiechmann.

Frau Ministerin, können Sie mir sagen, wie viele Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden Schulen auf

einen Lehrer kommen? Ich meine die Schüler-LehrerRelation.

Das kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht sagen. Das kann ich Ihnen gern nachliefern. Das ist kein Problem.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wiechmann.

Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass Rheinland-Pfalz nach der Statistik der Kultusministerkonferenz vom Dezember 2000 die ungünstigste Schüler-Lehrer-Relation aller Bundesländer hat?

Ich habe Ihnen gesagt, dass ich gern bereit bin, die aktuelle Schüler-Lehrer-Relation berechnen zu lassen und sie Ihnen nachzuliefern. Wenn ich diese berechnet vorliegen habe, werde ich Sie auch im bundesweiten Vergleich gewichten.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Keller.

Frau Ministerin, bezieht sich Ihre Feststellung, dass sich die Unterrichtsversorgung im berufsbildenden Bereich um sage und schreibe 0,5 % verbessert hat, auf die Werte zum Erhebungsstichtag, die Sie mit 6,95 % angegeben haben, oder auf die nachgebesserten Werte zum Stichtag 1. November?

Das Auseinanderklaffen von Statistiktag und dem 2. November hat meines Erachtens im Land RheinlandPfalz eine gute Tradition. Das ist nämlich nicht etwa, weil sich die Zahlen verbessern würden, sondern es ist die bewusste Entscheidung, dass im November noch Einstellungen möglich sein müssen, weil dann die Seminare den Entlasstermin haben.

Wir wählen diesen und halten ihn zum Teil bewusst offen, damit diejenigen, die neu aus dem Seminar kommen, eine Chance haben, in den berufsbildenden Bereich zu kommen. Deswegen beziehen sich die 0,5 Prozentpunkte auf den Termin 2. November.

(Beifall der SPD)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Keller.

Frau Ministerin, könnten Sie bitte einmal die Vergleichswerte vom vergangenen Jahr sagen, und zwar einmal zum Erhebungsstichtag und zum Nachbesserungstermin.

Der Nachbesserungstermin ist, wie bereits ausgeführt, ein Termin vor allen Dingen zur Nachbesserung der Einstellungschancen für Absolventinnen und Absolventen der rheinland-pfälzischen Seminare. Die Vergleichszahlen zu diesem Tag betrugen, wenn man den Statistikstichtag nimmt, im letzten Jahr 7,2 % und dieses Jahr 6,95 %. Auch hier ist eine Verbesserung eingetreten.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wiechmann.

Frau Ministerin, VLBS und VLW fordern 400 zusätzliche Planstellen für die berufsbildenden Schulen, damit diese ihrem Bildungsauftrag gerecht werden können und dabei vergleichbare Bedingungen wie andere Schularten in anderen Bundesländern haben. Was tut die Landesregierung, um die nicht gerade rosigen Zahlen zu verbessern, oder gibt sie sich mit diesen Zahlen und ihren Anstrengungen zufrieden?

1. VLBS und VLW sind der Landesregierung wichtige Ansprechpartner, die die Interessen der berufsbildenden Schullehrer vertreten.

2. Die Versorgung gerade im berufsbildenden Bereich ist in hohem Maß davon abhängig, dass ausreichender Lehrernachwuchs zur Verfügung steht. Deswegen haben wir uns in großem Umfang darum gekümmert, dass sich diese Situation in Zukunft verbessern wird. Wenn Sie dieser Tage die Berichterstattung verfolgt haben, haben wir auch mitgeteilt, dass wir deutlich mehr Anwärterinnen und Anwärter in den Seminaren haben, als das im letzten Jahr der Fall war. Das ist aus meiner Sicht der beste Beitrag, die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen zu verbessern.

Ich komme zu den Zahlen. Sie sagten, diese sehen nicht rosig aus. Ich wollte sie eigentlich nicht vortragen: Ich kann Ihnen einmal ein paar Etappen nennen. Ich kann

sie Ihnen auch gern seit 1980 zur Verfügung stellen. Es wäre für mich kein Problem gewesen, Ihre Anfrage so zu beantworten, dass ich sage, wir haben an den berufsbildenden Schulen die beste Unterrichtsversorgung seit 20 Jahren im Land Rheinland-Pfalz. So ist die Entwicklung der Zahlen.

(Beifall der SPD)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Keller.

Frau Ministerin, verstehen Sie mein Misstrauen gegenüber diesen Nachbesserungen, weil ich in der Vergangenheit konkret schriftlich nachgefragt habe, und zwar nicht nur nach den zusätzlichen Stellen, sondern auch nach den möglichen Abgängen in dieser Zeit? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sie immer nur die zusätzlichen Stellen, aber nie die möglichen Abgänge genannt haben. Verstehen Sie deshalb meine Skepsis, wenn Sie immer nur nachbessern?

Ich verstehe Ihre Skepsis und Ihr Misstrauen nicht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Diese Zahlen geben aus meiner Sicht völlig korrekt den Stand wieder. Das Problem Ihrer in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit gestellten Anfragen ist, dass Ihre Fragestellung darauf hinauslaufen würde, dass das Ministerium zentral eine Statistik darüber führt, welche Lehrerinnen und Lehrer an welchem Tag eingestellt und erkrankt sind, und das am besten täglich.

Ich sage Ihnen, dass Sie einen Personalkörper von 35.000 Lehrerinnen und Lehrern so nicht führen können. Wenn wir das tun würden, würden Sie mir zu Recht vorwerfen, dass das steinzeitliche Methoden sind. Wir brauchen die Verantwortung vor Ort für diese Frage.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist abgelaufen.

Zur Geschäftsordnung erteile ich dem Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Herrn Kollegen Hartloff, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beantrage seitens der SPD-Fraktion die Aussprache über die

Mündliche Anfrage der Kollegin Brede-Hoffmann (SPD) , Auswertung und Konsequenzen der PISAErgebnisse – Nummer 1 der Drucksache 14/538 – betreffend.

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Aussprache eine halbe Stunde dauern sollte.

Meine Damen und Herren, ich erteile der Abgeordneten Frau Brede-Hoffmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause einig, die PISA-Studie hat Besorgnis erregende Ergebnisse für die Bundesrepublik Deutschland hervorgebracht. Wir sind uns auch einig, dass wir darüber diskutieren müssen, dass wir die Hintergründe untersuchen müssen, um von den Ländern zu lernen, die wesentlich bessere Ergebnisse in dieser Studie gezeigt haben.

Ich möchte für die SPD-Fraktion betonen, dass es für uns erschreckend ist festzustellen, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Zusammenhang zwischen sozialer Zugehörigkeit und der jeweiligen Leistungsfähigkeit am engsten ist, das heißt, dass Kinder und Jugendliche mit einem schwierigen sozialen Hintergrund auch große Probleme in der Schule haben und ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Das kann uns nicht freuen, und das kann uns nicht beruhigen. Natürlich ist es auch Besorgnis erregend, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund – Frau Staatsministerin Ahnen hat ausdrücklich darauf hingewiesen – große Probleme in der Schule haben.

Ansätze für Reaktionen sind an vielen Stellen, von der KMK, von Lehrerinnen- und Lehrerverbänden, vom Ministerium, schon erklärt worden. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause einig darüber, wir müssen im frühen Kindesalter anfangen, in den Kindertagesstätten spielerisch lernen, die Fähigkeiten der Kleinen zu nutzen, die noch ganz anders sind als die eines zehn- oder elfjährigen Kindes. Im Grundschulaltergilt es, zu üben, zu fördern, viel mehr Zeit zum Lernen zu geben. Grundlagen müssen sitzen, aber die Kinder müssen angeregt werden, nachzufragen, zu forschen, nicht einfach nur Fakten zu lernen, sondern immer wieder auch die Fähigkeit zu bekommen, das, was sie gelernt haben, zu übertragen und kritisch zu hinterfragen. Die Lern- und Arbeitsformen müssen sich fortsetzen in den späteren Jahren, ganz egal in welchem Bildungsgang.