Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

Meine Damen und Herren, es ist die Frage, ob es nur um Expertenwissen geht oder ob es um die breite Nachvollziehbarkeit geht. Geht es Ihnen nur darum, mehr Flexibilität im Haushaltsrecht zu schaffen – das haben wir im Jahr 2000 mit einer Veränderung der Landeshaushaltsordnung in vielen Bereichen gemacht –, oder geht es Ihnen auch darum, ob es tatsächlich bei dem Entgegenkommen des Parlaments – so habe ich das immer verstanden, wenn es um Flexibilisierung des Haushaltsrechts geht, was ein Stück Entgegenkommen ist und im Wissen darum, dass es auch sinnvoll angewendet werden kann, aber auch nicht immer muss – auch ein Entgegenkommen seitens der Exekutive gibt, indem sie zum Beispiel bereit ist, über bestimmte Schritte im Haushaltsvollzug regelmäßig zu berichten usw.? Diese Debatte haben wir geführt. Sie haben damals weiter gehende Vorschläge von uns abgelehnt.

So haben wir zum Beispiel in der 13. Wahlperiode – das ist noch gar nicht so lange her – gefordert, im Haushaltsplan eine Übersicht über das vollständige Staatsbudget des Landes zu geben – Einnahmen, Ausgaben, Verpflichtungsermächtigungen, Vermögen, Kreditaufnahme, Verschuldung, Haftungsrisiken im Landeshaushalt –, was auch die Landesbetriebe, aber auch Unternehmen mit Landesbeteiligungen, Stiftungen, Anstalten, Körperschaften des öffentlichen Rechts inkludiert. Das wäre eigentlich eine komplette Übersicht und eine gute Grundlage für eine Konzernbetrachtung.

Meine Damen und Herren von der CDU, jetzt zu Ihnen: Wir haben damals in der Diskussion um die Landeshaushaltsordnung, um die Veränderungen im Haushaltsrecht eine ziemlich intensive Diskussion im Haushaltsund Finanzausschuss mit einer Anhörung und allem Drum und Dran geführt. Wir haben dazu auch einen Änderungsantrag zum Vorschlag der Landesregierung eingebracht. Das waren zum Teil Vorschläge, die Sie heute in etwas abgewandelter Form eingebracht haben.

Die CDU wollte damals vor knapp eineinhalb Jahren von diesem Ansinnen gar nichts wissen. Das gilt auch für den Überblick über ein Staatsbudget, das über die Reglementierungen, die Sie vorschlagen, hinaus geht. Sie haben brav und artig mit den Regierungsfraktionen für die Regierungsvorlage gestimmt und waren – ich habe extra noch einmal die Debatte nachgelesen – in Form von Herrn Dr. Weiland und von Herrn Jullien eigentlich rundherum mit dem, was vorgelegt worden war, zufrieden. Sie haben lediglich globale Veranschlagungen

kritisiert. Diese Kritik bezog sich aber nicht auf die Haushaltsordnung.

Insofern bin ich ganz froh, dass die CDU auf den Weg gekommen ist und gesagt hat: Ja, wenn es neue Finanzierungsformen gibt, brauchen wir neue Methoden einmal zur Einbindung und dann auch zur Kontrolle. – Das ist bei den Landesbetrieben und eigentlich auch bei den Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, richtig. Das ist auch richtig bei der privaten Vorfinanzierung.

Auch da noch ein Wort in Richtung CDU: Herr Bracht, Sie waren derjenige, der in den vergangenen Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses immer irgendwie mit dem Hexenkreuzchen unter dem Tisch gesagt hat: Private Vorfinanzierung ist pfui. Das wollen wir eigentlich nicht. Das sei nicht gut, die Verschuldung für das Land steige auch darüber indirekt. Aber dann stimmten Sie jeder einzelnen Maßnahme zu.

So ähnlich verhält es sich mit Ihrem Vorschlag auch. Sie schreiben nicht, dass Sie diese private Vorfinanzierung nicht wollen – man befindet sich jetzt eigentlich auch auf einem anderen Weg –, sondern Sie sagen: Wenn man diesen Weg geht, muss man das nur vernünftig veranschlagen. – Das ist meiner Meinung nach ein sehr inkonsequenter Weg.

Wenn Sie zum einen deutlich machen, dass über die private Vorfinanzierung – – – Ich will einmal sagen, wie das für das Land aussieht – Baukosten und Finanzierungskosten für die Straße. Das ist quasi neben der Kreditfinanzierung und einem Schuldenstand von fast 40 Milliarden DM über die Zeit eine zusätzliche Verschuldung von rund einer Milliarde DM. Die Deichbaukosten habe ich noch nicht dazugezählt. Herr Bracht und Ihre Kollegen von der CDU, diese eine Milliarde DM haben Sie Stück für Stück abgenickt.

Ich mache es Ihnen zum Vorwurf, dass Sie nachträglich kommen und sagen, dann muss man das wenigstens richtig verbuchen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Bracht, das sind für mich in diesem Zusammenhang auch keine Selbstverständlichkeiten, sondern Widersprüche, die Sie transportieren und in Ihrem Gesetz transportieren. Wir halten Ihren Gesetzentwurf in den einzelnen Schritten für nicht ausreichend, weil Ihre Vorschläge nicht dahin führen, tatsächlich einen Konzernabschluss oder einen gesamten Überblick über das Staatsbudget zu bekommen. Sie bleiben dahinter zurück.

Wenn Ihr Anliegen so getragen, fundamental und motiviert gewesen wäre, wie Sie es in Ihrer Rede deutlich gemacht haben, hätte ich mir gewünscht, dass Sie das bei der Diskussion im Haushalts- und Finanzausschuss auch betrieben hätten. Dort hätte ich mir gern eine intensivere Diskussion gewünscht. Ich hätte mich auch eingeklinkt und gefragt, wie wir das schaffen, was die Landesregierung sagt, nämlich eine Konzernbetrachtung über den Haushalt zu machen.

So, wie der Öffentlichkeit die Eckdaten zur Entwicklung des rheinland-pfälzischen Landhaushalts Ende Oktober mit Einnahmen, Ausgaben, Personalausgaben, der Finanzierung und ganz weit unten dem Hinweis, wie sich die Landesbetriebe über welche Investitionen und im Gegenzug Kreditaufnahmen finanzieren können, vorgelegt wurden, handelt es sich um keine Konzernbetrachtung, jedenfalls nicht für diejenigen, die es überschauen können.

Insgesamt wünsche ich mir – das verbinde ich mit unserer Ablehnung Ihrer Vorschläge –, dass wir uns als Parlament – Herr Bracht, ich gebe Ihnen Recht, das Ganze wäre eine Frage des gesamten Parlaments – und insbesondere als Haushälter mit diesen Fragen noch einmal beschäftigen, besonders was die Dokumentation in der Haushaltsrechnung, aber auch die Entwicklung im Haushalt angeht, und nach der abschließenden Beratung des Doppelhaushalts perspektivisch beraten und tatsächlich neue Wege in diesem Bundesland beschreiten. Dabei haben Sie uns an Ihrer Seite. In diesem Sinn werden wir auch initiativ werden.

Herr Ramsauer, ich finde es immer schön, wenn Sie sagen, wir haben den tollsten Subventionsbericht, den besten Beteiligungsbericht und sind überhaupt ganz weit vorn. Das alles habe die SPD-Fraktion gemacht. Hätten Sie nicht so eine energische Oppositionsarbeit in Ihrem Rücken und an Ihrer Seite gespürt – ich meine nicht Sie, sondern Ihre Vorgänger –, wären Sie aus eigener Kraft nicht ein Schrittchen vorangekommen. Wir haben Sie Meter vorangetrieben. Das ist einer der ganz schönen Erfolge der Opposition, dass man das für sich verbuchen kann. Das geht nicht mit Ihnen nach Hause.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Sinn und ganz versöhnlich an dieser Seite: Ich möchte Sie gern mitnehmen. – Lassen Sie uns die Diskussion weiterführen, auch bei der Frage Landesbetrieb, vor allen Dingen bei der Frage Leistungsaufträge. Bisher habe ich von Leistungsaufträgen noch nichts gesehen. Sie haben jetzt drei Landesbetriebe, das heißt, eigentlich zwei und einen Quasi-Landesbetrieb.

(Glocke des Präsidenten)

Ich sehe an keiner Stelle Ziele, Leistungsvorgaben, Qualitätsstandards, die formuliert wären und einem solchen Landebetrieb mit auf den Weg gegeben sind. Bei dem Quasi-Landesbetrieb Landesforsten haben wir das in den Haushaltsberatungen schon angesprochen. So geht es natürlich nicht, nämlich alles auszulagern, machen zu lassen und nachher abzufeiern. Hier müssen klare Vorgaben gesetzt werden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Kollegen Kuhn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 2001 beschlossen, dem Landtag die Ablehnung des von der CDU-Fraktion eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung der Landeshaushaltsordnung zu empfehlen. In der Tat ist dieser Entwurf in seinen wesentlichen Punkten äußerst fragwürdig. Der Finanzminister hat dies im Dezember schon detailliert nachgewiesen. Ich denke, er wird heute noch einmal auf die wesentlichen Punkte eingehen. Ich meine, dass ich das nicht vertiefen muss.

Besonders vertiefen und betonen möchte ich jedoch einen anderen Aspekt des Entwurfs. Dieser Entwurf neigt insgesamt unübersehbar dazu, den Umfang bürokratischer Reglementierung noch weiter auszubauen statt abzubauen. In einer Zeit, in der an bürokratischen Hemmnissen wahrlich kein Mangel herrscht und Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung die Gebote der Stunde darstellen, nimmt sich das, was die Kollegen von der CDU-Fraktion anbieten – vorsichtig formuliert –, eher befremdlich aus.

Wie ein roter Faden zieht sich ein geradezu investitionsfeindlicher Unterton durch den ganzen Text. Dies ist nichts weiteres als der untaugliche Versuch, die Landesbetriebe LBB und LSV zu desavouieren und damit die Einführung kaufmännischer Prinzipien in Teilen der öffentlichen Verwaltung zu untergraben. Genau dies wäre die Konsequenz, wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf folgen würden.

Die Landesbetriebe sind schließlich Einrichtungen, die von Ihrer Struktur her bei relativ hohen konsumtiven und investiven Ausgaben nur sehr begrenzte eigene Einnahmen aufweisen. Ihnen insbesondere zur Finanzierung dringend nötiger öffentlicher Investitionen den Gang zum Kapitalmarkt faktisch unmöglich zu machen, wäre geradezu unverantwortlich. Das ist – zu Ende gedacht – die Konsequenz aus Ihrem Gesetzentwurf.

Dazu kommt die schlichtweg unzutreffende Behauptung der CDU-Fraktion – Herr Kollege Ramsauer hat das dargestellt –, der Umfang der von den Landesbetrieben aufgenommenen Kredite würde nicht bei der Nettokreditaufnahme des Landes erfasst werden.

Meine Damen und Herren, es war klar, ist klar und wird klar bleiben: Kern- und Betriebshaushalte werden offen dargestellt. Wenn Sie einmal aus dem Schatten ihrer Vorurteile heraustreten würden, könnten Sie unschwer erkennen, dass die Kreditaufnahme der Landesbetriebe klar und eindeutig erfasst wird.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie geht in die Gesamtbetrachtung – das ist an dieser Stelle immer wieder deutlich gemacht worden – des Haushalts, die so genannte Konzernbetrachtung, ein. Nur diese macht Sinn. Jede andere Betrachtung ist der Versuch, die Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen. Die Landesbetriebe sind so konzipiert, dass sie stets zum Kernhaushalt hinzugerechnet werden. Ihre Kre

ditaufnahme ergibt zusammen mit jener des Kernhaushalts die Gesamtkreditaufnahme des Landes als Konzern, die die verfassungsmäßige Obergrenze einhalten muss und, wie Sie am aktuellen Doppelhaushalt 2002/2003 sehen können, auch unter erschwerten Bedingungen tatsächlich einhält. Wie man angesichts dieser Fakten davon sprechen kann – ich zitiere aus Ihrem Entwurf –, Klarheit und Wahrheit des Haushalts sind nicht mehr gewährleistet, dürfte somit wohl ihr Geheimnis bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf basiert auf einer aus unserer Sicht höchst fragwürdigen Sichtweise des Haushalts dieses Landes und damit auch der bestehenden Haushaltsordnung. Aus diesen Gründen lehnen wir den CDUGesetzentwurf ab.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU – Drucksache 14/502 – in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen nun zu Punkt 9 der Tagesordnung:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/572 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart.

Ich erteile Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein erstes Landesgesetz zur Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes lässt sich inhaltlich in zwei Teile aufspalten:

Zum einen enthält der Gesetzentwurf Regelungen, die auf eine maßvolle Korrektur der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen abzielen. Dies geschieht im Wesentlichen dadurch, dass die kommunale Beteiligung an dem Aufkommen der Grunderwerbsteuer entfällt, wobei die finanziellen Folgen dieser Änderung durch eine Reihe von Kompensationsmaßnahmen deutlich abgemildert werden.

Zum anderen beinhaltet der Gesetzentwurf einige weitere Änderungen, die der Optimierung des Finanzausgleichsystems im Detail dienen.

In seiner Regierungserklärung anlässlich der Einbringung des Landeshaushalts 2002/2003 hat der Minister der Finanzen erläutert, warum die Landesregierung der Auffassung ist, dass sich in der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen ein Ungleichgewicht zu Lasten des Landes entwickelt hat.

Vom Kollegen Mittler wurde darauf hingewiesen, dass Rheinland-Pfalz im Vergleich der westlichen Flächenländer für die vergangenen zehn Jahre den höchsten Zuwachs im Transfer an die Kommunen aufweisen kann. Hinzu komme, dass der Anteil der rheinlandpfälzischen Kommunen an den vom Land und den Kommunen gemeinsam oder in Arbeitsteilung wahrzunehmenden Aufgaben vergleichsweise niedrig sei. Per Saldo liege in unserem Land der Nettotransfer an die Kommunen jährlich um rund 250 Millionen Euro über dem Durchschnitt der alten Länder.

Zu den die quantitative Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen betreffenden Erwägungen treten systematische Aspekte hinzu. Rheinland-Pfalz ist das einzige Bundesland, das bislang die alte Grunderwerbsteuer in Höhe von 2 % den Landkreisen und kreisfreien Städten überließ, obwohl es sich bei der Grunderwerbsteuer fraglos nach Artikel 106 Abs. 2 Nr. 4 des Grundgesetzes um eine originäre Landessteuer handelt. Daher wurde die Grunderwerbsteuer dem Land im Länderfinanzausgleich auch stets als Einnahme finanzkrafterhöhend zugerechnet, was völlig unsystematische Verteilungswirkungen zur Folge hatte.

Aus den genannten Gründen sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung vor, dass der bisherige VierSiebtel-Anteil der Landkreise und kreisfreien Städte am Grunderwerbsteueraufkommen auf das Land übertragen wird. Zum teilweisen Ausgleich der damit verbundenen Einnahmenausfälle der Kommunen werden im Gegenzug

die Grunderwerbsteuer in vollem Umfang in die Verbundmasse einbezogen,

der Verbundsatz um 0,75 Prozentpunkte auf insgesamt 21 % angehoben,

die Schlüsselzuweisung B 1 zugunsten der Landkreise und kreisfreien Städte deutlich erhöht sowie

zusätzlich ein Härteausgleich für besonders belastete Landkreise und kreisfreie Städte eingeführt.