Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

Daher halte ich an dieser Forderung fest. Ich gebe gern zu, dass das schwierig ist. Man muss sich sehr wohl überlegen, wie man das hinbekommt; denn eins ist auch sicher: Ohne die Eltern wird das Ganze Stückwerk bleiben.

Sie haben die Qualitätssicherung angesprochen. Dazu möchte ich noch eine Anmerkung machen. Da kann ich Ihnen nur raten, in der Regierungskoalition einmal in Klausur zu gehen und Ihre Verwaltungsvorschriften unter die Lupe zu nehmen; denn da haben Sie eine ganze Menge an Vorschriften erlassen, die die Qualität abbauen. Ich nenne Ihnen nur einige: Zum Beispiel der Drittelerlass bei Schularbeiten, die Kürzung der Länge der Diktate, die Vorbereitung der Diktate.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat die CDU eingeführt!)

Nein, das haben wir nicht eingeführt.

Es gibt viele Beispiele, bei denen sich das lohnen würde. Dadurch könnte man ganz konkret die Qualität in der Schule sichern und verbessern. Dazu haben Sie aber bisher nicht den Mut gehabt.

Das gilt auch für das Beispiel, dass man Schullaufbahnempfehlungen noch nicht einmal mehr bei der aufnehmenden Schule vorzeigen muss; dies einmal ganz abgesehen von der Verbindlichkeit der Em pfehlung.

Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, über die ganz konkret die Qualität verbessert werden könnte. In dieser Hinsicht haben Sie aber in den vergangenen Jahren nichts getan.

(Beifall bei der CDU)

Zur Erwiderung erteile ich Frau Abgeordneter Morsblech das Wort.

Herr Kollege Lelle, das war eine Steilvorlage. Ihr Zitat lautete, die Erziehungsverantwortung der Eltern muss eingefordert werden. Ich will nur sagen, dass uns das politisch im Moment nichts nutzt und wir trotz allem immer wieder Eltern haben werden, bei denen wir nichts einfordern können, weil es aus verschiedenen Gründen bei ihnen nichts zu holen gibt, worauf wir ganz klar reagieren müssen. Ich bin auch froh, dass wir uns darüber einig sind.

Sie fordern sogar noch mehr. Gerade im Bereich der Kindertagesstätten möchten Sie die Schwellenwerte für die Anzahl der Kinder heruntersetzen, weil Sie Angst haben, dass im ländlichen Raum nicht genügend Angebote bestehen. Deshalb müsste das eigentlich in Ihrem Sinn sein.

Andererseits sehe ich Dinge im Haushalt, die Sie vielleicht gar nicht sehen, weil sie inzwischen im Einzelplan 06 des Sozialministeriums etatisiert sind. So wundert es mich schon sehr, wenn Sie sagen, die Kostenbeteiligung des Landes an den Hilfen zur Erziehung müsste um 500.000 Euro reduziert werden. Ich frage mich: Wo leben Sie denn?

Wir haben zum einen immer noch rein demographisch gesehen mehr Kinder und Jugendliche. Wir haben zum anderen Familienverhältnisse, die sich verschlechtern. Die Entwicklungen sind eben so, und das Land muss sich an den Kosten beteiligen. Daher können Sie das nicht mit der lapidaren Begründung eines Einfrierens des Kostenniveaus oder so ähnlich streichen. Da möchte ich einmal wissen, wie Sie das machen wollen.

Wir haben diese Maßnahmen in erheblichem Maß ausdifferenziert, damit nicht jedes Kind gleich in ein Heim muss. Man hat auch dadurch Kosten reduziert, indem man gesagt hat, man versucht zuerst einmal mit den Familien Lösungen zu finden und man unterbreitet teilstationäre und ambulante Angebote. Das ist etwas, was Sie mir gerade als Vorlage gegeben haben, was mich massiv geärgert hat.

Das Gleiche gilt für Hilfeempfänger ohne gewöhnlichen Aufenthalt. Da wollen Sie gleich 1 Million wegstreichen.

Ich frage mich wirklich, wie seriös Ihre Sparkonzepte sind. Wie möchten Sie dann mehr Investitionen beispielsweise im Bereich der Kindertagesstätten finanzieren, wenn Sie solche Sparvorschläge machen, die von den Realitäten her hinten und vorn nicht mehr aufgehen können, weil Sie sagen, Sie frieren das Kostenniveau für die Schwächsten der Schwachen ein, die wirklich Hilfe brauchen. An diesen Maßnahmen kommt man nicht vorbei.

(Beifall bei FDP und SPD – Lelle, CDU: Wenn wir das umsetzen, brauchen wir es an anderer Stelle nicht!)

Sie sollten sich dann einmal den Gesamthaushalt vornehmen und schauen, ob Sie bei der Argumentation, Eltern sollen selber erziehen, aber wir möchten auf der anderen Seite mehr in den Kindertagesstätten, und da wo sich gezeigt hat, dass weder die Eltern, noch der Jugendliche oder das Kind in der Lage sind, etwas an der Situation zu verbessern, wollen wir massiv streichen, redlich bleiben.

Das ist für mich nicht mehr schlüssig.

(Beifall der FDP und der SPD)

Bevor wir fortfahren, begrüße ich Gäste, und zwar Damen und Herren des Christlichen Jugenddorfwerks Neustadt. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Keller das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz zur Frau Kollegin Morsblech: Wir investieren an der richtigen Stelle, um Folgekosten zu vermeiden. So, wie Sie eben argumentiert haben, hätte eine Sozialdemokratin argumentieren können. Das ist die klassische sozialdemokratische Argumentation.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aus Zeitgründen kann ich darauf aber jetzt nicht näher eingehen.

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben auch Auswirkungen auf die Kindergärten. Die Bedeutung der Kindergärten bedarf einer Neubewertung. Kindergärten müssen als Einrichtung der Bildungspolitik verstanden werden, die kindgerecht – ich betone kindgerecht – auf die Schulwelt vorbereiten.

Tatsache ist leider, dass unsere Kinder oft viel Zeit vor der Schule verpassen, in der sie zum Teil wenig lernen, weil sie oft nicht dürfen, weil sie oft nicht gefordert oder unterfordert werden.

Der Kindergarten wird von vielen mehr als Dienstleistung gesehen, bei der die Öffnungszeiten das Wichtigste sind, in dem die Kinder nebenher noch betreut und erzogen werden.

(Hartloff, SPD: Wo haben Sie denn die Story schon wieder her?)

Natürlich sind Öffnungszeiten und natürlich auch Ganztagsangebote wichtig. In unserem Änderungsantrag gehen wir darauf auch ein.

Aber neben Betreuen und Erziehen muss die Bildungsfunktion in den Vordergrund rücken. Für uns steht fest, die Kindergärten sind die elementare Bildungseinrichtung vor der Grundschule.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man das so sieht, darf nicht jeder Kindergarten machen, was er will. Eltern müssen wissen, was die Ziele des Kindergartens sind, und die Grundschule muss wissen, worauf sie aufbauen kann. Sie muss also wissen, wo sie die Kinder abholt.

Grundschulen sind oft mit dem Leistungs- und Kenntnisstand der Erstklässler unzufrieden; dies vor allem wegen fehlender Sprachkompetenz.

Ich kürze jetzt aus Zeitgründen. Wir fordern deshalb in unserem Änderungsantrag, dass das Bildungsministerium gemeinsam mit den Trägern der Kindertagesstätten und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe Lerninhalte, Lernziele, Methoden und Arbeitsformen – also Bildungs- und Erziehungspläne – erarbeitet, die auf den Übergang zur Grundschule hinzielen.

Wir fordern darüber hinaus, dass neue Formen vorschulischer Erziehung erprobt werden sollen, die in besonderer Weise auf den Eintritt in die Schule vorbereiten. Unsere Anträge dienen eindeutig der Qualitätsverbesserung der Kindergartenarbeit.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es hat uns schon gewundert, dass die Regierungsfraktionen unseren wichtigen Änderungsanträgen nicht gefolgt sind. Sie ignorieren einfach die PISA-Studie, oder Sie verschlafen sie. Sie können sich aussuchen, was Sie machen.

(Beifall bei der CDU)

Mit unserem Änderungsantrag beantragen wir auch die Herabsetzung der Schwellenwerte von 15 auf 10 für die Einrichtung von Ganztagsgruppen, um die Einrichtung von Ganztagsgruppen auch im ländlichen Raum zu erleichtern.

Darüber hinaus beantragen wir Investitionskostenzuschüsse zur Einrichtung von Ganztagsgruppen und die gleichrangige Förderung von Tagespflegestellen vor allem für Kinder unter drei Jahren. Das ist heute ganz aktuell. Rheinland-Pfalz ist Schlusslicht bei der Krippen

versorgung. Gerade über dieses Instrument kann man hier regulierend eingreifen.

(Frau Spurzem, SPD: Aber Spitzenreiter bei der Kindergartenversorgung!)

Nur noch einige kurze Anmerkungen zu einigen unserer Änderungs- und Entschließungsanträge zum Schul- und Jugendbereich: Es wurde schon vom Herrn Kollegen Wiechmann erwähnt, dass der größte strukturelle Unterrichtsausfall mit ca. 7 % an den berufsbildenden Schulen besteht. Das ist schon seit Jahren so.

Viele Referendare wurden wegen schlechter Angebote seitens der Landesregierung in der Vergangenheit in andere Bundesländer oder in die freie Wirtschaft getrieben. Wir wollen die Referendare an unseren Schulen halten. Es ist jetzt möglich, durch Bonuszahlungen attraktivere Arbeitsbedingungen anzubieten. Wir stellen deshalb im Jahr 1,8 Millionen Euro für die Referendare an den berufsbildenden Schulen zur Verfügung.

(Beifall des Abg. Lelle, CDU)

Wir wollen damit auch den massiven Unterrichtsausfall bekämpfen. Was nützen uns Gelder, die eingestellt sind, wenn die Lehrer fehlen?

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen, dass die Lehrer und der Lehrernachwuchs vorhanden sind.

Zur Schulsozialarbeit: Wir brauchen eine Offensive für mehr Schulsozialarbeit an unseren Schulen. Das gilt vor allem für Schulen in sozialen Brennpunkten, für viele Hauptschulen, Sonderschulen, aber auch für berufsbildende Schulen; dies zum Beispiel, um die Zahl der Schüler ohne Hauptschulabschluss zu verringern, um das Schulschwänzen einzudämmen, um Gewaltprävention zu betreiben usw. Die Landesregierung hat bisher viel zu wenig für die Schulsozialarbeit getan. Das haben sogar die Regierungsfraktionen erkannt und entsprechend draufgesattelt. Das reicht nicht. Wir setzen einen deutlichen Schwerpunkt, indem wir die Mittel für die Schulsozialarbeit verdoppeln, nämlich 736.000 Euro mehr.