Das Erste betrifft die Frage, warum wir von scheinbaren Versprechungen oder Heilungserwartungen gesprochen haben. Tatsache ist doch, dass bisher niemand mit Sicherheit behaupten kann, dass die Forschung auf Grundlagenforschungsniveau uns tatsächlich in der Entwicklung therapeutischer Anwendungen weiterbringt. Das kann uns keiner nachweisen. Das ist eigentlich auch Eigenheit der Forschung. Ich fände es hoch problematisch, wenn wir sagen würden, es führt uns auf jeden Fall zum Erfolg, und wir daraus den Schluss folgern würden, weil es uns zum Erfolg führt, lassen wir bestimmte ethische Überlegungen zur Seite. Wir haben
das angesprochen, weil in der Argumentation ganz häufig der Eindruck erweckt wurde, man würde relativ schnell, mit relativ wenigen Forschungsschritten und Jahren zu Anwendungserfolgen kommen.
Herr Schiffmann, schauen Sie nicht so skeptisch. Ich habe zum Beispiel die Diskussionen auch der Naturwissenschaftler in der „ZEIT“, in der „FAZ“ verfolgt. Natürlich ist mit solchen Argumenten gearbeitet worden. Ich habe nicht gesagt, dass Sie das gesagt haben, aber diese Debatte ist doch breiter geführt worden. Diese Argumente sind vorgebracht worden. Ich finde es auch moralisch problematisch, solche Erwartungen zu wecken und mit solchen Argumentationen zu schüren. Deswegen finde ich es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es eine Forschung auf Grundlagenniveau ist. Von einer Anwendung ist man weit entfernt.
Zweitens: Warum plädieren wir dafür, PID, die Frage der embryonalen Stammforschung und therapeutisches Klonen verbunden zu diskutieren und zu beraten. Ich habe bei der letzten Debatte im Januar schon gesagt, in England sind beide Entscheidungen über Forschung an embryonalen Stammzellen und therapeutisches Klonen gemeinsam gefasst worden. Diese Debatte wurde auch gemeinsam geführt. PID und die Frage der Forschung an embryonalen Stammzellen hat auch mehr Zusammenhänge, als Sie wissen. Auch darauf habe ich im Januar hingewiesen. In der ersten Debatte im Deutschen Bundestag hat Herr Gerhardt, Fraktionsvorsitzender der FDP, klar und deutlich und für jeden nachvollziehbar gesagt: Wenn man PID gestattet, dann hat man auch die Chance, durch die dann quasi ausscheidenden Embryonen mehr Embryonen zu haben, aus denen man Stammzelllinien entwickeln kann. Herr Gerhardt ist nicht der Einzige, der so argumentiert. Deswegen muss man diese beiden Themen in der Wechselwirkung und in der gegenseitigen Auswirkung auch verbunden diskutieren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Mit den Clowns kamen die Tränen“, so lautet der Titel eines Romans von Johannes Mario Simmel, den dieser 1987 herausgebracht hat. Der eine oder die andere von Ihnen wird ihn vielleicht kennen. Er hat in diesem Roman ein Szenario beschrieben, das schon ein Stück über das hinausgeht, was wir heute diskutieren. Das Herstellen von Kindern nach Wunsch, nach Geschlecht, nach Haarfarbe, nach Intellekt war die damalige Horrorvision,
waren die Forschungsergebnisse, um die mit kriminellen Methoden internationale Konzerne stritten und kämpften.
Ich bringe dieses Beispiel, weil wir aufgrund unserer Erfahrung wissen, dass manche Szenarien, die von Phantasten in ihren Romanen einmal beschrieben wurden, doch irgendwann eintraten. Die Frage ist, ob man Dingen, von denen man befürchten muss, dass sie zu Ergebnissen führen, die man nicht will, weiter zuschaut oder ob man nicht, gerade dann, wenn man politisch Verantwortung trägt, zu einem Zeitpunkt, indem es richtig und vernünftig ist, eine Notbremse zieht. Ich denke, genau das ist mit der Entscheidung im Deutschen Bundestag geschehen. Ich sage auch noch zu Ihnen, Herr Dr. Schmitz, ich weiß auch nicht, ob unter den heutigen Erkenntnissen und vor dem Hintergrund der heutigen Debatte die Legalisierung der In-vitro-Fertilisation noch einmal so beschlossen würde.
Das heißt aber nicht, dass ich, wenn ich erkenne, dass man vielleicht Dinge in der Vergangenheit nicht ordentlich bewertet hat, auf diesen Fehlern weiter fortfahre. Ich denke, es war der richtige Zeitpunkt, erneut darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten auf uns zurollen.
Wenn gesagt wird, unser Antrag sei radikal oder der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei radikal, nenne ich unseren Antrag konsequent; denn das ist der einzige Weg, mit dem man Dammbrüche und Einschnitte bei diesem Thema wirkungsvoll verhindern kann.
Wenn Herr Mertin sagt, wir müssen das Thema immer wieder neu überprüfen, je nach Fortschritt der Wissenschaft – was auch bei den Ausführungen von Herrn Dr. Schmitz und Herrn Dr. Schiffmann zum Tragen kam –, dann sind Sie bereit, die Türen immer wieder ein Stückchen weiter zu öffnen.
Doch, ich habe das Wort „derzeit“, auf das Herr Dr. Schmitz großen Wert gelegt hat, sehr wohl wahrgenommen. Es steht unübersehbar in Ihrem Antrag; ich habe es gelesen.
Wenn man diese Türen immer weiter öffnet, dann prophezeie ich – dies wurde uns in unserem Symposium sehr deutlich vorgetragen –, dass wir die Türen nie wieder zu bekommen. Dann werden Entwicklungen Tür und Tor geöffnet, die wir und unsere Kinder nicht wollen.
Wir sind für diesen Kompromiss im Bundestag. Wir halten es für den richtigen Weg. Forschung darf nicht alles, was möglich ist; sie hat ihre Grenzen am Schutz des Lebens.
Unsere Hoffnung ist, dass wir nicht vor den Entwicklungen in den Nachbarländern kampflos kapitulieren, sondern dafür kämpfen, dass auch dort ein anderer Diskussionsprozess mit einer größeren Wertschätzung des Lebensschutzes in Gang gesetzt wird.
Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder des CDU-Gemeindeverbandes Kirn-Land. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Frau Kollegin Thomas, zuerst möchte ich ganz entschieden diese perfiden Konstruktionen zurückweisen, die Sie dem Bundestagsfraktionsvorsitzenden gegenüber gemacht haben.
Seine Argumentation bezüglich PID, die ich genau deshalb nachgelesen habe, mit dem Vorwurf zu belegen, das sei eine Vorwegnahme einer Embryoproduktion, die er nicht nur billigend in Kauf nehme, sondern dadurch geradezu erfreulicherweise gefördert sehe, ist an Perfidie nicht zu übertreffen.
Frau Thelen, dieser nationale Alleingang ist in der Tat ein ganz schwieriger Bereich. Wir können nur quasi mit nationalen oder jetzt föderalen staatlichen Scheuklappen diskutieren und entscheiden. Das ist ein großes Problem. Wir haben bisher in der Tiefe darüber noch nicht gesprochen. Der Justizminister hat es angerissen.
Wir werden auf Dauer in diesem dynamischen Prozess nur die Chance haben, die Entwicklung kommentierend, begleitend und ordnend zu verfolgen und in diese einzugreifen. Andernfalls werden diese Entwicklungen in
anderen nationalen Alleingängen vonstatten gehen. Im Ausland legal hergestellte Produkte, auch Medizinprodukte, sind an unseren Grenzen nicht aufzuhalten.
Meine Damen und Herren, was es hieße, wenn es Therapiemöglichkeiten gerade in Bereichen der Krankheiten, die genannt wurden, nur im Ausland gäbe, das bitte ich Sie, in Ihren Konsequenzen sich selbst auszumalen.
Wir sind damit am Ende der Redezeit der Fraktionen. Ich habe einen Hinweis darauf, dass Einverständnis darüber besteht, die Anträge an die Ausschüsse zu überweisen.
Der Ältestenrat hat sich dahin gehend verständigt, dass persönliche Erklärungen abgegeben werden können. Diese Erklärungen machen keinen Sinn, wenn nichts entschieden wird. Ich denke aber, nachdem eine Wortmeldung vorliegt, sollten wir die Möglichkeit eröffnen – das ist nach der Geschäftsordnung möglich –, eine persönliche Bemerkung vorzutragen. Es gibt keinen Widerspruch.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade weil wir in den Ausschüssen beraten, macht es durchaus Sinn, auch noch einige weitere Aspekte zu diesem Thema, die ich in allen drei vorliegenden Anträgen für zu kurz gekommen halte, vor den Beratungen vorzutragen.
Ich finde, die Lage betroffener Personen, Paare und Familien kommt bei diesen Anträgen etwas zu kurz. Ich habe meine Position im Wahlkreis in mehreren Gesprächsrunden mit Bürgern diskutiert und überraschend viel Zustimmung erhalten.
Meine Damen und Herren, wir leben in einem vereinten Europa, in einer europäischen Wertegemeinschaft. Deshalb ist es wünschenswert, dass wir innerhalb dieser Wertegemeinschaft auch nach gemeinsamen Regelungen suchen.
Nationale Alleingänge zu Themen, bei denen wir von EU-Regelungen oder von Regelungen anderer Staaten abweichen, bergen das Risiko, dass neue soziale Fragen entstehen, wie zum Beispiel, dass sich ein Paar eine Behandlung im Ausland leisten kann, das andere aber nicht. Wir hatten einen solchen Tourismus schon einmal unter dem Thema „Abtreibungstourismus“ in den 70- und 80er-Jahren.