Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Unsere Gesellschaft lebt mit vielen Widersprüchen. Sie fordert von den Ärzten, dass sie alles zur Erhaltung des Lebens von Müttern und Kindern tun. Kranken und deren Angehörigen gehen Zulassungsverfahren und neue Behandlungsmethoden nicht schnell genug. Anderer

seits stoßen diese Verfahren oft auf Bedenken und Widerstände.

Ich will damit deutlich machen, dass dieser Abwägungsprozess sehr schwierig ist und von jedem Einzelnen für sich persönlich getroffen werden muss.

Es gibt noch einen Widerspruch. Viele kinderlose Paare, auch jenseits der 35 Jahre, würden gern ein Baby adoptieren. Doch die deutschen Adoptionsverfahren dauern mehrere Jahre und werden den gesellschaftlichen Realitäten nicht mehr gerecht. Unter abenteuerlichen und oft fragwürdigen Umständen adoptieren diese Paare, wenn sie es sich finanziell leisten können, Kinder aus anderen Ländern, Kontinenten und fernen Kulturkreisen.

Unsere Sozialsysteme basieren darauf, dass unsere Gesellschaft mehr Kinder hervorbringt als zurzeit. Immer noch werden die Familien bei gesetzlichen Regelungen, sei es im Steuerrecht oder bei anderen Dingen, benachteiligt. Auch hier sollten wir mehr tun.

Ich möchte noch konkret ein paar Worte zu kinderlosen Paaren sagen. Viele kommen erst jenseits der 35-JahreGrenze zu dem Schluss, dass sie auf normalem Wege keine Kinder zeugen können. Der medizinische Fortschritt ermöglicht es, über die künstliche Befruchtung zu gehen. Hierin besteht ein allgemeiner Konsens; es ist unproblematisch.

Ein Nebenprodukt einer künstlichen Befruchtung sind überzählige Embryonen, Herr Dr. Schmitz hat es vorhin ausführlich erklärt. Es ist nicht so, wie es im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dargestellt wird, dass PID oder künstliche Befruchtung deshalb durchgeführt werden, um überzählige Embryonen zu erhalten und mit ihnen forschen zu können.

Die überwiegende Mehrheit derjenigen, die sich für eine künstliche Befruchtung, bei der überzählige Embryonen anfallen, entscheidet, tut dies, weil sie sich einen Kinderwunsch erfüllen will.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Anders ist es doch auch nicht erlaubt, Herr Weiner, mein Gott!)

Sie sagt ausdrücklich „Ja“ zum Leben. Sie macht dies nicht mit dem Ziel, um anschließend Embryonen abtöten zu wollen.

Das sollte man stärker in den Vordergrund rücken: Es geht darum, dass mehr Kinder das Licht der Welt erblikken können, weil sich kinderlose Familien den Wunsch nach einem Kind erfüllen können.

Welchen Sinn macht es dann, wenn PID die Möglichkeit bietet, Dinge vor der Einsetzung in den Mutterleib zu überprüfen, die bei anderen Fällen erst nach der Einsetzung, also während der Schwangerschaft, untersucht werden? Ist es für die Mütter nicht die einfachere und schonendere Methode, diese Dinge vor der Implantation zu untersuchen?

Wir müssen natürlich entsprechende Grenzen ziehen und sagen: Das ist zulässig, und das ist nicht zulässig.

Natürlich darf es nicht so weit gehen, dass wir noch die Farbe der Augen oder das Geschlecht bestimmen. Es geht viel mehr um bestimmte Krankheitsbilder und deren Ausschlüsse.

(Beifall der FDP und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Es gibt noch eine Personengruppe, die mir wirklich am Herzen liegt, nämlich diejenigen, die erbliche Krankheitsbilder haben. Es sind Familien, die zum Teil schon ein behindertes Kind haben, jedoch erst nach der Geburt des ersten Kindes ihrer Risiken gewahr wurden und die sich nicht dazu durchringen können, das Risiko eines zweiten behinderten Kindes auf sich zu nehmen, es sei denn, es besteht die Möglichkeit einer PID.

Ich finde, wir machen es uns diesen Familien gegenüber zu leicht, wenn wir ihnen grundsätzlich, ohne Ausnahme, die Chance absprechen, wenigstens für das zweite Kind die gleichen Startchancen einzuräumen wie für die Kinder gesunder Eltern. Die PID verändert nur die Startchancen und schafft die gleichen Startbedingungen wie für die Kinder anderer Eltern. Die Risiken einer Behinderung während der Schwangerschaft oder der Geburt, beispielsweise durch eine Erkrankung der Mutter, durch Alkohol oder Drogenmissbrauch, werden dadurch nicht geringer.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also kann es auch nicht um die Entscheidung für oder gegen ein behindertes Kind gehen. Im Gegenteil, es sind gerade die Behinderten, die sich ohne die PID einen Kinderwunsch nicht erfüllen können.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sollten auch keinen Raum durch missverständliche Formulierungen oder Spekulationen dafür öffnen, dass werdenden Müttern pränatale Diagnosen im Hinblick auf weniger medizinische Indikationen vorenthalten werden könnten. Diagnosen während der Schwangerschaft sollten voll erhalten bleiben.

Danke schön.

(Beifall der CDU, der SPD und der FDP)

Wir haben uns vorhin darauf verständigt, die Anträge an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur – federführend –, den Sozialpolitischen Ausschuss, den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann werden wir so verfahren. Danke schön.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/952 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medien und Multimedia – Drucksache 14/1078 –

Wird Berichterstattung gewünscht? – Herr Abgeordneter Rüddel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Medien und Multimedia hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem Gesetz befasst und empfiehlt dem Landtag die Annahme.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank.

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt. Herr Abgeordneter Dr. Weiland hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Beratung und Beschlussfassung über den Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag befassen wir uns heute mit dem Rundfunkstaatsvertrag, mit dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und mit dem Mediendienstestaatsvertrag.

Wenn auch der Mediendienstestaatsvertrag zumindest vom Umfang her den Schwerpunkt dieses Gesetzeswerks umfasst, so ist es doch gerechtfertigt, darauf nur kurz einzugehen; denn es handelt sich hierbei um die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie der EU, die für den wichtigen Wirtschaftssektor des E-Commerce im Binnenmarkt etwa im Hinblick auf die Rechtssicherheit für Anbieter und den Verbraucherschutz von Bedeutung ist, die aber im Grunde genommen nichts anderes ist als die gesetzestechnische Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht bzw. in Länderrecht, wobei wir Anpassungen und Ergänzungen ausgehend von dem bereits 1997 als nationales Recht beschlossenen Mediendienstestaatsvertrag der Länder und dem Teledienstgesetz des Bundes vorzunehmen haben.

Ich komme deshalb zum Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Die eingeführte neue Regelung betrifft den Landtag Rheinland-Pfalz wie auch alle anderen Länderparlamente unmittelbar; denn erstmals wird für die öf

fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, also für die ARD – das bedeutet für den rheinland-pfälzischen Landtag den Südwestrundfunk –, für das ZDF und für das DeutschlandRadio festgeschrieben, dass diese in Zukunft mindestens alle zwei Jahre zeitnah den Landtagen zum Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über ihre wirtschaftliche Lage, über ihre finanzielle Lage inklusive der Situation ihrer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften sowie – was ich für wichtig halte – strukturelle Veränderungen und Entwicklungsperspektiven Bericht zu erstatten haben.

Wir begrüßen diese Regelung ausdrücklich, bedeutet sie doch in der konkreten Anwendung eine deutlich frühzeitigere Einbeziehung der Länderparlamente in diese wichtige Fragestellung und natürlich eine größere Transparenz insbesondere auch im Hinblick auf die zukünftige Gebührenpolitik der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Ich denke, dass wir dadurch als Länderparlament auch die Gelegenheit bekommen werden, uns mit Fragen zu beschäftigen, die die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zukunft betreffen werden, nicht erst, seitdem private Anbieter wie beispielsweise Kirch in Schwierigkeiten gekommen sind, sondern auch, nachdem beispielsweise der Ministerpräsident Anregungen wie die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Sportkanals gemacht hat und damit der weiteren Verspartung der öffentlich-rechtlichen Programme das Wort geredet hat. Über diese Zusammenhänge werden wir bei dieser Gelegenheit sprechen können und, wie ich finde, auch sprechen müssen.

In dem Zusammenhang ist es auch angebracht, einmal ein Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen des Sächsischen Landtags auszusprechen; denn auf deren Initiative geht diese Verankerung im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag zurück.

Im Rundfunkstaatsvertrag schließlich wird sich unter Beibehaltung des Zuschaueranteilsmodells eine Änderung des Medienkonzentrationsrechts ergeben. Die Ausstrahlung von Fenster- und Drittprogrammen wird durch eine neu einzuführende Bonus-Regelung – die Zeit verbietet es mir, im Einzelnen darauf einzugehen – attraktiver gestaltet.

Für ARD, ZDF und DeutschlandRadio wird schließlich die Möglichkeit der Digitalisierung, also das schrittweise Ersetzen der analogen terrestrischen Verbreitungswege durch digitale terrestrische Verbreitungswege, eröffnet.

Hierzu sind im Einzelnen zur Durchführung landesrechtliche Rahmenbedingungen notwendig, die wir noch zu schaffen haben. Ich denke, es ist sinnvoll, schon jetzt auf ein besonderes Abstimmungserfordernis hinzuweisen, das wir als Staatsvertragsland für den Südwestrundfunk zusammen mit Baden-Württemberg und damit mit dem Baden-Württembergischen Landtag haben. (Glocke des Präsidenten)

Zum Stichwort „Digitalisierung“ werden wir über die Frage des Auseinanderklaffens zwischen technischen

Möglichkeiten einerseits und der Nachfrage auf der Kundenseite andererseits sicherlich im Einzelnen noch Gelegenheit haben, miteinander zu sprechen und zu diskutieren. Die CDU-Fraktion wird dem vorgelegten Gesetzeswerk zustimmen.

(Beifall der CDU)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der VdK-Ortsgruppe Betzdorf. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Kollegin Raab das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel zu tun in diesen Tagen, sagte der ARDVorsitzende kürzlich in einem Interview. Man könnte ergänzen: Viel zu tun in den nächsten Jahren. Die Medienpolitik steht vor der schwierigen Aufgabe, dem rasanten Tempo, beispielsweise der Konvergenz zwischen dem klassischen Rundfunk und den Multimediadiensten, zu folgen. In vielen Bereichen stellt sich die Frage einer adäquaten und effektiven Regulierung, die fortschrittliche Veränderungen im Medienbereich begleitet, keine Dynamik behindert, aber auch gleichzeitig formgebende Kraft sein kann.

Mit dem vorliegenden Landesgesetz zum Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes konnte wieder ein Bereich in diesem weiten Feld aktualisiert und weiterentwickelt werden. Wir wollen deshalb auch heute in RheinlandPfalz das vorliegende Landesgesetz annehmen, wie dies bereits die meisten Länder für ihre Landesgesetze im Bundesgebiet schon getan haben.

Wir Parlamentarier machen dies mit breiter Zustimmung; denn die Ministerpräsidenten, allen voran Kurt Beck, haben nach langen Verhandlungen wesentliche Anpassungen im Medienrecht auf den Weg gebracht.