Protokoll der Sitzung vom 20.06.2002

geben. Also lassen wir es, auf diese Art und Weise eine Debatte zu führen.

Dann steht natürlich noch die Frage an, auf die Herr Kollege Kuhn und Herr Kollege Dr. Weiland eingegangen sind. Ich halte den Einwand, wen das im Haus interessiere, nicht für berechtigt; denn wenn die GRÜNEN einen so schwerwiegenden Vorwurf wie im vierten Absatz in der Begründung ihres Antrags erheben, dann muss man darauf eingehen. Das ist unsere Pflicht. Insofern halte ich das nicht für überflüssig.

Ich will dem, was Herr Kollege Kuhn gesagt hat, noch etwas hinzufügen, was meines Erachtens nicht ohne Bedeutung ist. Ich nehme an, dass Sie das unabsichtlich nicht wahrgenommen haben, Frau Kollegin Thomas.

Es gibt nicht nur Kommentierungen, in denen allgemeine Aussagen gemacht werden, sondern es gibt auch Entscheidungen von Verfassungsgerichtshöfen der Länder. Wenn Sie mit solch großen Kanonen schießen, dann hätte ich erwartet, dass Sie etwas dazu sagen, weshalb das für Rheinland-Pfalz nicht gelten sollte. Wir reden über ein Veränderungsvolumen von 1,6 %.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat eine entsprechende Einsparung von 2,29 % für vertretbar angesehen. Der Rechnungshof von Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise hat bei einer Größenordnung von 2,2 % davon gesprochen, dass dies als vertretbar angesehen wird. Wir liegen weit unter diesen Größenordnungen.

Jetzt schüttelt Frau Thomas wieder den Kopf. Das ist doch nachrechenbar. Das können wir doch nicht wegdiskutieren. Wir liegen weit darunter, und ich rede von den gleichen Dimensionen, Größenordnungen und Maßstäben. Man kann über 10-Millionen-Beträge streiten, ob das gestaltbare Ausgaben sind oder nicht. Das mag im einzelnen Haushalt sein. Bei der Größenordnung, um die es geht, ist aber nicht bestreitbar, dass dies Fakten sind, die einschlägig sind.

Deshalb sollen wir es meines Erachtens sein lassen, uns gegenseitig in die Nähe der bewussten Beugung der Verfassung zu bringen. Bei Herrn Bracht ist es wie immer gleich vollendet. Bei ihm wird immer gleich die Verfassung infrage gestellt. Hier steht aber „außerhalb der Verfassung“. Man muss sich das einmal vorstellen, meine Damen und Herren.

(Jullien, CDU: Das wäre nicht das erste Mal! – Mertes, SPD: Dummheit kann man noch steigern!)

Bei Ihnen wundere ich mich nicht mehr. Herrn Kollegen Bracht will ich ernst nehmen. Deshalb bin ich auf seine Argumente diesbezüglich eingegangen. Bei Ihnen wundert mich gar nichts mehr.

(Jullien, CDU: Lesen Sie das Urteil!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns doch noch einmal nach dem schönen alten Motto, dass

1 Milliarde Chinesen nicht irren können, fragen: Weshalb sollten all die anderen Länder, die den gleichen Weg – teilweise in finanziell viel größeren Dimens ionen als wir – gegangen sind, irren? Weshalb sollte BadenWürttemberg in dieser Frage irren? Weshalb sollte Nordrhein-Westfalen – ich unterstreiche, dass dies unter Beteiligung der GRÜNEN geschieht – irren? Weshalb sollten Länder wie Hessen, Schleswig-Holstein, das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern usw. irren?

(Jullien, CDU: Weil sie keine so hohe Verschuldung haben wie wir in Rheinland-Pfalz!)

Es ist sehr schwierig, mit jemandem, der Haushaltspolitik betreiben will, aber so wenig an Fakten wahrnimmt bzw. zugibt, richtig zu debattieren. Diese Länder sind teilweise viel dichter an der Verfassungsgrenze als wir.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir reden über solche Instrumentarien im Kreis der Kolleginnen und Kollegen. Eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen befürchtet sehr viel mehr als wir, dass im Laufe des Vollzugs des Haushalts die Verfassungsgrenzen überschritten werden. Es ist nicht so, wie Sie dazwischenrufen. Es ist schlicht und einfach anders.

Meine Damen und Herren, lesen Sie doch einmal nach, welche Argumente Herr Weimar aus Hessen der dortigen Opposition entgegenhält. Lesen Sie doch einmal nach, was der Herr Finanzminister Metz in Sachsen zu der Frage des Nachtragshaushalts gesagt hat. Lesen Sie doch einmal nach, was mein Kollege Teufel und sein Finanzminister in Baden-Württemberg dazu gesagt haben. Ich könnte natürlich auch Sozialdemokraten zitieren, aber sie sind in Ihren Augen im Zweifelsfall in dieser Frage per se verdächtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns nicht so tun, als würde in Rheinland-Pfalz irgendein Ausnahmezustand ausgerufen. Es gibt eine gesetzliche Regelung. Wir haben eine schwierige Lage. Wir handeln auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelung, nicht mehr und nicht weniger. Es ist Ihr Recht, das zu kritisieren. Eine Ausnahmesituation und etwas Dramatisches, was diese Instrumente angeht, gibt es in RheinlandPfalz nicht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist es wahr, dass wir uns darum bemühen müssen, die Ziele unserer mittelfristigen Finanzplanung einzuhalten. Sie wissen so gut wie ich, dass es dafür zwei Orientierungspunkte gibt, und zwar die Einnahmen- und die Ausgabenseite. Deshalb hat der Kollege Mittler Recht. Unser Schiff ist in sicherem Fahrwasser.

(Jullien, CDU: Ruhiges Fahrwasser!)

Ruhiges ist auch sicheres, wie Sie wissen. Als alter Moselschiffer sollten Sie das doch wissen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einfach sehen, dass wir auf der Einnahmenseite ein wirklich

ernstes Problem haben. Wir haben die Hoffnung, dass sich dies im Laufe des Jahres verbessert. Diese Hoffnung ist nicht nur auf Gebete oder auf Gottvertrauen gestützt, sondern auf gutachterliche Grundlagen.

Wir haben eine schwierige Lage. Deshalb muss gehandelt werden. Es ist nicht so, dass wir in den letzten Jahren nicht gehandelt hätten. Sie wissen so gut wie ich, dass wir in den letzten zehn Jahren, wenn wir sie mit den letzten zehn Jahren Ihrer Regierungszeit vergleichen, ein Drittel der Ausgabenraten hatten, wie dies vorher der Fall gewesen ist.

Wenn Sie das Jahr 2001, das abgerechnete Jahr, und die Jahre 2002 und 2003 dieses Doppelhaushalts nehmen, haben wir eine Steigerung in den steuerlichen Einnahmen von minus 0,2 % und in den Ausgaben von 1,5 %. Es wird unser Ziel sein, diese Rate noch ein Stück weiter zu drücken, weil es notwendig ist. Wir werden in der mittelfristigen Finanzplanung – das ist unser beschlossenes und in einer der letzten Kabinettssitzungen erneut bekräftigtes Ziel – unter dieser 1,5-%-Rate der Ausgaben bleiben. Das heißt, dass wir auf der Ausgabenseite die Marken so gesetzt haben, dass wir es schaffen können, zum Jahr 2006 auf der Nulllinie, was die Nettokreditaufnahme angeht, aufzusetzen. Das ist unsere Verantwortung.

Herr Kollege Mittler hat zu Recht hinzugefügt: Dies bedingt natürlich, dass sich auf der Einnahmenseite die Parameter nicht entscheidend verändern, sonst hilft uns dies allein nichts. – Das ist doch wohl eine gemeinsame Überzeugung und eine Klarheit, die wir alle sehen.

Im Übrigen – ich will es gern noch einmal unterstreichen – werden wir diesen Kurs nicht zulasten der kommunalen Ebene fahren. Wir werden die Belastung der kommunalen Ebene nicht erhöhen, um unser Ziel zu erreichen. Das will ich mit aller Deutlichkeit auch dazu sagen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal unterstreichen, dass die Landesregierung zu der Vorgehensweise, die wir Ihnen vorgeschlagen und in Angriff genommen haben, keine vertretbare Alternative sieht. Wir bleiben deshalb bei dieser Linie.

Ich bin den Koalitionsfraktionen von SPD und FDP sehr dankbar, dass sie diesen Weg mitgehen, so wie umgekehrt andere Koalitionskonstellationen mit ihren Regierungen den gleichen Weg gehen. Lassen Sie es uns wieder auf ein Normalmaß herunterbringen, was als Diskussion geführt wird. Wir sind unterschiedlicher Meinung. Wir respektieren, dass Sie anderer Meinung sind. Wenn wir in der Opposition wären, würden wir vermutlich nicht anders argumentieren.

Es hat auch keinen Sinn, dass wir uns an der Stelle so auseinander bringen, als wäre dies das große dramatische Ereignis in Rheinland-Pfalz. Es ist eine Herausforderung, die wir zu meistern haben. Wir meistern sie. Davon können Sie ausgehen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich hatte den Eindruck, dass Sie das Problem, das sich für Rheinland-Pfalz ergibt, kleingeredet haben. Ich könnte es genauso in Anspruch nehmen zu sagen, die Oppos itionen in all den Ländern, die Sie aufgeführt haben und die Nachtragshaushalte fordern, können doch mit dieser Forderung nicht falsch liegen. Sie haben auch umgekehrt argumentiert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie nehmen eine unterschiedliche Rollenaufteilung vor. Ich kann genauso für uns in Anspruch nehmen, dass Herr Bökel in Hessen, die Vertreter in NordrheinWestfalen oder in Schleswig-Holstein mit ihrer Argumentation nicht falsch liegen.

(Mertes, SPD: Sie sind in Nordrhein-Westfalen für die Haushaltssperre! Sie haben Nordrhein-Westfalen gesagt!)

Herr Bökel ist auch für einen Nachtrag in Hessen.

Herr Mertes, es gibt das eine und das andere. Ich will Ihnen deutlich machen, warum ich gerade in RheinlandPfalz für dieses Instrument bin. Wie Sie alle habe ich in Rheinland-Pfalz mit beiden Instrumenten konkrete Erfahrungen gemacht. Ich erinnere – das politische Gedächtnis ist oft kurz –: 1996 wurde eine Haushaltssperre verhängt. Sie hatten am Ende des Haushaltsjahrs eine Ausgabensteigerung von 6,5 %.

(Beifall der Abg. Böhr und Schnabel, CDU)

Sie sind mit der Kreditaufnahme damals zum ersten Mal über die 2-Milliarden-DM-Grenze geschossen. Das war das Ergebnis einer Haushaltssperre in den Händen dieser verantwortungsvollen Landesregierung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie haben 1997 – auf Drängen der Opposition – einen Nachtragshaushalt gemacht. Es gab das erste Mal eine negative Entwicklung in der Ausgabenentwicklung. Sie sind deutlich unter den Ausgaben geblieben, die angesetzt waren. Ich glaube, es waren minus 1,1 %.

Vor diesem Hintergrund habe ich doch gute Gründe zu sagen: Ein Nachtragshaushalt, abgesichert durch eine gescheite transparente öffentliche Diskussion, und eine Beschlussfassung auch durch das Parlament – –

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Herr Mertes, natürlich mit einer Mehrheitsentscheidung. Ich will doch keine andere Republik. Vorhin hatte ich bei Ihnen ein paarmal den Eindruck.

(Beifall des Abg. Kramer, CDU – Mertes, SPD: Das ist unverschämt!)

bringen eine deutlich bessere Absicherung und auch die gewünschte Entwicklung.