Protokoll der Sitzung vom 29.08.2002

Mit welchen – ich sage einmal – überschießenden Ausgabenvorstellungen diese Landesregierung in die Haushaltsberatungen gegangen ist, mit welchem – ich sage einmal – blinden Blick auf die Haushaltssituation die Mehrheit des Parlaments diesen Haushalt verabschiedet hat und jetzt mit Hin- und Herschieben zwischen Kernhaushalt und Nebenhaushalten und verschiedenen Einsparmöglichkeiten, zum großen Teil am Parlament vorbei, versucht, diesen Haushalt zu bewirtschaften, das ist natürlich keine Haushaltspolitik, die mit dem Blick nach vorn geht, sondern das ist eine Fortführung einer – ich sage es einmal vorsichtig, weil ich mir heute vorgenommen habe, eine eher nachdenkliche Rede zu halten – – – (Mertes, SPD: Hui, hui!)

Es ist keine seriöse Haushaltspolitik, sondern es ist eine, die darauf setzt, dass von der einen oder anderen Stelle vielleicht doch noch etwas herüberkommt, was einen retten könnte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Baldauf hat viel über die Haushaltssituation der Kommunen gesagt. Wir haben in der Vergangenheit schon die eine oder andere Diskussion gehabt.

Ich will nur das, was Herr Baldauf gesagt hat, ergänzen. Im Kommunalbericht des Rechnungshofs wurde mit den aktuellen Zahlen deutlich gemacht, dass die Gesamtbetrachtung der kommunalen Haushalte in Rheinland-Pfalz das Ergebnis bringt, dass sich insgesamt ein drastischer Anstieg des Defizits eingestellt hat und – wenn man es etwas differenzierter betrachtet – die Entwicklung auseinander geht zwischen der Entwicklung der kreisfreien Städte mit enorm hohen Defizitanhäufungen, wirklich bedrohlich auch in der Entwicklung für die einzelnen kreisfreien Städte, und in einer anderen Entwicklung, wenn wir die Landkreise oder kreisangehörigen Gemeinden betrachten.

In der Diskussion in der Rechnungsprüfungskommission ist eins deutlich geworden, dass nämlich die Argumentation der Landesregierung, im Ländervergleich würde Rheinland-Pfalz noch ganz proper dastehen, nicht zieht und auch vom Rechnungshof nicht bestätigt werden kann, weil es nämlich völlig unterschiedliche Quoten der Kommunalisierung von Aufgaben gibt, weil die Länder es untereinander natürlich verschieden handhaben, inwieweit Sozialleistungen und andere Unterstützungsleistungen von den Kommunen erbracht werden.

Des Weiteren wurde deutlich, dass diese Darstellungen, so wie sie uns von der Landesregierung in den vergangenen Diskussionen immer wieder vorgetragen wurden, nicht haltbar sind.

(Staatsminister Mittler: Das ist dabei berücksichtigt, Frau Kollegin!)

Meine Damen und Herren, das kann aber auch der Landesrechnungshof in dem Vergleich nicht nachvollziehen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre dieses Protokollausschnitts, weil dort gerade auf Unterschiede zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eingegangen wurde.

Meine Damen und Herren, ich will in dem Zusammenhang an eine Aufforderung erinnern, die wir als Fraktion eingebracht haben, als es darum ging, die EnqueteKommission mit dem Schwerpunktthema „Kommunale Finanzen“ einzurichten.

Wir hatten im Parlament gefordert, bis zum Abschluss der Arbeiten in dieser Enquete-Kommission, die heute erst ihre Arbeit aufgenommen hat, ein Moratorium quasi zu beschließen und zu sagen, wir werden von Landesebene keine Maßnahmen mehr unternehmen, die die Belastung oder die Haushaltssituation der Kommunen weiterhin verschlechtert, also das, was im Rahmen und in der Hand der Landesregierung liegt.

Das haben Sie in dieser Form nicht unterstützt. Ich befürchte, in dem Bemühen der Landesregierung, mit ihrem Haushalt irgendwie noch zurecht zu kommen, ist für die Kommunen mit weiteren Belastungen zu rechnen. Ich glaube, keine der Kommunen, weder die Landkreise noch die kreisfreien Städte, werden sich das leisten können.

Meine Damen und Herren, zum Thema „Landesverwaltung und Aufgabenkritik“ haben der Berichterstatter und Herr Kollege Bracht sowie auch Frau Schmitt von der SPD einiges gesagt. Ich möchte insbesondere zwei Bereiche ansprechen.

Die Landwirtschaftsverwaltung ist eine schier unendliche Geschichte, die nicht voran kommt und bei der ich das Gefühl habe, dass es gerade in diesem Verwaltungsapparat der Landesverwaltung ein unglaubliches Beharrungsvermögen und eine sehr geringe Bereitschaft gibt, tatsächlich Aufgabenkritik zu betreiben. Es kann doch nicht sein, dass die Bedürfnislage nach Beratung, Unterstützung und Abwicklung in den rheinland-pfälzischen Betrieben der Landwirtschaft und der Winzer immer noch dieselbe ist wie die vor fünfzehn Jahren. Die Struktur hat sich jedenfalls nicht wesentlich geändert.

Wenn wir auf der anderen Seite die Entwicklung der Personalausgaben im Landeshaushalt sehen, wenn wir wissen, dass sich in den letzten zehn Jahren, von 1990 bis 2000, die Versorgungsleistungen um fast 70 % als Anteil gesteigert haben, dann werden wir in diesem Land nicht drum herum kommen, gerade im Administrationsbereich Optimierungen herbeizuführen. In vielen anderen Bereichen werden wir uns das nicht leisten können. Aber vor allen Dingen im Schulbereich, im Hochschulbereich, zum Teil im Polizeibereich sowie in wesentlichen Teilbereichen des Justizbereichs können wir nicht weiter zusammenschrumpfen, und deshalb müssen die adm inistrativen Bereiche optimiert werden, damit sie effektiver arbeiten und dort Personalkosten eingespart werden können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Das habe ich bisher im Landwirtschaftsbereich nicht entdecken können. Seit Regierungsantritt dieser Landesregierung hören wir aus dem Landwirtschaftsministerium immer nur: Wir führen jetzt eine Kundenbefragung durch, und dann gehen wir an die Reform heran. – Ich erinnere mich, dass dies schon Ankündigungen aus der letzten Legislaturperiode waren.

Es kommt mir immer so vor, als wenn dies eine Aufgabe sei, als müsse man einen riesigen Augiasstall ausmisten. Ich glaube, eine solche Aufgabe ist es. Man braucht schon einen harten Besen, wenn man dem gewachsen sein will.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Justizverwaltung. Ich habe in der Rechnungsprüfungskommission bereits gesagt: Wenn wir über die Justizverwaltung sprechen, kommt es mir so vor, als würden wir über eine Verwaltung sprechen, die 40 Jahre zurück liegt. Ganz so drastisch ist es nicht, aber natürlich ist es notwendig – Herr Mertin, Sie haben es gestern selbst angesprochen –, im Justizbereich noch viel stärker Investitionen zu tätigen, aber auch Verbesserungen vorzunehmen, um in einer effektiveren Verwaltung mit mehr Einsatz von EDV zu arbeiten.

(Kuhn, FPD: Das hat er erklärt!)

Ja, das hat er erklärt. Das haben uns die verschiedenen Staatssekretärinnen in den letzten sechs Jahren auch immer erklärt. Sie sagten, eigentlich müssten wir, aber wir können noch nicht.

Ich glaube, dass es auch in diesem Bereich sehr wichtig ist, Barrikaden zu überwinden.

(Unruhe im Hause)

Ich möchte noch zu der Förderung von Finanzhilfen und zu Verträgen mit der DB AG, aber auch zur Förderung der Handwerksmesse etwas sagen. Über diese Punkte haben wir sehr kontrovers und sehr lange diskutiert. Ich sage Ihnen, dies ist mit ein Punkt, weshalb wir große Schwierigkeiten haben, die Landesregierung an diesem Punkt zu entlasten. Wir werden es auch nicht tun.

(Unruhe im Hause)

Bei solchen großen Vertragsabschlüssen wie beispielsweise mit der DB AG, bei denen es um die Förderung des öffentlichen Verkehrs geht, ist diese Landesregierung nicht in der Lage, deutlich zu machen, wie sie nicht erbrachte Leistungen der Bahn AG tatsächlich und konkret mit der Bahn AG verrechnet.

(Glocke der Präsidentin)

Sie ist nicht in der Lage, dies darzustellen oder auch ihr Recht einzufordern. Das sind für mich Punkte, die in der Rechnungsprüfungskommission kontrovers, aber vom Ergebnis her einheitlich diskutiert wurden. Das Wirtschaftsministerium ist gerade in diesem Bereich gefordert, genauer hinzuschauen und nicht mit Protokollnotizen und Vergleichen zu arbeiten.

Das Zweite ist die Handwerksmesse. Wir haben gestern über Finanzhilfen diskutiert. Dies wäre ein Punkt, bei dem sehr wohl die Kammern gefragt wären, sich stärker zu engagieren, und wo sich das Land gut zurückziehen könnte, weil es ein Aufgabenbereich der Kammern ist. Ich bin der Meinung, dass mit diesen Finanzhilfen und mit dieser Art der Vertragsgestaltung im Wirtschaftsministerium geschludert wird und wir in diesem Bereich noch einen großen Aufklärungsbedarf haben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte darum bitten, den Geräuschpegel etwas zu senken. Die Zeit ist zwar schon fortgeschritten, aber es ist sicherlich für den Redner etwas unangenehm, gegen einen lauten Geräuschpegel ansprechen zu müssen.

Herr Kollege Kuhn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es vorweg nehmen: Die FPD-Fraktion wird der Be

schlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses folgen und die Landesregierung RheinlandPfalz sowie den Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2000 entlasten.

Grundlage für die finanzpolitische Einschätzung des Haushaltsjahres 2000 ist der Jahresbericht 2001 des Rechnungshofs. Die Haushaltsrechnung 2000 kommt der Veranschlagung des Haushaltsplans sehr nahe. Man kann geradezu von einer Punktlandung sprechen, wobei der Anstieg der Ausgaben laut Haushaltsrechnung etwas geringer ausfiel als im Haushaltsplan vorgesehen.

Eine solche Punktlandung ist durchaus ein Indiz für eine professionelle Abwicklung des Haushaltsplans in diesem Jahr. Die laufenden Einnahmen des Landes stiegen stärker als die laufenden Ausgaben. Daraus leitet sich ein Überschuss der laufenden Rechnung von 477 Millionen Euro ab. Einer der Gründe liegt in der Tat in höheren Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und bei den Ergänzungszuweisungen des Bundes.

Die Personalausgaben stiegen mit 1,5 % etwas höher als die Gesamtausgaben von 1,3 %. Diese Zahlen muss man einer differenzierten Betrachtung unterziehen. Zunächst einmal ist festzustellen, dass sich die eigentlichen Personalausgaben im Vergleich zu 1999 nicht erhöhen. Die Erhöhung der Versorgungsausgaben setzt sich wie bekannt seit vielen Jahren kontinuierlich fort. Die Ursache ist in den bekannten demographischen Phänomenen zu suchen.

Darüber hinaus ist bekannt, dass die Landesregierung ihre eisernen Sparziele im Verwaltungsbereich auch in den Folgejahren konsequent fortsetzt. Erhöhte Personalausgaben wie zum Beispiel im Bildungsbereich oder im Polizeibereich sind politisch gewollt. Dies spiegelt sich natürlich auch in den Zahlen wieder. Aber wenn man die Gesamtzahlen sieht, muss man feststellen, analog dazu ist in anderen Bereichen an Personalkosten konsequent gespart worden.

Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen und uns an der Finanzplanung ab 2004 orientieren, so wird in diesen folgenden Jahren eine durchschnittliche Erhöhung der Personalausgaben von nicht mehr als 2 % avisiert.

Dies ist gerade im Hinblick auf die weiter steigenden Versorgungsausgaben ein ehrgeiziges Ziel. An dieser Stelle darf man darauf hinweisen, dass die Einrichtung des Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung in Rheinland-Pfalz eine weise Entscheidung war.

Meine Damen und Herren, die Investitionsquote von 12,6 % erreichte wieder einen sehr hohen Wert. Rheinland-Pfalz stand hinter Bayern im Ländervergleich der alten Bundesländer auf Platz 2. Im Übrigen bleibt sie trotz der angespannten Finanzlage im Schnitt der Haushaltsjahre 2002 und 2003 zweistellig und wird laut Finanzplan in den Jahren 2004 und 2005 ein hohes Niveau behalten. Nur mit einem hohen Investitionsvolumen werden wir in der Lage sein, die strukturellen Voraussetzungen für eine positive Entwicklung in Rheinland-Pfalz zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, wenn wir nur die Kreditfinanzierungsquote mit der Investitionsquote vergleichen und ihre Entwicklung beobachten, kommt man zu folgenden Ergebnissen: Es ist positiv zu vermerken, dass sich seit 1997 die Schere zwischen der Investitionsquote und der Kreditfinanzierungsquote kontinuierlich geöffnet hat und gerade im Jahr 2002 die Differenz zwischen beiden Quoten einen neuen Höchstwert erreicht hat.

Wie allgemein bekannt ist, nähern sich bedauerlicherweise in den Jahren 2002 und 2003 die beiden Kurven wieder an, bedingt durch die weitgehend nicht vorhersehbaren Einnahmenverluste. Betrachtet man sich diese in den Jahren 2004 und den Folgejahren geplante weitere Entwicklung, so wird sich der Abstand der Quote analog zu der Zeit 2001 und früher wieder kontinuierlich erhöhen. Dies zu erreichen, ist in der Tat ein finanzpolitisches Ziel von höchster Priorität, weil nur so der finanzpolitische Spielraum erhalten und erweitert werden kann.

Dies gilt auch für die so wichtige Zinssteuerquote, die im Jahre 2000 12,5 % betrug und in der Zukunft 13 % nicht überschreiten wird. Der Abstand zwischen der NettoKreditaufnahme und der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze war im Jahr 2000 so groß wie seit vielen Jahren nicht. Das ist sehr pos itiv.

Dass sich diese Entwicklung im gegenwärtigen Doppelhaushalt nicht fortsetzen konnte, wurde hier schon oft dargelegt und ist durchaus zu bedauern. Auch hier wird es das Ziel der Finanzplanung sein, den Spielraum ab 2004 erheblich zu vergrößern. Bei den Schulden pro Einwohner liegt Rheinland-Pfalz mit 4.555 Euro an der Spitze einer Mittelgruppe. Schlechter stehen Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und das Saarland da. Deutlich besser als diese Mittelgruppe stehen Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und an der Spitze Bayern. Auch über die Hintergründe, warum sich dies so entwickelt hat, ist oft gesprochen worden.

Wir sind uns alle einig, dass die Erhöhung der Pro-KopfVerschuldung in den nächsten Jahren endgültig gestoppt werden muss, dies nicht nur vordergründig, um den Stabilitätskriterien zu genügen, sondern, wie eben schon erwähnt, den politischen Handlungsspielraum für die künftigen Generationen zu erhalten. An der Ernsthaftigkeit dieses Vorhabens darf es unter der Voraussetzung einer normalen Einnahmenentwicklung keine Zweifel geben.

Die zusammenfassenden Betrachtungen und Folgerungen des Rechnungshofs werden von der FDP-Fraktion unterstützt. Ich nenne Sie noch einmal zusammenfassend: Die Bemühungen des Landes zur Haushaltskonsolidierung müssen fortgesetzt werden. Das angestrebte Ziel der Verringerung der Neuverschuldung mit dem Ziel eines Haushaltsausgleichs muss wie geplant mit Nachdruck umgesetzt werden. Selbstverständlich muss der Abbau der Verschuldung als Ganzes gesehen werden. Da wurden wieder Zweifel geäußert. Den entsprechenden Unterstellungen der Opposition ist in diesem Hause schon mehrfach entgegengetreten worden.

Eine strenge Ausgabendisziplin ist sicherzustellen. Wie sich dies im Rahmen des Doppelhaushalts 2002/2003

darstellt, muss an dieser Stelle nicht noch einmal betont werden. Das ergibt sich in der Tat von selbst.