Protokoll der Sitzung vom 05.12.2002

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seitens der SPD-Fraktion beantrage ich die Aussprache zur Mündlichen Anfrage, Verlagerung von 230 Arbeitsplätzen der DB Cargo AG von Mainz nach Berlin – Nummer 1 der Drucksache 14/1698 – betreffend.

Meine Damen und Herren, bevor ich den ersten Redner aufrufe, nutze ich die Gelegenheit und gratuliere Herrn Kollegen Hartloff zu seinem Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall des Hauses)

Ich rufe die Aussprache zur Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Rosenbauer und Dr. Peter Enders (CDU), Auswirkungen der Gesetzesvorhaben der Bundesregierung auf die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz – Nummer 2 der Drucksache 14/1698 – auf.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beantwortung unserer Mündlichen Anfrage könnte man unter das Motto stellen „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein“. Frau Ministerin, was Sie von sich gegeben haben, bedarf schon einer Würdigung. Sie sagen, die Maßnahmen seien kein Schritt in die richtige Richtung, aber sie seien notwendig. Ich frage mich wirklich, wie ich einen solchen Satz beurteilen soll.

Ich möchte auf die gesamte Problematik zurückführen. Das, was Sie kundgetan haben, ist schon enttäuschend, weil das eindeutig zeigt, dass Ihnen die Thematik und die Zusammenhänge nicht ganz klar sind. Frau Dietrich ist mit Sicherheit eine bekannte Geschäftsführerin eines großen Krankenhauses. Sie hat sich für die DRGEinführung ausgesprochen. Sie weiß aber auch ganz genau, weshalb Sie 2003 nicht optionieren wollte, nämlich weil es viele Hintergründe gibt.

Sie haben auch gesagt, dass Sie nicht verstehen können, weshalb die CDU die Verlängerungszeiten erweitern will. Sie sagen aber dann am Schluss, dass Sie sich auch für eine Verlängerung der Zeiten, während derer man sich für das Optionsmodell entscheiden kann, einsetzen werden. Weshalb denn all das? Weil das ganze Gesetz vorn und hinten keinen Anfang und kein Ende hat. Das ist das Problem.

(Beifall der CDU)

Sie können nicht in einem Spiel auf einmal die Spielregeln wechseln. Die Häuser müssen vorher wissen, wo sie dran sind. Sie können nicht im Verfahren sagen, jetzt ändern wir das einfach, und die, die sich gemeldet haben, bekommen mehr Geld, und diejenigen die sich nicht gemeldet haben, bekommen kein Geld.

Jetzt aber noch einmal zu dem ganz wichtigen Punkt; zu dem Sie überhaupt nicht Stellung genommen haben: Wir haben seit Jahren eine Schere zwischen den BATSteigerungen und den Grundlohnsummensteigerungen, die maßgebend für die Budgets der Krankenhäuser sind. Die BAT-Steigerungen haben sich in den vergangenen Jahren zwischen 2,5 % bis 3 % bewegt. Die Grundlohnsummensteigerungen haben sich in den vergangenen Jahren immer zwischen 1,5 % und 1,9 % bewegt. Diese Schere musste von den Krankenhäusern in den vergangenen Jahren immer irgendwie bewältigt werden. Das hat zu hohen Effizienzsteigerungen in den Krankenhäusern geführt.

Es hat aber auch – das muss man deutlich sagen – zu einer erheblichen Leistungsverdichtung beim Personal in den Krankenhäusern – sowohl bei der Pflege wie bei den Ärzten – geführt. Es wird immer wieder gesagt, es solle neue Modelle bei den Arbeitszeiten geben. In der Pflege sind die Arbeitszeitmodelle längst verwirklicht und optimiert bis zum Letzten. Diese Schere bekommen wir in den Krankenhäusern aber nicht mehr zusammen. Folge ist, dass dieses Geld entweder am Personal eingespart werden muss – für diejenigen, die dort bleiben, bedeutet das noch mehr Belastung –, oder das bedeutet, es wird weniger Leistung mit dem Geld, das zur Verfügung steht, angeboten. Das wiederum bedeutet, dass wir Wartelisten bekommen werden und die Leistungen in den Häusern einschränken werden. In ganz Rheinland-Pfalz ist das vom Norden bis zum Süden und vom Osten bis zum Westen nachzulesen. Alle Geschäftsführer der Krankenhäuser haben die gleichen Maßnahmen angekündigt.

Das gilt übrigens auch für das von Ihnen immer so gelobte Krankenhaus in Ludwigshafen. Herr Graf hat eindeutig Stellung bezogen. Er will 50 Stellen abziehen. Frau Dietrich hat Recht in Bezug auf das Optionsmodell zu sagen, sie überlege nun, wegen der 0,81 % zu optionieren.

Es ist schlichtweg eine Unverschämtheit, sich an dieses Pult zu stellen und zu sagen, dies habe keine Auswirkungen auf rheinland-pfälzische Krankenhäuser und auf die Versorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Landauf, landab kann man das nachlesen. Die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz hat von einem Stellenabbau von über 3.000 gesprochen. Bundesweit werden wir einen Stellenabbau von 36.000 in der Pflege haben. Sie stellen sich an dieses Pult und sagen, das sei alles nicht wahr, das könne man über eine etwas andere Arbeitszeitregelung und über ein bisschen mehr Organisation regeln. Nein, die Frage ist, wie wir das Geld zur Verfügung stellen, um eine vernünftige Versorgung in der Zukunft zu sichern.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Brinkmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat in der Talkrunde von Sabine Christiansen ein Journalist, der sich normalerweise im Bereich der Gesundheitspolitik äußert, die Behauptung aufgestellt, dass bisher schon jeder Bundesgesundheitsminister seine Wahlperiode mit einem Vorschaltgesetz begonnen habe, ausgenommen die jetzige Gesundheitsministerin, weil sie vor etwa zwei Jahren mitten in der Wahlperiode einstieg.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Herr Dr. Altherr, ich mache diese Bemerkung, weil ich damit auf einen Dauerbrenner aufmerksam machen will. Diese Probleme, wie wir sie heute haben, gibt es im Bereich der Gesundheitspolitik schon immer.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Diese Vorschaltgesetze, die es bei allen gibt, haben allerdings unterschiedliche Vorzeichen. Während der CDU bei Vorschaltgesetzen in der Regel nichts anderes als die Belastung der Patienten und der Bürger einfällt, ist das bei anderen geradezu umgekehrt.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Frau Fischer musste vor vier Jahren ein Vorschaltgesetz machen, um diese schreienden Ungerechtigkeiten, die vorher eingeführt wurden, wieder zu beseitigen. Dies reicht von Zuzahlungen bei Krankenhausaufenthalten über Arzneimittelzuzahlungen bis hin zu dieser völlig verdrehten Maßnahme beim Zahnersatz, wo Sie willkürlich Altersgrenzen eingeführt haben, und zwar für den einen, bei dem noch etwas gemacht werden kann, und für den anderen, bei dem nichts mehr gemacht werden kann. (Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Sie haben eine Sanierung der Kostenbelastungen im Gesundheitswesen bisher als einseitige Lobbyisten

immer zu Lasten der Bürger und Patienten vorgenommen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, niemand bestreitet, dass Kosten eingespart werden müssen und Beitragssatzerhöhungen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen und den anderen vermieden werden sollen. Wenn dies so ist, kann das Krankenhaus als der Teil in der Gesundheitsversorgung mit dem bei weitem größten Kostenanteil von etwa einem Drittel im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht ausgelassen werden. Wenn Sie sich die Dimensionen ans ehen, in denen diese Einsparungen in den verschiedenen Bereichen erfolgen, stellen Sie fest, dass dieser Riesenanteil Krankenhaus bei den Kostenreduzierungen sehr gut wegkommt; denn es werden unter dem Strich etwa 400 Millionen Euro sein, und das bei einem Gesamtvolumen von über zwei Milliarden. Man sieht, dass mit Maß herangegangen wird.

Ich kann das, was die Frau Ministerin bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage ausführte, nämlich dass es bei dieser sogenannten Nullrunde für Krankenhäuser eine Fülle von Ausnahmeregelungen gibt, nur unterstreichen.

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Altherr und Dr. Rosenbauer, CDU)

Es war so, dass aus den 0,81 % im ersten Halbjahr bereits 3,6 % mehr wurden. Das ist eine Steigerung um das Vierfache.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Herr Kollege Altherr, da alles, was in der Vergangenheit an Ausnahmeregelungen galt, auch weiterhin gilt, und zusätzliche Ausnahmen hinzukommen, wie über Disease-Management und DRGs, können wir davon ausgehen, dass viele Krankenhäuser, die sich innovativ betätigen und dem Fortschritt nicht abgeneigt sind, auch in den Genuss von zusätzlichen Geldmitteln über das hinaus, was über die Nullrunde fixiert ist, kommen werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Für die Krankenhäuser gilt das, was in anderen Bereichen des Lebens auch gilt:

(Dr. Weiland, CDU: Die SPD schadet den Menschen!)

Wer den Fortschritt verpasst,

(Glocke des Präsidenten)

verpasst die Möglichkeiten auch finanzieller Art, um entsprechende Fortschritte in den eigenen Häusern zu erreichen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Rosenbauer, Sie versuchen, auf relativ plumpe Art und Weise Oppositionspolitik im Bund zu betreiben, ohne Ihrer Verantwortung, die Sie natürlich als Union im Bund tragen, gerecht zu werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Sie bauen künstliche Widersprüche auf, wo keine sind. Natürlich kann es sein und ist es so, dass die aktuell notwendigen Sparmaßnahmen nicht schön sind und niemanden freuen. Sie sind aber notwendig. Damit ist aber nicht die Generalrichtung einer Gesundheitsreform oder einer Finanzierungsreform angegeben. Es ist eine aktuell notwendige Maßnahme, der man sich nicht verschließen kann und zu der es von Ihrer Seite aus keinerlei Alternativen gibt.

(Dr. Altherr, CDU: Es gibt genügend Alternativen!)

Sie hauen nur drauf, ohne irgendetwas zu benennen, wie man es besser machen könnte.

(Dr. Altherr, CDU: Deswegen sind Sie auch abgestraft worden!)

Darüber hinaus verhindern Sie durch eine völlig unverständliche Blockadepolitik, die wohl nur noch übergeordnete Gründe haben kann, dass negative Auswirkungen abgemildert werden, indem sie sich der Fristverlängerung für die Einführung der Fallpauschalen in den Krankenhäusern verweigern, die sich dazu noch nicht gemeldet haben. Sie versuchen noch nicht einmal, den Krankenhäusern, die das im Moment und nächstes Jahr nicht können, die notwendige Flexibilität zu geben, um bestimmte Dinge abzufedern.

(Frau Ebli, SPD: Das ist unanständig!)