1. Wie beurteilt die Landesregierung die gegenwärtig angespannte Finanzsituation der rheinlandpfälzischen Kommunen vor dem Hintergrund des Kommunalberichts des Rechnungshofes?
2. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zu einer Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen vor dem Hintergrund, dass das Finanzierungsdefizit in den Jahren 2001 und 2002 insgesamt über eine Milliarde Euro betrug?
3. Welche Formen der Unterstützung (Sofortmaßnah- men, langfristige strukturelle Änderungen) seitens des Landes sind aus Sicht der Landesregierung erforderlich, um der sogenannten „Bugwellenproblematik“ (die Haushalte der Gemeinden und Gemein- deverbände weisen seit 1990 ständig einen negati- ven Finanzierungssaldo aus) entgegenzutreten?
4. Welche Perspektiven ergeben sich aus Sicht der Kommunen für die Zukunft angesichts der steigenden Ausgaben im Sozial- und Jugendbereich (finan- zielle Auswirkungen des Grundsicherungsgesetzes, Umgestaltung der Zusammenführung von Arbeitslo- sen- und Sozialhilfe und Ausbau der Ganztagsbe- treuung)?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung begrüßt den vorgelegten Kommunalbericht 2002 des Rechnungshofes. Neben der Beschreibung der Finanzlage der rheinland-pfälzischen Kommunen gibt er wichtige Hinweise, an welchen Stellen noch gespart oder Einnahmen verbessert werden können.
Die Schuld für die Misere der Kommunen bei der Landesregierung zu suchen, ist – so denke ich – zu kurz gesprungen. Vielmehr müssen die Verantwortlichen im Bund, im Land und in den Kommunen gemeinsam versuchen, tragbare Lösungen zu finden, um die Kommunalfinanzen wieder in Ordnung zu bringen.
Hierzu wurde auf Bundesebene eine entsprechende Kommission zur Gemeindefinanzreform eingerichtet. Aber auch bei uns auf der Landesebene haben wir mit der Enquete-Kommission „Kommunen“ ein Forum geschaffen, das sich gerade mit diesen Fragen beschäftigen soll.
In der Enquete-Kommission ist die Ausgangslage wohl allen Mitgliedern, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit klar. Deshalb wurden auch die entsprechenden Aufgabenstellungen bereits formuliert. Aus diesem Grund erschließt sich mir die heutige Mündliche Anfrage nicht ganz.
Zu Frage 1: Die Finanzsituation der Gemeinden und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz ist – im Übrigen übereinstimmend mit der Lage der Kommunen in den anderen Ländern in Deutschland – äußerst angespannt. Auch wenn im vergangenen Jahr trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach wie vor gut zwei Drittel der kommunalen Gebietskörperschaften einen ausgeglichenen Haushalt verabschiedet haben, gibt die Lage zu deutlicher Besorgnis Anlass.
Zu Frage 2: Zunächst wäre es einmal wünschenswert gewesen, wenn die Union im eigenen Lager für Klarheit über die Frage gesorgt hätte; denn wenn ich die Berichterstattung zumindest in den Zeitungen richtig gelesen habe, haben CDU und CSU wegen interner Differenzen
(Beifall bei der SPD – Schmitt, CDU: Das war nicht die Frage! Er beantwortet Dinge, die nicht gefragt sind!)
Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz ist der Bundesgesetzgeber gefordert, kurzfristig eine Gemeindefinanzreform umzusetzen, die sicherstellt, dass die kommunalen Einnahmen stabilisiert und insbesondere auch verstetigt werden. Die hierfür von der Bundesregierung eingesetzte Kommission soll bis zur Jahresmitte entsprechende Vorschläge vorlegen.
Das Land wird die kommunale Einnahmenbasis dadurch stabilisieren, dass die Zuweisungen an die Kommunen aus dem kommunalen Finanzausgleich bis zum Jahr 2006 auf ein Niveau von 1.606.000.000 Euro konstant gehalten werden. Im Ergebnis erhalten die kommunalen Gebietskörperschaften damit die Planungssicherheit und ein zinsloses Darlehen mit einem Anfangsvolumen von 296 Millionen Euro über mehrere Jahre.
Darüber hinaus wird die Landesregierung die Kommunen bei der Ausgabenreduzierung durch eine Initiative zum Standardabbau unterstützen. Hierzu wird noch in diesem Jahr der Entwurf für ein Artikelgesetz in den Landtag eingebracht werden, dem weitere folgen sollen.
Zu Frage 3: Mit dem Begriff der „Bugwellenproblematik“ wird herkömmlicherweise die Problematik aufgelaufener Fehlbeträge aus Vorjahren beschrieben. Allein in den Fehlbeträgen des Jahres 2001 waren Altfehlbeträge aus Vorjahren in Höhe von 410 Millionen Euro enthalten.
Eine dauerhafte Lösung der Altfehlbetragsproblematik setzt voraus, dass die Gemeindefinanzen in Deutschland wieder auf gesunden Füßen stehen. Hierzu bedarf es neben den bereits genannten Maßnahmen der notwendigen Erholung von Konjunktur und Arbeitsmarkt.
Ergänzend hat das Ministerium des Innern und für Sport den kommunalen Gebietskörperschaften die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen aufgelaufene Altfehlbeträge, die gegenwärtig mit Kassenkrediten finanziert werden, im Wege einer einmaligen Umschuldung durch langfristige Darlehen zu decken. Dieser Weg ist – darauf hat der Rechnungshof hingewiesen – nicht unproblematisch. Das Verfahren kann aber dazu beitragen, die eigene Konsolidierungsbereitschaft der Kommunen zu stärken und die gegenwärtig sehr günstigen Zinskonditionen längerfristig zu sichern.
Zu Frage 4: Derzeit kann keine gesicherte Prognose darüber abgegeben werden, wie sich die kommunalen Ausgaben im Sozial- und Jugendbereich per Saldo in den nächsten Jahren entwickeln werden. Nach dem Rückgang der Ausgaben für Sozialleistungen bis zum Jahr 2000 stiegen sie zwar im Jahr 2001 wieder auf 1,2 Milliarden Euro und im Jahr 2002 auf 1,245 Milliarden Euro an; andererseits ist es gerade ein Schwerpunkt der Arbeit der Kommission zur Reform der
Gemeindefinanzen, Vorschläge für eine effizientere Ausgestaltung der unterschiedlichen Transfersysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu machen.
Sie wissen, dass der Bundeskanzler in diesem Zusammenhang in seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag am 14. März 2003 angekündigt hat, dass die Bundesanstalt für Arbeit mit Beginn des nächsten Jahres für die Hilfeleistung zugunsten arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger zuständig sein wird und die Kommunen dadurch in Milliardenhöhe entlastet werden sollen. Nach der Überzeugung der Landesregierung ist zur Bewältigung der Finanzprobleme der Gemeinden und der Gemeindeverbände neben einer Stabilisierung der Einnahmen auch eine Verminderung der Belastungen auf der Ausgabenseite dringend geboten. Hierfür wird sich die Landesregierung ebenfalls einsetzen.
Herr Minister, haben die Kommunen nach Ihrer Auffassung in Rheinland-Pfalz ein Einnahmen- oder ein Ausgabenproblem?
Sie haben beides. Ich denke, dies ist auch aus meiner Antwort deutlich geworden. Sie haben sowohl eine Einnahmen- als auch eine Ausgabenproblematik.
Herr Minister, Sie haben gesagt, dass ein Drittel der Kommunen in Rheinland-Pfalz keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte. Abgesehen von der Tatsache, dass Sie mir sicher zustimmen, dass das viel zu viele sind, lautet meine Frage: Wie verändert sich diese Zahl, wenn man einberechnet, dass viele Kommunen seit einigen Jahren dabei sind, Vermögen zu veräußern, um ihre Haushalte auszugleichen?
Herr Abgeordneter, ich schließe nicht aus, dass sich die Zahl der Gemeinden, die einen unausgeglichenen Haushalt verabschieden müssen, erhöhen wird.
Herr Minister, Sie haben von der so genannten „Bugwelle“ und der Problematik gesprochen, dass die Landesregierung das Angebot gemacht hat, gegebenenfalls auch umzuschulden. Ist in Rheinland-Pfalz davon sehr viel Gebrauch gemacht worden?
Herr Abgeordneter Schnabel, ich möchte sagen, es ist nur in einem sehr begrenzten Umfang davon Gebrauch gemacht worden.
Herr Minister, ich muss meine Frage noch einmal wiederholen, da ich offensichtlich die falsche Frage zu Ihrer Antwort gestellt habe. Ich werde es jetzt noch einmal probieren.
Sie müssen schon entschuldigen, aber der Geräuschpegel im Landtag ist so, dass man leider hier vorn nicht alles versteht. Ich habe Ihre Frage so beantwortet, wie ich sie verstanden habe.
Sie hatten ausgeführt, dass ein Drittel der Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Ich hatte daraufhin geäußert, viele Kommunen, die bisher einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten, können dies nur deshalb, weil sie Vermögen veräußert haben. Die Frage ist, wie sich das Verhältnis zwischen der Zahl der Kommunen, die einen ausgeglichenen Haushalt haben, und denen, die einen nicht ausgeglichenen Haushalt verabschiedet haben, verändert, wenn man die Vermögensveräußerungen, die nur kurzfristig, zum Teil auch nur einmalig wirken können, mit einbezieht. Wie würde sich nach Ihrer Kenntnis diese Zahl verändern?
spricht natürlich dafür, dass sich der Prozentsatz der Gemeinden, die dann in eine solche Situation kämen, keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen zu können, erhöhen würde.
Herr Minister, Sie hatten vorhin ausgeführt, dass sich die Landesregierung immer bemüht, den Kommunen die erforderlichen Mittel im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Es ist bekannt, dass der Finanzminister immer wieder und jedes Jahr neu in den Topf der Kommunen und in den des kommunalen Finanzausgleichs hineingreift. Ärgert Sie das nicht? Nehmen Sie das so hin? (Heiterkeit im Hause – Mertes, SPD: Das ist eine Frage von Gefühlen!)
Herr Billen, wenn ich sagen würde, was mich alles ärgert, dann würde ich auch auf Sie eingehen müssen.