Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ramsauer, gestern fanden die Kolleginnen und Kollegen den von Ihnen zitierten 650 Seiten starken Finanzhilfebericht der Landesregierung in ihren Fächern. Man kann natürlich darüber streiten, ob die zeitliche Abfolge, dann einen Tag später eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu machen, von den Regierungsfraktionen gegenüber anderen Fraktionen dieses Hauses fair ist.
(Beifall bei der CDU – Mertes, SPD: Wir hatten ihn schon Weihnachten! – Frau Reich, SPD: Wir beraten jetzt nicht den Finanzhilfebericht!)
Doch. Nichtsdestotrotz habe ich Zweifel, ob dies ein überzeugender Anlass für eine Aktuelle Stunde ist.
Mehr Aktualität hat die Debatte allerdings vor einem aktuellen Hintergrund, den Herr Kollege Bracht heute mit seiner Mündlichen Anfrage angesprochen hat, nämlich den künftigen Einnahmen unseres Haushalts, aus dem alle Subventionen bezahlt werden müssen, über die wir debattieren. Diese Zahlen sind der wirklich drängende Anlass, das Thema Subventionsabbau zu beraten.
Der Bericht der Landesregierung folgt einem recht weit gefassten Begriff der Subvention, allerdings mit drei Klassifizierungen, von den Kindergärten über die Kultur, den Wirtschaftshilfen bis zu den Zahlungen an die Bistümer unseres Landes. Somit stünden fast alle Kernbereiche der Landespolitik theoretisch für den Subventionsabbau zur Auswahl. Deshalb ist das Thema, das Sie gewählt haben, in Wahrheit das Thema: Sinnvolle Prioritäten der Landespolitik in der tiefsten Finanzkrise uns eres Landes setzen. – Das wäre heute das eigentliche Thema.
Herr Kollege Kuhn, ob Sie ein Konzept für dieses Thema haben, müssen Sie zusammen mit der Landesregierung als Regierungspartei mit dem nächsten Landeshaushalt beantworten. Dann reichen die bisherigen Mittel der Finanzpolitik nicht mehr aus.
Christoph Böhr hat dies gestern bei der Debatte über die Standardanpassung überzeugend dargestellt. Wenn Sie in dieser Lage über Subventionsabbau reden, dann müssen Sie sagen, was wichtig und wirklich sinnvoll ist, was weniger wichtig oder sogar verfehlt ist oder was Sie dafür halten. Dann müssen Sie sich auch endlich einmal aufraffen, richtig laut und deutlich Nein zu sagen und nicht über alle Ansprüche und Interessenanliegen die immer gleiche Konsenssoße mit mehr oder weniger dicken Eurobröckelchen zu gießen.
Sie müssen zum Beispiel auch folgende Fragen beantworten: Ist es richtig, noch immer mit zweistelligen Millionenbeträgen aus dem Landeshaushalt den zweiten Arbeitsmarkt zu subventionieren, dessen Wirkungen inzwischen massiv auch von Herrn Florian Gerster bezweifelt werden? Gilt die Auffassung des Finanzministers, schriftlich festgehalten im Zusammenhang mit den Gesprächen zum Nachtragshaushalt, dass deutliche Kürzungen vorzunehmen sind?
Ist es beispielsweise richtig, wenn auf der einen Seite endlich die Erkenntnis gereift ist, dass die milliardenschweren Kohlesubventionen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und im Saarland beendet werden müssen, aber auf der anderen Seite mit der anwachsenden Dauerförderung von alternativen Energietechniken ein neues Fass aufgemacht wird, mit dessen Hilfe immerhin nach und nach der Anteil der Kernenergie ersetzt werden soll? Sollen wir uns in Rheinland-Pfalz daran beteiligen? Wie viel Krankenhäuser brauchen wir im Land?
(Mertes, SPD: Da hätten wir Sie gern ein- mal an unserer Seite! Wie viel Amts- gerichte bräuchte dieses Land?)
Wie schnell muss im letzten Dorf die dritte Stufe der Abwasserreinigung erreicht werden? Wie viel Buslinien sind notwendig und bezahlbar?
Es ist ein ganzer Katalog von Fragen, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, die beantwortet werden müssen, wenn eine Debatte über Subventionsabbau wirklich Sinn machen soll. Dies sind aber keine Fragen, die in einer Aktuellen Stunde angemessen beraten und beantwortet werden können. Auch das möchte ich sagen.
Wir müssen die bisherige Landespolitik als Ganzes auf den Prüfstand stellen. Ob Sie dazu bereit und in der Lage sind, werden wir bei den nächsten Haushaltsberatungen sehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wirz, ich möchte versuchen, seriös auf das einzugehen, was Sie eben gesagt haben.
(Wirz, CDU: Sie wollen doch nicht sagen, dass das unseriös war, was ich gesagt habe! Das wäre aber ein dicker Hund!)
Der Zeitpunkt, den wir gewählt haben, ist richtig. Wir befinden uns in einer äußerst schwierigen Finanzlage aller öffentlichen Haushalte. Dann rücken natürlich die Finanzhilfen in den Mittelpunkt, auch wenn wir im Einzelnen auf diesen umfangreichen Bericht heute nicht eingehen können. Die Frage aber, wie wir mit Finanzhilfen auch im Vorfeld der Haushaltsberatungen umgehen, ist von ganz besonderer Bedeutung. Es ist auch gut so, dass wir uns darum kümmern. Dazu gibt es grundsätzliche Anmerkungen zu machen.
Herr Kollege Wirz, ich darf Ihnen versichern, die FDPFraktion tritt dafür ein, alle Finanzhilfen des Landes, was man auch auf den Bund übertragen könnte, tabulos und permanent auf den Prüfstand zu stellen.
(Beifall der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Creutzmann, FDP: Beifall der Abgeordneten Frau Thomas, das hat es noch nie gegeben!)
Meine Damen und Herren, im Übrigen ist es für alle Beteiligten hilfreich zu wissen, auf welcher Grundlage wir diskutieren. Alle Experten sind sich einig, dass ein Vergleich sogenannter Subventionspolitik der Länder nur aussagekräftig ist, wenn Indikatoren wie Einwohnerzahl und regionale Wirtschaftskraft mit einbezogen werden. Das von Herrn Ramsauer genannte Arbeitspapier des Kieler Instituts für Weltwirtschaft macht deutlich, dass kein einziges Land, weder im Osten, im Westen, im Süden noch im Norden in Deutschland weniger Subven
Zusammen mit Hamburg sind wir nach dieser Unters uchung das einzige westliche Land mit eindeutiger Tendenz nach unten im Hinblick auf Ausgaben für Finanzhilfen. In vielen anderen Ländern, zum Beispiel Bayern und Nordrhein Westfalen, ist sogar ein klarer Aufwärtstrend feststellbar. Rheinland-Pfalz gibt nicht nur die niedrigste Finanzhilfe je Einwohner, sondern legt auch vorbildliche Finanzhilfeberichte vor.
Auch das wird in der Studie des Kieler Instituts deutlich. Wir sind dabei, dieses weiterzuentwickeln. Da gibt es noch einiges zu tun. Die Diktion muss aufeinander abgestimmt werden. Die Lesbarkeit muss verbessert werden. Wir sind noch nicht am Ende.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich kann Ihnen nur empfehlen, sich die entsprechende Unters uchung genau anzuschauen.
Die Autorin, Frau Rosenschon, lobt Rheinland-Pfalz ausdrücklich für seine Transparenz und fordert eine ähnliche Offenlegung, Internet, auch von anderen Ländern,
da Politiker oft gern die Kosten staatlicher Wohltaten verschweigen würden, wie sie sagt. Nicht so in Rheinland-Pfalz.
Meine Damen und Herren, Transparenz ist eine Seite. Wir in Rheinland-Pfalz sind vorbildlich. Doch die vorgenannte Untersuchung empfiehlt noch etwas anderes, was für die FDP-Fraktion alles andere als neu ist. Es wird zu Recht von der Autorin ein echter Wettbewerbsföderalismus mit einer größeren Finanzautonomie für Länder und Gemeinden gefordert. Wir brauchen einen echten Wettbewerb um die beste Finanzpolitik in Deutschland. Es wird plausibel deutlich gemacht, dass ein solcher Wettbewerb der beste Weg ist, um zu einem nachhaltigen Abbau von nicht zu rechtfertigenden Subventionen zu kommen. Dieser Wettbewerb wird dazu führen. In diesem Wettbewerb haben wir in RheinlandPfalz sehr gute Karten.
Ich weiß aber auch, dass es in unserem komplizierten institutionellen Machtgefüge in Deutschland leider ein langer Weg ist, zu diesem Ziel zu gelangen. Sie können es nachvollziehen, dass wir als Liberale mit dieser von uns lange erhobenen Forderung in der Vergangenheit ziemlich allein gestanden haben. Ob wir das immer richtig umgesetzt haben, darüber kann man reden.