Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

In dem Fall ist es schlicht egal, ob Sie den Kredit heute aufnehmen oder in zehn Jahren, weil Sie dem Haushalt keine zusätzlichen Einsparungen entziehen, sondern Sie nehmen heute den Kredit auf, damit Sie ihn das nächste Mal nicht aufnehmen müssen.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt doch gar nicht. Wir haben realistisch veranschlagt! – Schweitzer, SPD: Das stimmt doch gar nicht!) – – Doch, es stimmt. (Bracht, CDU: Genauso ist es!)

Es ist keine einfache Konstruktion. Überlegen Sie es sich noch einmal und gehen Sie in sich. Ich habe auch zweimal überlegen müssen.

Wenn Ihre Nettokreditaufnahme höher ist als das, was Sie investieren – – – Das, was Sie als internen Kredit aus dem Pensionsfonds nehmen, ist Teil der Nettokreditaufnahme. Wir machen diese Umlenkung nur dann sinnvoll, wenn Sie die Nettokreditaufnahme nicht über die Investition schieben. Das machen Sie wahrscheinlich in diesem Jahr zum dritten Mal.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt doch gar nicht!)

Doch, natürlich.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich habe es im Wissen darum gesagt, dass es kompliziert ist. Ich finde, es muss gesagt werden, weil das, was Sie zum Pensionsfonds sagen, dass Sie heute quasi Vorsorge auf der Basis von Krediten für die Zeit treffen, in denen Sie die Pensionen zahlen, – – – Punktum.

(Schweitzer, SPD: Das ist nicht wahr!)

Das ist der Knackpunkt. Dann muss Herr Ramsauer vielleicht etwas dazu sagen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke der Präsidentin)

Zur Erwiderung hat Herr Abgeordneter Ramsauer das Wort.

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal nur ein oder zwei Sätze zum Pensionsfonds sagen.

Frau Thomas, Sie haben an einem Punkt recht, das ist sehr kompliziert. Es ist nicht richtig, wie Sie es darstellten, was die Kredite und Investitionen angeht. Aber eines ist richtig und uns wichtig: Dass dokumentiert ist, dass der Staat Vorsorge für seine Pensionslasten und für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trifft, das ist uns wichtig.

(Beifall der SPD – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was den Kollegen Bracht angeht, auch wenn Sie noch so schreien, wenn Sie sich noch so echauffieren, wird es nicht wahrer, dass konkrete Einsparvorschläge nicht so aussehen können, dass man einmal sagt, wir bauen 450 Stellen – das sind gerade 2 % – in den Ministerien und in der Staatskanzlei ab.

Dann können wir auch sagen, wir bauen 800 Stellen ab, dann sind es 4 % oder wie viel. Wir können sagen, wir bauen einen Ministerpräsidenten ab, dann sind es 0 %.

Es muss sachlich geprüft sein. Dann muss man auch sagen wo. Ich wollte Sie einmal hören, wenn wir tatsächlich in den Fachabteilungen der Ministerien nach Ihrem Vorschlag einschneiden müssten, wie dann das Geheul losginge.

Der Ministerpräsident hat heute Morgen gesagt, Herr Bischel würde es nicht überleben. Ich glaube, ganz andere würden es auch nicht überleben; denn dass, was uns auszeichnet, ist, dass wir eine solide Verwaltung haben, die nach dem Benchmarking, von dem ich vorhin geredet habe, im unteren Bereich im Durchschnitt mit anderen Ländern besetzt ist, aber im oberen Bereich ihre Leistung erbringt. Dabei soll es bleiben.

Danke schön.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eines ist doch unbestritten. Ich glaube, das haben nun fast alle Rednerinnen und Redner heute gesagt: Die Lage nicht nur in Rheinland-Pfalz, natürlich auch in der gesamten Bundesrepublik, in anderen Bundesländern, ist schon bedrohlich.

Die Lage in der Finanzsituation in unseren Ländern ist doch bedrohlich, wenn wir uns überlegen, dass spätestens im nächsten Jahr nach unseren Schätzungen doppelt so viele Schulden angehäuft sein werden, wie wir in einem Jahr Geld zur Verfügung haben.

Das heißt, auch wenn wir überhaupt nichts ausgeben würden, würden wir zwei Jahre voll und ganz brauchen, um die Schulden abzuzahlen. Natürlich laufen wir in die Schuldenfalle, weil die Zinsen steigen, weil die uns die Luft nehmen, auf die Ansprüche reagieren zu können, die wir haben, und die Anforderungen, die es in diesem Land gibt. Die Anforderungen werde ich noch nennen.

Es ist doch vollkommen klar – da sind wir uns einig –, dass wirklich große Kraftanstrengungen notwendig sind aus diesen Schulden herauszukommen und die Probleme der Zukunft lösen zu können.

Ich halte die Fragen, die heute Morgen Herr Mertes – ich sage einmal – etwas locker beantwortet hat, die von der CDU gestellt wurden, schon für Fragen, die man erns thaft stellen musste. Zu den Antworten, die die CDU geleistet hat, möchte ich später noch kommen. Ich glaube, das sind nicht die richtigen Antworten.

Flapsig zu sagen, Schulden darf man nicht dämonisieren oder sollen nicht dämonisiert werden per se, so wie Herr Mertes, der SPD-Fraktionsvorsitzende es heute Morgen getan hat, ist mir doch als Antwort zu einfach.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Schulden soll man bestimmt nicht dämonisieren,

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

aber der Schuldenstand, der in diesem Bundesland erreicht worden ist, ist Anlass gegenzusteuern, und dieses Gegensteuern vermissen wir noch zu sehr, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es ist wichtig zu sagen, dass wir Zukunftsaufgaben haben, die Ausgabensteigerungen erfordern. Deswegen haben wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in unseren Vorschlägen in dem einen oder anderen Bereich Ausgabensteigerungen vorgesehen. Aber wir brauchen nicht nur die Ausgabensteigerungen, sondern wir müssen Umschichtungen vornehmen und insgesamt einsparen. Das ist in unseren Vorschlägen zumindest berücksichtigt. Aber wir müssen auch sagen, wo wir konkret einsparen wollen.

Wenn ich den gestrigen Tag Revue passieren lasse, erinnere ich mich an die CDU mit ihrer relativ ideenlosen

Konstruktion eines Plastikschneemanns, dem die Luft ausgeht. Ich glaube, der CDU ist in der Opposition schon lange die Luft ausgegangen. Wir sehen, dass von Ihnen keine konkreten Vorschläge zu erwarten sind.

Aber vonseiten der Koalitionsfraktionen kam ein neuer Vorschlag, der uns überrascht hat. Herr Kuhn, dass Sie gestern plötzlich vom Geistesblitz getroffen wurden, hat uns schon überrascht. Sie sind direkt an die Öffentlichkeit gegangen und fordern, 100 Millionen Euro für Hochschulen auszugeben, während Sie es in diesem Haushalt mit einem gemeinsamen Antrag mit der SPD gerade einmal schaffen, 3 Millionen Euro festzulegen – man muss sich das vorstellen –, und im nächsten Doppelhaushalt fordern Sie 100 Millionen Euro. Dann frage ich mich: Wo bleibt die Seriosität?

(Dr. Schmitz, FDP: Herr Braun, finden Sie es gut oder schlecht?)

Wenn wir von einer Regierungsfraktion so unseriöse Diskussionsbeiträge hören, dann wird damit die Öffentlichkeit hinters Licht geführt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Herr Dr. Schmitz und Herr Kuhn, wir werden Sie daran messen, ob Sie im nächsten Doppelhaushalt 100 Millionen Euro mehr einstellen können und ob Sie dann nicht wieder durch Tricks in anderen Bereichen, in denen Etaterhöhungen natürlich genauso notwendig sind, gekürzt haben.

Wir machen den Vorschlag, momentan 13 Millionen Euro für die Hochschulen einzustellen, und ich glaube, dies ist eine realistische Zahl, die an den dringend notwendigen Bedürfnissen in diesem Jahr orientiert ist. Sie bleiben bei 3 Millionen Euro. Sie wollen die Hochschulen in diesem Jahr verkommen lassen und ihnen im nächsten Jahr Geld versprechen.

Aber dies war nicht der einzige Punkt, an dem Geld versprochen wurde. Auch im Umwelthaushalt wurde von SPD und FDP gemeinsam beantragt, 6,2 Millionen Euro für Hochwasserkarten einzustellen. Dies klingt nach einem richtig großen Batzen im Umwelthaushalt, also hätte man damit wirklich etwas Gutes getan. Aber es ist nicht für dieses Jahr geplant, es sind wiederum nur Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre. Es ist im Jahr 2004 zum ersten Mal etatisiert, und ich muss Ihnen sagen, es ist momentan nicht nachvollziehbar, weshalb Sie plötzlich so dringend einen Bedarf von 6,2 Millionen Euro im Umwelthaushalt sehen, die im Endeffekt dann doch nicht der Umwelt zur Verfügung stehen, sondern „nur“ dem Hochwasserschutz. Es geht insbesondere um die Abgrenzung, wo man noch bauen darf und wo man nicht mehr bauen darf, wo wir doch genau wissen, wo es gefährlich ist zu bauen und wo die Wirtschaftsansiedlungen gefährdet sind, weil für den Rhein eine Hochwasserkarte schon vorhanden ist.

Meine Damen und Herren, dies sind zwei Beispiele, die Sie letzte Woche im Haushalt vorgestellt haben, die aber in diesem Jahr überhaupt keine Auswirkungen mehr

haben, also reine Luftnummern sind. Man muss sich schon fragen: Wird die Öffentlichkeit richtig und wahrhaft informiert? Gilt noch das Prinzip der Wahrheit und Klarheit im Haushalt, oder werden vonseiten der Regierungsfraktionen einige Tricks angewendet, die wir uns bieten lassen müssen?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben an anderer Stelle deutlich gemacht, dass der Haushalt in Rheinland-Pfalz natürlich auch von den bundesweiten Einnahmen und den bundesweiten Steuerergebnissen abhängt. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir im Bund entsprechende Subventionskürzungen benötigen, wenn wir eine Steuersenkung haben. Die FDP, die sich immer als Steuersenkungspartei ausgibt, hat nun kein Thema mehr, weil die CDU das Thema übernommen hat

(Kuhn, FDP: Sie wollen nicht mehr!)

und weil Sie realistischerweise nicht noch mehr fordern können als die CDU, weil sie mit ihrer Forderung schon jenseits der Ernsthaftigkeitsgrenze liegt, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher ist klar, dass wir – dies betrifft vor allem die CDU – die Bundespolitik in jedem Fall insoweit mit einbeziehen müssen, als eine ernsthafte Diskussion um Steuervereinfachungen stattfinden muss. In diesem Zusammenhang wird auch eine Steuerminderung diskutiert. Aber wenn man eine Steuerminderung verspricht, ohne auf der anderen Seite einen Subventionsabbau – beispielsweise bei der Eigenheimzulage, der Entfernungspauschale, der Wirtschaftsförderung oder der Kohle – vorzuschlagen, kann man sich auch nicht erns thaft als Steuersenkungspartei verkaufen.