Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Letztendlich muss man in diesem Zusammenhang etwas betrachten. Ich rede da nicht von neuen Standorten von Fachhochschulen in den Konversionsgebieten, sondern ich rede von den Hochschulen, die sehr dicht beieinander liegen oder wo man auch ansonsten Zusammenfassungen machen könnte. Da hat die Landesregierung irgendwie einen Aussetzer.

Ich frage mich immer, warum wir extra Fachhochschulen für die öffentliche Verwaltung brauchen. Warum machen wir nicht einen Schritt hin und sagen, wir fassen diese Angebote mit geeigneten anderen Fachhochschulen oder Hochschulen zusammen? Wir hätten einen zusätzlichen Verwaltungsapparat und zentralen Bereich an diesen öffentlichen Verwaltungsfachhochschulen gespart. Wir könnten es andocken. Wir hätten das, was wir uns eigentlich wünschen, nämlich mehr Möglichkeiten des Austauschs zwischen der öffentlichen Verwaltung zu dem, was in der Wirtschaft oder an anderer Stelle passiert. Das ist ein Austausch, der durchaus beide Seiten befruchten könnte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kohnle-Gros, ich komme zur direkten Erwiderung. Was bei Ihnen in Richtung Zugangsbeschränkung durchschimmert, diese Position, das heißt also, der Gedanke, da kommen Studierende, auch in der Bilanz, an unsere Hochschulen, und das ist aus ökonomischen oder anderen Gründen nicht erwünscht, oder diese Grundeinstellung weisen wir zurück. Dies ist ein falsches Denken.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Wir sind weltoffen auch unseren Nachbarn gegenüber. Wenn bestimmte Verkrustungen im Hochschulbereich einmal aufgebrochen sein werden – das wird so kommen –, dann werden wir stolz darauf sein, hier im Land Rheinland-Pfalz viele Studierende aus anderen Teilen Deutschlands, aus Europa und anderen Teilen der Welt haben zu können.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Der Wettbewerb der Zukunft ist der Wettbewerb um die besten Bildungsstandorte. Darum geht es heute. Sich

dann zurückzuziehen und zu sagen, dann wollen wir in unserem kleinen Kämmerchen bleiben, ist der völlig falsche Ansatz. Also: Weltoffenheit.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das gilt auch für die Saarländer!)

Wir wollen unseren Bildungsstandort Rheinland-Pfalz weiterentwickeln. Da entscheidet sich die Zukunft im Wettbewerb. Insofern ist diese Zurückhaltung – ich will es einmal vorsichtig sagen –, die Sie an den Tag legen, nicht unsere Politik und nicht unsere Einstellung.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einige Worte sagen, um ein bisschen etwas zurechtzurücken, was gestern und heute gesagt wurde:

1. Rheinland-Pfalz hat eine gesunde Hochschulstruktur. Der Mix zwischen Universitäten und Fachhochschulen – vor allen Dingen auch Fachhochschulen in der Fläche – ist eine positive Struktur, von der auch eine positive Entwicklung in der Zukunft ausgehen kann.

Frau Kohnle-Gros, wir sind auch nicht der Meinung, dass wir Standorte schließen sollten.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Jetzt legt mir doch nichts in den Mund!)

Das haben Sie doch am Dienstag schon wieder gesagt. Ich verstehe das immer so. Vielleicht geht es den Kollegen anders. Dann stellen Sie das gerade. Eine Schließung von Standorten im Fachhochschulbereich wird es mit uns nicht geben.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Also gut!)

2. Rheinland-Pfalz kann sich bundesweit sehen lassen, was die Reform der Hochschulen anbelangt. Die einzelnen Schritte sind bekannt. Sie sind an dieser Stelle auch schon gewürdigt worden. Reformen in Rheinland-Pfalz im Hochschulbereich sind auch Beispiel gebend für ganz Deutschland. Nicht jedes Bundesland ist diese Schritte schon gegangen.

3. Frau Fraktionsvorsitzende Thomas, natürlich haben wir nie einen Hehl daraus gemacht – das gemeinsam mit dem Wissenschaftsminister –, dass die Finanzierung der Hochschulen an Grenzen stößt und wir die Finanzierungssituation auch für bedenklich halten. Auch dies ist immer wieder gesagt worden. Da sind wir auch nie der Versuchung erlegen, etwas schönzureden.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Hinter verschlossener Tür!)

Das ist so. Man muss auch die Wahrheit sagen. Dazu sind wir verpflichtet.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die aktuelle Situation in anderen Bundesländern mit der Situation in Rheinland-Pfalz vergleichen – hier sind einige Beispiele genannt worden: Katastrophensituation, Schließung von Hochschulen, ungeordnete Situation –, hier in Rhein

land-Pfalz bauen wir auf einer soliden Basis, beständig und zuverlässig, auch was die Finanzierung, und wenn sie noch so knapp ist, anbelangt, auf.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Waren Sie nicht bei der Anhörung der Hochschulpräsidenten?)

Sie ist auch nie infrage gestellt worden. Hochschulpolitik in diesem Land ist im Grunde erfolgreich. Dazu steht auch die FDP-Fraktion. Das heißt, wenn wir unseren Vorschlag machen, einen neuen Schub in die Hochschule hineinzubringen, dann heißt das – es gibt zwei Komponenten –, die eine Komponente ist, dass man die Finanzierungsdefizite, die wir alle sehen, im Bereich der Investitionen und auch im Bereich des Personals und der Lehre, beseitigen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie denn? Das ist das eine. Wir müssen aber darüber hinausge- hen. Wir nehmen dieses Angebot der Bundesregierung – ich glaube, als erstes Bundesland – wirklich wahr. Wir wollen diesen Bildungspakt. Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung in der Lage ist, im Bereich der Forschung erheblich zuzulegen. Dann liegt es an den Ländern, im Hochschulbereich partnerschaftlich die eigenen Hochschulen in die Lage zu versetzen, den gesamten Bildungsschub, den wir in Deutschland brau- chen, mit zu begleiten. Das heißt, wir als Länder sind in der Verpflichtung unserem eigenen Bundesland gegen- über. Der Wettbewerb wird in der Zukunft ein Wettbe- werb der Bildungsstandorte sein. Zum anderen werden wir das Angebot des Bundes wahrnehmen können und auch müssen. Ich hoffe, wir sind auch die Ersten in Deutschland. (Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber an Bedingungen geknüpft!)

Dann möchte ich noch einige Sätze zu den Verantwortlichkeiten und Kompetenzen im Bereich der Bildung in Deutschland sagen. Da gibt es Unordnung. Das ist mehrfach hier angesprochen worden. Da muss es jetzt endlich Klarheit geben. Was wir da hören, ist nicht in Ordnung. Fünf Bereiche müssen klar definiert werden:

1. Schule ist ausschließlich Ländersache.

2. Im Bereich der Forschung soll es bei gemeinschaftlicher Finanzierung bleiben. Das ist begründbar, und das ist sinnvoll. Darauf will ich nicht weiter eingehen. Das ist notwendig.

3. Im Bereich des Hochschulbaus – ich wundere mich über solche Vorschläge – brauchen wir, wenn es um bestimmte Größenordnungen geht, die Gemeinschaftsfinanzierung auch in der Zukunft. Man kann darüber reden, dass man mittelfristig unterhalb eines bestimmten Levels auch zu getrennten Verantwortungen kommen kann. Das ist auch in Ordnung. Aber so, wie es von der Bildungsministerin Bulmahn vorgeschlagen worden ist, kann es nicht gehen.

4. Wir sind auch der Meinung, dass der Bereich der Weiterbildung gänzlich dem Bund zugeordnet werden soll. Das hat Sinn. Diesen Bereich wollen wir als Länder nach meiner Einschätzung nicht für uns requirieren.

5. Wir sind auch der Überzeugung, dass im Bereich der BAföG-Zahlung eine Entzerrung notwendig ist und der Bund dies übernimmt. Aber klar und Hintergrund einer Reform der Zuständigkeiten muss sein, dass die Finanzströme so ausgeglichen werden, dass keiner der Partner über das Ohr balbiert wird. Das ist auch machbar.

Ich habe in den letzten Wochen und Monaten die Äußerungen unseres Wissenschaftsministers verfolgt. Ich darf sagen, dass seine Position, die ich in Umrissen hier wohl auch wiedergegeben habe, auch unsere Position ist. Das gilt nicht nur für die FDP hier in Rheinland-Pfalz, sondern für die FDP in allen Parlamenten Deutschlands.

Meine Damen und Herren, zur Elite-Universität – da haben Sie gestern nicht zugehört – sage ich gern, wenn Sie das wünschen, noch einige Sätze. Eine staatliche Elite-Univeristät aus der Retorte ist nach unserer Einschätzung Unsinn. Deutschland hat eine sehr gute Tradition der Vielfalt. Die Zeiten, in der deutsche Forschung und Wissenschaft absolute Weltgeltung hatte, war eine Zeit, in der diese Erfolge an sehr vielen Standorten erzielt worden sind. Nicht jede der uns bekannten tollen Universitäten war insgesamt immer eine Spitzenuniversität, sondern da gab es unterschiedliche Schwerpunkte.

Dieses Konzept war erfolgreich. Es kann auch wieder erfolgreich sein. Darauf kann man aufbauen, das heißt, aus der Vielfalt heraus die Stärkung der Hochschulen herauskristallisieren und weiterentwickeln. Das ist mit Sicherheit auch das Erfolgsgeheimnis für die Zukunft.

Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass wir die erfolgreiche Hochschulpolitik dieses Landes weiterentwickeln – warten Sie es ab – und im Land in wenigen Jahren auch in Bereichen, von denen wir bisher nur geträumt haben, Spitzenleistungen haben werden. Unsere Hochschulen werden nach meiner und unserer Einschätzung die ersten sein, die diese Trendwende mit vollziehen. Das ist unser großer Wunsch in Rheinland-Pfalz. Ich habe gestern schon gesagt, dass die Initiative, die vom Bund ausgeht, anerkennenswert ist.

Ich denke, dass dem Wissenschaftsminister für die Reformen, die die Hochschulen in Rheinland-Pfalz wettbewerbsfähig gemacht haben, insgesamt Dank gebührt. Dazu gehört auch das neue Hochschulgesetz. Wir haben eine hervorragende Grundlage für die Weiterentwicklung unserer Hochschulen in diesem Land.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas das Wort zu einer Kurzintervention.

Frau Präsidentin, ich hoffe, man kann auch eine Kurzintervention zu dem machen, was von dem Redner nicht gesagt wurde. Mir fehlten zwei entscheidende Dinge.

Her Kuhn, zum Ersten habe ich vermisst, dass Sie nicht dargelegt haben, wie Sie diesen Schub produzieren wollen. Das hörte sich heute auch schon ganz anders an als gestern bzw. bei Ihrer Pressekonferenz, wo Sie gesagt haben, wir mobilisieren aus dem Haushalt im nächsten Doppelhaushalt jeweils pro Jahr 50 Millionen Euro, aber sie dürfen nicht aus unseren Ressorts kommen. Sie haben gleich gesagt, woraus es nicht entnommen werden darf: Bildung, Innere Sicherheit – da zählen Sie die Justiz dazu – und auch nicht aus dem Mobilitätsbereich.

(Kuhn, FDP: Das ist absoluter Unsinn!)

Dann machen Sie einmal einen Pfiff und sagen, woher Sie es nehmen wollen.

Eben sah es so aus, als würden Sie so ein bisschen die Kurve machen und sagen, da gibt es ein Angebot aus Berlin, vielleicht können wir darauf zurückgreifen.

Sie haben gleich noch einmal die Möglichkeit, das konkreter zu fassen. Ich glaube, man kann sich nicht mit einer solchen Zahl aus dem Fenster hängen und dann, wenn gefragt wird, wo das eigentlich herkommt, dies nicht tatsächlich belegen. Das muss schon konkreter werden.

(Zuruf aus dem Hause)

Noch ein Zweites.