Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Herr Kollege Schreiner hat eben gesagt, wie es gemeint war. Es wird mir immer deutlicher, je öfter ich Ihnen zuhöre, Frau Kollegin Morsblech. Sie brauchen Nachhilfe in Demokratie.

(Staatsminister Bauckhage: Was?)

Sie wissen zwar, was die Rolle der Regierungsfraktionen ist, aber Sie wissen nicht, was die Rolle der Opposition ist. Die Regierungsfraktionen reden über das, was die Regierung ihrer Meinung nach gut macht, wir reden in erster Linie darüber, was nicht so gut oder schlecht ist. Das ist unsere Aufgabe als Opposition.

(Beifall bei der CDU – Kuhn, FDP: Ja!)

Dann sagen Sie, egal, was wir sagen, es ist unredlich. Sie fragen: Wo bleiben die Anträge? Darauf habe ich schon gewartet.

(Kuhn, FDP: Man muss das richtig sagen!)

Seit 1995 gehöre ich diesem hohen Hause an. Stellen wir Anträge, werden diese abgelehnt. Es heißt dann, sie sind unausgegoren, unfinanzierbar, unredlich usw.

(Frau Morsblech, FDP: Sie sind beleidigt!)

Herr Kollege Wiechmann hat es sich eben anhören müssen. Stellen wir keine Anträge, dann sind wir entweder faul oder wir haben keinen Politikentwurf. Jeder weiß, auch Sie, dass die CDU einen Politikentwurf im Hinblick auf die Bildungspolitik hat. Ein deutlicher Beweis ist immer, wie Sie alle versuchen, über mich herzufallen, wenn ich die glasklaren Positionen der CDU vertrete. Wenn nichts da wäre, bräuchten Sie sich gar nicht aufzuregen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben den wichtigsten Antrag im Hinblick auf PISA gestellt. Es sind zum Beispiel Sprachtests gefordert worden. Das haben Sie abgelehnt. Bildungspläne für Kindergärten wurden abgelehnt. Seit dem letzten Jahr gibt es das.

Jetzt führen Sie einen interessanten Streit. Sie sagen, Sie wollen den Sprachstand diagnostizieren. Ob das jetzt Test oder Diagnose heißt, das ist doch egal. Ir

gendwie muss der Sprachstand festgestellt werden. Sie haben vor etwa zwei Jahren unseren Antrag abgelehnt. Die Landes-FDP hat gesagt – ich glaube, es war Herr Kuhn –, sie will Sprachtests in den Kindergärten. Ich glaube, er hat sogar diesen Begriff verwandt. Ich prophezeie, in wenigen Monaten wird ein Antrag kommen – es wird dann nicht Test heißen –, dass die Diagnose – oder wie auch immer formuliert – kommen muss. Sie wollen den Begriff „Test“ nicht verwenden, weil Sie uns sonst Recht geben müssten. Das finde ich schon schlimm.

Anzusprechen ist auch das Abitur nach zwölf Jahren. Sie wollen das auch zu Recht. In dem Punkt sind Sie vernünftig. Sie können das aber in der Koalition nicht durchsetzen. Es steht nicht im Koalitionsvertrag.

(Glocke der Präsidentin)

Spätestens ab 2006 soll das kommen. An die Betroffenen denken Sie überhaupt nicht. Das ist, um in Ihrem Jargon zu bleiben, unglaubwürdig und unredlich.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich Frau Abgeordneter Thomas das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Morsblech, Sie haben gleich auf mehrere Themen einzugehen. Wer aber nur zwei Minuten von 20 Minuten für die Frauenpolitik im Land übrig hat, muss damit rechnen, dass er dazu auch noch einmal einen Kommentar bekommt.

(Frau Morsblech, FDP: O je, o je!)

Liebe Frau Kollegin Morsblech! Ein bisschen schwierig ist es schon, wenn Sie sagen, es wäre alles wünschenswert, was die GRÜNEN machen – das höre ich so zum ersten Mal von Ihnen in der Deutlichkeit –,

(Dr. Schmitz, FDP: Das haben wir nicht gehört!)

zum Beispiel stärkere Präventionsangebote aus den Frauenhäusern und aus den Notrufen im ganzen Komplex der besseren und entschiedeneren Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder in diesen engen sozialen Beziehungen. Das ist ein Thema, das dieses hohe Haus schon seit einigen Jahren verfolgt. Wenn Sie sagen, das ist alles wünschenswert, aber finanzieren kann man es nicht, deswegen lassen wir es weg, dann sagen Sie doch klipp und klar, zu unserem Politikentwurf gehört es nicht, dort mehr Mittel einzusetzen und mehr Möglichkeiten zu schaffen, damit diese notwendige Präventionsarbeit geleistet werden kann. Dann formulieren Sie es doch einmal so: Wir machen es nicht und

sehen es nicht vor, nicht, weil es im Moment nicht möglich ist, sondern weil wir eine politische Entscheidung getroffen haben, dafür keine Mittel zu verwenden. So ist es und nicht anders.

Ich möchte Ihnen klar und deutlich sagen, bei einem Frauenkapitel von 4 Millionen Euro einen symbolischen Einsparbetrag von rund 100.000 Euro zu erbringen und damit wichtige Aufgabenstellungen und Funktionen dieses Haushalts herauszunehmen, finden wir nicht richtig. Der Haushalt hat Avantgarde-Funktion in vielen Bereichen, ob das arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind, ob das der Wissenschaftsbereich, der Bildungsbereich oder sonst etwas ist. Man ist doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man in einem solchen Bereich symbolisch spart, weil man denkt, alle sparen, also müssen wir dort auch etwas kürzen,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn man weiß, dass aus solchen Projekten und Modellen Innovationskraft kommt und Dinge und Modelle entwickelt werden können, die dann in den einzelnen Haushalten unternommen werden.

(Hartloff, SPD: Die Verallgemeinerung trifft aber so nicht zu!)

Sie müssen dann deutlich sagen: Wir wollen es als FDP so nicht haben.

Herr Hartloff, es ist so im Frauenausschuss diskutiert worden. Ich kann nachher noch etwas dazu sagen.

Wir wollen das als FDP nicht haben. Wir tragen diese Kürzungen mit, und wir wollen auch nicht mehr Präventionsarbeit. Punktum, das ist Ihre Aussage, und man muss sie nur einmal richtig ins Licht setzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für eine Entgegnung hat Frau Abgeordnete Morsblech das Wort.

Ich kann es auch ganz kurz machen, weil das, was ich sage – das gilt für den Kollegen Schreiner und für den Kollegen Keller – sich noch einmal auf ein von mir gerade aufgeschriebenes Sprichwort „Wer rechnet, muss vorher die Aufgabe verstanden haben“ bezieht.

(Keller, CDU: Diese Überheblichkeit!)

Sie haben konkret gezeigt, dass Sie das nicht haben. Das gilt auch, wenn man hier spricht. Wenn man über bildungspolitische Inhalte spricht, dann muss man erst einmal wissen, wovon man redet.

(Dr. Gölter, CDU: Wie wahr!)

Wenn Sie dann den Unterschied zwischen Sprachtherapie – – –

(Zurufe von der CDU)

Jetzt sagen Sie, ich sei aufgeregt. Wie soll man denn hier dagegen ankommen, wenn Sie ständig schreien?

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Sie können mir mein Regierungs- und Oppositionsrollenund vor allem Demokratieverständnis – da bin ich übrigens etwas empfindlich, wenn Sie das kritisieren – hier gern vorwerfen, aber wenn Sie hier über Inhalte sprechen, müssen Sie auch den Unterschied zwischen einem Sprachtest und einer Diagnose kennen. Dann müssen Sie den Unterschied zwischen den Inhalten, die jetzt gemeinsam mit den Trägern erarbeitet wurden und der Erzieherinnenausbildungsreform und ihren Bildungsplänen in der Starrheit, wie Sie sie vorgeschlagen haben, kennen. Dann müssen Sie auch wissen, dass, wenn Sie das Abitur nach 12 Jahren vorschlagen, Sie auch einen gangbaren Weg vorschlagen müssen, der auch die entsprechende Durchlässigkeit und entsprechend konkrete Maßnahmen enthält.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Wenn Sie das nicht tun und Sie offensichtlich auch gar nicht wissen, was Sie da im Konkreten vorschlagen, dann können wir uns leider auch nicht so sachlich mit Ihren Anträgen auseinander setzen, dass wir gemeinsame Wege finden können, die wir dann auch gehen.

Frau Thomas, ich habe eben sehr deutlich gesagt, und ich kann das gern noch einmal wiederholen – jetzt habe ich nur noch eine Minute, leider habe ich wieder zwei Minuten auf die Bildung verwendet –, der Frauenhaushalt wird in seiner Substanz erhalten. Das ist auch ausdrücklich politisch gewollt. Wenn man den Weg gehen muss, Einsparungen vorzunehmen – dieser Druck bestand in diesen Haushaltsberatungen –, dann ist es uns lieber zu sagen, wir sparen bei dem einen oder anderen Modellvorhaben und versuchen aber, die Substanz des Ganzen und bestehende Strukturen zu erhalten. Dieser Weg wurde gegangen. Das war meiner Ansicht nach und auch nach Meinung der FDP-Fraktion der richtige Weg.

(Beifall des Abg. Schmitz, FDP)

Wir hätten natürlich auch gern insgesamt mehr Volumen in diesem Gesamthaushalt und hätten damit auch gern mehr Geld für zusätzliche Maßnahmen. Aber diese sind im Moment nicht möglich. Natürlich hat das etwas mit politischer Schwerpunktsetzung zu tun. Meine Rede hatte mit Sicherheit auch etwas mit politischer Schwerpunktsetzung zu tun, indem ich mich sehr stark auf den Bildungsteil konzentriert habe. Das haben Sie alle gemerkt. Aber der Frauenhaushalt ist in seinem Volumen einer, der – genau wie Sie sagen – in bestimmten Bereichen Anstöße geben soll, aber Frauenpolitik wird für mich – das ist auch Leitlinie der FDP und mit Sicherheit

auch die des Koalitionspartners – mehr und mehr Querschnittsaufgabe,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich in den Haushaltsberatungen gemerkt!)