Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

Ich finde, ein solches Motto spannt auch nicht die Brücke aus der Vergangenheit bis in die Zukunft, sondern da fehlen noch wichtige Aspekte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Bereich, wenn es um die Entwicklung des Mittelrheintals geht. Warum dann nicht einmal Rheintöchter und Badenixen – das sage ich jetzt noch einmal salopp hinterher.

Meine Damen und Herren, ich will kurz zu den Perspektiven kommen. Ich merke, mir ist die Zeit schon wieder davongelaufen.

Sie haben gesagt, Kunst und Wissenschaft zusammenbringen. Ich glaube, dass wir dieses Band breiter spannen müssen, dass wir, wenn wir von Breitenförderung reden, Kunst, Kultur und Bildung zusammenbringen. Dann dürfen wir nicht bei den Ganztagsschulen stehen bleiben. Erinnern Sie sich: Das sind vielleicht 3 % der Schülerinnen und Schüler, die davon betroffen werden. Wenn es um Breitenförderung geht, dann müssen wir schauen, was in den Schulen im Bereich der Kunster

ziehung, im Bereich der Musikerziehung passiert. Das sind die Bereiche, die im Moment am schlechtesten besetzt sind. Die Schulen suchen händeringend nach Lehrpersonen. Ich glaube, wenn es uns um Kulturpolitik und Kulturförderung in der Breite geht, dann muss es dort anfangen, und dann muss die Landesregierung an diesem Punkt etwas verändern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir über Perspektiven reden, dann müssen wir über Kulturfinanzierung reden. Dann rede ich nicht davon, dass wir nicht strukturelle Änderungen machen, sondern dann bin ich dabei. Ich glaube, man darf aber auf dieser Technoebene nicht stehen bleiben, auch wenn wir überlegen müssen, wie wir Leistungsanreize setzen. Sie haben auf der Museumsebene beispielhaft angefangen. Sie haben gesagt: Wir wollen mit Leistungsanreizen auch das in andere Einrichtungen übertragen. Ich wäre sehr daran interessiert, ein solches Modell für die Theaterförderung zu machen. Wir sind offen, an einem solchen Modell mitzuarbeiten. Man muss sich nur, wenn man Leistungsanreize setzt und sich zum Beispiel an Besucherzahlen orientiert, gewahr sein – das wissen Sie aus einem ähnlichen Finanzierungsmodell bei den Hochschulen –, wenn man Leistung will und danach bezahlt oder Zuschüsse vergibt, dass man dann oft auch Leistung bekommt, und man dann, wenn man gedeckelte Beträge hat, irgendwann sein Instrument verbrannt hat.

(Glocke der Präsidentin)

Wir dürfen also Mehrbedarfe nicht außer Acht lassen. Ich glaube, dass es wichtig ist, privates Geld zu mobilisieren. Das Stiftungsrecht hat in seiner Konsequenz in den letzten dreieinhalb Jahren bundesweit 3.000 Stiftungen neu ins Leben gerufen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir die Stiftungsbewegung in Rheinland-Pfalz auswerten. Wenn wir dort Bedürftigkeiten sehen, müssen wir auch schauen, dass wir auf Landesebene eine Kampagne machen. Ich sage noch einmal: Die Bereiche der Aufgabenstellung sind für mich breit, Förderung in der Breite, nicht nur Leuchttürme wie ein Arp-Museum , sondern in der Konzentration an Mitteln festzuhalten und sich den neuen Aufgaben zu stellen, vor allen Dingen die Förderung in der Breite nicht zu vergessen. Wenn ich zusammenzähle, was im Arp-Museum mittlerweile an Mitteln festgeschrieben ist, nicht nur an baulichen Mitteln, – – –

(Glocke der Präsidentin)

Sie zahlen seit Jahren über 1 Million jährlich aus den Kapitalerträgen, die Sie aus der Stiftung speziell für das Arp-Museum bekommen. Zählen Sie das einmal über die Jahre zusammen. Dann hätte ich gern einmal den Gesamtbetrag, der für dieses Projekt investiert wurde und einen Vergleich mit dem, was wir bisher und auch zukünftig an Nutzen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Kuhn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Frisch hat die richtigen Einleitungsworte gebraucht und darauf hingewiesen – wie er es nannte –, dass der theoretisch politische Überbau, den wir im ersten Drittel der Rede des Herrn Staatsministers Zöllner entdeckt haben, in der Tat bemerkenswert ist. So ist es mir auch gegangen.

(Dr. Gölter, CDU: Ist das jetzt Lob oder Kritik?)

Das wird noch erläutert werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dieser theoretische Überbau bedeutet nach meiner Einschätzung, dass wir einen wirklich entscheidenden Schritt in der Kulturpolitik des Landes vorangekommen sind, weil aus diesen Prinzipien, die dargelegt worden sind, politische Handlungsweisen folgen und damit die Basis auch direkt beeinflusst wird, um in dem Modell von Herrn Frisch zu bleiben.

Ich bin ganz sicher, dass wir konzeptionell in der Kulturpolitik einen wesentlichen Schritt weitergekommen sind. Ich will das kurz erläutern.

Es gibt Prinzipien, mit denen wir uns auch oder gerade als FDP-Fraktion einverstanden erklären und ausnahmslos auch unterstützen. Das eine ist ein klares durchgängiges Prinzip, nämlich das der Subsidiarität.

(Beifall bei der FDP)

„Subsidiarität“ bedeutet in der Kulturpolitik, dass wir uns natürlich über die Rolle des Landes Gedanken machen müssen. Wir müssen begründen, warum das Land in welchen kulturellen Bereichen aktiv wird und warum es möglicherweise zu einer Schwerpunktverlagerung kommen kann.

Diese Abstufung sollte man theoretisch durchdenken, und sie ist auch Grundlage für politische Entscheidungen.

Das Zweite ist das Prinzip der Effizienz. Ich darf an dieser Stelle betonen, dass ich diese Rede für wirklich mutig halte, weil sie auch wenig effiziente Strukturen, die es auch in diesem Land noch geben soll, offen darlegt und dem Parlament ein Angebot gemacht hat, über die Strukturen offen zu diskutieren. Dies empfinde ich jedenfalls als ein sehr begrüßenswertes Angebot von Herrn Staatsminister Zöllner an das Parlament.

Zum Dritten meine ich, dass es wichtig ist, was er unter Bündnis subsumiert und als Schwerpunktbildung dargestellt hat, anzuerkennen, das heißt, wir haben die Aufgabe zu definieren, welche Schwerpunkte gerade mit

öffentlichen Geldern gestützt werden müssen und sollen. Dies ist natürlich auch ein Stück Überprüfbarkeit, wenn wir konsequent diesen Prinzipien folgen. Das heißt nach unserer Einschätzung, diese prinzipielle Orientierung der Kulturpolitik an ganz klaren Prinzipien, politischen Prinzipien ist ein Fortschritt. Es geht nämlich nicht nur darum, dass wir Kulturpolitik in Freude an kulturellen Ereignissen, an kulturellen Tätigkeiten, an kulturellen Highlights machen, es geht nicht nur um die Freude an sich, die wir als Kulturpolitiker verspüren, es geht auch darum, prinzipielle Handlungsanleitungen für die Kulturpolitik auch zu Zeiten knapper Kassen zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, Kultur bestimmt letztlich – es hat jeder von uns jetzt eine kurze Definition beigetragen –, welchen Weg eine Gesellschaft nimmt, wie sie sich selbst gestaltet und mit sich selbst und anderen auseinander und in Beziehung setzt. Kulturpolitik hat die Aufgabe, diesen Prozess zu unterstützen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig ist Kulturpolitik auch abhängig von Rahmenbedingungen, die hier gesetzt werden. Es kommt darauf an, wie wir diese jeweilige Rolle definieren.

Es ist schon richtig und durchaus mutig und nicht direkt angesprochen worden, dass Herr Minister Zöllner darauf hinweist, dass den Kommunen selbst eine entscheidende Rolle in der Kulturpolitik zukommen soll. Wir kennen die Rahmenbedingungen. Wir wissen um das Problem der Pflichtaufgabe, der freiwilligen Aufgabe. Wir kennen die Finanzsituation der Kommunen. Das heißt aber nicht, dass wir dies auch im Sinn der Subsidiarität und als Leitlinie akzeptieren. Die Quelle und die Basis kultureller Tätigkeit sind in großem Ausmaß die Kommunen. Was die Kommunen tun können, sollen sie auch selbst mit großem Engagement machen.

Was das Land tun muss, muss auch entsprechend klar definiert und begründet sein. Das hat Minister Zöllner auch ausreichend deutlich gemacht, glaube ich.

Um zwei Beispiele zu nennen: Wenn es darum geht, Jugend zu fördern, das heißt, gerade im Bereich der Musikschulen Unterstützung zu leisten, kann man dieses ableiten als eine Aufgabe – weil es von anderer Seite grundlegend nicht getan werden kann – des Landes, gerade die Musikschulen entsprechend zu unterstützen.

Das Zweite ist die Einbindung der Ganztagsschulen. Das kann nur das Land selbst leisten. Das kann man nicht delegieren und auch nicht auf eine andere Ebene transportieren. Das heißt also auch im Grundsatz, dies ist Aufgabe des Landes.

Zunächst noch einmal zu dem Potenzial in aller Kürze. Es ist schon mehrfach dargestellt worden. Ich will nicht unziemlich erweitern. Dass Rheinland-Pfalz eine Kulturlandschaft mit einem äußerst umfangreichen historischen Erbe ist, ist mehrfach dargestellt worden: 500 Burgen, Schlösser, Weltkulturerbe Mittelrhein, Loreleyfelsen, antike römische Bauten in Trier, die Dome in Mainz, Speyer, Trier usw.

Dies ist ein großer kultureller Schatz, der nicht nur gepflegt werden, sondern auch – das wurde deutlich ge

macht – Menschen außerhalb von Rheinland-Pfalz zugänglich gemacht werden soll.

Das heißt, hochkarätige kulturelle Angebote werden auch die Grundlage für eine verbesserte touristische – das ist legitim – Vermarktung unserer kulturellen Schätze sein.

(Beifall der FDP)

Das ist nicht unkeusch, dies zu sagen. Es handelt sich auch um Menschen, die in diesen Bereichen leben.

Nach meiner festen Überzeugung ist es so, wenn wir es nicht fertig bringen, diese kulturellen Angebote auf ein entsprechend hohes Niveau in der ganzen Breite zu heben, werden wir auch keine Fortschritte in der Qualität des Tourismus haben.

Das heißt, wir haben zum Teil Trivialisierung, zum Teil eine Verkitschung, die immer Hand in Hand mit einem miserablen touristischen Angebot und mit einem Absinken der Qualität beim touristischen Angebot geht.

Beides macht Sinn. Daran zu arbeiten, das touristische Angebot zu verbessern, muss Hand in Hand mit einer entsprechenden Qualität auch der kulturellen Angebote gehen. Dann werden wir auch Hand in Hand das, was uns noch fehlt – gerade das Beispiel Weltkulturerbe Mittelrhein zu nennen –, angehen, um den entsprechenden Fortschritt zu erzielen, den wir uns wünschen.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, zahllose Kulturinitiativen der freien Szene, der städtischen und freien Theater, der Bildenden Künste, der Musik und rund 400 Museen bilden ein umfassendes attraktives kulturelles Angebot. 50 Festivals locken zahlreiche Besucher in alle Teile des Landes.

Der jährliche Kultursommer Rheinland-Pfalz hat sich zu einer festen Institution entwickelt. Unter dem gemeins amen Dach des Kultursommers präsentieren sich mittlerweile über 1.600 Veranstaltungen im ganzen Land. Der Kultursommer erfasst dazu alle Kultursparten des Landes: Ausstellungen, Tanz, Film, Musik und vieles mehr.

Der Kultursommer bündelt das riesige Angebot an Veranstaltungen und unterstützt die Initiativen durch eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit.

Dabei ist der Kultursommer mehr als eine gute Vermarktungsstrategie. Die Begegnung mit der Kunst soll die Menschen anregen, sensibilisieren und innerlich auch weiterentwickeln.

Meine Damen und Herren, die Kultur ist die Seele eines Landes. Es ist deshalb unsere Verpflichtung, das Kulturerbe zu bewahren und die kulturelle Vielfalt weiterzuentwickeln.

Frau Thomas, wenn Sie ein wenig Kritik an der Konzeption „Römer, Ritter und Romantiker“ üben, dann möchte ich darauf hinweisen, dass nicht nur eine Alliteration diese drei Bereiche miteinander verbindet, sondern wir

einen historischen Dreisprung haben und Schwerpunkte kultureller zivilisatorischer Entwicklung in RheinlandPfalz: die Zeit der Römer, dann dieser Sprung hin zum Mittelalter, hervorragende kulturelle Leistungen in der Zeit des Mittelalters, und dann wiederum eine Glanzzeit auch in Rheinland-Pfalz, die Zeit der Romantik.

Diese sind auch historisch gesehen drei Schwerpunkte, die typisch für Rheinland-Pfalz sind. Insofern handelt es sich nicht nur um eine nette Alliteration zur Verbindung dieser drei Bereiche.