In Ergänzung dessen, was Herr Pörksen gesagt hat, will ich nur noch eine Sache anführen. Sie haben im Rechtsausschuss ein Gutachten beantragt, über das Sie den Justizminister zum Zusammenspiel der Staatsanwaltschaften und der Polizei in bestimmten Bereichen befragt haben. Da ist es insbesondere um die Prävention gegangen. Generalstaatsanwältin Reichling, die in diesem Zusammenhang unverdächtig ist, hat darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Prävention – beim POG geht es um die Prävention – sagt, dass das ein Rechtsgut im Sinne der Verfassung ist, das höher zu bewerten ist als zum Beispiel ein Grundrechtseingriff, wie er in diesem Fall zur Debatte steht.
Es wird die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zitiert. Widerlegen Sie das doch zunächst einmal, bevor Sie behaupten, dass Sie es besser wissen.
Frau Grützmacher, ich muss Ihnen einmal etwas knallhart sagen: Es ist wichtig, dass wir Straftaten aufklären und die Polizei dazu auch in der Lage ist. Für mich ist es ungleich wichtiger, dass Straftaten, wie die Terrorakte, die wir erleben müssen, verhindert werden. Was nützt es, wenn 200 Menschen zu Tode gekommen sind, und man weiß nachher, wer es war, hätte aber vielleicht die Möglichkeit gehabt, das zu verhindern, zum Donnerwetter noch einmal?
Entschuldigung, das schafft unsere Polizei in diesem Land. Wir haben den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg verhindern können, weil wir wussten, was in diesem Land geplant ist. Das muss doch jetzt einmal zum Ausdruck kommen. Das gilt nicht nur für den Bereich der Terrorbekämpfung. Es gibt auch andere Straftaten, die wir verhindern müssen, wie Menschenhandel, Korruption und andere Dinge. Wir können doch nicht immer zuwarten, bis der Schaden entstanden ist. So verstehe ich staatliches Handeln und Vorsichtsmaß
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass das POG in § 29 restriktiver als vorher gefasst worden ist. Entschuldigung, nehmen Sie doch einmal die Begründung und die Stellungnahmen dazu zur Kenntnis, die wir bekommen haben. Sie können es nicht leugnen. Es hat aus den Fachkreisen niemand gegeben, der bestritten hat, dass auch die neueste Verfassungsrechtsprechung mit eingearbeitet worden ist. Wenn jetzt noch etwas Neueres kommt, geschieht das unter völlig anderen Vorgaben. Gott sei Dank haben Sie zu Recht alle gesagt, dass das Bundesverfassungsgericht den Lauschangriff als solchen nicht für verfassungswidrig erklärt hat.
Gut, wenn Sie das für so wichtig finden, streiten Sie sich mit der FDP um ein Prozent. Im Grunde genommen ist es sowieso lächerlich, was die Antragsteller im Nachhinein herausgegeben haben. Die Frau Bundesjustizministerin wäre damals besser dabei geblieben und hätte an den Details mitgearbeitet, anstatt zurückzutreten, weil sie die Entscheidung nicht mittragen wollte. Das muss ich auch einmal sagen.
Es ist nicht zu ertragen, dass Sie Dinge, die schon schriftlich festgehalten worden sind und die wir ausdiskutiert haben, bis hin zu Expertengutachten nicht zur Kenntnis nehmen und so tun, als ob Sie wüssten, dass das so ist.
Ich weiß nicht, ob die Repression die gleichen Dinge verlangt. Ich sage es noch einmal. Das Bundesverfassungsgericht hat das bisher anders gesehen. Ich denke, in diesem Bereich muss erst eine Entscheidung vorgelegt werden. So alt sind diese Entscheidungen noch nicht. Ich sage es noch einmal und verweise darauf: Mir kommt es darauf an, dass die Vorbeugung und die Verhinderung von Schwerstkriminalität ein unglaublich wichtiges Anliegen ist. Wir brauchen dazu auch die Instrumente für die Polizei.
Ich will Ihnen etwas entgegenhalten, weil Sie gesagt haben, der Minister oder der Ministerpräsident müsste das Gesetz aussetzen. Das hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht einmal von der Bundesregierung verlangt. Es hat gesagt: Überlegt euch eine Regelung bis zum nächsten Sommer und führt das, was in den Gesetzen steht, so aus, dass ihr die Menschenrechte nicht verletzt, – –
Herr Präsident, ich stelle nach § 36 der Geschäftsordnung des Landtags den Antrag, dass ein Mitglied des Justizministeriums bei dieser juristisch nicht unwichtigen Frage anwesend sein sollte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beantrage, den Antrag zur Geschäftsordnung zurückzuweisen. Das zuständige Mitglied der Landesregierung, nämlich der Innenminister, ist anwesend. Er wird gleich dazu sprechen. Die Debatte wird uns aus den vorhandenen Gründen ohnehin weiter verfolgen. Ich beantrage, den Antrag zurückzuweisen.
Nach § 36 der Geschäftsordnung des Landtags kann eine Fraktion diesen Antrag stellen. Es war Rede und Gegenrede. Wir stimmen über den Antrag ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und der FDP abgelehnt.
Herr Präsident! Ich möchte für das Protokoll eindeutig festhalten: Sie haben über den Antrag abstimmen lassen. Es gab nicht nur eine qualifizierte Minderheit, sondern die eindeutige Mehrheit der anwesenden Abgeordneten hat diesem Antrag zugestimmt. Sie können nicht durch Wiederholung – falls Sie das vorhaben – oder durch das Stehenlassen Ihrer jetzigen Feststellung diesen Antrag zunichte machen.
Nach der Geschäftsordnung wird die Mehrheit durch das Präsidium festgestellt. Die Einschätzung teile ich. Das Problem ist erledigt.
Ich glaube, das Problem hat sich erledigt. Herr Staatsminister Mertin ist da. Wir fahren in der Tagesordnung fort.
Ich erspare es mir, noch einmal näher auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten Großen Lauschangriff einzugehen. Meine Vorredner haben das bereits getan.
Auf die Ausführungen von Frau Grützmacher gehe ich nicht noch einmal im Detail ein. Ich kann mich dem Redebeitrag des Abgeordneten Pörksen und der Abgeordneten Frau Kohnle-Gros anschließen.
Meine Damen und Herren, deshalb möchte ich mich auf die Frage beschränken, inwieweit aus dem Urteil Konsequenzen für das rheinland-pfälzische POG zu ziehen sind. Es dürfte wohl auch den GRÜNEN nicht entgangen sein, dass derzeit von der rheinland-pfälzischen Landesregierung geprüft wird, ob die Entscheidung der Karlsruher Richter eine Änderung des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes erforderlich macht. Eines Anstoßes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedarf es meiner Meinung nach mit Sicherheit nicht.
Herr Minister Zuber, vielleicht kann die Landesregierung später schon einige Ausführungen dazu machen, welche Bestimmungen nach einer ersten Durchsicht der Urteilsbegründung im hiesigen POG möglicherweise von einer Nachbesserung betroffen sein könnten.
Meine Damen und Herren, die Kollegen von der SPDFraktion haben parallel zu der Prüfung der Landesregierung den Wissenschaftlichen Dienst des Landtags damit beauftragt zu prüfen, wie mit dem Urteil zum Großen Lauschangriff im Hinblick auf das jüngst mit breiter parlamentarischer Mehrheit – Frau Kollegin Kohnle-Gros hat das auch schon betont – verabschiedete POG umzugehen ist.
Es gilt, das Ergebnis der Prüfung zunächst abzuwarten, bevor man polemische Aussagen macht, bevor wir über etwaigen Nachbesserungsbedarf seriös – ich betone: seriös – diskutieren können, Frau Grützmacher.
Meine Damen und Herren, jedes Vorurteil vorab, insbesondere der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vor Abschluss einer gründlichen Prüfung bringt uns in der Sache selbst nicht weiter.
Meine Damen und Herren, Nachbesserungsbedarf am kürzlich novellierten Polizei- und Ordnungsbehördengesetz ist zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht auszuschließen. Zuvor muss allerdings geklärt werden, inwieweit das Karlsruher Urteil, das sich formaljuristisch lediglich auf Abhörmaßnahmen im Rahmen der Strafverfolgung, Frau Grützmacher, also zum Zwecke der Aufklärung bereits begangener Straftaten bezieht, auch auf präventive Maßnahmen im Bereich der Gefahrenabwehr anzuwenden ist. Der Klärung dieser Frage ist aus meiner Sicht zentrale Bedeutung beizumessen. Auf der einen Seite könnte man argumentieren, dass präventive Abhörmaßnahmen umso notwendiger würden, je weiter diese im Rahmen der Strafverfolgung eingeschränkt wirken. Man könnte allerdings aus dem Urteil auch die umgekehrte Schlussfolgerung ziehen, dass nämlich eine Maßnahme, die schon bei bereits begangenen Straftaten verfassungswidrig ist, für präventive Zwecke erst recht nicht zulässig sein kann.
Man sieht also, welch unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten das Urteil aus Karlsruhe zulässt. Meine Damen und Herren, deshalb wird unsere Fraktion das Ergebnis der Prüfung abwarten, um dann mit dem notwendigen Abstand zu der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder angestoßenen – man hat das gemerkt – emotionsgeladenen Diskussion über das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz letztendlich dann die Schlüsse ziehen wird.