Wenn Sie dann, wenn ein sozial ausgewogenes Modell vorgestellt wird, von Ladenhüter sprechen, dann ist der Umkehrschluss: Was wirklich absolut progressiv ist, das muss auch sozial unverträglich sein. – Dazu werden wir Ihnen eine ganz klare Absage erteilen.
Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über die Zustimmung des Landtags zu der Landesverordnung. Wer für diese Landesverordnung ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Damit ist diese Landesverordnung mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.
...tes Landesgesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/3047 – Erste Beratung
Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Die Länder haben von der ihnen nach dem Grundgesetz zukommenden Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Rechts der ärztlichen Berufsausübung durch die Kammer- und Heilberufsgesetze Gebrauch gemacht. In Rheinland-Pfalz erfolgt dies durch das Heilberufsgesetz vom 20. Oktober 1978, das zuletzt durch Gesetz vom 16. März 2002 geändert wurde. Das Gesetz enthält Regelungen über Einrichtung, Aufgaben und Organisation der Heilberufskammern, über die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit.
Durch das Gesetz werden die Kammern zum Erlass von Berufs- und Weiterbildungsordnungen ermächtigt. Die Aufsicht über die Landeskammern der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Apotheker wird von meinem Ministerium wahrgenommen, die Aufsicht über die Landeskammer der Tierärzte von dem für das Veterinärwesen zuständigen Umweltm inisterium.
Der vorliegende Gesetzentwurf dient in erster Linie der Umsetzung einer EU-Richtlinie. Die Europäische Kommission hat im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens vom Juni 2002 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Sie rügt darin insbesondere die Tatsache, dass nach dem Recht einiger Länder der Bundesrepublik Deutschland Ärzte und Ärztinnen, die eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum absolviert haben, lediglich die Befugnis erteilt wird, die Bezeichnungen „praktische Ärztin“ oder „praktischer Arzt“ zu führen, nicht jedoch die Bezeichnung „Fachärztin für Allgemeinmedizin“ oder „Facharzt für Allgemeinm edizin“.
Um eine Beendigung des Vertragsverletzungsverfahrens zu erreichen, hat die Bundesregierung der Europäischen Kommission mitgeteilt, durch Ländervollzug werde sichergestellt, dass Personen, die eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin im Sinne der Richtlinie 93/16 EWG in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben, die Führung der Bezeichnung „Facharzt für Allgemeinmedizin“ gestattet werde.
Derzeit erhalten in Rheinland-Pfalz Ärzte und Ärztinnen nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung die Berufsbezeichnung „Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin“. Daneben sieht das Heilberufsgesetz in seiner derzeitigen Fassung eine mindestens zweijährige spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin vor, die allerdings „nur“ zu der Berufsbezeichnung „praktische Ärztin“ oder „praktischer Arzt“ führt.
Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass in Rheinland-Pfalz künftig nur noch die Bezeichnung „Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin“ verliehen wird. In diesem Zusammenhang soll die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin vereinheitlicht werden und die bisherige zweijährige Weiterbildung zur praktischen Ärztin oder zum praktischen Arzt generell entfallen.
Der Gesetzentwurf regelt darüber hinaus die Berücksichtigung der im europäischen Ausland erworbenen Berufserfahrung, Zusatzausbildung und auch fachärztlichen bzw. fachzahnärztlichen Weiterbildung.
Außerdem sieht der Gesetzentwurf noch eine Reihe sonstiger kleinerer Änderungen vor. So soll es den Kammern ermöglicht werden, zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände auch Verwaltungsakte gegenüber ihren Mitgliedern zu erlassen. Soweit Kammermitglieder als Beamtinnen oder Beamte einem Disziplinarrecht unterliegen, sollen sie künftig dem Rügerecht des Vorstands der Landeskammer unterstehen. Für sie soll die Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ermöglicht werden.
Der Gesetzentwurf wurde einer Vielzahl von Verbänden der akademischen Heilberufe, den betroffenen Kammern sowie sonstigen Stellen zur Stellungnahme zugeleitet.
In den eingegangenen Stellungnahmen wurde der Entwurf durchweg positiv bewertet. Die kommunalen Spitzenverbände haben den Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt.
Der Landkreistag hat besonders darauf hingewiesen, dass sich die Nähe der Bezirksärztekammern zu den Strukturen in den Regionen des Landes aus Sicht des öffentlichen Gesundheitsdienstes bewährt habe.
Der Gesetzentwurf wurde mit den betroffenen Kammern – ich nenne sie noch einmal: Landesärztekammer, Landeszahnärztekammer, Landesapothekerkammer, Landestierärztekammer und Landespsychotherapeutenkammer –
eingehend diskutiert. Den Anregungen und Wünschen der Kammern wurde weitestgehend Rechnung getragen.
Insbesondere im Rahmen einer Gesetzesfolgenabschätzung ist die Akzeptanz durch die betroffenen Kammern von ganz besonderer Bedeutung. Durch den Gesetzentwurf werden die Möglichkeiten der Kammern, ihre gesetzliche Aufgabe wirksam wahrnehmen zu können, verbessert.
Die Heilberufskammern erhalten weitergehende Befugnisse gegenüber den Kammermitgliedern, so beispielsweise die Ermöglichung von Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände, die Ausübung ordnungsrechtlicher oder berufsgerichtlicher Maßnahmen auch gegenüber einem dem Disziplinarrecht unterliegendem Kammermitglied und die Ausdehnung der auch zur Aufklärung möglicher Berufspflichtverletzungen von Kammermitgliedern erforderlichen Auskunftsverpflichtung auf Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
Die für den Weiterbildungsbereich im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen über die Herkunft von Weiterbildungsbezeichnungen in den Berufsordnungen dienen der Transparenz gegenüber Patienten- und Patientinnen, auch wenn dieses Gesetz vielleicht nicht für alle ganz transparent ist.
Der Gesetzentwurf trägt auch dem besonderen Anliegen des Gender Mainstreaming Rechnung. Die durch EURecht veranlasste Herabsetzung der Teilzeitquote von 60 % auf 50 % der Vollzeitausbildung im Rahmen der spezifischen Ausbildung in der Allgemeinmedizin kommt insbesondere den Ärztinnen und Ärzten zugute, die parallel zur Weiterbildung ihren Familienpflichten, zum Beispiel Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen, nachkommen wollen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht die Notwendigkeit, das 25 Jahre alte Heilberufsgesetz an eine EU-Richtlinie anzupassen.
Im Zusammenhang mit der Anerkennung von ärztlichen Weiterbildungen brauchen wir eine Regelung für die in einem anderen EU-Land erworbenen Weiterbildungen. Konkret: Die Mindestdauer der spezifischen Ausbildung in der Allgemeinmedizin ist von zwei auf drei Jahre zu erhöhen und die zulässige Teilzeitausbildung muss künftig nicht mehr mindestens 60 %, sondern mindestens 50 % der wöchentlichen Ausbildungsdauer in Vollzeit betragen.
Schließlich muss es Absolventen einer Spezialausbildung und Weiterbildung in der Allgemeinmedizin im Ausland ermöglicht werden, in Deutschland die Bezeichnung „Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin“ zu führen.
Der jetzt vorgelegte Entwurf eines Dritten Landesgesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes hat diese Notwendigkeiten endlich umgesetzt. Das hat auch der Präsident der Landesärztekammer dem Ministerium kürzlich bestätigt. Unverständlich ist für mich, dass der Weg bis zur Umsetzung ein relativ langer war.
Interessant ist der Vergleich des jetzigen Gesetzentwurfs mit dem völlig anders konzipierten Referentenentwurf vom Dezember 2002, der deutlich machte, was die Landesregierung damals eigentlich wollte: nämlich aus unserer Sicht über das notwendige Ziel hinauszuschießen.
Damals, im Januar 2003, war auch die Stellungnahme der Landesärztekammer zum Gesetzentwurf nicht so zustimmend wie heute. Zwar stimmte die Kammer den notwendigen Änderungen im Zusammenhang der Richtlinie zu, die den eigentlichen Anlass für den Gesetzentwurf darstellte.
Die Landesregierung hatte diesen Anlass aber offensichtlich als Gelegenheit aufgegriffen, eine Reihe weiterer Änderungen vornehmen zu wollen, ohne dass dies in diesem Zusammenhang damals näher begründet wurde. Darauf konzentrierte sich auch letztes Jahr die Kritik der Landesärztekammer.
Der Präsident sprach in einem Brief von tief greifenden Änderungen, die die Bezirksärztekammer und auch die Landesärztekammer vor große strukturelle Probleme stellen würde. So war im Referentenentwurf in § 1 der Begriff „Kammer“ durch „Landeskammer“ ersetzt.
Darin sah die Landesärztekammer zu Recht mehr als eine redaktionelle Änderung. Sie sah darin einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht und ein Infragestellen der Kompetenzen der Bezirksärztekammer.
Widerspruch gab es vonseiten der Landesärztekammer auch zu Nummer 8 in § 30. Hier geht es um die Anerkennung von Weiterbildung bzw. das Führen von Bezeichnungen.
Die hierfür vorgesehenen Verfahrensänderungen hätten nach Ansicht der Landesärztekammer den Aufbau von doppelten Verwaltungsstrukturen zwischen beiden Kammern zur Folge gehabt, weil die Landesärztekammer zur Prüfung von Akten, aber auch zur Durchführung von Facharztprüfungen personalintensiv eigene Strukturen aufbauen müsste, die bei der Bezirksärztekammer seit langem vorhanden sind und sich vor allen Dingen dort auch bewährt haben.
Fazit: Die Landesregierung hat viele Anregungen der Landesärztekammer erfreulicherweise im Regierungsentwurf übernommen. Von besonderer Bedeutung sind hier sicherlich die Regelungen, die die Kammerstrukturen in Rheinland-Pfalz betreffen, weil die gewichtigsten politischen Interessen dahinter stehen können.
Die Stellungnahme der Landesärztekammer vom Januar letzten Jahres deutete unserer Ansicht nach nicht gerade auf eine zeitgemäße Konsultation und durch ein Vertrauen geprägtes Verhältnis im Entstehungsprozess des Gesetzentwurfs hin.
Wir können dem Gesetzentwurf, nachdem er sich auf das reduziert, was zu regeln notwendig war, vonseiten der CDU-Fraktion vom Grundsatz her zustimmen, aber zuvor bitten wir noch einmal um eine entsprechende Überweisung in den zuständigen Ausschuss.
Dass die EU-Richtlinie eine Verlängerung der bisherigen zweijährigen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin auf drei Jahre vorsieht, ist aus fachlicher und auch qualitativer Sicht längst überfällig gewesen.
Die Frau Ministerin sagte es vorhin selbst, dass es im Prinzip nur einen Mindeststandard darstelle. Deshalb ist es gut, dass die Landesärztekammer durch Satzung, das heißt durch die Weiterbildungsordnung, längere Mindestzeiten für Weiterbildung in Rheinland-Pfalz festlegen kann.
Das findet auch erfreulicherweise so statt. Die Bezeichnung „Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin“ wird nach dem entsprechenden Weiterbildungsrecht in Rheinland-Pfalz derzeit nur Ärztinnen und Ärzten mit einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung verliehen. Das ist gut so.
Jetzt könnte man denken, es gäbe das Risiko, dass gerade in Randgebieten zu den Benelux-Staaten vielleicht junge Ärztinnen und Ärzte dann eher ins Ausland gehen, um zügiger in Frankreich, Belgien, Holland oder Luxemburg diese Weiterbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu erreichen.