Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

spruchnahme der Innenentwicklung angesprochen worden. Hier sind insbesondere die Wiedernutzung von Industriebrachen, Flächen der militärischen Konversion bis hin zu nicht länger für den Bedarf erforderliche Flächen der Bahn und Post zu nennen.

Lieber Herr Kollege Braun, im Übrigen wird es auch zukünftig Zielabweichungsverfahren geben müssen. Auch aktuell gibt es diese Zielabweichungsverfahren, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Konversion. Das ist dort dringend notwendig, weil wir den Auftrag haben sicherzustellen, dass Arbeitsplätze für wegfallende militärisch geprägte Arbeitsplätze in diesen Regionen wieder entstehen können.

2. Die Schaffung von Rahmenbedingungen, um die Flächeninanspruchnahme qualitativ zu verbessern und insbesondere den Versiegelungsgrad zu mindern.

3. Die Schaffung von Rahmenbedingungen zur Optimierung der weiterhin notwendigen Flächeninanspruchnahme. Dies geschieht in erster Linie durch die Förderung interkommunaler und regionaler Zusammenarbeit sowie der Konzentration der Siedlungsentwicklung auf geeignete zentrale Orte. Kirchturmpolitik hilft uns in diesem Zusammenhang nicht weiter.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

4. Die Optimierung und Koordination vorhandener Förderprogramme und Wirkungskontrollen.

5. Der Aufbau eines differenzierten Flächenmonitorings, das insbesondere hinsichtlich der Neuinanspruchnahme von Flächen auszuwerten ist.

Meine Damen und Herren, der in Kürze erscheinende Raumordnungsbericht widmet dem Thema „Flächeninanspruchnahme“ eine besondere Aufmerksamkeit. Er weist in der Konsequenz ebenso auf die zukünftig hohe Bedeutung einer stärkeren Verzahnung von Wohnungswesen, Städtebau, Stadt- und Regionalentwicklung sowie die grundsätzlich steigende Bedeutung der Bestandsentwicklung hin. Dass dies der richtige Weg ist, zeigt der sich bereits verringernde Siedlungsflächenzuwachs.

Meine Damen und Herren, diesen Weg müssen wir auf allen Ebenen und insbesondere auf der kommunalen Ebene konsequent weiter beschreiten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Damit kann er an Fahrt gewinnen, und zwar im Einklang mit der Sicherstellung der anderen ökonomischen und sozialen Notwendigkeiten der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Arbeitsplätze, soziale Einrichtungen und anderes mehr.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir stimmen jetzt unmittelbar über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3066 – ab, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses die Ablehnung des Antrags empfiehlt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Enhaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir kommen jetzt zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Voraussetzungen für attraktiveren Schienenverkehr schaffen – Trennung von Schienennetz und Fahrbetrieb vorantreiben Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3205 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die Antrag stellende Fraktion hat Frau Abgeordnete Kiltz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt einen breiten Konsens darüber, dass wir erstens alle miteinander mit den bisherigen Ergebnissen der Bahnreform nicht oder noch nicht zufrieden sind, wir zweitens mehr Verkehr auf die Schiene verlagern wollen und wir dafür mehr Wettbewerb – einen Qualitätswettbewerb – brauchen,

(Schwarz, SPD: Oh!)

drittens die zurzeit vorliegenden Strukturen im Bahnverkehr den gewünschten Wettbewerb nicht fördern, sondern behindern und viertens der vom Bahnchef Mehdorn mit Nachdruck verfolgte Börsengang weder in der von ihm gewünschten Zeitperspektive noch in der integrierten Form wünschenswert ist.

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Ich höre gerade vom Kollegen Schwarz, dass er meine vermutete Übereinstimmung in voller Länge bekräftigt hat.

(Schwarz, SPD: Es geht um die Schienen! – Hartloff, SPD: Es ging nur um einige Schwellen!)

Das ermuntert mich sehr. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss darüber diskutieren können.

Wir haben den vorliegenden Antrag eingebracht, weil wir der Auffassung sind, dass sich der rheinland-pfälzische Landtag aktiv in die aktuelle Debatte um die Weiterentwicklung der Bahnreform und die Börsenpläne des Herrn Mehdorn einschalten muss, natürlich mit dem ursprünglichen Ziel der Bahnreform vor Augen, mehr und besseren Schienenverkehr zu erreichen.

Wir möchten anhand unseres Antrags – das ist unser Wunsch – im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr über die bisherige Bilanz der Bahnreform reden, über anstehende weitere Schritte diskutieren und vielleicht zu einem fraktionsübergreifenden gemeinsamen Standpunkt kommen, weil wir gerade in Richtung des schwerfälligen Konzerns DB AG nur etwas erreichen können, wenn wir an einem Strang ziehen.

Im Zentrum unseres Antrags steht die Forderung, Fahrweg und Transport voneinander zu trennen und folgerichtig sich gegen einen integrierten Börsengang der DB AG inklusive DB Netz auszusprechen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Zuständigkeit für das Netz und die Bahnsteige wieder zusammenführen. Nach unserer Auffassung ist es auch notwendig, Fahrplan- und Ticketsysteme in eine Regieebene Infrastruktur, wo dann auch schon Netz und Bahnsteige sind, zu überführen. Wie diese Regieaufgaben im Endeffekt zusammengeführt werden und in welcher Form sie organisiert sind, ist so lange unwesentlich, wie damit garantiert ist, dass der diskriminierungsfreie Zugang zur Infrastruktur gewährleistet ist.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Ich will noch kurz auf die Problematik eines integrierten Börsengangs der DB AG eingehen. Die Infrastruktur des Schienenverkehrs, der Fahrweg also – das ist immer ein bisschen schwierig voneinander zu trennen, aber das eine sind die Schienen, und das, was darauf fährt, ist der Transport; ich rede von der Infrastruktur, von den Schienen –, ist als Teil der Daseinsvorsorge dem Gemeinwohl verpflichtet. Ein privater Shareholder, der sich in den Konzern einkaufen würde, hat selbstverständlich die Erwirtschaftung von Renditen zum Ziel. Das ist ganz natürlich. Das kann man nicht verurteilen. Das ist so. Mit einem Anteil von 25 % plus einer Aktie hat ein Teilhaber bereits Sperrminorität und damit wesentlichen Einfluss auf Konzernentscheidungen. Das heißt, er könnte darauf drängen, schwach frequentierte Netzteile, zum Beispiel im Regionalverkehr, abzustoßen. Die Folge könnte ein Schrumpfnetz sein. Statt kostenträchtige Reinvestitionen ins Netz, die notwendig sind, vorzunehmen, würde der Teilhaber die Rendite erhöhen wollen. Das könnte eine Verschlechterung der Schienenstreckenqualität zur Folge haben.

Im schlimmsten Fall drohten britische „Konsequenzen“, das heißt, der Rückfall eines dann maroden Schienennetzes an den Staat mit immens hohen Kosten.

Nach meinem Wissensstand steht die große Mehrheit der Verkehrspolitikerinnen und Verkehrspolitiker in Bund und Ländern dem integrierten Börsengang sehr skeptisch gegenüber. Das wird auch deutlich im aktuellen Entschließungsantrag des Bundestagsverkehrsausschusses vom letzten Monat, der einstimmig beschlossen wurde. Demnach werden jetzt zusätzliche Gutachten über das vorliegende Morgan-Stanley-Gutachten hinaus zur DB-Privatisierung gefordert. Das Vertragsund Eigentumsmodell für die Infrastruktur soll dabei

explizit als Alternative zum integrierten Börsengang untersucht werden. Es soll auch sichergestellt werden – das ist ganz wichtig –, dass anfallende Privatisierungserlöse in den Verkehrsträger Schiene zurückfließen, wenn es denn dann zur Teilprivatisierung der Transportgesellschaften kommt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss über dieses wichtige Thema. Ich bin sicher, wir können mit gemeinsamen Formulierungen, wenn wir wollen, aus dieser Debatte herauskommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Nink das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 1993 der Deutsche Bundestag die Bahnreform verabschiedet hat, gibt es in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Diskussionen darüber, wer und wie denn nun über einen der wichtigsten Bestandteile des Schienenverkehrs – das Schienennetz – zu befinden und damit auch die Verantwortung zu übernehmen hat, und das, obwohl dies eindeutig im Grundgesetz verankert ist. Danach darf der Bund maximal über 49,9 % des Netzes verfügen, und dies auch nur mit Zustimmung der Bundesländer.

Dem gegenüber sieht Bahnchef Mehdorn mit Blick auf den geplanten Börsengang der DB AG eine Trennung von Netz und Betrieb für unmöglich an. So sagte er in einem Interview: „Eine Bahn ohne Netz ist fremdbestimmt, und Anlieger werden mit Sicherheit in kein Unternehmen investieren, das fremdbestimmt ist.“

Bestätigt in seiner Argumentation wurde Mehdorn von der durch das Bundesverkehrsministerium eingesetzten Expertengruppe „Zukunft der Schiene“, welche das Netz unter dem Dach der DB Holding zumindest für denkbar hält und es dort zu belassen beabsichtigt. Kritiker hingegen fordern seit langem die Rückgabe von Grund und Boden in unmittelbaren Staatsbesitz, eine wirksame Aufsicht und den Netzunterhalt im Auftrag des Grundeigentümers durch privatrechtliche Netzbetreiber. Das Eisenbahnnetz steht daher im Brennpunkt eines Dreiecks der Interessen. Wir haben hier erstens den Staat, also Bund, Länder und Kommunen, der beispielsweise verantwortlich ist für die leistungsfähige Infrastruktur des Wirtschaftsstandorts, für die Raumordnung und Strukturpolitik und den Personenverkehr als Daseinsvorsorge, und das alles unter dem Druck geringstmöglicher Subventionen.

Wir haben zweitens die Verkehrsunternehmen und Netzbetreiber, die ohne Rücksicht auf die Belange des Staates an höchstmöglichen Erträgen und geringstmöglichen Kosten interessiert sind.

Wir haben schließlich drittens die Benutzer, also Fahrgäste, aber auch die Verlader, deren Interesse an einer bestmöglichen Qualität bei geringstmöglichem Preis besteht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, daran ausgerichtet muss die Frage gestellt werden, was die Bahnreform bisher bewirkt hat. Sicherlich sind hier die Interessen des Verkehrsunternehmens Deutsche Bahn weitgehend berücksichtigt worden. Ob dies auch für die Interessen des Staates und der Endbenutzer zutrifft, darf zumindest in einigen Bereichen bezweifelt werden. So steht insbesondere der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz stets in der Kritik. Aber gerade die Förderung des Wettbewerbs auf der Schiene ist eng verbunden mit der Forderung nach einem diskriminierungsfreien Zugang. Sollte daher die Unabhängigkeit des Netzes auf diesem Weg nicht erreicht werden können, ist die institutionelle Ausgliederung der DB Netz AG einschließlich Schieneninfrastruktur, Betriebsinfrastruktur und Betriebsführung aus der DB AG Holding als unmittelbares Eigentum des Bundes denkbar.

(Beifall der SPD und des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Ich bin mir sicher, die angestrebte Unabhängigkeit der Netzinfrastruktur ist zu erreichen. Erfahrungen mit Deregulierung und Liberalisierung in anderen Bereichen zeigen dies. Aber bei der Forderung und Umsetzung weiterer Maßnahmen sind dabei auch die Änderungen des allgemeinen Eisenbahngesetzes zu berücksichtigen, mit der die eisenbahnrechtlichen Vorschriften der EURichtlinien 2001/12 bis 2001/14, aber auch die Vorschläge der schon erwähnen Expertengruppe in deutsches Recht umgesetzt werden sollen.

Im Übrigen: Die EU-Richtlinie 2001/14 besagt, dass eine unternehmerische Trennung von Netz und Betrieb als Regelfall vorgesehen ist.

Die geschilderte Problematik insgesamt ist, wie eingangs erwähnt, auch in diesem Hause in der Vergangenheit schon oft thematisiert worden. Der Landtag und die Landesregierung haben wiederholt die Lösung der vielfältigen Qualitätsprobleme der DB AG eingefordert.

Der nun vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist daher nichts Neues und kann von seinem Inhalt her lediglich als Grundlage weiterer Diskussionen dienen.

(Beifall der SPD )

Aus meiner Sicht sind ohne Abwägung aller nun einmal bestehenden Vorgaben auch diesmal Forderungen gestellt worden, die nicht so einfach umsetzbar sind. Ich denke hier an die Forderung, die Landesregierung solle sich dafür einsetzen, dass die gesamte Verantwortung für die Infrastruktur zusammengeführt wird.