Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Meine Damen und Herren, wir beraten heute das Landesgesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, ein Gesetz, ein Thema das mit Sicherheit mehr Emotionen hervorruft, als ihm gebührt und zusteht. Es ist aber auch ein Gesetzentwurf, der nicht nur und vor allen Dingen nicht für polemische und populistische Vorgänge geeignet ist und hier im Plenum mit der gebotenen Sachlichkeit und dem gebotenen Augenmaß diskutiert werden sollte. Um diese sachliche Diskussion zu führen, muss man sich einmal vergegenwärtigen, was die Ausgangssituation und wie die Ausgangssituation ist.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Ausgangssituation wird nun einmal vom Bundesverfassungsgericht beschrieben, und zwar führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Entschädigung der Abgeordneten nach der Rechtsprechung der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht wird.

Wenn man diese Ausführungen ernst nimmt und dann den weiteren Hinweisen des Bundesverfassungsgerichts folgt, die da lauten, das Bundesverfassungsgericht hat darauf hinzuweisen, dass die Freiheit des Mandats gefährdet werden kann, wenn die Entschädigung im Gefolge der wirtschaftlichen Entwicklung allmählich die Grenze der Angemessenheit unterschreitet, wird man mit Sicherheit nicht zu der Auffassung gelangen, dass über das, was wir heute diskutieren, eine Anhebung der Abgeordnetenbezüge im Jahr 2005 in Höhe von 1,8 % und eine Anhebung im Jahr 2006 von 1,5 % als unangemessen und überzogen zu bezeichnen ist.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass genau mit diesen Ansätzen die Grundsätze der Angemessenheit beachtet sind, wir auch den wirtschaftlichen Problemen, vor denen wir stehen, mit diesen Ansätzen gerecht werden und wir auch berück

sichtigen sollen, dass nach nunmehr zwei Nullrunden in den Jahren 2003 und 2004 diese Anhebung verteilt auf insgesamt vier Jahre eine durchschnittliche Anhebung von 0,8 % ausmacht und damit mit Sicherheit unter den Tarifabschlüssen in der freien Wirtschaft und auch im öffentlichen Dienst liegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer über die Anhebung der Diäten diskutiert, muss auch darüber Bescheid wissen, dass eine Anpassung an gesamtwirtschaftliche Entwicklungen vorgenommen werden muss und es hier gerade für Abgeordnete keine Abkopplung geben kann. Es ist natürlich immer sehr interessant und auch sehr aufmerksam für die Öffentlichkeit, wenn dann, wie die GRÜNEN es tun, Vorschläge unterbreitet werden, die natürlich von weiteren Nullrunden sprechen und insbesondere auch Vorschläge beinhalten, die sich damit befassen, eine Neuregelung bei der Altersversorgung und beim Sterbegeld vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind mit Sicherheit Maßnahmen, die zu überlegen sind. Das sind mit Sicherheit Maßnahmen, die auch in Zukunft Berücksichtigung finden müssen. Nur, wenn wir eine Neufassung, eine Neugestaltung, der Abgeordnetenbezüge wollen, dann können wir dies nicht partiell tun, sondern müssen dies in einer Gesamtregelung, in einer Gesamtmaßnahme umsetzen und nicht nur einen Punkt herauspicken, wie Ihre Fraktion dies getan hat, Frau Thomas.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen, wie die Diskussion in anderen Bundesländern verläuft. Es wird in Nordrhein-Westfalen über eine Neuregelung der Abgeordnetenbezüge diskutiert. Es war Thema in Schleswig-Holstein gewesen. Ich bin mir auch sicher, dass es weiterhin Thema im rheinlandpfälzischen Landtag sein wird.

Lassen Sie mich zum Abschluss kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das rheinlandpfälzische System der Abgeordnetenentschädigung ist transparent, klar und präzise. Es ist nachvollziehbar und verfassungsrechtlich gedeckt. Die Diäten sind angemessen und nicht überhöht. Insoweit erkläre ich auch für meine Fraktion die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Lassen Sie mich aber auch noch ein Wort zu einem vorliegenden Entschließungsantrag meiner Fraktion sagen, der sich mit der Änderung des Ministergesetzes befasst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie wissen, liegt Ihnen ein entsprechender Entschließungsantrag vor, der davon ausgeht, dass, wenn über diese Änderung des Ministergesetzes abgestimmt wird, wir auch hier nachdenken sollten, ob und in welcher Weise es nicht angebracht wäre, eine Gleichschaltung mit der Regelung der Versorgungsbezüge für die Abgeordneten zu erreichen. Ich sehe keinen vernünftigen Grund und keine Veranlassung, warum bereits ein Minister oder eine Ministerin und der Ministerpräsident nach fünf Jah

ren Zugehörigkeit und Ausübung des Amtes eine Versorgungsregelung von 71,75 % erhalten soll,

(Glocke des Präsidenten)

während bei Abgeordneten die Versorgungsregelung erst bei 20 Jahren mit einem Prozentsatz von 68 % eintritt.

(Itzek, SPD: Über 20 Jahre! 20 Jahre stimmt nicht! – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich glaube, auch hier sind wir gefordert, dass wir diese Gleichbehandlung zwischen Ministern und Abgeordneten herbeiführen. Insoweit wäre ich den Regierungsfraktionen dankbar, wenn Sie dem vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Ihre Zustimmung erteilen würden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbstverständlich danken auch wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtags. Es wird viel Arbeit, viel qualitativ gute Arbeit geleistet.

Ich möchte vorausschicken, der Landtag ist sein Geld auch wert, egal, ob 7,25 Euro oder 8,43 Euro. Es wäre wohl zu unterstellen, dass der Landtag seine Aufgabe auch erfüllt.

Wir werden nicht für die Erhöhung der Diäten stimmen – das hatten wir angekündigt –, und zwar aus dem Grund, dass es im Moment wahrlich nicht in die Landschaft passt.

(Bischel, CDU: Wann hat es einmal gepasst?)

Herr Bischel, ganz ruhig. Erst einmal die Argumentation hören.

(Bischel, CDU: Ich wollte nur einmal fragen!)

Da sind wir besonders in der Pflicht, auch als regierungstragende Fraktion im Bund, dass wir Änderungen durchgesetzt haben, die Kürzungen durchaus nicht nur bei den Beamtinnen und Beamten, sondern bei der gesamten Bevölkerung zur Folge hatten, beispielsweise beim Sterbegeld, Herr Lewentz, bei anderen Punkten auch. Auch im Landtag haben wir entsprechende Beschlüsse gefasst. Ich glaube, deswegen ist es falsch, wenn wir im Moment sagen, wir wollen die Diäten anhe

ben. Ich glaube, wir können es als Landtagsabgeordnete auch von der Höhe der Diäten her verkraften, die Diäten nicht anzuheben.

Darüber hinaus wollten wir weitere Vorschläge unterbreiten. Uns war bekannt, dass Ihre Argumentation so sein würde, eine Gesamtreform mit der Abschaffung der Pauschalen usw. könne nicht auf den Weg gebracht werden. Das Argument wird schon seit zwei Legislaturperioden vorgebracht, also schon so lange, wie ich im Landtag bin. Davor war es wahrscheinlich auch schon so.

Deswegen haben wir gesagt, dass wir die gesamte Reform zwar im Auge behalten wollen, wir aber dennoch ohne die Gesamtreform Maßnahmen angehen können. Das ist eine Angleichung des Rentenalters an die normalen Verhältnisse, nämlich erst ab 65 Jahren eine entsprechende Altersversorgung zu bekommen. Außerdem betrifft das eine andere Steigerung bei der Altersversorgung. Wir haben eine Steigerung um 2,5 % pro Jahr vorgeschlagen, aber nicht erst nach zehn Jahren. Das würde bedeuten, dass man die volle Altersversorgung von 68 % nach 27,5 Jahren erhalten würde.

Außerdem sind wir der Meinung, dass das Sterbegeld sofort gestrichen werden könnte, weil wir das auch dem Rest der Bevölkerung zumuten. Ich meine, das sollte auch für uns gelten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden Sie weiterhin zu Gesprächen über dieses Thema einladen. Wir sind der Auffassung, dass wir das in dieser Legislaturperiode auf die Reihe bekommen müssen, weil wir in der nächsten Legislaturperiode genau das gleiche Problem haben werden. Es wird neue Abgeordnete geben, die von einem Gesetz betroffen sein werden, das wir wieder besprechen müssen. Deshalb haben wir die Befürchtung, dass es in den kommenden fünf Jahren auch nicht vorwärts geht.

Eine Sache möchte ich noch erwähnen, nämlich die Diskussion über die Nebeneinkünfte. Ich meine, auch das ist wichtig. Der Ministerpräsident dieses Landes hat gefordert, die Nebeneinkünfte stärker in die Öffentlichkeit zu bringen, dass sie also veröffentlicht werden sollten. Auch dabei ist es wichtig, einen Kodex zu entwikkeln; denn wir wollen nicht, dass es uns geht wie manch anderen, die nach und nach ihre Nebeneinkünfte aufdecken müssen. Ich denke, es ist wichtig, dass die Bevölkerung weiß, von wem Abgeordnete sowie natürlich auch Ministerinnen und Minister Geld erhalten.

Noch ein Satz zum Schluss zum Antrag der Fraktion der CDU. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass Sie einen richtigen Änderungsantrag vorgelegt hätten. Sie haben uns hingegen einen Entschließungsantrag vorgelegt. Man kann sich dem – so banal wie es ist – nicht entziehen. Deswegen werden wir ihm zustimmen. Es gibt wirklich keinen Grund dafür, weshalb Minister eine höhere Altersversorgung haben sollten als Abgeordnete.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anhebung der Abgeordnetenentschädigung um den bekannten Betrag – 1,8 % und 1,5 % – ist in der Tat angemessen und moderat. Ich weise darauf hin, dass sich die Abgeordnetendiät seit vielen Jahren nach unten von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppelt. Ich weise nochmals darauf hin, dass diese Erhöhung diese Abkoppelung nicht stoppt, sondern höchstens verlangsamt. Das sollten wir auch wissen.

Die Zeiten sind nun einmal so, dass dies zu ertragen sein muss. Das haben wir in der Tat zu akzeptieren. Es muss aber auch in den richtigen Kontext gestellt werden. Dazu ist schon einiges gesagt worden: keine Erhöhung der Pauschalen, keine Erhöhung der Fraktionszuschüsse.

Meine Damen und Herren, zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinsichtlich einer Neuordnung haben wir bereits Stellung bezogen. Es ist in der Tat so, dass sie an kleinen Schräubchen im alten System drehen. Die Versorgung der Abgeordneten ist in der Tat viel zu sehr angelehnt an die Versorgung der Beamten. Davon sollten wir uns generell verabschieden und einen Neubeginn in Angriff nehmen.

Weshalb hat das bisher in Rheinland-Pfalz nicht zu ersten Ergebnissen geführt? Ich werde zwei Dinge dazu sagen, damit auch die Öffentlichkeit das versteht. Zum einen hatten wir eine besondere Situation in SchleswigHolstein. Ich erinnere mich an eine Zeitung, die ihren „Bildungsauftrag“ sehr ernst nimmt. Ich sehe heute noch die Fahndungsfotos unserer Kollegen in SchleswigHolstein vor mir.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die haben auch alles falsch gemacht, was man falsch m achen konnte!)

Das war mit Sicherheit zum Teil ungeschickt. Man sieht, wie sensibel ein solches Thema ist. Deswegen müssen wir sorgfältig hinschauen. Nun ist die Situation neu zu bewerten.

Wir kommen in Nordrhein-Westfalen, in BadenWürttemberg und in Schleswig-Holstein zu Ergebnissen, die für uns in Rheinland-Pfalz mit Sicherheit beachtenswert sind. Wenn wir es schaffen würden, gemeinsam mit den Kollegen in den anderen Landtagen zu einer Neuordnung zu kommen, dann hätten wir die Chance, der Bevölkerung dieses neue Versorgungssystem etwas geschickter klarzumachen, es transparent zu machen und um Verständnis zu werben.

Aus diesem Grund sind wir nicht der Überzeugung, im Jahr 2004 noch einmal an einem Schräubchen zu drehen. Lasst uns Abschied nehmen von der alten Versorgungskonzeption hin zu einer ganz einfachen neuen Konzeption. Im Prinzip heißt das, der Abgeordnete sorgt

selbst für seine Altersversorgung. So einfach kann das sein. Dass das mit einer entsprechenden Erhöhung der Diät verbunden sein muss, ist natürlich klar.

Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Vorstoß ab, der zum Teil aber etwas hat. Die lineare Anhebung halte ich persönlich auch für überzeugender als den Sprung nach zehn Jahren. Daran ist schon etwas. Bitte lasst uns aber jetzt nicht unsere Zeit damit vergeuden, dieses marode System zu modifizieren. Lasst uns das neue System in Angriff nehmen.

(Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann fangen Sie doch einmal an!)

Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Vielleicht noch ein Wort zur Versorgung der Minister. Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen wir aus voller Überzeugung ab. Es verdient Respekt, was der Ministerrat beschlossen hat, was die Selbstbeschneidung für die Zukunft anbelangt. Wir werden sehr schnell eine Grenze erreichen, dass Männer und Frauen, die für eine solche Position infrage kommen, künftig zum Teil nicht mehr zur Verfügung stehen. Es geht nicht nur um Geld, sondern um einen großen Lebensabschnitt. Es wird dann interessanter sein, Staatssekretär zu werden, als Minister zu werden. Wir müssen aufpassen, dass wir diesen Weg nicht gehen.