Protokoll der Sitzung vom 20.01.2005

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Dreyer hat in der Presse verlautbaren lassen, das System sei praktikabel. Wenn ich einmal wohlmeinend bin, dann würde ich das einmal so interpretieren und darf Sie bitten, das hier auch so klarzustellen, Frau Dreyer, dass Sie vom Prinzip her ein solches Angebot für praktikabel halten. Aber das Angebot, wie es in der Praxis aussieht, ist definitiv nicht praktikabel. Meine Vorredner haben schon auf die Probleme hingewiesen. Ich möchte sie nur noch einmal kurz nennen.

Ich habe die lange Nummer schon erwähnt. Die Frage der mangelnden Aktualität von Tageszeitungen halte ich, mit Verlaub, für mehr als vorgeschoben. Das ist Unsinn. Wenn etwas einmal nicht aktuell ist, dann gibt es eben einen kleinen Fehler, was zu bedauern ist. Dass aber die

Notrufnummern auch nicht so funktionieren, wie man sich das wünscht, und auch nicht so treffgenau und immer aktuell sind, wie wir uns das wünschen würden, das haben wir jetzt gesehen. Es gibt kein zu 100 % abgesichertes System.

Ich komme nun zu einer grundsätzlichen Frage. Es ist nett, wenn sich das Parlament einmal solchen Einzelfragen widmet, es ist aber auch eine ganz grundsätzliche Frage berührt. Die Tatsache, dass wir Arzneimittel mit hohem Aufwand zu hohen Preisen in diesem Gesundheitssystem ausgeben, ist zum Teil damit begründet, dass man sagt, die Apotheken bieten Dienstleistung und Beratung sowie eine Versorgung auf hohem Niveau.

Das ist ein Argument. Das wird auch das Marktargument der Apotheken gegenüber Internetapotheken in der Zukunft sein können. Das ist ein Argument, das man aufgreifen muss. Diese Dienstleistung, die man hier anbietet, ist noch nicht geeignet, die notwendigen Qualitätskriterien zu erfüllen. Mit solchen Angeboten kann man an einem Markt definitiv nicht bestehen. Wenn ich mir vorstelle, dass es in Zukunft vielleicht möglich sein wird, Arzneimittel auch am Wochenende und in der Nacht zuzustellen, dann wird es ganz schlecht aussehen, wenn man auf der anderen Seite auf diesen Markt so reagiert, wie hier geschehen.

Ich würde vorschlagen, dass wir in Zukunft diese Informationsmöglichkeit als zusätzliche Informationsmöglichkeit ansehen. In die Richtung gehen auch die Ausführungen von Frau Ministerin Dreyer, wobei ich mir da noch etwas mehr an Deutlichkeit wünschen würde. Wer das will, kann das nutzen. Das kann vielleicht mit einer etwas einfacheren Nummer gehen.

Bei der Kostenfrage stimme ich ausdrücklich Herrn Dr. Schmitz zu, der von Abgreifen gesprochen hat. Das ist unnötig, nicht vermittelbar. Wir könnten es in Zukunft so ansehen, das ist eine zusätzliche Informationsmöglichkeit, die nutzen kann, wer sie nutzen will, aber die üblichen Informationswege müssen weiterhin zur Verfügung stehen, und dann können wir damit leben.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Frau Staatsministerin Malu Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Ich sage vielleicht etwas scherzhaft zunächst zu Herrn Dr. Altherr. Die Patientin, die Sie beschrieben haben, kann wahrscheinlich auch keine Zeitung lesen und kommt wahrscheinlich auch nicht selbstständig zur Apotheke,

(Dr. Altherr, CDU: Lesen hat nichts mit dem Hören zu tun!)

Nichtsdestotrotz will ich wirklich sehr ernsthaft auf die Dinge eingehen, die hier besprochen worden sind. Der erste Punkt ist, mein Ministerium hat die Regelung für praktikabel erklärt, als ein Jahr lang dieses Modellprojekt in der Region Koblenz gelaufen ist. Das geschah mit etlichen Schwierigkeiten, die behoben worden sind. Wir haben aber auch nicht von Bürgern und Bürgerinnen diesbezüglich, aber auch nicht von Anderen, beispielsweise aus dem Parlament oder sonstwo, Beschwerden in dem Zusammenhang erhalten. Insofern war es für uns nahe liegend, dass die Landesapothekerkammer sagt, dieses Projekt ist sinnvoll, es landesweit auszuweiten.

Natürlich sind neue Probleme aufgetreten. Ich denke, man sollte diese von der Dimension so bewerten, wie sie zu bewerten sind. Sehr schnell ist die Problematik mit dem Serviceteil in den Zeitungen deutlich geworden. Das war uns vorher gar nicht bewusst. Es gibt aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund, den Serviceteil in der Zeitung nicht mehr anzubieten, wenn eine zentrale Nummer eingeführt wird.

(Beifall bei SPD und FDP – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Jeder Bürger weiß, er geht das Risiko ein, dass er vielleicht am nächsten Morgen über die Hotline eine noch etwas aktuellere Information bekommt. Das sind eigentlich nur die Fälle, in denen Apotheker und Apothekerinnen kurzfristig erkranken. Ich denke, man sollte den Bürgern diese Wahlmöglichkeit geben. Das ist inzwischen zugesagt worden. Insofern ist es sehr gut gelöst worden, denke ich.

Herr Dr. Altherr, der von Ihnen geschilderte Fall ist uns bekannt. Da hat ein Apotheker einmal die Apotheke zugemacht, ohne dass das jemand wusste. Ich sage, solche Fälle gab es auch in der Vergangenheit. In der Vergangenheit gab es die Fälle, dass ein Apotheker krank wurde, man zehn Kilometer gefahren ist und einen Zettel an der Apotheke gefunden hat, wegen Erkrankung geschlossen, bitte fahren sie zehn Kilometer weiter. Ich sage das, um es ein Stück weit zu relativieren. Sowohl die Apotheker und Apothekerinnen im Land als auch die Landesapothekerkammer müssen lernen, mit diesem System umzugehen. Es darf natürlich nicht zulasten der Bürger und Bürgerinnen gehen. Ich glaube, da sind wir hier in diesem Raum alle einer Meinung.

Ich möchte noch einen Punkt sagen. Wir fordern eigentlich von den Apothekern, dass sie ein Stück weit mit der Zeit gehen. Das Angebot müssen wir begrüßen, das für diejenigen gemacht wird, die das wollen und darin geübt sind, zum Beispiel bietet man eine Telefonnummer oder in absehbarer Zeit eine Internetinformation über den Notdienst an oder in absehbarer Zeit sogar über GPS. Ein großer Anteil der Bevölkerung ruft heutzutage ganz normal Informationen über das Internet oder über das Telefon ab. Ich denke, es ist sinnvoll, dass man diesen Service in Zukunft anbietet.

Die Problematik der Landesgrenzen wird versucht so zu lösen, dass es mittelfristig ein bundesweites System wird. Mit Hessen gibt es ganz konkrete Gespräche zwischen den Landesapothekerkammern. Die Hessen sind sehr interessiert. Man denkt, dass man relativ bald zu

einer Lösung kommt. Das Saarland ist sehr zurückhaltend an dieser Stelle, wie an manch anderen Stellen auch. Ich denke, insgesamt wird es ein bundesweiter Trend sein, dass es ein Gesamtsystem wird. Die Landesgrenzen werden in der Form überhaupt keine Rolle mehr spielen, sondern der Bürger erhält die Apotheken mitgeteilt, die in der unmittelbaren Nähe sind.

Zur Nummer möchte ich gern noch etwas sagen. Die Nummer ist auch aus meiner Sicht eigentlich viel zu kompliziert. Die Landesapothekerkammer hat uns zugesichert, dass sie schon lange versucht, bei der Regulierungsbehörde eine einfachere Nummer zu erhalten, was bislang noch nicht gelungen ist. Sie wird dranbleiben. Es ist mein ausdrücklicher Wunsch vor allem auch deshalb, weil es mein Ministerium ist, das für ältere Menschen zuständig ist, dass man eine Nummer erhält, die für alle leichter einprägsam ist. Wir gehen davon aus, dass spätestens dann, wenn das Projekt bundesweit zur Anwendung kommt, angestrebt wird, eine bundesweite Nummer zu erhalten. Nichtsdestotrotz können wir uns heute nicht damit trösten, sondern wir bzw. die Selbs tverwaltung muss alle Konzentration darauf setzen zu versuchen, eine Veränderung hinzubekommen.

Ich denke, die wesentlichen Punkte sind gesagt. Ich möchte noch einmal sagen, dass gegen das Grunds ystem eigentlich nichts einzuwenden ist, sondern wir die Apotheker und Apothekerinnen darin bestärken sollten, sich modernen Herausforderungen zu stellen. Das kann nicht zulasten der Bürgerinnen und Bürger gehen. Ich denke, wenn die hier angesprochenen Punkte gelöst und geregelt werden, haben wir eher ein zukunftsweisendes System, als es in der Vergangenheit der Fall war.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wortmeldungen? – Herr Dr. Rosenbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ministerin! Ich glaube, weder Herr Brinkmann noch Herr Dr. Altherr, Herr Dr. Schmitz und Herr Marz machen dem Apothekerverband einen Vorwurf, dass sie nicht mit der Zeit gehen oder dass sie mit der Zeit gehen. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, das begrüßen alle. Die Frage ist doch letztendlich nur eine Frage der Umsetzung. Wenn Probleme auftauchen, muss man sie benennen.

Mich wundert nicht, dass der Landesapothekerverband mehr Anrufe hat. Die Leute suchen am Samstag oder Sonntag eine Apotheke. Diese rufen dann nicht am Montag noch beim Verband an und beschweren sich. Der Ärger kommt natürlich am Samstag oder am Sonntag. Dann wird regional angerufen. Die jetzt bestehenden Probleme sind schon besprochen worden, Herr Dr. Schmitz.

Herr Schwarz ist hier. In unserer Region, in der Ortsgemeinde Niederfischbach gab es schon Diskussionen im

Oktober und November, als die Neueinführung diskutiert worden ist. Da ist auf gewisse Probleme hingewiesen worden.

(Dr. Schmitz, FDP: Das haben die geheim gehalten!)

Nein, das ist nicht geheim gehalten worden. Das war alles öffentlich. Das hat sogar in den Zeitungen gestanden. Es sind regionale Probleme.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Das ist von Punkt zu Punkt unterschiedlich. Ich mache doch gar keinen Vorwurf. Das muss man doch berücksichtigen. Wir wohnen zum Beispiel an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen. Ich habe am Sonntag selbst die Nummer ausprobiert, habe die Postleitzahl von Niederfischbach, 57572, eingegeben und habe dann Angaben über die Hubertus Apotheke in Betzdorf erhalten. Das ist noch akzeptabel. Falls die trotzdem zu sein sollte habe ich als Zweites die Victoria Apotheke in Harchenburg genannt bekommen, als Drittes wurde die Siegtalapotheke in Herschbach genannt. Herschbach ist oben im Westerwald. Es ist fast 50 Kilometer weg. Drei Kilometer bzw. zwei Kilometer in die andere Richtung ist Freudenberg, wo ebenfalls eine Notdienstapotheke offen hatte. Diese wird nicht mit angegeben. Genau dieses Problem ärgert die Bevölkerung. Das ist genau das, was von allen formuliert worden ist, deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet. Wir sind uns alle einig, dass man auf die Veröffentlichung in den Zeitungen nicht verzichten soll.

(Beifall bei der CDU)

Wir könnten dieses Problem sehr schnell lösen, indem wir heute gemeinsam ein Signal an den Landesapothekerverband richten, doch bitte ab nächster Woche die Veröffentlichung zunächst einmal wieder aufzunehmen, damit die Leute die Apotheken in Anspruch nehmen können, die über die Landesgrenzen hinaus sind.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir das tun und das neue Projekt weiterentwickeln, wird es irgendwann zum guten Ende führen, denke ich.

(Glocke des Präsidenten)

Aber wir können dieses Problem schnell im Sinn der Bevölkerung lösen. Darum bitte ich ganz einfach.

(Beifall der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Die Aussprache zu der Mündlichen Anfrage ist damit abgeschlossen.

Wir kommen nun zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Heinz-Hermann Schnabel und Dieter Schmitt (CDU), Bemessung der Bedarfszuweisungen nach § 17 LFAG – Nummer 2 der Drucksache 14/3769 – betreffend.

Für die Antrag stellende CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Heinz-Hermann Schnabel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausgleichsstock und die Bedarfszuweisungen sind eigentlich Sozialhilfe für finanzschwache Gemeinden. Sie sind keine herkömmlichen Finanzmittel, die zum Ausgleich von Haushalten dienen, sondern sie sind – wie gesagt – im Grunde genommen so etwas wie eine Konkursbeihilfe und auch ein letzter Strohhalm, wenn Sie so wollen, für die Kämmerer oftmals. Aber in der Vergangenheit waren das immer verlässliche Größen gewesen. Über das Jahresende gab es dann die böse Überraschung, dass die Bedarfszuweisungen auf 22,9 % gekürzt wurden. Es ist gerade vom Herrn Staatssekretär gesagt worden, dass in früheren Jahren immerhin 100 % hier ausgezahlt wurden.

Zahlreiche Kommunen müssen derzeit schon darüber nachdenken, dass sie aufgrund dessen einen Nachtragshaushalt aufstellen müssen. Ich bin gespannt, was in den einzelnen Anträgen noch alles auftaucht an Beispielen, was als unabweisbar nicht anerkannt wird. Ich will nur ein Beispiel aus dem Bereich Saarburg nennen. Da hat man 46 Euro für einen Neujahrsempfang gestrichen, weil das nicht unabweisbar war.

(Schmitt, CDU: So ist das! Damit rettet man den Haushalt!)

Ich will jetzt gar nichts über den Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten in Ludwigshafen sagen, aber ich denke, das ist mehr als kleinlich. Da muss man darüber nachdenken, ob in solchen Fällen künftig der Bleistift oder der Kugelschreiber zum Streichen benutzt werden kann oder muss.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, es werden auch immer mehr Städte und Gemeinden Hilfsempfänger, wenn man sich vorstellt, dass jetzt schon die Stadt Mainz dabei ist. Wir haben gehört, Mainz allein – da geht es nicht um Neid und Eifersüchteleien – hat 13 Millionen Euro für das Jahr 2003 im Jahr 2004 bekommen, und wenn man sich vorstellt, dass Ludwigshafen, die so knapp – Kollege Seppel Keller hat das vorhin zu Recht gesagt – vorbeigeschrammt sind, auch noch einmal in der ähnlichen Höhe gewesen wäre, wäre die Hälfte der gesamten Summe schon fast weg gewesen. Wir wissen, dass eigentlich nur 53 Millionen Euro im Topf sind.

Wenn man sich diese Zahl auch noch einmal vor Augen hält, dass die Antragssumme bei über 400 Millionen Euro lag und nur 230 Millionen Euro anerkannt wurden, dann sind diese 400 Millionen Euro, die beantragt waren, ein Viertel der gesamten Zuweisung vom Land für die Kommunen. Daran sieht man, dass eigentlich jetzt ein Viertel der Gemeinden – das ist auch ein Viertel der Kommunen insgesamt, die diese Anträge