Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

soll das bitte wer entscheiden? Ich hoffe, Sie werden uns in irgendeiner Weise erläutern,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Da müssen Sie das Gesetz lesen!)

was Sie gemeint haben.

Frau Grosse hat zu den einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfs das Wesentliche gesagt. Das muss ich nicht wiederholen. Ich will für unsere Fraktion sagen, dass wir dem vorliegenden Rechtsbereinigungsgesetz zustimmen werden. Die Tatsache, dass es offenbar sehr viel Zeit gebraucht hat, um zu reifen, macht es nicht per se schlecht. Ich vermute, die Ministerin wird uns vortragen, warum es elf Jahre gedauert hat, bis die Umsetzung von Bundesrecht auf Landesebene erfolgt ist.

Meine Damen und Herren, es ist richtig und gut, dass die Länder ein ausreichendes Angebot an qualifizierten Beratungsdiensten für Frauen mit Schwangerschaftskonflikten sicherstellen müssen. Es ist auch richtig und gut, dass es für ambulante Praxen für Schwangerschaftsabbrüche außerhalb von Krankenhäusern überall die gleichen Zulassungskriterien gibt. Wir sind auch damit einverstanden, dass das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung die zuständige Stelle im Land sein soll.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass wir uns mehr Pluralität im Beratungsangebot in der Fläche wünschen. Unsere entsprechenden Anträge der letzten Jahre dazu sind bekannt. Es gibt Frauen, die, auch wenn sie konfessionell gebunden sind, in einer Schwangerschaftskonfliktsituation eine nicht konfessionelle Beratungsstelle aufsuchen möchten.

Wir haben 78,3 Vollzeitstellen in der Konfliktberatung und 42 Vollzeitstellen in der Schwangerenberatung. Bei den zuletzt Genannten handelt es sich um die Stellen in den katholischen Beratungsstellen, die keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen.

Bei der Konfliktberatung haben wir 32 Beratungsstellen evangelischer Träger, zwei Beratungsstellen von Frauenwürde, sieben Beratungsstellen von Donum Vitae und neun von Pro Familia. Wenn wir davon ausgehen, dass Frauenwürde und Donum Vitae von der Genese her eher dem konfessionellen als dem nicht konfessionellen Bereich zuzuordnen sind, überwiegen in der Zahl der Beratungsstellen eindeutig die konfessionellen.

Nimmt man die Zahl der dort angesiedelten Vollzeitstellen insgesamt, ist das Verhältnis etwas ausgeglichener, weil Pro Familia größere Beratungsstellen unterhält. Das Verhältnis ist trotzdem immer noch nicht befriedigend. Diesen Kritikpunkt werden wir immer wieder vortragen. Wir werden deshalb aber nicht die Gesetzesvorlage ablehnen.

Neben der Tatsache, dass viele Frauen in der Konfliktsituation lieber die Beratungsstelle eines neutralen Trägers aufsuchen, gibt es auch die Erfahrung, dass sie dies oft nicht in unmittelbarer Nähe ihres Wohnorts tun wollen. Das erklärt zum Beispiel die größere Beratungsnachfrage bei Pro Familia in Mainz und Koblenz. Des

halb ist die Forderung nach einem pluralen und wohnortnahen Beratungsangebot zwar nach wie vor richtig, aber differenziert zu betrachten.

Lassen Sie mich noch zwei Aspekte ansprechen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, aber mit dem Gesetzentwurf selbst nichts zu tun haben. Wir wissen alle, dass wir Schwangerschaftskonflikte und Schwangerschaftsabbrüche nicht ausschließen können. Wir sind aber gefordert, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass vermeidbare Schwangerschaftskonflikte und -abbrüche vermieden werden können.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Frau Kollegin Kohnle-Gros, das gilt auch für Sie. Dazu gehört, dass wir die Verhütungskompetenz der Männer stärken müssen. Ich finde sehr gut, was Frau Grosse angesprochen hat. So wird in der Begründung des Gesetzentwurfs angeführt, dass auch die Männer beraten werden. In den Schulen muss noch viel mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden. Wir brauchen aber auch eine Stärkung der Bereitschaft der Männer, Verantwortung für Kinder zu übernehmen. Auch hier liegt es noch an der einen oder anderen Stelle sehr im Argen.

(Beifall des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich als ganz wichtigen Punkt noch anführen, dass wir auch gefordert sind, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass vorhandene Kinderwünsche realisiert werden können. Wir hatten heute eine Regierungserklärung zu einem wichtigen Baustein, bei dem wir lange in der Vergangenheit versagt haben.

Ich sage noch einmal, was dazugehört.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bin gleich fertig. Wir brauchen die Kindernasenhöhe als Maßstab in vielen Politikbereichen, die familienfreundliche Umgestaltung des Erwerbslebens und ein gutes und ausreichendes Betreuungsangebot für Kinder aller Altersstufen.

Ich sage Ihnen eines: Wir GRÜNE haben all dieses über Jahrzehnte gefordert. Es wurde uns immer entgegengehalten, das wäre zu teuer, es sei nicht machbar und nicht notwendig. Jetzt ist der demografische Wandel so über uns hereingebrochen – man hätte das auch ein bisschen anders steuern können –, dass unsere Forderungen von einer ganz anderen Seite Druck bekommen. Jetzt endlich bewegen sich die großen Parteien. Ich bin froh, dass sie es tun.

(Beifall des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP begrüßt diesen Gesetzentwurf. Er trägt zur Bereinigung des Landesrechts bei. Es ist sozusagen ein Durchforsten von Landesgesetz in Bezugnahme auf Bundesrecht, und zwar mit Ergebnissen, die transparenter, einsichtiger und kürzer sind und dennoch die wesentlichen Punkte, die es zu erhalten galt, erhalten haben.

Als Erstes ist insbesondere das Bekenntnis zu pluralen Angeboten zu nennen. Ganz besonders ist das Geschick im Umgang mit dem Sonderweg zu erwähnen, den die katholische Kirche aus uns allen bekannten Gründen nehmen musste. Ich unterstreiche ausdrücklich, dass wir uns die antiklerikalen Positionen einer anderen Fraktion in diesem hohen Haus nicht zu Eigen machen. Es muss jeder selbst wissen, was er sagt.

(Beifall der FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist absoluter Quatsch, was Sie reden!)

Hören Sie zu. Das tut Ihnen gut. Jetzt ist einmal Ruhe da hinten.

Noch weniger Verständnis habe ich dafür, wenn hier Vorwürfe unbelehrbar wieder vorgetragen werden, auch wenn im Ausschuss die Fragen explizit bis in die Stellen hinter dem Komma beantwortet worden sind, wie zum Beispiel bei Frau Kollegin Kiltz zu Fragen der Personalrelation. Es fällt schwer, diese Dinge nicht noch schärfer zu kritisieren.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen die Flächenversorgung in Rheinland-Pfalz und die weiterhin bestehende Möglichkeit, dass man betroffenen Müttern die Möglichkeit gibt, anonyme Beratungen in Anspruch zu nehmen. Das ist ganz wichtig.

Frau Kohnle-Gros, im Gegensatz zu Ihren Ausführungen – das ist die alte Geschichte mit halb voll und halb leer – lese ich diesen Passus im Gesetz ganz anders. Für mich ist das ganz klar. Hinter dem Strichpunkt steht: Sie dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. – Dem kann ich von meiner Seite aus nichts hinzufügen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht heute nicht um die Diskussion des § 218 – das scheinen die einen oder anderen zu verwechseln –, sondern um dieses Landesgesetz.

Ich möchte vom Grundsatz her noch etwas zur Frage der staatlichen Kostenübernahme sagen.

Frau Kiltz, vielleicht ist es auch nur ein Missverständnis.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Entscheidung, ob ein Individuum für diesen hoch sensiblen Bereich, wie ihn Frau Kollegin Grosse beschrieben hat, den Staat ins finanzielle Obligo setzen

will, sollte man erst einmal dem Privatissimo überlassen, der zum Beispiel selbst zahlen will.

(Beifall des Abg. Creutzmann, FDP)

Mir erschließt sich nicht, dass der Staat für alles und jedes in Vorlage treten soll.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt führt, wie die bisherige Diskussion zum Teil gezeigt hat, über die heutige Entscheidung hinaus. Das ist die Frage der Notwendigkeit der Zulassungen von Praxen, in denen Abtreibungen zulässig sind.

Wir sollten uns diesen rheinland-pfälzischen Weg in Zukunft genau anschauen, ob es wirklich notwendig ist, dass sich Ärzte, die in der Gesamtverantwortung für ihr Handeln stehen und denen operative Fehler genauso wie Fehler in der Hygienekette der Praxis vorgeworfen werden könnten, und Praxen, die zugelassen, von der KV genehmigt sind und unter Gewerbeschutzaufsicht und dem BUS-System, wem immer das etwas sagt, stehen – es sind nur 17 an der Zahl –, in Zukunft auch noch diesem Zulassungsverfahren unterziehen müssen, wie wir es jetzt mit unserer Zustimmung regeln. Das sollten wir uns in Zukunft doch etwas genauer anschauen. Ansonsten stimmen wir diesem Gesetz zu.

Danke schön.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Dreyer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren und Damen! Ich kann mich eigentlich sehr kurz fassen, weil alles Wesentliche gesagt worden ist. Wir bereinigen das Landesgesetz aufgrund der umfangreichen Regelung auf der Bundesebene. Ich muss zu Frau Kiltz, was den Ablauf betrifft, sagen, wir haben im Grunde jetzt einen idealen Zeitpunkt gefunden, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen, da vor kurzem erst die Rechtsprechung auch zu den katholischen Beratungsstellen gekommen ist und wir somit gleichzeitig auch mit der katholischen Seite noch einmal reden konnten, damit wir ein gutes und ein sinnvolles Landesgesetz auf den Weg bringen können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Da wir nur ergänzende Regelungen zum Bundesgesetz vornehmen, wirkt dieses Gesetz in der Tat, Frau KohnleGros, etwas technokratisch. Ich denke aber, alles Wesentliche ist in der bundesgesetzlichen Regelung gesagt. Im Übrigen ist es selbstredend, dass es uns darum geht, den schwangeren Frauen in ihrer spezifischen

Lebenssituation eine umfassende Beratung zu gewährleisten. Wir sind selbst sehr stolz darauf und freuen uns, dass die Abgeordneten es zur Kenntnis genommen haben, dass auch die Väter einen Anspruch auf Beratung haben. Das ist auch ausdrücklich vorgesehen, um damit deutlich zu machen, dass beide Verantwortung in dieser Sache tragen.

Frau Grosse hat eigentlich zu den wesentlichen Punkten alles gesagt, was den Inhalt dieses Landesgesetzes betrifft. Das plurale Angebot ist uns ein großes Anliegen, es auch in Zukunft in Rheinland-Pfalz zur Verfügung zu stellen. Ich glaube auch behaupten zu dürfen, dass wir in Rheinland-Pfalz in der Tat ein plurales Angebot vorhalten, dass keine Frau große Wartezeiten oder Ähnliches in Anspruch nehmen muss und auch die Beratungsstellen inklusive dieser Pluralität in zumutbarer Entfernung zu erreichen sind.

Ich brauche nicht mehr aufzuzählen: Wir orientieren uns an dem Schlüssel, der auf der Bundesebene vorgegeben ist, nämlich eine Personalstelle auf 40.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Für Rheinland-Pfalz bedeutet das, dass wir 100 Personalstellen in diesem Bereich nach dem Gesetz zu fördern haben. Wir haben die Sondersituation, die Frau Grosse dargestellt hat. Ich möchte das noch einmal betonen. Die katholischen Beratungsstellen sind 42 an der Zahl. Es gibt bundesweit kein anderes Land, das diese Sondervereinbarung mit den katholischen Stellen getroffen hat. Daraus ergibt sich, dass wir im übrigen Bereich 78 Personalstellen zur Verfügung stellen.

Wir haben im Zusammenhang mit dem Rückgang der katholischen Konfliktberatungsarbeit gerade die Stellen bei Pro Familia, natürlich bei Donum Vitae – das war eigentlich die Geburtsstunde von Donum Vitae – geschaffen.