Protokoll der Sitzung vom 20.09.2001

Ich komme zum Umgang mit dem Parlament und zur Präsenz im Parlament. In den 14 Jahren habe ich nie zu einer Veranstaltung während einer Plenarsitzung eingeladen. Ich war nur bei Kultusministerkonferenzen und habe mich immer beim Präsidenten und den Fraktionsvorsitzenden entschuldigt. Ich glaube, ich kann diese Bitte aussprechen. Das war meine erste Bemerkung.

Ich komme zur zweiten Bemerkung. Herr Kollege Creutzmann, ich sage noch einmal, der Start in dieser Legislaturperiode war nicht gut. Darüber sollten Sie wirklich noch einmal nachdenken. Es gibt nämlich nicht nur die Aussagen des Präsidenten im Ältestenrat ab einem bestimmten Zeitpunkt. Es gibt auch die vorausgehenden Gespräche und Festlegungen. Herr Creutzmann. Das wissen Sie ganz genau. Das weiß ich auch von Augenzeugen – Mehrzahl –, die an diesen Gesprächen beteiligt waren.

Da bleibt eben der Vorwurf, dass man das nicht macht. Das kann man auch nicht durch ein ganz unpfälzisches, unkuselerisches Auftreten des parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion aus der Welt lächeln. Dieses Aus-der-Welt-Lächeln der Probleme macht der Kollege Hartloff ganz gut, aber es entspricht nicht den Tatsachen. Auf Dauer wird er mit dem Nur-Lächeln meines Erachtens keinen Erfolg haben, weil er nicht bei den Fakten bleibt.

Ich komme zur Frage der Vizepräsidenten. Es war hier immer selbstverständlich, wenn der Präsident ausfällt oder einmal krank ist, dass dann der Vizepräsident aus der nächstgrößeren Fraktion gefragt wird. Das war eine ganz selbstverständliche Handhabung. Herr Creutzmann, da brauchen Sie mir doch nicht zu erzählen, welche Terminprobleme Ihr in Eurem Kollegium habt, damit Ihr einen findet, der nach Waxweiler in der Eifel geht oder so etwas, sondern die Frage, wie man intern die Reihenfolge – vor allem, wenn es wichtig ist – versteht. Da bin ich davon ausgegangen, dass dies ganz selbstverständlich so praktiziert wird, wie ich das seit 1977 hier erlebt habe. Diejenigen, die schon lange da sind, werden mir das bestätigen können. Wenn ich es recht im Kopf habe, gehört der Herr Ministerpräsident dem Haus seit 1979 an. Jetzt frage ich Sie allen Ernstes, warum Sie nicht wirklich die Kraft haben, auch im Sinn eines gewissermaßen Goodwill und eines bisschen anderen Neuanfangs in Selbstverständlichkeiten über ganz ganz kleine Hölzchen und kleine Schatten zu springen. (Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn über das Klima im Landtag gesprochen wird, – –

(Kramer, CDU: Sind Sie zuständig!)

Ja, machen Sie nur so weiter.

ist es ganz klar, es kann nur die Regierungspartei sein. (Dr. Gölter, CDU: Nein, das habe ich eben ausdrücklich gesagt!)

Ja eben. Aber Sie sind allein, Herr Dr. Gölter.

(Dr. Gölter, CDU: Quatsch!)

Sie spielen eine moralische Institution, die durch Ihre Fraktion nicht gedeckt wird. Das ist die Realität.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Wer hat denn angefangen, Anfragen zu stellen, ob das Auto des Ministerpräsidenten bei einer Filmstelle fünf Meter im Hof vorwärts oder rückwärts gefahren wird? Wer hat denn nach den Artikeln in der „Wirtschaftswoche“ den Finanzminister zum Rücktritt aufgefordert, was dann später vor Gericht längst widerlegt worden ist? Sie reden von Klima.

(Lelle, CDU: Das ist politische Auseinandersetzung!)

Bitte machen Sie auch welches mit. Das ist wichtig.

(Beifall der SPD)

Damit wir hier nicht in dem weißen Mantel des Unschuldslamms herumschreiten können, ich erinnere mich sehr gut – da waren Sie beteiligt –, als wir vorgeschlagen haben, einen Bürgerbeauftragten einzuführen, hat das die Mehrheit abgelehnt. Als sie das Problem hatte, eine bestimmte personelle Konstellation neu zu machen, hat sie das Gesetz genommen und den damaligen Landtagspräsidenten dort eingesetzt.

Herr Dr. Gölter, es war nicht so, dass die Vergangenheit nur schön war, nur fair war und der Umgang mit der Opposition in einer Weise war, dass man auf Daunen gebettet war. Es war etwas anders. Ich nehme Ihnen persönlich ab, dass Sie mit Florian Gerster hervorragend ausgekommen sind, aber dass es damals keine Ministerinnen und Minister gegeben haben soll, die nie einmal einen Außentermin an einem Plenartag gehabt haben, das kann wirklich keiner glauben, meine Damen und Herren. (Kramer, CDU: Er hat nur für sich gesprochen!)

Das geht nur, wenn man es sich einbildet. Ganz genau das tun Sie hier. (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Sie verlangen von uns Klimapflege. Ich bin dazu bereit, weil ich schon finde, dass wir uns viel zumuten, aber der Kollege Bischel sagt eben „Ihr trickst uns aus“. Er hat nicht gesagt „Ihr macht politische Fehler“, „Ihr habt eine falsche Einschätzung“, nein, er hat gesagt „Ihr trickst uns aus“. Dies ist ganz eindeutig eine eher nicht ganz saubere Art des Umgangs. Dann kriegen wir die politischen Probleme geschildert, die wir in der Tat haben, nämlich die Besetzung der Stelle des Landtagsdirektors ist ein politisches Problem. Dann bekommen wir die Frage der Debatte um die B 10-Stelle gezeigt. Dann kriegen wir die Frage nach Terminen an Plenartagen vorgeführt. Das sind politische Probleme und keine Austricksereien.

Herr Kollege Dr. Gölter, dann treten Sie auf und sagen: Leute, wir müssen anders miteinander umgehen. – Das geht nur, wenn wir es alle miteinander wollen und nicht nur, wenn Sie hier auftreten und so tun, als ob das für alle Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion gelten würde. Ich kann nur eins sagen, ich bin dazu bereit, weil Sie im Kern Recht haben. (Kramer, CDU: Aha!)

Natürlich. Nur, es kann nicht so sein, dass Sie das immer nur an unsere Adresse richten. Sie müssen es selbst mittragen wollen, und es müssen Ihre Kolleginnen und Kollegen mittragen. Anders wird es nicht gehen.

(Glocke der Präsidentin)

Gestatten Sie mir noch einen letzten Satz.

(Bischel, CDU: Waren wir denn Schuld, dass die nicht da waren? Da waren die doch Schuld!)

Herr Bischel, Sie sagten, „Ihr trickst“.

(Bischel, CDU: Ja!)

In Wirklichkeit haben wir nur politische Probleme mit unterschiedlichen Einschätzungen. „Tricksen“ ist nicht ein sauberer parlamentarischer Begriff. Da muss schon eine gewisse Heimtücke, eine gewisse Boshaftigkeit drinstecken. Es hat Fehler in der Kommunikation miteinander gegeben. Aber Sie sagen „tricksen“ und führen mit keinem einzigen Beweis und Beleg hier darüber Rechenschaft, worin das besteht.

Dann ist mein Vorwurf an den Kollegen Dr. Gölter, wenn es keine Beweise gibt und wenn es keine Belege gibt, dann reicht es nicht, hier das Klima zu beschwören, dann muss man selbst als Fraktion mit dazu beitragen. Ich verspreche Ihnen eines. Ich bin bereit dazu.

(Glocke der Präsidentin)

Aber es kann nur zusammen sein. Nur zusammen!

(Starker Beifall der SPD und Beifall der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir kommen dann zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über die Änderungsanträge ab und dann über die Beschlussempfehlung.

Zunächst wird über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/283 – abgestimmt. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der CDU abgelehnt.

Wir stimmen nun über den Änderungsantrag der CDUFraktion – Drucksache 14/284 – ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 14/252 – ab. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugestimmt.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Sozialhilfepraxis in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/201 –

dazu:

Förderung von Beschäftigung und Bekämpfung von Sozialhilfemissbrauch als Aufträge des Bundessozialhilfegesetzes – Umsetzung und Erfahrungen in Rheinland-Pfalz Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 14/230 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten geeinigt. Ich erteile Herrn Abgeordneten Rösch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal ist die Sozialhilfe in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt. Wieder einmal argumentieren einige Politiker unsachlich, undifferenziert und damit unverantwortlich. Sie bedienen bestenfalls die Vorurteile so mancher Stammtische. Auch diese Politiker wissen sehr genau, dass nach wie vor das Grundgesetz gilt, in dem das Sozialstaatsgebot verankert ist. Wer daran nicht rütteln will, der weiß, dass zwar auf der einen Seite den Arbeitsunwilligen die Sozialhilfe empfindlich gekürzt oder sogar ganz gestrichen werden kann, der weiß andererseits aber auch, dass diese Menschen selbst dann noch weiter betreut und unterstützt werden müssen.

(Dr. Weiland, CDU: Das müssen Sie einmal dem Bundeskanzler sagen!)

Vor diesem Hintergrund ist es höchste Zeit, zur Sachlichkeit zurückzukehren. Wer Sozialmissbrauch nicht akzeptiert, der findet mich an seiner Seite. Allerdings sind Sanktionen nur gerecht und wirksam, wenn genügend Arbeitsplätze angeboten werden. Fehlen aber solche Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt, dann ist der entsprechende Druck auf arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger nur berechtigt, wenn der Staat Arbeitsplätze auf dem zweiten oder auf dem kommunalen Arbeitsmarkt anbietet.

Aber diese Arbeitsplätze sind nach wie vor rar. Es ist deshalb nicht akzeptabel, dass gerade junge Menschen an den Pranger gestellt werden, wenn man ihnen nicht die Chance bietet, ihre Leistungsbereitschaft zu beweisen. So läuft die Diskussion in die falsche Richtung. Wir sollten aber nicht über Kürzungen diskutieren, sondern über Hilfestellung.

Wie sehen die Fakten in unserem Land aus? – Leider sind auf der einen Seite die Ausgaben für die Hilfe in besonderen Lebenslagen, die Kosten für die Behindertenhilfe und die Kosten bei der Hilfe zur Pflege im vergangenen Jahr gestiegen. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger im gleichen Zeitraum erfreulicherweise um fast 7 %, von 110.000 auf 102.000 gesunken. An dieser positiven Entwicklung hat das Land großen Anteil. So konnten durch unsere aktive Arbeitsmarktpolitik viele Sozialhilfeempfänger in den Arbeits

markt eingegliedert oder in Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramme vermittelt werden. Auch die Programme „Arbeit statt Sozialhilfe“ oder das „Mainzer Modell für Beschäftigung und Familienförderung“ sind mittlerweile unbestreitbare Synonyme für Erfolg.

Darüber hinaus beteiligen sich in unsrem Land 34 von 36 Kommunen an dem Landesprogramm „Arbeit muss sich lohnen – Kindergeldzuschlag zum Ausstieg aus der Sozialhilfe“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist gut so.