Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen SPD und FDP soll heute dazu dienen, das noch gar nicht so alte rheinlandpfälzische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz im Bereich des Lausch- und Spähangriffs verfassungsfest zu machen. Die Anderen haben schon darauf hingewiesen. Wir erinnern uns, vor gut einem Jahr, fast zeitgleich mit dem In-Kraft-Treten unseres rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes, entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es beim Lauschen oder beim Eingriff des Staates in unsere Privatsphäre einen absolut geschützten Kernbereich geben muss, in dem das Lauschen tabu ist.
Ich will darauf hinweisen, dabei hat das Bundesverfassungsgericht den Lauschangriff nicht grundsätzlich verboten, sondern ihn bei der Bekämpfung besonders schwerer Straftaten zugelassen, um es pauschal und untechnisch zu sagen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung die akustische Wohnraumüberwachung zu repressiven Zwecken grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt. Wir sind im Gegensatz zur CDU der Meinung, dass mindestens die gleichen Standards auch für die präventiven Zwecke gelten müssen.
Grundsätzlich will ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Entscheidung mit der knappsten Mehrheit, die es im Bundesverfassungsgericht gibt, vier zu drei, gefällt wurde. Die anderen drei Richterinnen und Richter
Ja, natürlich, wir richten uns auch danach, völlig richtig. Aber es ist einfach richtig, noch einmal darauf hinzuweisen.
Meine Damen und Herren, nach diesem Urteil sahen sich die Gesetzgeber in Rheinland-Pfalz oder die beiden Regierungsfraktionen vor einer besonders schwierigen Aufgabe.
Um es platt zu sagen, es darf abgehört werden, aber in dem Moment, wo das Gespräch privat wird, muss abgeschaltet werden. So könnte man die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts interpretieren.
Dieser vorliegende Gesetzentwurf soll die sehr schwierige Aufgabe lösen. Wir haben schon im letzten Juni, nachdem das Urteil vom Bundesverfassungsgericht vorlag, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes von Rheinland-Pfalz vorgelegt, den wir für verfassungskonform halten. Wir wollen, dass der Einsatz verdeckter technischer Mittel nur dann gerechtfertigt ist, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben einer Person oder zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für die Gesundheit einer Person zwingend notwendig ist.
Meine Damen und Herren, das ist eine klare Regelung. Sie wissen bzw. man merkt, wie schwierig eine Regelung ist, in der man allen Seiten gerecht werden soll. Wenn man sich die Gesetzesänderung der Koalitionsfraktionen anschaut, muss man noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes lesen, um genau zu wissen, worum es geht.
Bei uns ist es eine klare Regelung. Es ist richtig. Wenn man diese klare Regelung hat, ist es auch so, dass die präventive Reichweite des Gesetzes beschränkt wird. Das halten wir für praktikabel, notwendig und richtig im Sinne des Bundesverfassungsgerichts.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur akustischen Wohnraumüberwachung übernimmt den Begriff dringender Gefahr aus Artikel 13 Abs. 4 des Grundgesetzes, worauf schon hingewiesen wurde, und lässt die Befugnisse nur zu Abwehr zu. Wir vermissen jedoch die Eingrenzung zur Anwendung dieses Mittels in dem Sinn, dass genau dieses Mittel erforderlich ist oder dass dieses Mittel erst dann zum Einsatz kommen soll, wenn andere polizeiliche Mittel nicht zum Erfolg führen, also sozusagen als
Was ist zweitens mit den Grundrechten der Kontakt- und Begleitpersonen? Wir halten Lauschangriffe gegen diese Personen für unverhältnismäßig. Aufklärungsdefizite bei der Abwehr von dringenden Gefahren im verfassungsrechtlichen Sinn müssen auch ohne heimliche Ausforschung und Inanspruchnahme nicht verdächtiger Personen behoben werden.
(Hörter, CDU: Wer ein Gesetz zum Ab- schuss von Flugzeugen beschlossen hat, sollte hier nicht eine solche Rede halten!)
Hier sehen wir eine unverhältnismäßige Ausweitung des Personenkreises. Ich denke, auch darüber sollten wir in der Anhörung reden.
Wir sehen drittens einerseits Unklarheiten des Straftatenkatalogs und andererseits das Gebot des Vorliegens einer dringenden Gefahr. Geht es dabei wirklich um den Rechtsgüterschutz, oder versteckt sich hinter der Generalklausel der Gefahrenabwehr doch wieder die allgemeine Kriminalprävention, und bedeutet das nicht – ich glaube, da haben Sie auf einen wichtigen Punkt hingewiesen, Frau Kohnle-Gros –, dass bei Dauerdelikten die Verfahrensherrschaft der Staatsanwaltschaft herausgekegelt wird? Auch das finde ich eine wichtige Frage, die wir bei der Anhörung besprechen müssen.
Meine Damen und Herren von SPD und FDP, ich komme jetzt noch auf eine andere Sache zu sprechen. Während wir hier Ihren Änderungsvorschlag des POG diskutieren, dräut – da gibt es im Prinzip eine Parallele zum letzten Jahr – schon wieder ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, und zwar diesmal zu einem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, nämlich genau dem niedersächsischen.
Meine Damen und Herren von SPD und FDP, darum müssen Sie fürchten, dass das POG als Ganzes vielleicht doch bald wieder nachgebessert werden muss, wenn es zu diesem Urteil kommt.
Meine Damen und Herren, seit heute wird nämlich vor dem Bundesverfassungsgericht über die Befugnisse der niedersächsischen Polizei zur vorbeugenden Überwachung von Telefon und Internet verhandelt. Dabei geht
es auch um die Daten von Kontaktpersonen. Wir finden, dass dieses Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung ist. Es wird grundsätzlich die Frage der präventiven Befugnisse der Polizei klären. Das heißt: Wie weit gehen diese Befugnisse, wenn es nicht um bereits begangene – das ist nicht das, was man will –, sondern um zukünftige Verbrechen geht?
Meine Damen und Herren, die Präventionslogik durchzieht auch nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, so bei den besonderen Mitteln der verdeckten Datenerhebung, die bei Personen möglich ist, wenn durch Tatsachen begründete Anhaltspunkte gegeben sind, dass sie künftig Straftaten von besonderer Bedeutung begehen werden. Es ist mehr als fraglich, ob diese unbestimmte Formulierung den Vorgaben des Verfassungsgerichts Rechnung trägt.
Was sind durch Tatsachen begründete Anhaltspunkte denn anderes als nicht vielleicht ein Anfangsverdacht, der natürlich dann schon gleich die strafrechtlichen Dinge in Gang setzen wird?
Wenn nicht, soll der Polizei unterstellt werden, dass sie hellseherische Fähigkeiten hat? Auch das wurde nämlich schon vor einem Jahr einmal in einem anderen Urteil moniert, und zwar in dem Beschluss zum Zollkriminalamt. Nach dem Gesetz damals, das jetzt allerdings schon verändert wurde, sollte den Zollfahndern für das Lauschen die durch Tatsachen gestützte Annahme künftiger Straffälligkeit genügen. Dieses Urteil ist damals in der Diskussion um den Lauschangriff leider ziemlich untergegangen, aber es wäre schon verwunderlich, wenn der erste Senat, der damals auch dieses Urteil gefällt hat, beim Urteil jetzt über das niedersächsische POG seine eigene Rechtsprechung vom letzten März nicht fortschreiben würde und den präventiven Lauschangriff diesmal für verfassungsgemäß erklären würde.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird auch auf unser rheinland-pfälzisches POG einige Auswirkungen haben. Wir hoffen, dass das Urteil noch kommt, solange wir in der Diskussion sind.
Meine Damen und Herren, wir haben seit dem Beginn der Diskussion um die Änderung des POG immer sehr deutlich gemacht, dass wir die Ausweitung des Lauschund Spähangriffs auf präventive Polizeibefugnisse nur in sehr begrenzter Form akzeptieren können, so wie wir es auch in unserem Gesetzentwurf dargelegt haben. In dieser Debatte geht es immer – das haben die anderen auch schon gesagt – um eine sehr grundsätzliche Frage. Es geht darum, wie wir die beiden Ansprüche unserer demokratischen Gesellschaft, nämlich den Anspruch auf Freiheit und den Anspruch auf Sicherheit, in eine akzeptable Balance bringen.
Meine Damen und Herren, man muss sagen, wenn man im Moment die allgemeine Diskussion sieht, der Freiheits- und Grundrechtsanspruch hat es im Moment sehr schwer, weil die Verunsicherung der Bevölkerung sehr hoch ist, allerdings glaube ich persönlich, nicht aus Gründen, die die Polizei bekämpfen kann. Wir haben heute in der Aktuellen Stunde über andere Gründe, die zu dieser Verunsicherung führen, geredet.
Meine Damen und Herren, wir als Politiker und Politikerinnen sollen es nicht wieder dem Bundesverfassungsgericht überlassen, uns darauf hinzuweisen, wo die Grenzen des staatlichen Eingriffs in unser Privatleben liegen. Wir sind nach der ersten Sichtung des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht der Meinung, dass dieser Entwurf die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit gewahrt sieht. Wir sehen darum aber auch besonders der Anhörung mit Spannung entgegen, zum Beispiel auch, was die Anhörung oder die Beurteilung und Bewertung unseres Gesetzentwurfs angeht, den wir auch mit in die Beratung und in den Gang der Dinge einbringen.
Ich darf Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Wir begrüßen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Schweich recht herzlich, die sehr zahlreich zu uns gekommen sind. Ich habe gehört, es handelt sich um 83 Personen. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt diese Gesetzesinitiative der Koalition von SPD und FDP. Wir halten sie für eine der wichtigsten Initiativen, nachdem das Polizeiund Ordnungsbehördengesetz damals auf Initiative von Walter Zuber auf eine neue Basis gestellt worden ist.