Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

(Mertes, SPD: Wenn einem nichts mehr einfällt, ist das doch erlaubt!)

Wir werden uns als FDP-Fraktion an dieser Diskussion nicht beteiligen.

(Zuruf des Abg. Böhr, CDU – Jullien, CDU: Erst grübeln, dann dübeln! – Dr. Weiland, CDU: Entweder oder! – Zurufe aus dem Hause)

Herr Böhr, meinen Sie denn, dass Sie durch diese Debatte Herrn Fischer dazu bringen können, zurückzutreten? (Zuruf des Abg. Böhr, CDU)

Was haben Sie denn laufend mit dem Herrn Koch? Ich weiß, dass Sie eine politisch innige Beziehung zu ihm haben. Machen Sie aber doch bitte nicht mich dafür verantwortlich, was andere tun. Auch wenn es der CDU nicht gefällt: Ich rede zu dem Thema, das die CDUFraktion zur Aussprache gestellt hat. In diesem hohen Hause sind wir uns doch wohl hoffentlich einig, dass wir Kriminalität, auch Zwangsprostitution, entschieden zu bekämpfen haben. Das tut diese Landesregierung.

(Dr. Weiland, CDU: Eben nicht!)

Das tut dieses Innenministerium.

Herr Hörter, es macht doch keinen Sinn, mit einem Gemisch von Vermutungen und Verdächtigungen Politik zu betreiben. Der Herr Justizminister hat im Rechtsausschuss dazu Ausführungen gemacht. Ich darf Ihnen das noch einmal in Erinnerung rufen. Sie waren zwar nicht dabei, aber das ist auch der Vorlage zu entnehmen gewesen, die heute Morgen in Ihrem Fach lag. Sie haben das aber offensichtlich nicht gelesen.

Für den Justizbereich kann ich noch einmal darauf hinweisen, dass ebenso wie bei den Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften keine gesonderte Erfassung der Fallgestaltung stattfindet, die als Visa-Erschleichung bezeichnet werden kann.

Deswegen ist alles, was Sie sagen, reine Spekulation. Vielmehr sind Verstöße gegen mehrere Strafttatbestände bei verschiedenen Tatbegehungsformen denkbar. Landesweit aussagekräftige Angaben über die Anzahl und Entwicklung einschlägiger Straftaten können die Staatsanwaltschaften daher nicht machen, meine Damen und Herren. Das ist das Thema, das wir in Rheinland-Pfalz zu beurteilen haben.

Meine Damen und Herren, ob es gut oder schlecht ist, über die Visa-Erteilungen zu sprechen, ist eine andere Sache. Wichtig ist, dass diese Landesregierung Kriminalität bekämpft, was auch immer die Ursachen hierfür sein mögen, seien es Erlasse oder keine Erlasse. Das ist doch das Thema, mit dem wir es in Rheinland-Pfalz zu tun haben. Wir werden uns nicht daran beteiligen – auch wenn es natürlich viel Spaß machen würde –, den Untersuchungsausschuss von Berlin in das rheinlandpfälzische Landesparlament zu transportieren. Das wird nichts bringen.

Der Strafverfolgungsstatistik kann nicht entnommen werden, wie viele Verurteilungen wegen Erschleichung von Visa bzw. Schleusungen derjenigen, die Visa erschlichen haben, erfolgt sind. Das ist das Faktum, meine Damen und Herren. Alles andere ist Spekulation, an der wir uns nicht beteiligen werden.

Vielen Dank. (Beifall bei FDP und SPD)

Es spricht Herr Innenminister Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Landesregierung hat seit dem Jahr 1991 bewiesen, dass sie die Innere Sicherheit als eines der höchsten Güter unserer gemeinsamen Demokratie nicht nur schützt und stärkt, sondern auch entsprechend handelt. Deshalb brauchen wir keine Belehrungen mehr von der Opposition.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich will auch nichts zur Art und Weise des Beitrags des Abgeordneten Hörter sagen. Ich will aber ein paar Fakten nennen. Ich beginne mit dem Fakt, den Herr Abgeordneter Schnabel vorhin genannt hat und bei dem ich etwas gestutzt habe. Im Jahr 1999 sollen es 2.445 gewesen sein. Ich habe mir einmal die Zahlen vom Polizeipräsidium in Trier geben lassen. Es ist genau so, wie ich es gesagt habe. Es gibt eine Ermittlungsgruppe, die aufgrund der dortigen Ermittlungsbereiche „Asylsuchende“ und „für von Asylbegehrende“ eingerichtet worden ist. Es gab im Jahr 1999 35 Ermittlungsverfahren, im Jahr 2000 22 Ermittlungsverfahren, im Jahr 2001 94 Ermittlungsverfahren, im Jahr 2002 111 Ermittlungsverfahren, im Jahr 2003 165 Ermittlungsverfahren und im Jahr 2004 98 Ermittlungsverfahren. Ich kann den Ursprung Ihrer Zahl also nicht erklären. Vielleicht erklären Sie es.

Herr Abgeordneter Hörter hat erklärt, Frau Lea Ackermann habe gesagt, das Land Rheinland-Pfalz würde keine Razzien durchführen.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Im Jahr 2004 führte die Polizei in Rheinland-Pfalz sechs Razzien durch. Im Jahr 2003 waren es fünf Razzien.

Sie haben erklärt, wir hätten keine Erfassung. Wir haben eine Erfassung für den Bereich des Menschenhandels. Wir haben aber keine Erfassung für den Bereich der Visa. Kein Land hat eine Erfassung für den Bereich der Visa. Unsere Erfassung bezüglich des Menschenhandels liegt aber vor. Sie ist Ihnen auch bekannt. Weshalb erklären Sie also etwas anderes? Im Jahr 1999 hatten wir 25 Fälle des Menschenhandels. Im Jahr 2000 waren es 17 Fälle, im Jahr 2001 waren es 16 Fälle, im Jahr 2002 waren es 74 Fälle, im Jahr 2003 waren es 62 Fälle, und im Jahr 2004 waren es 90 Fälle. Alle Fälle sind aufgeklärt worden, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Rheinland-Pfalz ist das einzige Bundesland – Herr Hörter, Sie sollten sich das einprägen –, das ein Zeugenschutzprogramm aufgelegt hat für Zeuginnen, zum Beispiel aus Osteuropa, die im Bereich Menschenhandel und Verschleppung hier aussagen und deshalb eine neue Identität benötigen. Wir sind das einzige Land, das dafür auch Geld bereitgestellt hat, nämlich 100.000 Euro.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie haben aus einer Studie zitiert, in der Speyer als ein Schwerpunkt dargestellt wird. Wir führen Ermittlungen im Bereich Frankenthal, Ludwigshafen und Speyer. Dabei geht es um ein Reisebüro. In diesem Zusammenhang haben zwei Deutsche geschleust. Das ist der Fakt. Es gibt über das ganze Bundesgebiet verteilt 200 Fälle. Es sind aber nicht 200 Fälle in Rheinland-Pfalz. Auch das sollten Sie sagen.

Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist kurz und gut. Danke.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, junge Damen begrüßen zu können, die aus Anlass des „Girls’Days“ heute Abgeordneten über die Schulter schauen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hörter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will doch noch auf das eingehen, was vom Herrn Innenminister gesagt wurde. Ich habe die Vorsitzende von SOLWODI, Schwester Lea Ackermann, zitiert. Ich wiederhole das Zitat, das sie im "Pfälzer Merkur" vom 19. März dieses Jahres nachlesen können: "Die Anzahl der Razzien in Rheinland-Pfalz ist nicht mehr zu unterbieten. Im letzten Jahr gab es nur eine einzige." Ich habe dies nur zitiert. Sie haben eben ausgeführt, dass Schwester Lea Ackermann gewissermaßen als Kronzeugin für die Tätigkeiten stehe.

Herr Minister, ich habe auf die Sonderauswertung „Wostok“ hingewiesen, nachdem Sie die ganze Zeit gesagt haben, das hätte keine Relevanz für Rheinland-Pfalz. Erst als ich auf den „Wostok“-Bericht hingewiesen habe, haben Sie jetzt ebenfalls auf diesen Zusammenhang hingewiesen.

Der Punkt ist doch, dass wir nur mühsam Informationen zusammenbekommen.

In der Antwort auf eine Mündliche Anfrage von mir – das will ich jetzt doch noch erwähnen – haben Sie am 17. März dieses Jahres ausgeführt – ich zitiere –: "Eine offizielle, durch den Bund veranlasste Unterrichtung der Ausländerbehörden ist nicht erfolgt." Dies entspricht nicht der Wahrheit. Am 13. März 2000 ist auch das Ausländerreferat im rheinland-pfälzischen Innenministerium genauso wie die entsprechenden Referate in den anderen Innenministerien der Länder durch das Auswärtige Amt über die Neuregelungen zu Visa für Besuchsaufenthalte informiert worden.

Herr Minister, das ist doch das Kernproblem. Wir sprechen an, dass wir Fälle von Zwangsprostitution haben. Diese sind durch die Visa-Regelungen erleichtert wor

den, weil es für die Schleuser viel, viel einfacher geworden ist, diese Frauen nach Deutschland zu bringen. Wir wollten von Ihnen wissen, was die rheinland-pfälzische Landesregierung tut, um dem zu begegnen. Wir müssen Ihnen Stückchen für Stückchen die Informationen abringen. So können Sie mit dem Parlament nicht umgehen!

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Reich das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hörter, es ist meiner Meinung nach müßig, noch einmal das zu wiederholen, was die Kollegen und ich Ihnen in der ersten Runde auf Ihre Behauptungen entgegnet haben. Sie glauben Informationen noch nicht einmal, wenn Sie sie bekommen. Das haben wir vorhin gehört.

(Beifall der SPD und der FDP – Mertes, SPD: So ist das!)

Der Herr Minister hat Ihnen die Zahl der Razzien für die Jahre 2003 und 2004 genannt. Sie glauben diesen Zahlen nicht. Wie soll man Sie dann überzeugen?

Vorhin kam von Ihnen der Einwurf, wir hätten gestern etwas diskutiert, was auch keine Auswirkungen auf unser Land Rheinland-Pfalz hat. Ich nenne das Stichwort "Exzellenzförderung". Ich will das noch einmal klar sagen, da Sie das vielleicht nicht wissen: Das, was wir gestern im Plenum diskutiert haben, blockiert unsere Mittel in Rheinland-Pfalz und hat deshalb unmittelbare Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD und der FDP – Unruhe bei der CDU)

Niemand von uns bestreitet das schreckliche Problem der Zwangsprostitution. Der Herr Minister hat aber ausführlich Stellung genommen, was wir in Rheinland-Pfalz dagegen tun. Das sollten Sie nicht ignorieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Hörter, niemand bestreitet, dass es Zwangsprostitution gibt. Niemand bestreitet, dass es Kriminalität gibt. Niemand bestreitet, dass es Menschenhandel gibt. Wir streiten über die Frage – dazu haben Sie überhaupt nichts vorgelegt –, ob es Zusammenhänge zwischen

dem, was Sie behaupten und dem Phänomen Zwangsprostitution, Menschenhandel usw. gibt. Sie versuchen ständig einen Zusammenhang herzustellen, den es offenbar nicht gibt.