Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

Ich darf dann noch einmal den jetzigen Präsidenten zitieren, der seinerzeit bei der Auflösung der Bezirksregierung gesagt hat, man darf die Frösche nicht fragen, wenn man einen Teich austrocknen will. Ich glaube, da sind wir genau an diesem Punkt angelangt, wo ich ihm heute sehr recht geben werde.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Was wir machen müssen – ich glaube, darüber sind wir uns alle einig –, ist zunächst einmal eine umfangreiche Aufgabenkritik. Es ist auch darüber nachzudenken, wer was wo und überhaupt macht. Ob wir gewisse Aufgaben überhaupt noch wahrnehmen müssen, ist eine Frage, die erlaubt ist.

Jetzt muss natürlich gerade dabei wie ein Schlag ins Gesicht kommen, dass das Innenministerium den dritten Schritt vor dem ersten Schritt gemacht hat: Da sind die Bürgermeister von Gemeinden unter 12.500 Einwohner eingeladen worden. Wir haben in der Richtung insgesamt 200 Gebietskörperschaften. Es sind also 70 eingeladen worden. Soweit wir unterrichtet sind oder wie ich gehört habe, auch von Kolleginnen und Kollegen, die an den Gesprächen teilgenommen haben, ist es zunächst einmal bei 20 Gesprächen geblieben. Der Innenminister ist da wohl von seiner eigenen Partei ein bisschen zurückgepfiffen worden, auch von der Fraktion. Da gab es wohl etwas Druck.

Wenn man dann aber hört, was die Bürgermeister dort erfahren haben: Da ging es letztendlich darum, wie die Stimmung vor Ort ist, wie man sich dies vorstellen könnte. Das hätte ich denjenigen, die eingeladen hatten,

schon gleich sagen können. 19 von 20 haben gesagt, wir wollen keine Veränderung, wir wollen die Gebiete in den Grenzen wie bisher beibehalten.

Das ist auf der einen Seite ohne Zweifel zu erwarten gewesen. Auf der anderen Seite ist aber zu sehen, welche Unruhe dadurch entstanden ist. Aus meinem Bereich kann ich sagen, dass Bürgermeister schon darüber nachgedacht haben, wer zu wem geht und wer wo gegebenenfalls am Ende den Kürzeren ziehen wird. Ich meine, diese Situation war nicht zwingend notwendig gewesen.

Wir haben immer gesagt, wir machen bei dieser Verwaltungsreform auf jeden Fall mit, weil das nicht ohne die Parteien insgesamt geht. Das geht nicht ohne SPD, CDU und FDP. Wir müssen diese Verwaltungsreform gemeinsam angehen.

Da meine Zeit für die erste Runde gleich zu Ende ist, will ich nur noch eines sagen: Helmut Kohl hat erst kürzlich in einem Interview im Fernsehen gesagt – vor 40 Jahren war er mit Jockel Fuchs und dem Kollegen Eicher von der FDP derjenige, der die damalige Reform durchgeführt hat –: Es war kein leichter Weg, aber es war ein effizienter Weg. –

(Glocke der Präsidentin)

Deshalb müssen wir versuchen, diesen Weg in dieser Form zu gehen.

Weiteres werde ich noch im zweiten Teil ausführen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Noss.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die jetzigen Strukturen im kommunalen Bereich gibt es seit ungefähr 35 Jahren. Herr Kollege Schnabel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir das nach 35 Jahren an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Es muss zum einen eine Anpassung an die neuen Medien und zum anderen an die zu erwartende Entwicklung bei den Einwohnerzahlen erfolgen. Ebenso sollten wir aber auch die Kassenlage der Ortsgemeinden, der Verbandsgemeinden, der Städte und der Kreise berücksichtigen.

Ende vergangenen Jahres wurde durch die Landesregierung ein Fahrplan vorgestellt, wie diese Kommunalreform zeitlich gestaltet werden sollte. Demnach werden wir die Kommunalwahl 2014 in den neuen Gebietsgrenzen durchführen.

Es wurde auch, wie bereits ausgeführt, eine dreigliedrige Arbeitsgruppe eingesetzt, die unter Einbindung der Politik, der kommunalen Spitzenverbände, der Ministerien

und der öffentlichen Stellen sonstiger Art entsprechende Aufgaben leisten soll.

Genau wie vor 35 Jahren wird auch diese Kommunalreform nur bei einer breiten Mehrheit in diesem Hause durchzuführen sein. Es ist klar, wir brauchen eine breite Akzeptanz. An dieser breiten Akzeptanz sollten wir versuchen zu arbeiten.

(Beifall der SPD)

Dazu gehört natürlich auch, dass wir die Betroffenen, nämlich die Kommunen, frühzeitig in den Überlegungsprozess einbinden. Klar ist natürlich, dass zunächst eine Aufgabenkritik vorangestellt werden muss. Das ist eine Aufgabenkritik, die zunächst einmal so gestaltet sein muss, dass wir Überprüfungen vornehmen müssen. Welche Aufgaben sind überhaupt noch notwendig, welche können wir ganz wegfallen lassen, welche Aufgaben sind darüber hinaus privatisierbar oder müssen öffentlich durchgeführt werden, und ist es sinnvoll, diese Aufgaben auf die staatliche Seite oder die kommunale Seite zu verlagern?

Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um eine kommunale Aufgabe handelt, müssen wir natürlich auch prüfen, welche kommunale Ebene diese Arbeiten zweckmäßigerweise durchführen soll. Das ist häufig davon abhängig, inwieweit beispielsweise die Verbandsgemeinden überhaupt in der Lage sind, diese Arbeiten durchzuführen. Wenn wir beispielsweise Aufgaben im Bereich der Überwachung oder der Technik von den Kreisen oder von Landesbehörden auf die Verbandsgemeinden delegieren wollen, müssen wir sicherstellen, dass die Verbandsgemeinden in der Lage sind, entsprechendes Personal vorzuhalten. Das ist eine Kostenfrage, aber das ist auch eine Frage des Marktes. Daher haben die Gespräche, die jetzt gelaufen sind, durchaus ihre Berechtigung.

Es muss vor allen Dingen gefragt werden, was das, was wir vorhaben, für die kommunale Landkarte bedeutet und wie sie sich letztlich darstellen soll.

Ich war etwas irritiert über Presseverlautbarungen, die beispielsweise die Überschrift trugen: Reform ohne Tempo, Fakten schaffen durch die Hintertür. – Es gab Vorwürfe gegenüber der Landesregierung, dass sie sich nicht an parlamentarische Verfahren hält. Es wurde Hinterzimmerpolitik vorgeworfen. Es wurde vorgeworfen, dass man Geheimgespräche geführt habe. Da muss man fragen, was Sie wollen. Sie können nicht einerseits sagen, wir sind zu langsam, aber dann, wenn die Landesregierung tätig wird, gleichzeitig der Landesregierung vorwerfen, dass sie zu schnell sei und sie, wie das eben ausgeführt wurde, den dritten Schritt vor dem ersten mache.

(Beifall der SPD)

Das haut wirklich nicht hin.

Ich bin im Prinzip sicher, dass wir uns in diesem Hause darüber im Klaren sind, dass wir diese Reform gemeinschaftlich durchführen wollen und bei allen Parteien der Wille besteht, das in der Form durchzuführen; denn

jeder von uns – meines Wissens gibt es da kaum Ausnahmen – ist irgendwo im kommunalen Bereich beheimatet, in irgendwelchen Räten oder ist Bürgermeister oder Beigeordneter. Das, was wir hier beschließen, trifft ihn auch vor Ort. Deshalb sollten wir alle bemüht sein, Regelungen zu treffen, die zukunftsträchtig und geeignet sind, mindestens so lange zu halten wie die Verwaltungsreform, die wir Anfang der 70er-Jahre durchgeführt haben.

Wir sagen deutlich, wir als SPD wollen streng sachorientiert mit den Kommunen die kommunale Landschaft gestalten. Die Gespräche im Ministerium mit den Bürgermeistern machen insbesondere unter dem vorhin von mir erwähnten Aspekt Sinn, dass wir, wenn wir Aufgaben auf den Bereich der Verbandsgemeinden delegieren, feststellen müssen, welche Aufgaben die Verbandsgemeinde überhaupt in der Lage ist zu erfüllen.

Wir haben große Verbandsgemeinden mit 20.000 oder 30.000 Einwohnern, bei denen das kein Problem sein dürfte, aber wir haben auch kleinere Verbandsgemeinden. Daher war es mit Sicherheit richtig, dass man versucht, entsprechende Gespräche zu führen. Das hat nichts mit Geheimdiplomatie oder sonstigen Dingen zu tun, wie man das auch immer bezeichnen möchte.

(Glocke der Präsidentin)

Der Rest folgt dann nachher.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Auler das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz ist ein ausgeprägtes Flächenland mit 36 Städten, 24 Landkreisen, 163 Verbandsgemeinden und 2.257 Ortsgemeinden. 75 % der Bevölkerung leben in Landkreisen. Bundesweit sind dies nur 68 %. Die Demografen gehen innerhalb der nächsten 40 bis 50 Jahre von einem Rückgang der Bevölkerung um 1 Million aus. Das heißt, die Bevölkerung in RheinlandPfalz wird von 4 Millionen auf 3 Millionen zurückgehen.

Heute stehen 4 Millionen Einwohnern 75 Oberbehörden vor. Die FDP-Fraktion hat seit Jahren auf das Erfordernis einer Verwaltungs- und Gebietsreform hingewiesen. Wir haben allerdings immer ergänzt, dass an die Seite einer Verwaltungsreform auch eine kommunale Finanz- und Steuerreform treten müsse.

Daraus leitet sich unsere Forderung ab, den Kommunen mehr eigenständige Mittel bei gleichzeitiger Rückführung der Zuschüsse zur Verfügung zu stellen. Sind wir doch einmal ehrlich: Wir wissen in unseren Städten und Ortsgemeinden selbst am besten, wo, wann und wie viel Geld wir für notwendige Projekte in die Hand nehmen und ausgeben müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Rheinland-Pfalz eine Verwaltungsreform dringend braucht, ist und wird eigentlich von niemandem bestritten. Dass wir eine effiziente, bürgernahe, bürokratiearme und vor allem kostengünstige Verwaltung benötigen, wir das Herzstück des Landes, nämlich die Ortsgemeinden, erhalten und stärken wollen und das ehrenamtliche bürgerschaftliche Engagement zu fördern ist, ist inzwischen weitgehend gemeinsames Gedankengut.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung plant eine Verwaltungs- und Gebietsreform. Der Zeitplan reicht bis 2014. Das ist ein sehr langer Weg, vor allem wenn man ihn mit dem Vorgehen in anderen Bundesländern vergleicht. Bei diesem Vergleich ist Rheinland-Pfalz noch sehr weit zurück. Länder wie NordrheinWestfalen, Niedersachsen, Hessen, aber auch neue Bundesländer wie Sachsen und Sachsen-Anhalt haben ihre Verwaltungsreform bereits vollständig oder weitgehend abgeschlossen.

Die Landesregierung hat im September 2006 ihr Verfahren zur kommunalen Verwaltungsreform vorgestellt. Es gibt ein politisches Lenkungsforum, an dem die Fraktionen beteiligt sind, es gibt eine Lenkungsgruppe, und es gibt ferner eine interne Projektgruppe der Landesregierung unter Federführung des Innenministeriums. Außerdem gibt es einen Ministerratsbeschluss vom 19. Juni 2006, in dem das Verfahren und die Terminplanung festgelegt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Beschluss findet sich kein Hinweis darauf, dass im Frühjahr 2007 Gespräche mit Bürgermeistern geführt werden sollten, um territoriale Neugliederungen bzw. Fusions- und Mindesteinwohnerzahlen für Verbandsgemeinden mehr oder weniger festzumachen. Ich kritisiere nicht, dass jetzt Bewegung, Fortschritt und Leben in die Verwaltungsreform hineinkommen. Im Gegenteil, ich befürworte es. Wenn etwas geschieht, ist es allemal besser als ewiges Abwarten.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Dass man sich in Informationsgesprächen zunächst weitgehend unverbindlich austauscht, kann ich nachvollziehen. Nur frage ich mich, warum dies die Landesregierung nicht öffentlich und transparent getan hat. Niemand hätte einen Vorwurf gemacht, wenn dieser Meinungsaustausch offen und unter Beachtung der verabredeten Spielregeln erfolgt wäre.

(Beifall der FDP)

Nur wenn es sich – zumindest nach den Presseberichten – um sehr diskrete, um nicht zu sagen Geheimgespräche handelt, bei denen im Vorfeld angeblich bereits bestimmte Festlegungen getroffen werden sollten, darf sich die Landesregierung nicht wundern, wenn sie ihre Aktivitäten selbst in das trübe Licht der Heimlichkeit taucht, was nicht nötig und der Sache auch nicht dienlich ist.

Es zeugt meiner Ansicht nach nicht von politischer Klugheit, ein großes und wichtiges Projekt wie das der Verwaltungsreform mit einem Scharmützel aus Misstrauen

zu überziehen. So etwas belastet die weitere notwendige Zusammenarbeit unnötig.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Billen, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDPFraktion ist eher dafür, dass wir gemeinsam nach Lösungen suchen, und zwar auch unter der Einbeziehung neuer Ideen, wie sie zum Beispiel anlässlich einer Veranstaltung zur Verwaltungsstrukturreform bei der Verwaltungshochschule in Speyer vorgetragen wurden.

Dort war zum Beispiel die Rede davon, dass es keiner vorausgehenden Aufgabenkritik bedürfe, weil eine solche viel Zeit beanspruche und zum Dauerprogramm ohne verbindlichen Abschluss werden könne. Anstelle dessen könnten neue Verwaltungsstrukturen eine Reform unumkehrbar machen. Nachfolgend könne man die Aufgaben an die neuen Strukturen anpassen.

(Glocke der Präsidentin)