Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

Was für ein Datum es letztlich in Europa sein wird, darüber kann man spekulieren. Es wird bedauerlicherweise nicht 2009 sein.

Ich sehe keine weiteren Fragen mehr. Somit ist auch diese Mündliche Anfrage beantwortet. Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Wir sind am Ende der Fragestunde.

Bevor ich zur Geschäftsordnung Frau Kollegin Schleicher-Rothmund und Herrn Kollegen Bracht das Wort erteile, begrüße ich auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe der Integrierten Gesamtschule Otterberg. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Frau Kollegin Schleicher-Rothmund zur Geschäftsordnung, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion beantrage ich die Aussprache zur Mündlichen Anfrage Nummer 1 „Reform der Pflegeversicherung“.

Herr Kollege Bracht.

Frau Präsidentin! Die Fraktion der CDU beantragt die Aussprache zu der Anfrage Nummer 2 des Abgeordneten Billen „Ausbau der Bahnverbindung Trier – Luxemburg“ in Verbindung mit der Anfrage Nummer 7 des Abgeordneten Eymael „Forderungen des luxemburgischen Verkehrsministers nach einer schnellen Entscheidung hinsichtlich des Ausbaus der Bahnverbindung zwischen Wasserbillig – Trier – Koblenz“.

Vielen Dank.

Wir kommen zunächst zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Peter Wilhelm Dröscher und Marianne Grosse (SPD), Reform der Pflegeversicherung – Nummer 1 der Drucksache 15/1258 – betreffend.

Herr Kollege Dröscher, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine erste Begegnung mit der Pflegeversicherung hatte ich Mitte der 70er-Jahre. Manche Dinge brauchen eben ihre Zeit.

Damals gab es einen Entwurf der Arbeiterwohlfahrt, der übrigens weitgehend mit dem übereinstimmte, was später unter Norbert Blüm zum Gesetz wurde. Damals wurde in den Einrichtungen bei der Lobby der Betroffenen klar, dass die Sozialhilfeabhängigkeit, die Abhängigkeit

von Hilfe zur Pflege immer größer wurde. So machte man sich auf den Weg und versuchte, das umzusetzen.

Ein Jahrzehnt später gab es dann verlässliche Zahlen zur Altersentwicklung durch eine Studie des Kuratoriums Deutsche Altershilfe. Die erste Reaktion aus der Politik war damals, dass die Sozialdezernenten der Länder und Kommunen, die plötzlich diese Entwicklung der Hochaltrigkeit auch in ihr Bewusstsein bekommen hatten, eine Änderung des Sozialhilfegesetzes mit dem Vorrang der ambulanten vor den stationären Diensten durchsetzten.

Dies war eine zeitliche Entwicklung, die dann wiederum ein Jahrzehnt später, 1995/1996, dazu geführt hat, dass wir eine fünfte Säule der Sozialversicherung bekommen haben und der Gesetzgeber die Pflegeversicherung, das Pflegeversicherungsgesetz, eingerichtet hat, um zu verhindern, dass immer mehr Menschen in die Hilfe zur Pflege abrutschen.

Der Beitrag wurde damals bei 1,7 % des Bruttoeinkommens festgelegt. Ich erinnere daran, dass es keine paritätische Vereinbarung war, sondern durch den Wegfall eines Feiertags die Arbeitnehmer einen größeren Teil dieser Kosten übernommen haben. Mittlerweile bezahlen kinderlose Pflegeversicherte einen um 25 Prozentpunkte höheren Betrag, und Rentner müssen den Betrag komplett selbst tragen.

In einigen Bundesländern wurde es anders gelöst. In diesen wurde der Buß- und Bettag nicht abgeschafft, aber dort muss dann mehr bezahlt werden.

Die Leistungen aus der Pflegekasse werden – das dürfte Ihnen allen bekannt sein – vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen wesentlich dadurch bestimmt, dass er den Krankenkassen vorschlägt, in welchen Stufen der Pflegebedürftigkeit die Patienten eingeordnet werden. Es gibt bis zu 1.432 Euro an Sachleistungen, in Härtefällen auch etwas mehr.

Ende 2005 waren rund 2,1 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig, davon zwei Drittel zu Hause und etwa ein Drittel in Heimen versorgt. Das sind die nackten Fakten.

Wir haben damals, als die Pflegeversicherung eingerichtet wurde, bereits die Erwartungen und die Wirklichkeit einschätzen können. Die Erwartungen waren bei vielen, vor allen bei den Kommunen, eine totale Lösung des Problems. Es ist aber nur eine Teilfinanzierung, eine sogenannte – wenn man es salopp sagt – Teilkaskolösung gewesen.

Es besteht mittlerweile in allen Bereichen Konsens darüber, dass es gute Gründe für eine Weiterentwicklung dieser Pflegeversicherung gibt. Ich will drei dieser Gründe nennen:

Einmal hat sich die Struktur der Bevölkerung weiter verändert. Die Ministerin hat vorhin schon gesagt, dass die demografische Entwicklung als Herausforderung für die Zukunft noch deutlicher in den Blickpunkt der Politik geraten ist.

Diese Entwicklung wird dazu führen, dass sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen noch einmal um etwa 50 % bis 2030 erhöhen wird. Zugleich aber ist die Pflegebedürftigkeit selbst anders geworden. Der Hilfebedarf ist komplexer und individueller geworden.

Die Frage der demenziellen Erkrankung, die auch – ich habe vorhin gesagt, alles braucht seine Zeit – bei den Experten und den Betroffenen, nämlich bei den Familien, seit 20 Jahren eine große Rolle spielt, war bereits 1995 bekannt, wurde aber ausdrücklich ausgeklammert. Nun kam man an dieser Frage nicht mehr vorbei.

Auch das Wissen und die Erfahrung über die richtige Pflege, das heißt Pflegewissenschaft, Weiterentwicklung – auch sehr stark durch die Tätigkeit des Medizinischen Dienstes bestimmt –, haben sich verändert, sodass wir die Notwendigkeit dieser Weiterentwicklung sehen.

Die Pflegeversicherung, Bestandsaufnahme, was ist der Erfolg der Pflegeversicherung, Pflegebedürftigkeit als eigenständiges Lebensrisiko, sind in das Bewusstsein der Bevölkerung gekommen. Die Absicherung dieses Risikos als gesellschaftliche Aufgabe – – –

(Glocke des Präsidenten)

Dann mache ich nachher weiter.

(Beifall der SPD – Pörksen, SPD: Den Satz können Sie noch fertig sprechen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Dröscher.

Herr Kollege Rüddel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen zeigt eine Gesellschaft, wie sie es mit ihrem sozialen Zusammenhalt meint. Mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses zum Thema „Pflegereform“ wird ein anständiges Fundament zur Verbesserung der Pflegeleistungen gelegt. In unseren Augen stärken derartige Beschlüsse das menschliche Miteinander in unserem Land.

Die Beschlüsse ermöglichen insbesondere dem Einzelnen eine verbesserte Auswahl und damit eine stärkere, an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtete Pflege. Für die Pflegenden und die Angehörigen stellt der vorgelegte Kompromiss eine deutliche Verbesserung der aktuellen Situation dar.

(Beifall der CDU)

Eine bessere Berücksichtigung von Demenzkranken, die Dynamisierung der Pflegesätze und die Defizitvermeidung mit einer Beitragserhöhung konnten erreicht werden. Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit

einer Finanzreform mit Bildung von Kapitalrücklagen steht allerdings noch aus. Dieses Ziel muss weiterverfolgt werden, damit auch die Pflege der künftigen Generationen gesichert werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Hierfür brauchen wir in Berlin aber einen neuen, mutigen Koalitionspartner, der bereit ist, auch Verantwortung für zukünftige Generationen zu übernehmen.

(Beifall der CDU)

Wir müssen uns dringender denn je auf das VorsorgeSparen konzentrieren.

Die SPD hat sich dieser Demografiefestigung der Pflegeversicherung verweigert und wird hierfür allein die Verantwortung tragen müssen. Sie trägt damit allein die Verantwortung dafür, dass mit dieser Reform nicht für die Zeit vorgesorgt werden kann, wenn hierzulande weniger junge Menschen leben und mehr alte gepflegt werden müssen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Sagen Sie doch einmal, wie Sie es machen wollen! – Hartloff, SPD: Wie kommen Sie denn darauf?)

Gerade diesen, von den privaten Pflegeversicherungen praktizierten richtigen Ansatz will die SPD mit ihrer Forderung nach einem Finanzausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung zunichte machen.

(Pörksen, SPD: Das ist doch Quatsch, was Sie da erzählen! – Frau Spurzem, SPD: Er hat es nicht verstanden!)

Es ist haarsträubend: Mit verfassungswidrigen Forderungen und Vorschlägen soll ein gut funktionierendes gesundes System durch ein krankes System ersetzt werden.

(Zurufe von der SPD)

In diesem Zusammenhang ist sicherlich die Frage erlaubt: Wäre die SPD bereit, wenn die private Pflegeversicherung notleidend wäre, Geld aus der gesetzlichen Pflegeversicherung in die private Pflegeversicherung zu stecken?