Von den 15 Körperverletzungsdelikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund hat die Polizei bislang 14 aufgeklärt.
Der versuchten Brandstiftung liegt folgender Sachverhalt zugrunde – Sie haben das möglicherweise gelesen –: Ein bislang unbekannter Täter füllte Papier- und Stoffreste in den Einfüllstutzen eines Pkw und setzte diesen in Brand. Aufgrund des verschlossenen Tankdeckels konnte das Feuer nicht übergreifen. Der Fahrzeughalter des betroffenen Pkw ist der Vorsitzende des Ausländerbeirates der Stadt Mainz.
Zu den Fragen 2 und 3: In diesem Haus ist unstreitig, jede rechtsextremistische Gewalttat ist eine Tat zu viel. Zunächst verweise ich in diesem Zusammenhang auf den aktuellen Verfassungsschutzbericht für unser Land. Danach nimmt Rheinland-Pfalz in der Gewaltstatistik seit Jahren einen Platz im unteren Drittel im Ländervergleich ein. Das wird nach 100.000 Einwohnern aufgeschlüsselt. Je 100.000 Einwohner waren im Jahr 2006 ca. 0,59 Straftaten registriert worden. Das geht jetzt mehr in die Statistik hinein. Das ist Platz 13 im Ländervergleich. Der Bundesdurchschnitt lag bei 1,67 in der Häufigkeit.
Wichtiger ist, so denke ich, in Rheinland-Pfalz sind etwa 1.550 Rechtsextremisten bekannt. Das entspricht ca. 4 % der bundesweiten Gesamtzahl von rund 38.600 Rechtsextremisten.
Bezogen auf die Anzahl der Rechtsextremisten je 100.000 Einwohner wiederum liegt Rheinland-Pfalz mit ca. 38 Rechtsextremisten auf Platz 11, während der Bundesdurchschnitt bei 47 liegt. Da kann ich feststellen, Rheinland-Pfalz liegt im Vergleich der Bundesländer seit vielen Jahren im unteren Drittel einer Belastungsliste.
Damit wird deutlich, dass die vielfältigen Maßnahmen der Landesregierung gegen Rechtsextremismus sehr effektiv waren. Sie sind auch erfolgreich. Beispielhaft ist dafür die Präventionsarbeit von Verfassungsschutz und Polizei. In Vortragsveranstaltungen, Multiplikatorenschulungen, aktuellen Publikationen, beispielsweise „Kommunen gegen Rechtsextremismus – Symbol und Kennzeichen gegen Rechtsextremismus“ wird regelmäßig aufgeklärt und sensibilisiert.
Das bekannte Aussteigerprogramm „(R)Auswege“, bildungspolitische Initiativen, die jugend- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit sowie die Aufklärungsarbeit von Justiz und der Integrationsbeauftragten tragen dazu bei, dass es sich bei dem Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz nicht um ein sich verfestigendes Phänomen handeln soll.
Die Landesregierung toleriert keine rechten Schläger auf den Straßen – das wissen Sie alle – und geht mit aller Härte und Konsequenz gegen diese menschenverachtenden Kriminellen vor. Deshalb werden auch weiterhin zur Bekämpfung des Rechtsextremismus alle repressiven Maßnahmen, die die Rechtsordnung zur Verfügung
stellt, konsequent ausgeschöpft. Zugleich aber wird die Landesregierung ihre tägliche Präventions- und Jugendarbeit noch mehr als bisher ausbauen.
Wir werden auch das kommunale Engagement zur frühzeitigen Eindämmung entstehender und erkannter rechtsextremistischer Umtriebe noch gezielter unterstützen. Dazu bereiten wir gegenwärtig eine weitere umfassende Aufklärungskampagne und Initiative im kommunalen Bereich vor.
Junge Menschen werden weiterhin so früh wie möglich vor den Gefahren des Rechtsextremismus gewarnt und so erfolgreich gegen diese rechtsextremistische Gewaltanschauung gewappnet. Zu diesem Zweck prüfen wir über das hinaus, was wir tun, ob die Lehrpläne in den Schulen angepasst werden können oder müssen.
Dennoch bleibt die Bekämpfung des Rechtsextremismus eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, eine Wahrheit, der wir uns immer wieder stellen müssen. Polizei und Verfassungsschutz können sich in erster Linie nur mit den Auswirkungen dieser inhumanen Ideologie befassen und diese soweit wie möglich verhindern. Wir sind daher alle aufgefordert, gegen den Rechtsextremismus Stellung zu beziehen, was dankenswerterweise auch in diesem Hause geschieht.
Kirchen, Medien, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Wirtschafts- und Sportverbände, alle Organisationen haben hier, glaube ich, eine Richtung.
Die Landesregierung wird deshalb alle demokratischen Kräfte in Rheinland-Pfalz einladen und auf sie zugehen, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass unser Land so bleibt wie es ist, ein Land, das weltoffen ist, in dem tolerante Menschen leben, die Zivilcourage haben und sich solidarisch mit den Opfern rechtsextremer Gewalt zeigen.
Zu Frage 4: Das rechtsextremistische Potenzial und die rechtsextremistische Szene in Rheinland-Pfalz lassen sich wie folgt aktuell skizzieren: Es gibt räumliche Teile in der Pfalz, die seit Jahren regionale Schwerpunktregionen sind. Dies trifft für das Auftreten von gewaltbereiten Rechtsextremisten zu, auch für Skinheads und die Skinhead-Szene sowie für Neonazis und die rechtsextremistische Partei NPD.
Es ist schwierig in einzelnen Bereichen, sie lokal festzumachen. Aber es gibt lokale Entwicklungen. Rechtsextremisten aus dem Pfälzer Raum unterhalten Kontakte zu Gesinnungsgenossen in den benachbarten Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Saarland. Dazu gehört auch das benachbarte Elsass.
In der Neonaziszene hat das sogenannte Aktionsbüro „Rhein-Neckar“ eine Koordinationsfunktion im RheinNeckar-Raum mit Auswirkungen im Bereich der Vorderpfalz.
Herr Minister, wenn ich das nachvollziehe, was Sie gesagt haben, liege ich dann richtig, wenn wir ein Dreivierteljahr 2007 mit einem ganzen Jahr 2006 vergleichen, dann haben wir in allen von Ihnen genannten Berei- chen – – –
Für den gleichen Zeitraum. Also haben wir auf jeden Fall eine Zunahme. Können Sie auch bundesweit feststellen, dass es diese Zunahme gibt? Wie wird das insgesamt eingeschätzt?
Die Innenministerkonferenz beschäftigt sich stets mit dem Thema. Das ist jedes Mal Thema in allen unseren Gesprächen. Wie stellen das im Grundsatz im gesamten Bundesgebiet fest. Es gibt unterschiedliche Größenordnungen. Wir liegen da nicht vorne, wir liegen aber auch nicht ganz hinten in der Entwicklung, im Negativen, so muss ich es sagen.
Man sollte sich dann auch nicht auf andere Länder und darauf berufen, wie es dort aussieht. Diese Ranglisten stören mich immer; denn jede Straftat ist eine Straftat zu viel.
Es ist in der Qualität unterschiedlich, auch hier wieder die Qualität im negativen Sinne gemeint, also Gewalttaten und Straftaten gegen Leib und Leben. Diese Entwicklung haben wir schon.
Es gibt noch keine gefestigte Analyse, warum das so ist. Es gibt ein Anzeigeverhalten, das stärker als früher ist.
Es gibt ein Verhalten der Polizei, die schaut auch bei Propagandadelikten genauer hin. Die Mehrzahl sind Propagandadelikte. Von daher gesehen müssen wir uns weiter mit dem Thema beschäftigen. Es geht wirklich um die Mühen des Alltags.
Herr Minister, Sie haben in Ihrer Antwort einen ganz kurzen Hinweis auf lokale Entwicklungen gegeben. Wie kann ich das verstehen? Ist das regional zu sehen? Wie ist dieser Hinweis zu verstehen?
Herr Abgeordneter Licht, sehr lokal. Wir sehen sehr punktuelle Entwicklungen. Ich erinnere an die Kameradschaft im Westerwald, die sehr punktuell um eine kleinräumige Region herum tätig war. Wir haben zum Beispiel Aktionsbüros in Ludwigshafen, die sich dort etabliert haben und von dort aus agieren. Wir haben dort eine hohe Bereitschaft, mit den neuen Techniken zu arbeiten. Man trifft sich und verabredet sich in unterschiedlicher Form. Sie können nicht sagen, dass an einer bestimmten Stelle ein Schwerpunkt ist. Es gibt immer wieder unterschiedliche Entwicklungen. Sie wissen das aus Ihrer eigenen Heimat, dass eine Initiative entsteht, weil ein Mensch ein Lokal verkaufen will. Schon haben Sie aus der Ecke dort drei Neonazis. Das meinte ich mit diesem sehr lokalen Bereich.
Herr Minister, Sie haben auf die beispielhafte Arbeit sowohl des Verfassungsschutzes als auch auf die der Polizei hingewiesen. Dies teilen wir. Sie haben in dem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass es sinnvoll sei, die präventiven Maßnahmen weiter auszubauen. Sie sagten dann, wir prüfen, inwieweit das in Lehrpläne Einzug nehmen könnte. Kann man sagen, was da abläuft und wann wir mit Ergebnissen rechnen können?
Als erste Bemerkung sage ich, dass wir nicht isoliert arbeiten. Das Innenministerium macht dort nicht alleine etwas. In dieser Frage arbeiten wir in der Landesregierung sehr vernetzt. Wir arbeiten mit vier Ressorts und, wenn Sie so wollen, mit dem fünften auch zusammen.
Wir haben sehr frühzeitig mit den Schulen gesprochen. Die Schulen haben ein Interesse daran, beim Thema „Rechtsextremismus“ Besuche von Verfassungsschützern zu erhalten. Sie nehmen gerne Hinweise von der Polizei und anderen Stellen an. Es gibt die Bereitschaft aus dem Ministerium heraus zu sagen: Wir können das in den Plänen verankern. – Die Gespräche laufen noch. Das hängt mit der Frage zusammen, was wir im weiteren Verlauf machen. Wir haben zurzeit über 20 Initiativen im Bereich der Prävention laufen. Das betrifft vier Ressorts. Das ist eine ganze Menge. Wir dürfen die Schulen nicht überfrachten. Das kann auch nicht sein. Es soll ein Angebot sein, das man macht, aber man darf es nicht überfrachten. Das ist die Situation.
Herr Minister, ich würde gern noch einmal den Bogen zu dem schlagen, was wir bei der ersten Frage besprochen haben, nämlich die Kinderrechte. Dazu gehört auch das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Wenn man sich ein paar wissenschaftliche Dinge durchliest, stellt man fest – ich gehe davon aus, Sie wissen und beachten das –, dass viele Menschen, die im Bereich des Rechtsradikalismus auffällig werden, früher schon auffällig geworden sind. Das war in den Schulen oder auf den Straßen. Dort sind sie als gewaltbereit und gewalttätig aufgefallen. Deshalb stellt sich die Frage, ob wir nicht viel früher ansetzen müssen, um die Kinder besser zu schützen. Wie schätzen Sie diese Erfahrungen, die beispielsweise Professor Dr. Rieker vom Deutschen Jugendinstitut wissenschaftlich aufgearbeitet hat, bei Ihrer Arbeit ein?
Wir haben bei dem Ansatz gegen Rechts genau den Weg gewählt, den Sie beschrieben haben. Wir haben gesagt, wir müssen erst einmal die Gewaltsituation aufnehmen und diese entsprechend mit den Schülerinnen und Schülern diskutieren. Wir machen einen Wettbewerb „Gewalt gegen Gewalt“. Die Schulen haben sich eingebracht. Es gibt sehr beispielhafte Entwicklungen. Das Gymnasium in Münstermaifeld hat einen Preis gewonnen. Ich habe selbst diesen Preis verliehen, bei dem es um Fragen gegen Gewalt ging. Wir haben sehr früh auf die Frage reagiert, ob wir Polizeibeamte für Schulzentren zur Verfügung stellen müssen, damit dort Lehrerinnen und Lehrer melden können, ob es eine Situation gibt, die sie nicht mehr beherrschen können.
Es geht um die Frage von Gewalt gegen andere. Das ist hier nicht so sehr ein Problem der Frage von Gewalt von rechts außen, sondern eher die Frage, wie gehen wir in der Gesellschaft mit der Frage von Gewalt um. Ich halte diesen Ansatz für wichtig. Wir diskutieren diesen Ansatz immer wieder und versuchen, diesen Wettbewerb immer weiterzutragen.
An diesem Wettbewerb haben immerhin 140 Schulen aller Schulformen mitgemacht. Ich denke, es kann nur ein Angebot sein. Zwanghaft zu handeln, wird wahrscheinlich nicht gelingen.
Herr Minister, in der gestern geführten Diskussion im Zusammenhang mit der Online-Durchsuchung hatten Sie deutlich gemacht, dass es nach Ihrer Meinung um eine sorgfältige Beratung eines möglichen Straftatenkataloges gehen müsse. Würden Sie diesen Bereich, über den wir gerade sprechen, in diesen Straftatenkatalog mit hineinnehmen?
Ich meine, darüber sollten wir reden, wenn es bezüglich des Straftatenkatalogs eine entsprechende Vorgabe gibt. Ich würde den Straftatenkatalog an der Wohnraumüberwachung festmachen. Sie wissen, dass in dem Straftatenkatalog enthalten ist, dass bei Gefahr für Leib und Leben gehandelt werden kann. Gewalt, wie wir sie eben diskutiert haben, ist eben Gewalt.
Herr Minister, meine Frage geht in Richtung der zunehmenden Akzeptanz der Aussteigerprogramme. Können Sie feststellen, dass dies zunehmend aus der rechtsradikalen Szene genutzt wird? Wie viele Personen nutzen diese Aussteigerprogramme?
Die Zahlen habe ich nicht parat. Die kann ich Ihnen gerne nachliefern. Wenn wir es nicht hätten, müssten wir es erfinden. Wir haben das Aussteigerprogramm. Es wird auch genutzt. Die Zahlen kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Ich bitte um Verständnis. Das war nicht Gegenstand der Mündlichen Anfrage.