Dafür, dass man in solche Falle wie den Postmindestlohn nicht hineintappt, gibt es nur eine Chance: Man geht weg vom Kompromiss und kommt auf einen flächendeckenden Mindestlohn.
Dann bindet man den aber nicht an irgendeine Kommission – ich bin der Überzeugung, dass die CDU/CSUBundestagsfraktion auf dem Weg ist –, sondern man bindet ihn an Arbeitslosengeld II und setzt 15 % darauf.
Dann kommen Sie beispielsweise in der Eifel für einen Junggesellen auf einen Mindestlohn von 6,80 Euro. In München liegt er höher.
Nein, das hat überhaupt nichts mit Kommunismus zu tun. Herr Dr. Schmitz, genau da liegen Sie falsch.
ich rede für mich –, dass Menschen Vollzeit arbeiten und anschließend auf das Sozialamt gehen sollen, um
sich vom Staat Ergänzungslohn über ALG II zu holen, weil Löhne gezahlt werden, die nicht ausreichen. Ich sage Ihnen ganz offen, das werde ich nie verstehen.
Deshalb müssen wir uns darüber unterhalten, dass die – ich sage das jetzt einmal so – Perversion des Mindestlohns, die bei der Post geschieht – – –
Doch, das ist das Ausnutzen einer Kompromisslage zwischen der Union und der SPD, Herr Ministerpräsident. Wir müssen uns darauf einigen, dass dies nicht geschieht. Wo liegt denn das Gehaltsminimum, mit dem jeder zurechtkommt?
Jetzt komme ich auf den zweiten Punkt zu sprechen, den Sie angesprochen haben. Es tut mir furchtbar leid, dass mir nur so wenig Zeit zur Verfügung steht. In dem Fall bedaure ich das außerordentlich.
In dem zweiten Punkt haben Sie vollkommen recht. Im Interesse der Mittelständler müssen wir im Hinblick auf die Öffnung des europäischen Arbeitsmarkts einen Mindestlohn einziehen.
Glauben Sie wirklich, dass irgendwelche Arbeiter in Rheinland-Pfalz, die bei Mittelständlern beschäftigt sind, unter einem Lohn von 8 oder 9 Euro arbeiten?
Ich füge noch eines hinzu: Wer sich im Leben umschaut und einmal versucht, eine Putzfrau schwarz zu beschäftigen – ich weiß, wir tun das alle nicht und haben davon alle keine Ahnung –,
(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Fuhr, SPD: Allgemeiner Applaus im Hause! – Ramsauer, SPD: Keiner klatscht!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Beifall hielt sich in Grenzen, aber Sie haben
ausdrücklich festgehalten, dass das Ihre persönliche Meinung ist. Ich möchte deshalb auf diese nach meiner Meinung Irrungen und Wirrungen nicht weiter eingehen.
Ich will nur einen einzigen Punkt aufgreifen, und damit sind wir schon stark bei der Sache und auch bei Ihrer Sache, Herr Ministerpräsident. Wir reden von Mindestlöhnen. Frau Ministerin Dreyer spricht von Milliardenkonzernen unter den Verlagen. Das sind die bösen Milliardenkonzerne. Die Post ist dann der gute Milliardenkonzern. Auch die Post ist ein international tätiger Milliardenkonzern. Was sollen diese Vergleiche? TNT ist genauso ein Milliardenkonzern, wie die Post ein Milliardenkonzern ist.
Herr Billen, bei der Frage der Mindestlöhne sind es immer die anderen. Fragen Sie einmal die Pförtner im Landtag, was sie verdienen. Fragen Sie einmal die Putzfrauen im Landtag, was sie verdienen. Fragen Sie einmal die Servicekräfte im Landtag, was sie verdienen. Herr Ministerpräsident, wissen Sie, was diese Leute im Landtag verdienen, wenn sie nicht direkt angestellt sind, sondern mittelbar über Firmen angestellt sind?
Kümmern Sie sich darum. Reden Sie nicht wie die Jungfrau vom Kind über diese Positionen aus der großen weiten Welt der Globalisierung, sondern kümmern Sie sich um die Sachen vor Ort.
Jetzt sind es schon wieder die anderen; jetzt ist es der Ältestenrat. Wie lange sind Sie im Landtag, und wie lange bin ich im Landtag? Lassen Sie uns festhalten, dass wir uns gemeinsam darum kümmern, dass sich der Ältestenrat darum kümmert. Dann befinden wir uns auf dem richtigen Weg.
Meine Damen und Herren, ich bestreite nicht, dass es im Bereich Kombilohn, Mindestlohn und auch beim Entsendegesetz Bereiche gibt, die sich für den Einzelnen positiv auswirken und die sich auch für ganze Gruppen positiv auswirken. Ich bestreite dass so wenig, wie ein vernünftig politisch denkender Mensch bestreitet, dass das, was die SPD macht, einen politischen Hintergrund hat. Das müssen Sie nicht betonen, sondern das ist eine banale Selbstverständlichkeit. Das ist ein reiner Selbsterhaltungstrieb, der nach links führt. Ich habe dafür Verständnis. Wenn die neue Linke die Verstaatlichung der Energiewirtschaft nach der nächsten Heizkostenabrechung fordert, bin ich gespannt, was Sie dann sagen werden.
Mindestlöhne sind entweder zu hoch oder zu niedrig. Die im Landtag bezahlten sind zu niedrig. Das haben wir wenigstens schon einmal gemeinsam festgehalten. Wenn die Mindestlöhne zu hoch sind, werden sie zu
Entlassungen und zu Schwarzarbeit führen, abgesehen von den Ausnahmen, die es immer und überall gibt. Wenn die Mindestlöhne zu niedrig sind, laufen sie ins Leere. Daran wird sich nichts ändern, egal mit welch glänzender Rhetorik man diese Position vertritt.
Dann noch einmal zur Frage des Lohnabstandsgesetzes, die im Zusammenhang mit Ihrer Antwort und mit dem, was Herr Kollege Billen angesprochen hat, zu besprechen ist. Ich spreche jetzt für Mainz. Herr Billen, ich lasse mich jetzt nicht auf die Diskussion mit dem Junggesellen ein. Sicherlich gibt es Junggesellen. Machen Sie Ihre Junggesellenrechnung auf. Ich mache meine Familienrechnung auf. Die CDU ist die Partei der Familien.
Ein Ehepaar in Mainz bekommt einschließlich der Kosten für Unterkunft, der GEZ-Befreiung und der Befreiung von der Grundgebühr beim Telefon in etwa das, was Ihr 1.600 Euro Mindestlohn-Postangestellter bekommt, wenn er Steuern und Sozialabgaben bezahlt hat. Herr Ministerpräsident, wir können uns über 50 Euro, 70 Euro oder 80 Euro streiten, aber wir können uns nicht darüber streiten, dass zwischen Nichtarbeiten und Ihrem Mindestlohn kaum ein Unterschied besteht. Das ist das eigentliche Problem. Alles andere lenkt vom eigentlichen Problem ab.
Dieses Problem beschreiben wir – Sie haben gefragt, wo die Konzepte der FDP sind – , weil wir von einer verlorenen Mitte sprechen, die diesen Staat und seine umlagefinanzierten Sozialsysteme finanziert, aber trotz Arbeit keine Luft mehr bekommt. Sie meinen, das mit Mindestlöhnen regeln zu können. Sie werden damit genau so scheitern, wie Sie mit den gersterschen Kombilohnmodellen gescheitert sind, die wir gemeinsam getragen haben und die in Einzelfällen auch eine segensreiche Wirkung hatten. Aber sie hatten ordnungspolitisch insgesamt keine segensreiche Wirkung.
Wenn wir eine Gesamtbeurteilung dieser politischen Zielsetzungen vornehmen wollen, sollten wir uns alle wirklich das ins Stammbuch schreiben – da kann ich Günter Eymael nur recht geben –, was unser ehemaliger Sozialminister Florian Gerster zum Entsendegesetz und zum Mindestlohn gesagt hat. Darin steht all das, was ich versucht habe, Ihnen näherzubringen. Zum Teil geschieht das leider – so loyal sind Sie – ohne Erfolg.
Bevor ich Herrn Kollegen Hartloff das Wort erteile, darf ich Ihnen noch etwas erklären, Herr Kollege Dr. Schmitz. Für den Landtag ist der Landtag – sprich der Präsident oder der Ältestenrat – und nicht der Ministerpräsident verantwortlich.