Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Schwarz-Gelb hat nämlich keine Mehrheit bekommen. Genauso wenig hat Rot-Grün eine Mehrheit bekommen. Wir haben neue Konstellationen in den Parlamenten. Es gibt die Tendenz, dass man versucht, in der politischen Diskussion zu erreichen, dass im Vorfeld der Wahl eines Ministerpräsidenten die eine Gruppe und die eine Partei schon einen Freibrief dafür gibt, dass ein anderer mit Minderheit regieren oder mit Minderheit gewählt werden kann. Dazu gibt es keinerlei Notwendigkeit in einem demokratischen System, sondern man muss darüber sprechen, wie Mehrheitsbildungen erfolgen können.

(Bracht, CDU: Hat sich die Bewertung der „LINKEN“ in den letzten Monaten so geändert?)

Es wiederholen sich die Diskussionsmodalitäten, wie wir sie in den 80er-Jahren hatten, als die GRÜNEN aufgekommen sind, weil sich niemand bewegte. Ich habe ein Zitat von Holger Börner dabei. Holger Börner ist bekanntermaßen zunächst einmal in der Regierung geblieben, weil sich nichts bewegt hat. Dann kam es zu Neuwahlen, weil man mit den Ergebnissen nicht zurechtgekommen ist. Weil sich die Parteien verweigert haben, hat er dann eine Regierung gebildet, die von den GRÜNEN geduldet war, die dann mit einer Koalition endete. Genau die gleichen Diskussionen gab es damals.

(Bracht, CDU: Hat sich die Bewertung der „LINKEN“ in den letzten Monaten geändert?)

Holger Börner sagte dazu: Es blieb kein anderer Weg. Ich habe einen Parteitag gebraucht, um die eigene Partei zu überzeugen, dass dieser Weg mit allen Risiken doch richtig war, und ich stehe heute zu dieser Entscheidung. Die GRÜNEN haben nicht begriffen, dass sie in der Politik nicht nur Froschschenkel essen, sondern ganze Kröten schlucken müssen. – Wenn Sie diesen Satz nehmen, verhehle ich überhaupt nicht, dass wir uns mit der Frage schwertun, wie man sich verhält und Andrea Ypsilanti diese Entscheidung so treffen wird, wie sie das gestern öffentlich verkündet hat: Es werden Gespräche geführt mit allen Parteien des Parlaments in Hessen.

(Baldauf, CDU: Schlimm!)

Es gibt keine Koalition mit der „LINKEN“.

(Licht, CDU: Heute!)

Das sollten Sie so auch nehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, die anderen Gespräche verweigern demokratische Parteien. Parteien, die überhaupt nichts dabei gefunden haben, dass ein Ole von Beust mit Herrn Schill zum Chef des Senats in Hamburg gewählt worden ist. Herr Baldauf sagt dazu, na und. Das ist bezeichnend für das, was die Diskussion bestimmt.

(Baldauf, CDU: Das ist eine Unverschämtheit!)

Sie ist interessengeleitet und sonst nichts.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Auler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade einmal vier Wochen ist es her, dass sich der Landtag mit dem Landesverband der Partei „DIE LINKE“ beschäftigt hat. Alle im Parlament vertretenen Fraktionen waren sich über die Parteigrenzen hinweg einig, dass es für die Beobachtung der „Linkspartei“ durch den Verfassungsschutz gute und nachvollziehbare Gründe gibt.

Unsere Fraktion hat in der zurückliegenden Plenarsitzung diese Aktivität des Verfassungsschutzes ausdrücklich begrüßt. Ich wiederhole heute an dieser Stelle, dass sich an unserer Auffassung in der Zwischenzeit nichts geändert hat.

(Ramsauer, SPD: Bei der SPD auch nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn die „Linkspartei“ in den vergangenen Wochen in der Presse eine ungeahnte und – ich füge hinzu – eine unverdiente Aufmerksamkeit erfahren hat, hat sich im Grunde an dem gestelzten Gehabe dieser Formation nichts geändert. Wolf bleibt Wolf, auch wenn der Wolf behauptet, er heiße Schaf.

(Beifall des Abg. Licht, CDU)

Die dick aufgetragene Schminke der „Linkspartei“ soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verpackung nach wie vor Linke enthält, die ausweislich ihrer eigenen Programme im Grunde Feinde unserer freiheitlichdemokratischen Gesellschaftsordnung sind. Für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist ausschlaggebend, dass das Generalziel dieser Partei darin besteht, unser System zu überwinden und eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung voranzutreiben. Das sollte man sich immer vor Augen halten.

(Beifall der FDP – Licht, CDU: Das muss man sich in der Tat vor Augen halten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Beobachtung der „Linkspartei“ befindet sich RheinlandPfalz in bester Gesellschaft. In Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und übrigens auch in Hessen steht die Linkspartei unter Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden. Gleiches gilt für den Bund durch den Bundesverfassungsschutz.

(Ramsauer, SPD: Das ist unstreitig, Herr Kollege!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bis vor kurzer Zeit war es festgefügte Überzeugung aller Demokraten, dass zumindest in den Westländern weder eine Zusammenarbeit noch eine Tolerierung oder Hilfsdienste durch die „Linkspartei“ infrage kommen würden. Andererseits haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die

„Linkspartei“ zunehmend auch in die westdeutschen Parlamente Einzug hält.

Die Wirkung der Entwicklung der „Linkspartei“ auf das Parteiensystem insgesamt und ebenso auf die einzelnen Parteien ist wahrscheinlich viel größer, als man es sich zunächst vorstellen konnte. Die Bildung stabiler parlamentarischer Mehrheiten wird schwieriger. Genau hier sieht die „Linkspartei“ ihre Chancen. Hier besteht großes Versuchungspotenzial für den einen oder anderen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die viel und wortreich beschworene Standhaftigkeit und Grundsatztreue durch den Bundesvorsitzenden der SPD, unseren Ministerpräsidenten, unter keinen Umständen in irgendeiner Weise mit der „Linkspartei“ zu paktieren, ist beim ersten ernsthaften Fall, nämlich mit dem Wahlergebnis in Hessen, einfach zerbrochen.

(Beifall der FDP)

Schritt für Schritt, Treppe für Treppe, wie eine Kaskade, ist der SPD-Parteivorsitzende von dem Thron der politischen Grundsatztreue heruntergepurzelt. Zuerst sollte es überhaupt keine Beziehung zur „Linkspartei“ geben. Dann sollte es keine aktive Zusammenarbeit mit der „Linkspartei“ geben. Inzwischen hat der Parteivorsitzende der SPD dem Machthunger der hessischen SPDParteivorsitzenden Ypsilanti Tribut gezollt und den Genossen das Rennen freigegeben nach dem Motto „Macht was ihr wollt, Hauptsache ihr bringt eine Ministerpräsidentin nach Hause“.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine, dieser Kurswechsel, der die SPD weiter nach links rückt, ohne dadurch die gewünschten Effekte zu erreichen, wird einen hohen Preis erfordern. Selbst wenn es dem Ministerpräsidenten als Parteivorsitzendem gelingt, seine Führungstruppe hinter sich zu vereinigen, wie dies am Sonntag nach der Hamburger Wahl bilderbuchmäßig beobachtet werden konnte, werden sich die Bürgerinnen und Bürger des Landes – ich sage es einmal sehr vorsichtig – ihre eigenen Gedanken über diese Art von Politik machen und sich vielleicht fragen, was denn dann überhaupt in der Politik noch als verlässlich angesehen werden kann.

(Beifall der FDP)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat der Herr Innenminister. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Baldauf, die Landesregierung Rheinland-Pfalz

hat ihre Meinung seit dem 24. Januar nicht geändert.

(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU– Ramsauer, SPD: Kein Anlass für Sprüche! – Hartloff, SPD: Die arbeiten mit Unterstellungen!)

Die Partei „DIE LINKEN“ wird in allen westdeutschen Ländern – ich wiederhole das – außer in SchleswigHolstein und im Saarland beobachtet.

(Harald Schweitzer, SPD: Wer ist da Ministerpräsident?)

Das Saarland hat zu meiner Verblüffung kurz vor dem 24. Januar die Beobachtung eingestellt. Auf die Nachfrage, warum die Landesregierung dieses getan habe, wurde gesagt, man habe dort nicht den Eindruck, dass es sich um eine linksextreme Partei handele.

(Pörksen, SPD: Das sieht die „Bild“-Zeitung anders! Das ist doch deren Lektüre! – Baldauf, CDU: Was lest ihr denn? Das „Neue Deutschland“?)

Nach wie vor gibt es in Rheinland-Pfalz Mitglieder der Partei „DIE LINKE“, die früher trotzkistischen Gruppen angehört haben. Wir haben die kommunistische Plattform, die „Sozialistische Alternative“, die sogenannte Gruppe „Linksruck“ und die Gruppe „Arbeitsmach“ und Ähnliches. Die kommunistische Plattform bekennt sich eindeutig zum Kommunismus und will das System verändern. Unter dem System sind das Land bzw. die demokratischen Institutionen zu verstehen.

Die Landesregierung ist nach wie vor dieser Meinung. Sie wird ihre Meinung erst dann ändern, wenn wir in der Innenministerkonferenz und in der Ministerpräsidentenkonferenz darüber geredet haben, inwieweit die Partei „DIE LINKE“ zu beobachten ist. Das war immer die Position dieser Landesregierung. Wir werden nicht isoliert handeln.

Herr Abgeordneter Baldauf, das wäre eigentlich heute zu sagen gewesen. Sie haben aber versucht, die aktuelle Situation, die von einer großen Zeitung mit großen Buchstaben aufgemacht wird, umzuwenden.

(Licht, CDU: Die hat die Zeitung nicht erfunden! Das hat sich kein Journalist ausgedacht! – Bracht, CDU: Das sind doch Sie von der SPD! – Baldauf CDU: Das war doch umgekehrt!)

Reden wir doch ganz sachlich darüber, was der Herr Ministerpräsident in seiner Eigenschaft als Parteivorsitzender im Hintergrund gesagt hat. Kennen Sie eine autorisierte Fassung? Er hat Folgendes gesagt:

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Ich frage mich, warum wir darüber streiten! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wer in Hessen am Schluss über die Frage redet – – –