Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Ramsauer, SPD: Unverschämt!)

Das werden Sie gleich hören, Herr Kollege. Ich hätte es auch schärfer ausdrücken können.

(Ramsauer, SPD: Das glaube ich!)

In der „StaatsZeitung“ vom 25. Februar steht – ich zitiere –: „Um die Unternehmensnachfolge zu erleichtern sollen Firmenerben nach der Reform bis zu 85 Prozent des Betriebsvermögens ohne Steuerzahlung übernehmen können. Dafür müssen sie unter anderem die bestehenden Arbeitsplätze zehn Jahre, den Betrieb selbst 15 Jahre erhalten.“ Herr Kollege Ramsauer, Sie wissen offenbar nicht Bescheid.

(Ramsauer, SPD: Besser als Sie!)

Im Bundesrat beantragt die gleiche Landesregierung am 12. Februar 2008, den Prozentsatz des Betriebsvermögens ohne Steuerzahlung von 85 % auf 80 % zu vermindern.

(Ramsauer, SPD: Dann müssen Sie richtig zitieren!)

Mit anderen Worten, diese Landesregierung will auf jeden Fall 20 % des Betriebsvermögens der Erbschaftsteuer unterwerfen.

(Ramsauer, SPD: Das ist unwahr!)

Ja, ich habe es gelesen.

(Schreiner, CDU: Das steht doch hier!)

Herr Ramsauer, Sie glauben doch nicht, dass eine Landesregierung eine Bundesregierung etwas prüfen lässt, wenn sie das nicht will. Was sind denn das für Theaterveranstaltungen, die Sie hier machen wollen? Und dazu wollen Sie mich noch vorführen.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Ich habe den Text genau gelesen. Ein Prüfauftrag, das ist der politische Wille dieser Landesregierung.

Meine Damen und Herren, dies geschieht bei im Durchschnitt zehnfach höheren Vermögenswerten durch das Ertragswertverfahren als Bemessungsgrundlage. Die Zehn-Jahres-Regelung, ein Antrag dieser Landesregierung, für die Wiederinanspruchnahme von Freibeträgen soll auf 15 bis 20 Jahre erweitert werden, die für die Vergünstigung des Betriebsvermögens einzuhaltende Lohnsummenpauschale soll von 70 % auf 90 % erhöht werden. Mit diesem Vorschlag wird faktisch die Vernichtung von vielen mittelständischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz vorbereitet und damit als Folge die Vernichtung von zahlreichen Arbeitsplätzen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Bei der Berechnung der Lohnsumme wird nicht nur die Lohnsumme in Deutschland zugrunde gelegt, sondern auch die Lohnsumme innerhalb der EU/EWR-Zone einschließlich der Beteiligungsunternehmen bei Beteiligungen von über 25 % zuzüglich einer Tariflohnerhöhung, wobei Vergütungen für Arbeitnehmerüberlassungen nicht erfasst werden.

Meine Damen und Herren, hinzu kommt, dass die Lohnsumme von Kindern, die im elterlichen Betrieb mitarbeiten, bei Eintritt der Erbschaft die Lohnsummenpauschale mindert und damit bereits die Einhaltung der 70 %Verschonungsregelung erschwert, von der 90 %Regelung wollen wir gar nicht reden.

Ganz abgesehen davon, dass die mittelständischen Unternehmen in ihren Geschäftsaktivitäten eingemauert werden, sind die übrigen Vorgaben für die Verschonung des Betriebsvermögens kaum einzuhalten. Die von der Landesregierung im Bundesrat eingebrachte Verschärfung der Erhöhung der einzuhaltenden Lohnsummenpauschale von 70 % auf 90 % bedeutet faktisch das Aus für viele mittelständische Betriebe und deren Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der FDP)

Die Vorschläge der Landesregierung führen zu einer vermögensvernichtenden Besteuerung. Dies ist der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren.

(Beifall der FDP)

Wenn einerseits die Landesregierung Programme für die Unternehmensnachfolge personengeführter Unternehmen bei der ISB auflegt, will sie mit ihren Vorschlägen zur Erbschaftsteuerreform die Unternehmensnachfolge faktisch unmöglich machen. Die im Gesetz vorgesehenen Verschonungsvoraussetzungen sind nicht nur äußerst bürokratisch, sondern sind kaum einzuhalten. Dies soll jetzt durch die Vorschläge der Landesregierung faktisch noch unmöglich gemacht werden.

Zu einer vermögensvernichtenden Besteuerung kann es auch durch die doppelte Besteuerung des Vermögens mit Erbschaft- und Einkommensteuer kommen, wenn etwa größere Vermögensbestandteile zur Zahlung der Erbschaftsteuer veräußert werden müssen und sich in

diesen Vermögensbestandteilen nennenswerte Reserven befinden, aber sich das Ertragswertrisiko realisiert.

Allein die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vom Produktivvermögen – meine Damen und Herren, man höre, man spricht vom Produktivvermögen, Karl Marx lässt grüßen –

(Eymael, FDP: Demokratischer Sozialismus!)

kann dazu führen, dass eine Betriebsfortführung durch die Erben gefährdet ist und die Arbeitsplätze dadurch akut bedroht werden.

(Ramsauer, SPD: Haben Sie noch ein paar Schubladen zum Öffnen?)

Ich zitiere doch nur das Gesetz.

(Ramsauer, SPD: Da steht von Karl Marx nichts drin!)

Herr Ramsauer, von Karl Marx steht nichts drin, aber ich hoffe, dass Sie wissen, dass der Terminus „Produktivvermögen“ von ihm stammt.

(Ramsauer, SPD: Wir schenken Ihnen noch eine Mottenkiste!)

Meine Damen und Herren, das Gleiche gilt auch bei sogenannten Überentnahmen. Dies ist der Fall, wenn die Erben oder Beschenkten während einer 15-jährigen Frist Entnahmen tätigen,

(Glocke des Präsidenten)

die über die Gewinnanteile seit dem Erwerb zuzüglich 150.000 Euro ohne Berücksichtigung von Verlusten hinausgehen.

Ich werde das nachher in der zweiten Runde noch gern ausführen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Ramsauer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal haben wir Herrn Creutzmann in seiner üblichen Art gehört, sozusagen der unfehlbare Guru der Wirtschaft, in Sonderheit der Betriebswirtschaft, der uns hier seine Vorlesungen hält und sich nicht zu schade ist, dann noch in die Mottenkiste zu greifen und noch in Richtung Karl Marx zu denken.

Meine Damen und Herren, es geht hier um etwas viel Nüchterneres. Es geht um die Einhaltung einer vernünf

tigen Verabredung, wie hoch die Gesamtsumme der Erbschaftsteuer in der Bundesrepublik sein soll.

(Eymael, FDP: Abschaffen! Schafft das Ding ab!)

Die Änderung bzw. Reform der Erbschaftsteuer hat den Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Deswegen ist eine Reform notwendig. Sie ist aber auch politisch notwendig. Sie ist genau deshalb notwendig und für uns in Rheinland-Pfalz deshalb wichtig, weil es darum geht, ganz im Gegenteil zu dem, was der Herr Diplom-Betriebswirt Creutzmann hier behauptet, weil es

(Creutzmann, FDP: Diplom-Kaufmann!)

Diplom-Kaufmann, egal, aber jedenfalls haben Sie es nicht kapiert, worum es geht –

(Creutzmann, FDP: Das ist eine Frechheit!)

uns nämlich in der Tat um den Schutz des Mittelstandes geht. Ich werde es Ihnen auch gleich sagen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Eymael, FDP: Das ist gelogen!)