Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Es ist schon gesagt worden, dass wir auch unter den arbeitslosen Menschen viele haben, die eine hohe Affinität, eine Nähe zum sozialen Bereich haben. Warum sollte man ihnen nicht die Möglichkeit geben, über eine Betreuungskraft in eine solche Einrichtung zu gelangen,

sich möglicherweise weiterzubilden und stärker in der Pflege aktiv zu sein.

Deshalb ist es wichtig, noch einmal auseinanderzudividieren, worüber wir reden bzw. worüber wir nicht reden. Auch in den Medien ging das kreuz und quer. Wir sprechen nicht über die Pflege, sondern wir sprechen über die Betreuung. Die Richtlinie des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen besagt auch ganz genau, was das ist. Ich kann nur ein paar Beispiele nennen, da ganz viele aufgeführt sind: Das ist z. B. handwerkliches Arbeiten, leichte Gartenarbeiten, Kochen, Backen, Karten spielen, Spaziergänge, Ausflüge, Besuche, zu kulturellen Veranstaltungen begleiten, Fotoalben anschauen. Wer eine Einrichtung kennt, die sich mit Demenzerkrankten beschäftigt, weiß, dass in diesen Bereichen die Menschen Tag und Nacht sozusagen miteinander leben und dort z. B. mit den Demenzerkrankten kleine Beete angelegt werden, ein Garten gepflegt wird, Kartoffeln geerntet werden usw. Im Gegensatz zu anderen Altenheimen wird dort auch gekocht. Dort werden all diese Alltagstätigkeiten vollzogen. Es ist sehr gut vorstellbar, dass man mit Helferinnen und Helfern diese Tätigkeiten unterstützt.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, es geht nicht – das ist aber schon gesagt worden – um die Zwangsverpflichtung von möglicherweise nicht geeigneten Arbeitslosen. Es geht nicht um die Debatte – vielleicht ist das auch ein Stück verwechselt worden –, dass arbeitslose Menschen sozusagen in diese Qualifikationsmaßnahme gedrückt werden und später im Altersheim arbeiten müssen. Es geht darum, dass Menschen, die bereit sind und eine Nähe zu diesem Beruf haben, die Möglichkeit haben, qualifiziert zu werden.

Langzeitarbeitslose und Arbeitslose sind keine homogene Gruppe. Wir haben allein in Rheinland-Pfalz unter den Arbeitslosen 1.500 Pflegekräfte, die meist aus gesundheitlichen Gründen, weil die Pflege an sich eine körperlich sehr anspruchsvolle Arbeit ist, nicht mehr arbeiten können. Sie würden aber z. B. gerne in die Betreuung gehen. In Pirmasens haben wir z. B. das Projekt „Kommunal-Kombi“. Dort gibt es beispielsweise eine Betreuungsperson als Seniorenbegleiterin, die früher Altenpflegerin war. Sie ist jetzt ganz glücklich, als Arbeitslose wieder über diesen Weg in den Bereich der Betreuung gehen zu können.

Auch diesbezüglich ist die Richtlinie ganz klar. Es geht um eine persönliche Eignung. Es ist auch festgelegt, es muss soziale Kompetenz, Empathiefähigkeit, psychische Stabilität, Fähigkeit zur würdevollen Begleitung usw. gegeben seien. Zu den Voraussetzungen ist ein ganzer Katalog von Kriterien erstellt worden.

Als zweitletzten Punkt weise ich darauf hin, dass es auch nicht um die Zwangsverpflichtung von Altenheimen geht. Auch das ist kommuniziert worden. Natürlich wird ein Altenheim nicht verpflichtet, eine zusätzliche Betreuungskraft einzustellen. Erst recht wird es nicht verpflichtet, eine ehemals arbeitslose Kraft einzustellen. Es liegt in der freiwilligen Entscheidung eines jeden Altenheims, ob es zusätzlich diese Betreuungskräfte möchte oder nicht. Selbstverständlich sucht es sich dieses Personal selbst aus. Wo kämen wir hin, wenn ein sozialversiche

rungspflichtiger Arbeitsplatz von irgendjemand besetzt wird, aber nicht von denjenigen, die die Arbeitgeber sind? Das ist alles selbstverständlich. Genauso ist es auch geplant.

Ich komme zum letzten Punkt. Da es so ist, wie ich das eben erklärt habe, geht es auch nicht um die Verdrängung von Pflegepersonal. Es geht um eine zusätzliche Betreuung. In der Zukunft wird man auch kontrollieren, dass nicht schon vorhandene Arbeitsplätze sozusagen weniger gut bezahlt und über dieses Programm abgewickelt werden. Es geht darum, dass zusätzliches Personal in die Altenheime kommt.

Wir haben mit dem Vorsitzenden der Regionaldirektion, Herrn Schade – er ist Ihnen bekannt –, bereits gesprochen. Wir werden für Rheinland-Pfalz eine spezielle Vereinbarung abschließen, damit vor Ort in den Agenturen sichergestellt wird, dass die Auswahlverfahren tatsächlich so gut und so sorgfältig praktisch umgesetzt werden, wie dies die Richtlinien vorsehen. Darüber hinaus wird ein Bestandteil auch daraus bestehen, dass Qualitätssicherung und Qualifizierungsmaßnahmen genau dort aufgeschlüsselt sind. Die Kurzqualifikation soll aber auch – das ist ebenfalls Intention der Agentur und der Regionaldirektion – besonders interessierten und motivierten Betreuungskräften eine Perspektive eröffnen, sich weiter zu qualifizieren. Es ist natürlich nahe liegend, dann vielleicht auch die Alten- oder Krankenpflegehilfe oder andere Berufe in diesen Bereich einzubeziehen.

Ich begrüße dieses Programm außerordentlich. Ich bin auch froh, dass wir jetzt zur praktischen Umsetzung kommen. Die Spitzenverbände befinden sich bereits in ersten Gesprächen über die Umsetzung. Ich bin mir ganz sicher, dass die zusätzlichen Betreuungskräfte einerseits zur Entlastung der Pflege benötigt werden und dort auch zu einer Entlastung führen werden, aber andererseits auch mehr soziale Betreuung in den Einrichtungen ermöglichen werden. Das ist der eigentliche Ruf aus der Vergangenheit, dass immer wieder gesagt wird, es sei kein ausreichendes Personal da, um sich stärker für die soziale Betreuung einzusetzen. Insofern ist das meiner Meinung nach ein gutes Programm, eine gute Entscheidung. Ich freue mich auf die Umsetzung.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Dr. Schmitz hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte vor kurzem vor dieser Diskussion noch nicht gedacht, dass ich einmal mit Frau von der Leyen und Ulla Schmidt in ein Horn stoßen würde. So schnell ändern sich die Dinge. Diesmal tue ich das.

Weil es mich sehr bewegt hat, will ich auch noch einmal sagen, wie sehr mich irritiert hat, wie die Diskussion am Anfang lief. Das war der klassische Mix aus Besitz

standswahrung, Problemverliebtheit, politischem Lagerkoller gepaart mit journalistischer Unbefangenheit, um es vorsichtig auszudrücken.

(Ministerpräsident Beck: Das ist aber sehr freundlich ausgedrückt!)

Ich möchte die zweite Runde dazu nutzen, um zwei Anregungen zu geben, damit man den Pflegebereich, der eine Jobmaschine werden kann, in den Fokus nehmen kann.

Frau Ministerin, das eine ist die Anregung, dass man sich darum bemüht, in Kontakt mit den Spitzenverbänden eine schnelle Umsetzung zu erreichen, eine schnelle Umsetzung, die auch eine berufsbegleitende Ausbildung bei den Menschen ermöglichen muss, die keine Vorqualifikation haben, wenn das Praktikum sehr positiv ausfällt und wenn die Heime, die die Einstellung vornehmen, sagen: Jawohl, diese Frau, diesen Mann wollen wir haben, weil wir von seinen Qualitäten überzeugt sind. – Gerade in diesem wichtigen Bereich der Betreuung sind nämlich menschliche Qualitäten jenseits der professionellen Qualifikation eine Sache, die eine besonders große Rolle spielen.

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt ist der Hinweis darauf, dass wir über die Auswirkungen auf die Einkommen für die Betroffenen noch keine Klarheit haben. Das wird sich in dem schwierigen Bereich der Niedrigeinkommen einfügen müssen. Es steht zu befürchten, dass die Motivation darunter leiden wird, dass das, was man diesen Freiwilligen zahlen wird, in hohem Maße durch Anrechnung verschwinden kann. Da muss man genau hinschauen. Das ist aber ein Problembereich, der nicht nur für diese Pflegeproblematik gilt, sondern weit darüber hinaus.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Dröscher.

Herr Dr. Schmitz, ich will noch einmal auf zwei Dinge kurz eingehen. Zum einen will ich auf die Zahlen eingehen, die Sie im ersten Durchgang genannt haben. Ich hoffe, es gelingt uns, die 3 Millionen Euro, die Sie an die Wand projizieren, zu verhindern. Vielleicht gelingt es uns doch, da medizinisch voranzukommen.

Der zweite Punkt ist der, dass ich etwas um Verständnis dafür werben möchte, dass viele Fachleute zunächst sehr misstrauisch waren. Sie waren misstrauisch gegenüber der Politik, die über Jahrzehnte relativ wenig in diese Richtung bewegt hat. Ich bewerte aber das, was jetzt dabei herauskommt, sehr positiv und kann für die SPD-Fraktion eine grundsätzlich positive Wertung abgeben. Zum einen ist nämlich mehr Zeit für die Betreuung dementer alter Menschen in den Heimen eine hervorra

gende Sache. Wie Herr Schmitz gesagt hat, ist das zwar noch nicht ausreichend, aber ein ganz, ganz wichtiger Schritt.

Ein weiterer Punkt sind neue Jobs für Arbeitsuchende und Arbeitslose, unabhängig davon, wie lange sie arbeitslos sind, dies auch im Hinblick auf eine eventuell folgende Ausbildung oder einen Job, der sich in diesen Heimen richtig bietet. Von der Frau Ministerin wurde das schon angesprochen. Das sind zwei ganz wichtige Dinge, die wir positiv beurteilen.

Wir bitten die Landesregierung aber, darauf zu achten, dass die Qualifizierungs- und die persönlichen Anforderungen als Kriterien überprüft werden bzw. eine große Rolle spielen. Die Bezahlung muss mindestens in Höhe des Mindestlohns erfolgen. Herr Schmitz hat gesagt, wir wissen noch nicht, wie das sein wird. Ich habe vorhin versucht, einmal zu berechnen, was die 7,50 Euro Mindestlohn ungefähr ausmachen. Wir müssen aufpassen, dass das am Ende dabei auch herauskommt.

Darüber hinaus muss die Verantwortung der Träger für zusätzliche Maßnahmen und die Begleitung bei dieser Aufgabe ganz besonders geprüft werden. Die Versuchung für die Einrichtungen, die Personen fachpflegerisch einzusetzen, um qualifizierte Stellen und damit Geld einzusparen, sind nämlich vorhanden. Ich appelliere da auch an die Selbstverantwortung der Träger.

(Glocke der Präsidentin)

Pflege darf nicht entwertet, sondern muss im positiven Sinn ergänzt werden. Ich bitte die Landesregierung, sich für die Sicherstellung dieser Praxis einzusetzen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Rüddel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute in großer Einmütigkeit festgestellt, dass die Bundesregierung einen hervorragenden Vorschlag gemacht hat. Dieser Vorschlag bedeutet, dass Pflegebedürftige mehr Zuwendung, mehr Aktivierung, mehr Wertschätzung, mehr Austausch mit anderen Menschen und mehr Teilhabe am Leben erhalten.

Zur Ehre der gut ausgebildeten Pflegekräfte muss aber auch festgehalten werden: Pflegen kann nicht jeder, aber bei der Pflege helfen können viele, die Grundkenntnisse über die Krankheit Demenz erlernen, Geschick und Einfühlungsvermögen im Umgang mit Menschen mitbringen und den Wunsch haben zu helfen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir müssen aber auch andere Projekte voranbringen. Wir müssen den Menschen die Angst vor dem Heim

nehmen. Die gute Qualität der Pflege muss auch in die Bevölkerung hineingetragen werden. Das geht nur über Transparenz. Wir brauchen eine einheitliche Bewertung der mehr als tausend Pflegeheime. Wir sollten anfangen, uns auf das Wesentliche und mehr auf Chancen und nicht nur auf Risiken zu konzentrieren.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Energiepolitik der Zukunft – Zielsetzungen für Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/2556 –

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Gebhart.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Energieversorgung gehört ohne jeden Zweifel zu den großen Herausforderungen, ganz gewiss auch für unser Bundesland Rheinland-Pfalz. Dabei ist es wichtig, dass wir uns klare Ziele setzen, beispielsweise was den Anteil der erneuerbaren Energien angeht.

Wir, die CDU-Fraktion, wollen den Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in RheinlandPfalz bis zum Jahr 2020 auf 20 % steigern. Ich frage mich, welche Zielsetzung die Landesregierung hat. Seit Monaten hören wir an dieser Stelle nichts.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Lediglich für den Strombereich nennen Sie Ziele. Genau über diese Ziele im Strombereich müssen wir heute reden.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

In Ihrer Regierungserklärung sprechen Sie von einem Anteil der erneuerbaren Energien im Strombereich von 30 % bis zum Jahr 2020. In der Plenarsitzung im April sprechen Sie von 30 % bis zum Jahr 2030. Bereits in dieser Sitzung hatte ich Sie aufgefordert zu klären, was gilt, 2020 oder 2030.

(Pörksen, SPD: Oder 2040! – Dr. Rosenbauer, CDU: So empfindlich seid Ihr!)