Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Wenn Sie sagen, wir haben vorher eine Freiwilligkeitsphase, ist das schön gesagt, werter Herr Minister. Wenn ich weiß, dass ich genau noch drei Jahre Zeit habe, mich entsprechend freiwillig zu bewegen, bevor ich dann zwangsweise zusammengeführt werde, dann frage ich mich, was das noch für eine Freiwilligkeit sein soll. Dann kann ich auch gleich sagen, dass ich es so nicht will.

Ich bin Ihnen aber in dieser Hinsicht sogar dankbar, weil ich davon ausgehe, dass, wenn 2011 die Landtagswahlen herum sind, wir das hier entsprechend im Sinne der Menschen von Rheinland-Pfalz wieder korrigieren werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Heiterkeit bei der SPD – Ramsauer, SPD: Aber Sie haben keine drei Jahre mehr!)

Was ich zum Schluss, bevor ich auf die Kollegin Beilstein überleite, noch sagen möchte: Wir sind mit der Kritik hier nicht allein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist auch bekannt. Es soll ja sogenannte Verbände, Vereinigungen geben, die sich in diesem Bereich sehr stark artikulieren und auch etwas zu sagen haben.

(Ministerpräsident Beck: Was sind denn „sogenannte Verbände“?)

Das sage ich Ihnen gleich, weil Sie im Zweifel deren Stellungnahme gar nicht gelesen haben. Die sagen nämlich etwas anderes als das, was Sie hören wollen.

(Pörksen, SPD: Was ist denn der „Sogenannte“?)

Wir fangen einmal mit dem Gemeinde- und Städtebund in Rheinland-Pfalz an. Der Gemeinde- und Städtebund kritisiert, dass eine wirkliche Aufgabenkritik nicht stattgefunden hat. Ja wie kommen sie denn darauf?

(Ministerpräsident Beck: Wer ist ein „sogenannter Verband“?)

Mithin könne aus seiner Sicht eine darauf aufbauende Funktionalreform schon vom Ansatz her nicht eingeleitet werden. Damit habe eine Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden keine belastbaren Grundlagen. – Gleiches vom Städtetag, Gleiches vom Landkreistag, Gleiches von der AG der kommunalen Spitzenverbände, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dann muss ich mich im Ernst fragen, wenn all diese Verbände und Vereinigungen genau das so sehen wie wir,

(Ministerpräsident Beck: „Sogenannte“!)

warum liegen wir alle falsch, und warum sind Sie wieder der Einzige, der alles richtig macht?

(Beifall der CDU)

Zu guter Letzt möchte ich nur noch eines sagen. Herr Kollege Auler, weil Sie auch so schön in der Zeitung erwähnten, die CDU habe kein Konzept,

(Ministerpräsident Beck: Das ist wohl wahr! Da hat er einmal Recht!)

habe ich es Ihnen einmal herauskopieren lassen, damit Sie es auch nachlesen können. So viel nur am Rande bemerkt.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Herr Auler, es ist sehr einfach zu sagen, wir wollen keine Verbandsgemeinden mehr, setzen dann aber einen Verbandsdirektor ein, der im Zweifel genauso viel kostet wie das, was jetzt schon läuft und überhaupt keine Vereinfachung darstellt.

(Auler, FDP: Niemals!)

Lassen Sie uns doch einmal im Ernst über eine gesamte Reform, über eine Aufgabenkritik reden. Da sind Sie sicherlich dabei. Da haben wir mehr davon, als dass wir uns untereinander sagen, wir hätten keine Konzepte.

(Zuruf des Abg. Auler, FDP)

Dann sollten Sie erst einmal der Landesregierung erklären, wie deren Konzept aussieht. Ich kann keines erkennen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Oh! Oh! Oh!)

Für die FDP-Fraktion hat das Wort Herr Kollege Auler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Baldauf, es ist richtig, das habe ich gesagt. Das ist auch so.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Ministerpräsident Beck: Und zu Recht! – Baldauf, CDU: Bravo!)

Das freut mich, dass Sie das auch so sehen.

Herr Baldauf, Sie haben das eben hier genauso vorgestellt, dass Sie kein Konzept haben. Wenn wir nach Ihren Vorschlägen vorgehen würden, würden wir 2018 noch hier sitzen und darüber diskutieren.

(Beifall der FDP und der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Zurufe von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen möchte ich ganz klar festhalten: Die FDP hat 2005 diese Debatte angestoßen. Unser damaliger Wirtschaftsminister Hans-Arthur Bauckhage mit der FDP zusammen hat diese Debatte angestoßen.

Hintergrund war, dass wir einmal die demografische Entwicklung in Rheinland-Pfalz gesehen haben – die Menschen werden immer älter, wir werden weniger Jüngere haben und vor allem werden wir insgesamt immer weniger –, und hinzu kam natürlich: Verwaltungsabläufe müssen effektiv und effizient gestaltet werden. –

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Dazu bedarf es Änderungen. Diese Änderungen sind erforderlich. Wir haben uns damals überlegt, dass man diese Änderungen zunächst einmal bei der Verbandsgemeindeverwaltung durchführen kann, bei dieser Gebietskörperschaft, die übrigens keine eigenen Einnahmen hat, die ihre Umlagen von den Ortsgemeinden erhebt und Schlüsselzuweisungen vom Land erhält.

Wir haben uns gefragt: Wo können wir das meiste Geld einsparen, wenn wir wo Änderungen vornehmen? – Das sind die Verbandsgemeinden.

Wir haben 163 Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz. Die kleinste ist Neumagen-Dhron mit 5.600 Einwohnern, die größte Montabaur mit fast 40.000 Einwohnern. Da will mir irgendjemand sagen, dass kein Änderungsbedarf besteht? Das glaube ich nicht. Da besteht ein ganz großer Änderungsbedarf.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Schweitzer, SPD: So ist es!)

Da besteht auch ein enormes Einsparpotenzial. Herr Kollege Baldauf, Sie haben es selbst angesprochen. Sie haben von Verwaltungsdirektoren gesprochen. Die sind

nicht so gut bezahlt. Als die Landeskasse und die kommunale Kasse noch nicht klamm waren, konnte man noch stolz darauf sein, dass man gut besoldete Verbandsbürgermeister hatte.

Wir haben aber mehr als gut besoldete Verbandsbürgermeister. Wir haben mittlerweile sogar Verbandsgemeinden mit hauptamtlichen Beigeordneten, die auch von ihren Ortsgemeinden leben. Deswegen ist gerade im Bereich der Verbandsgemeinden ein enormes Einsparpotenzial gegeben.

(Beifall bei der FDP)

Wir waren froh, dass 2006 nach der Landtagswahl auch die SPD und die CDU mit auf dieses Thema gegangen sind und auch gesagt haben, wir brauchen eine Kommunal- und Verwaltungsreform.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Wie soll das aussehen? Wir haben unsere Vorschläge gemacht. Wir haben unter anderem gesagt, wir können uns durchaus Verbandsgemeinden in einem anderen Zuschnitt und ohne politische Führung vorstellen. Da hätten wir schon viel Geld gespart.

Die Verbandsgemeinde könnte in Zukunft der reine Dienstleister für die Ortsgemeinden sein. Das würde zu einer Stärkung der Ortsgemeinden führen, zu einer ganz enormen Stärkung der Ortsgemeinden und Städte innerhalb der Verbandsangehörigkeit, weil den Ortsgemeinden und Städten enorm viel mehr Geld zufließen würde und gleichzeitig auch das Land Geld einsparen würde. Das muss man einfach so sehen.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in der Tat keine politische Führung in den Verbandsgemeinden notwendig, aber noch sehr viel weniger sind 163 Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz notwendig.

Wir sind nicht so realitätsfern, dass wir nicht selbst wüssten als FDP, dass wir dies allein nicht verändern können. Deswegen sind wir ja so froh, dass wir hier im Parlament versuchen, gemeinsam etwas hinzubekommen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Sie haben Zahlen genannt. Das geht uns nicht weit genug. Wir hätten uns gewünscht, dass die Zahl der Verbandsgemeinden, die verändert werden müssen, die man abschafft oder die fusionieren müssen – je nachdem –, erheblich höher liegt.