Protokoll der Sitzung vom 03.07.2015

Sehr geehrte Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler, die Krankenpflegeausbildung steht nach vielen Jahren vor einer großen Reform. Ich möchte Sie fragen, welche Vorteile und Stärkung des Berufes der Krankfenpflege durch die generalisierte Pflegeausbildung erfahren kann. Hat die Pflegekammer dort schon Möglichkeiten, sich einzubringen, um mitzuwirken?

Vielen Dank für die Frage. – Das Thema generalisierte Pflegeausbildung findet derzeit auch in Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene und in den Beratungen, in die wir uns als Länder sehr intensiv einbringen, statt. Die Vorteile liegen durchaus auf der Hand, weil ein System geschaffen werden wird, das durchlässiger sein wird, gerade für die Menschen, die die Altenpflegeausbildung machen, die künftig in der Krankenpflege, auch in der Kinderkrankenpflege tätig sein können. Umgekehrt ist diese Durchlässigkeit vorhanden, dass Krankenpfleger auch in die Senioreneinrichtungen gehen können, aber von der Altenpflege in den Krankenbereich bislang nicht, das heißt, wir haben hier mehrere Vorteile.

Wir haben zum einen den Vorteil, dass der Personaleinsatz flexibler gestaltet werden kann, dass die Menschen, die in der Pflege tätig sind, sich eher aussuchen können, in welchen Bereich ich gehen will. Das trägt natürlich maßgeblich zur Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes bei. Vor allen Dingen – es ist ganz wichtig, was wir damit erreichen –, wenn wir uns die Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern anschauen, sind das immer ältere

Patientinnen und Patienten, die sicherlich davon profitieren, wenn mit einer generalisierten Ausbildung die Pflegekräfte den Fokus vor allen Dingen auf der Altenhilfe haben, und umgekehrt. In den Senioreneinrichtungen ist es sicherlich auch von Vorteil, gerade bei der Zunahme von chronischen Erkrankungen oder Multimorbidität, dass dort dann auch noch mehr der Fokus im Bereich der Krankenpflege mit hinzukommt.

Also das sind wirklich Vorteile.

Was die Pflegekammer angeht, wird ihr auch eine sehr wichtige Rolle zukommen, weil die Pflegekammer die Aufgabe hat, die Pflege in ihrer Selbstverwaltung und ihrer Weiterentwicklung zu stärken und in diesem Prozess mit eingebunden ist und mit berät, vor allen Dingen der Pflege eine Stimme geben soll, ihre Interessen zu vertreten. Deswegen sind wir sehr froh darüber, dass wir die einzige Pflegekammer bundesweit haben. Wir hoffen, dass sich möglichst viele Pflegekräfte registrieren lassen, um dann entsprechend zur Wahl zu gehen. Hier ist wirklich die Chance, dass die Pflege eine Stimme bekommt und es eben auch zur Attraktivität des Berufsbildes beitragen kann.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. – Damit ist die Anfrage beantwortet. Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Josef Dötsch (CDU), Rechtsgrundlagen für Schutzmaßnahmen gegen Bahnlärm – Nummer 9 der Drucksache 16/5213 – betreffend, auf.

Herr Dötsch.

Vielen Dank.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch waren die Kosten für dieses Bahnlärmgutachten?

2. Welche Voraussetzungen müssen nach dem heute vorliegenden Stand der Kenntnisse und Einschätzungen der Landesregierung erfüllt sein, um zum Beispiel ein nächtliches Fahrverbot oder eine Geschwindigkeitsreduzierung für laute Güterzüge auch im Rahmen des EU-Rechts durchzusetzen?

3. Welche Möglichkeiten hat das Land RheinlandPfalz ggf. im Verbund mit anderen betroffenen Ländern, solche Maßnahmen rechtlich einzuklagen oder durchzusetzen?

4. Welcher Zeitrahmen muss nach Kenntnis oder Einschätzung der Landesregierung eingerechnet werden, um solche Maßnahmen national in der Europäischen Union rechtskräftig zu machen?

Für die Landesregierung antwortet Minister Lewentz.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen es, die Landesregierung unterstützt voll und ganz das Ziel der Bundesregierung, dass bis 2020 alle Güterwagen, die in Deutschland unterwegs sind, eine lärmarme Technik aufweisen müssen und danach Fahrverbote für laute Güterwagen greifen. Sie unterstützt auch das Ziel, dass bis 2016 die Häfte der Güterwagen lärmarm ist. Zumindest der deutsche Bahnsektor hat die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung wahrgenommen und ist dabei, laute Bestandsgüterwagen auf lärmarme Verbundstoffbremssohlen umzurüsten.

Ich hoffe, dass zumindest im besonders belasteten Mittelrheintal das Etappenziel 2016 erreicht wird. Nein, ich erwarte, dass es erreicht wird. Hier sind besonders viele Güterwagen aus der Schweiz unterwegs, die bereits alle lärmarm sind. Die BASF, die mit ihren Güterwagen ebenfalls stark vertreten ist, hat angekündigt, die vollständige Umrüstung bereits 2018 zu erreichen.

Gleichwohl habe ich Bundesverkehrsminister Dobrindt gebeten, zur weiteren Unterstreichung der politischen Zielsetzung kurzfristige nächtliche Betriebsbeschränkungen für zu laute Güterwagen zunächst an zwei bis drei Stellen probeweise einzuführen.

Die vier Fragen der Mündlichen Anfrage beantworte ich vor diesem Hintergrund wie folgt:

Zu Frage 1: Das sogenannte Kramer-Gutachten vom Dezember 2013, das vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Ernährung, Weinbau und Forsten in Auftrag gegeben wurde, hat 5.000 Euro gekostet. Die Literaturstudie zu den Gesundheitsauswirkungen wurde mit Bordmitteln der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und RheinlandPfalz erstellt.

Zu Frage 2: Wie das Kramer-Gutachten ausweist, sind sowohl unionsrechtliche als auch nationale Rechtsvorschriften zu beachten, wenn Fahrbeschränkungen umgesetzt werden sollen.

Nach § 14 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ist ein von einem Zug verursachter Lärm als sachlicher Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung bei der Trassenzuweisung grundsätzlich möglich. Das würde grundsätzlich auch Betriebsbeschränkungen beinhalten. Eine Voraussetzung ist allerdings nach dem Gutachten, dass zur Erreichung des Lärmminderungsziels mildere Mittel, zum Beispiel Schallschutzwände oder -fenster, nicht hinreichend geeignet sind.

Nach europäischem Recht läge nach dem Gutachten bei Betriebsbeschränkungen ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit und die Warenverkehrsfreiheit vor. Nach Artikel 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind als ungeschriebene Rechtfertigungsgründe für

Eingriffe zwingende Gründe des allgemeinen Interesses anerkannt. Voraussetzung ist allerdings, dass die zur Beeinträchtigung einer Grundfreiheit führende nationale Maßnahme unterschiedslos auf alle Beteiligten, also diskriminierungsfrei, angewendet wird. Die zwingenden Gründe des Allgemeinwohles müssten im Unionsrecht verankert sein. Das ist der Fall, da schon die Grundrechtscharta in Artikel 3 den Schutz des Lebens und der Gesundheit anspricht.

Aus Sicht der Landesregierung ist nicht auszuschließen, dass die durch den Schienengüterverkehr im Mittelrheintal insbesondere nachts erzeugten Lärmpegel gesundheitsgefährdende Ausmaße annehmen können und Betriebsbeschränkungen zur Nachtzeit dort verhältnismäßig wären.

Für weitere Einzelheiten verweise ich auf das Gutachten, das auf der Internetseite der Landesregierung zu finden ist. Die Landesregierung hat zu den Aussagen des KramerGutachtens aktuell nichts zu ergänzen.

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung die von dem Gutachter vorgetragene Auffassung in einigen Punkten nicht teilt. Sie geht zum Beispiel davon aus, dass es derzeit keine nationale Ermächtigungsvorschrift gibt, die bereits entsprechende Eingriffe ermöglichen würde. Die Bundesregierung arbeitet daher an einer gesetzlichen Regelung und steht hierbei nach eigenen Angaben in Kontakt mit der EU-Kommission, um einen rechtssicheren Weg zur Gestaltung von Eingriffsbefugnissen aus Lärmschutzgründen zu erarbeiten.

Gegebenenfalls soll eine nationale Regelung im Allgemeinen Eisenbahngesetz im Jahr 2016 verankert werden. Nähere Einzelheiten hat der Bund bisher nicht mitgeteilt.

Zu Frage 3: Im Hinblick auf die alleinige Zuständigkeit des Bundes in Fragen des Lärmschutzes an seinen Schienenstrecken sind rechtliche Eingriffsmöglichkeiten des Landes nicht gegeben.

Rheinland-Pfalz hat sich sowohl im Bundesrat als auch auf der Umweltministerkonferenz jedoch mehrfach für eine Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen zum Schutz von Schienenverkehrslärm und hierbei auch zur Einführung von Regelungen zu Betriebsbeschränkungen eingesetzt.

Darüber hinaus haben wir zusammen mit NordrheinWestfalen, Hessen und Baden-Württemberg den Bundesverkehrsminister mit Verweis auf das Rechtsgutachten mehrfach kontaktiert und gebeten, die sich hieraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten gemeinsam zu erörtern. Am 12. Juni 2015 gab es ein erstes Treffen der Verkehrsund Umweltminister der vier Länder mit Herrn Dobrindt, bei dem die Standpunkte ausgetauscht wurden. Darauf muss aufgebaut werden.

Zu Frage 4: Die Landesregierung geht davon aus, dass es der Bundesregierung spätestens im Jahr 2016 gelingt, zusammen mit der EU-Kommission eine rechtskonforme Lösung für Eingriffe zu finden.

Grundsätzlich strebt die Landesregierung die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße an, allerdings hat dies umweltverträglich zu

erfolgen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Eine erste Zusatzfrage des Herrn Kollegen Hüttner.

Herr Minister, wir erkennen immer wieder auf Bundesautobahnen Beschränkungen wegen Lärmschutz. Wir haben ganz viele Verordnungen, wonach gewisse Straßen zu gewissen Zeiten beschränkt sind. Sehen Sie einen Unterschied zwischen Straße und Bahn? Ist hier nicht eine Bevorteilung der Bahn allgemein gegeben? Ist das nicht auch rechtlich problematisch?

Ich sehe sogar einen erheblichen Unterschied. Wie Sie wissen, haben wir innerörtlich über 700 Geschwindigkeitsbeschränkungen in den rheinland-pfälzischen Gemeinden. Wir haben jetzt noch einmal zusammen mit dem Landesbetrieb Mobilität eine Handlungsanweisung, Stichwort Tempo 30, erarbeitet. Wir haben dies intensiv diskutiert und auf den Weg gegeben.

Von daher würde ich eine Bewegung auf Bundesebene in diese Richtung sehr begrüßen. In dem Gespräch, von dem ich Ihnen vorhin berichtet habe, an dem ich zusammen mit der Kollegin Höfken bei Herrn Dobrindt teilgenommen habe, habe ich ausdrücklich gesagt, wir brauchen Klarheit und Übereinstimmung. Wenn 2016 das Ziel 50 % der Lärmminderung nicht erreicht ist, dann muss man an der einen oder anderen Stelle im Mittelrheintal – zwei bis drei Stellen habe ich als Zahl genannt – auch mit Geschwindigkeitsbegrenzungen arbeiten; denn wir brauchen den Druck auf die Waggoneigentümer, dass die Umrüstung 2020 abgeschlossen ist.

Die Bundesregierung hat bis 2016 50 % des Weges versprochen. Damit steht sie in der eigenen Verantwortung gegenüber der DB AG. Danach sieht es im Augenblick nicht aus. 2020 scheint realistisch, 2016 50 % unrealistisch.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Minister, wie beurteilt die Landesregierung die Ergebnisse des Beirats Leiseres Mittelrheintal im Hinblick auf die weiteren Schritte zur Lärmreduzierung im Mittelrheintal?

Da ich bei diesen Sitzungen ebenso wie Sie dabei gewesen bin, konnten wir intensiv mit dem Eigentümer des Netzes, dem Bund, der DB AG, verhandeln; denn es ist schon anzuerkennen, dass man sich über die gesetzlichen Vorschriften hinaus – für deren Umsetzung unstreitig zu 100 % der Eigentümer, der Verursacher verantwortlich ist – auf den Weg gemacht hat, im Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal und nördlich von Koblenz an zwei weiteren Punkten ein Mehr zu gestalten.

Die Diskussion zwischen den Bundesländern RheinlandPfalz und Hessen, ob wir dieses Mehr mitgehen wollen, war inhaltlich überhaupt keine Frage. Wir haben intensiv darüber beraten.

Aber es war eine Frage der Finanzvolumina. Zunächst einmal wollte der Bundesverkehrsminister allein vom Land Rheinland-Pfalz 56 Millionen Euro für eine dem Grunde nach Bundesaufgabe als Mitfinanzierung haben. Ich glaube, es hat große Übereinstimmung hier im Haus gegeben, dass wir uns dem so nicht ergeben haben, 56 Millionen Euro, zu denen es keine Haushaltsvorsorge geben konnte.

Das ist auch würdigend, dass die Menschen im Mittelrheintal ein großes Interesse daran haben, dass auch diese Dinge verwirklicht werden. Die Summe wäre völlig unrealistisch. Ich glaube, Hessen und Rheinland-Pfalz haben mit dem Bund nicht schlecht verhandelt. Von 56 Millionen Euro, die sofort fließen sollten, sind perspektivisch als Forderung an das Land 8,4 Millionen Euro übrig geblieben, die frühestens 2018 fällig werden und dann zeitversetzt sukzessive wie die Maßnahmen in die Umsetzung kommen, Frau Blatzheim-Roegler.

Ich bin davon überzeugt, dass das eine Lösung ist, die wir mitgehen können. Hessen ist der gleichen Meinung. Noch einmal, eine Reduzierung von 56 Millionen Euro auf 8,4 Millionen Euro ist für das Land kein schlechtes Verhandlungsergebnis.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Ernst.