Protokoll der Sitzung vom 23.07.2015

Die Ausgaben in den Kommunen sind jeweils unterschiedlich. Die einen investieren in große Parkanlagen, weil das wichtig ist und sie vielleicht Kurort sind. Die anderen legen einen Wanderweg an oder was auch immer, was dort Bedeutung hat. Dazu gehören auch Touristinformationen und Informationssysteme im Allgemeinen. Es sind große Investitionen zu leisten.

(Vizepräsident Dr. Bernhard Braun übernimmt den Vorsitz)

Dementsprechend ist es ganz wichtig, dass wir nun die Chance eröffnen und sagen, nicht nur die bereits heute anerkannten Fremdenverkehrsgemeinden, sondern alle Gemeinden können einen Beitrag erheben. Das geht ein Stück weiter. Es geht nicht nur um alle Gemeinden, denen heute nach den Regelungen im Tourismus das Recht zusteht, sondern auch die Verbandsgemeinden und Zweckverbände werden zukünftig in der Lage sein, einen Beitrag zu erheben, soweit sie selbst die Ausgaben haben. Das ist der entscheidende Punkt.

Wenn Sie einmal die beiden Instrumente betrachten, die zukünftig Tourismusabgabe oder Gästebeitrag heißen, dann können Sie Boppard als Vergleichssituation nehmen.

Dort werden für beide Instrumente heute schon über

400.000 Euro eingenommen. Damit es einmal im Bewusstsein ist, was es bedeutet, mit einer solchen Summe, mit solchen Instrumenten in den Tourismus zu investieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen dabei natürlich immer in einem Schnittpunkt, in einer Schwierigkeit, wer genau dafür ist, dass dort auch der Vorteil im Tourismus da ist. Klar ist, ein Hotel oder eine Gastronomie, die unmittelbar mit dem Gast zu tun hat. Die Schwierigkeit ist mittelbar in der Konsequenz zu sehen. Dabei ist nach dem Urteil des OVG auch diese Neuregelung erforderlich; denn es muss kausal zu dem Gast kommen. Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel: Ohne Brötchen vom Bäcker, der keinen direkten Kontakt mit dem Gast hat, ist das Hotel nicht in der Lage, das entsprechende Frühstück anzubieten. Solche Zusammenhänge müssen da sein. Dann ist auch die Mittelbarkeit in der Konsequenz gegeben.

Der zweite Punkt, bei dem wir die Differenzierung jetzt neu regeln, ist im Bereich des Übernachtens. Früher hieß es „aufhalten“, nun heißt es „Unterkunft nehmen“. Das differenziert auch den Tagestouristen. Für den Tagestouristen ist es bei der Abgabe der Infrastruktur und bei allen anderen Maßnahmen im Tourismus in der Konsequenz separat zu bewerten. Das heißt, auch dort haben wir einen Schnittpunkt, eine Schwierigkeit, die es für die Kommunen notwendig macht, das ganz klar zu differenzieren.

Herr Stich hat es bereits ebenfalls angeführt. Die Kommunen können den Tourismusbeitrag und den Gästebeitrag erheben, sie müssen es nicht. Sie können es auch differenzieren. Sie können es dergestalt differenzieren, dass sie das nicht in der gesamten Kommune leisten; denn wenn dort kommunale Teile sind, die nun wirklich nichts mit dem Tourismus zu tun haben, ist die Kommune in der Lage, das bei Satzung so zu regeln. Dementsprechend ist hier eine größere und eine weitere Öffnung der Fall, als das bisher da war.

Natürlich gefällt eine solche Regelung nicht jedem. Der DEHOGA ist nicht von Haus begeistert darüber, wenngleich es sich nicht um eine neue Abgabe handelt. Doch er ist auch nicht dagegen; denn er fordert vielmehr ein Mitspracherecht bei der Verwendung des Geldes. Ich denke, das kann im Gesetz nur sehr schwierig geregelt werden. Es kann aber in der kommunalen Satzung oder noch darunter, bezogen auf runde Tische in der Kommune, geregelt werden. Ich denke, deswegen sollte man das nicht im Gesetz regeln, sondern sollte es den Kommunen überlassen.

Ich denke, wir sind hier auf einem guten Weg, ein gutes Gesetz zu machen, das es den Kommunen erlaubt, finanzielle Möglichkeiten auszuschöpfen, die sie im Tourismus haben. Ich bitte um Behandlung im Ausschuss und um einen konstruktiven Weg, dass wir den Kommunen einen guten Baustein liefern können.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Beilstein

das Wort. Sie bekommen durch die Redezeit der Landesregierung noch 45 Sekunden dazu, also 8:15 Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Tourismus in Rheinland-Pfalz ist in der Tat mit 24 Millionen Übernachtungen im Jahr ein sehr starker Wirtschaftsfaktor. Das bedeutet Arbeitsplätze, Einkommen und auch Lebensgrundlage, und zwar sowohl direkt in der Hotellerie und Gastronomie als auch indirekt für die vielen Handwerksbetriebe und Dienstleister.

Im globalen Markt ist der Wettbewerb sehr groß. Von daher gilt es umso mehr, gute Angebote zu schaffen, auf Qualität zu setzen, aber auch eine entsprechende Bewerbung durchzuführen. Das alles kostet Geld, viel Geld für den einzelnen Betrieb, aber auch für die Gemeinden, die hier außerdem ein wichtiges Betätigungsfeld ihrer Wirtschaftsförderung sehen, um nicht zuletzt dadurch zur Attraktivitätssteigerung ihrer Gemeinden beizutragen, was vielfach getragen ist von der Hoffnung, dass in diesem Umfeld auch die negativen Auswirkungen des demografischen Wandels abgemildert werden können.

In diesem Kontext muss man sicherlich auch den heutigen Gesetzentwurf zur Änderung des KAG sehen. Hierdurch soll insbesondere eine deutliche Erweiterung des Kreises der Erhebungsberechtigten ermöglicht, und es sollen damit auch Refinanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Seitens der Kommunen ist es daher natürlich nachvollziehbar, dass die Änderung grundsätzlich begrüßt wird. Dabei war es den Kommunen vor allen Dingen wichtig, dass keine Verpflichtung, sondern lediglich das Recht normiert wird.

Eine kleine Anmerkung nebenher. Rein redaktionell sehe ich im Übrigen diese Begrifflichkeit des Fremdenverkehrsbeitrags

(Julia Klöckner, CDU: Stimmt!)

hin zu der Begrifflichkeit des Tourismusbeitrags als längst überfällig; denn die Menschen, die uns besuchen, sind Touristen, sind Gäste, aber keine Fremden.

(Beifall der CDU und des Abg. Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang lebhaft an eine Sitzung meines eigenen Ortsgemeinderats, in der wir auch unsere Satzung geändert hatten. Wir hatten das „Kind“ auch anders getauft, nämlich Tourismusbeitrag, mussten dann leider unseren Beschluss wieder zurückführen, weil es eben rechtlich noch nicht zulässig war. Von daher ist es sicherlich ein sehr begrüßenswerter Aspekt.

Meine Damen und Herren, was aber die Freude des Einen ist – da blicke ich jetzt noch einmal auf die Kommunen –, sieht der Nächste natürlich mit etwas Unbehagen. Die Einwände der Industrie- und Handelskammern und auch der Handwerkskammern sind nicht von der Hand zu weisen; denn selbstverständlich entsteht mit dieser Änderung im Gesetz für einen großen Teil neuer Betriebe die faktische Möglichkeit zusätzlicher Belastungen durch den Gäste

oder Tourismusbeitrag.

Im Bereich der Kommunen hingegen sehen wir dadurch eine weitere Gefahr. Es soll zwar rein rechtlich keine verpflichtende Beitragserhebung festgeschrieben werden, die Praxis sieht jedoch in Anbetracht der eingeschränkten Finanzlage der Kommunen möglicherweise anders aus. Gegebenenfalls wird nämlich über die Kommunalaufsicht in diesem Feld sehr schnell eine Einnahmequelle ausgemacht, die es in Anbetracht der Haushaltslage verpflichtend zu heben gilt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesen Gründen und aus weiteren Punkten, in denen es um eine rechtssichere Beitragserhebung geht, sehen wir hier schon weiteren Erläuterungsbedarf und kündigen daher bereits jetzt eine Beantragung einer Anhörung im Ausschuss an.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Herr Schlagwein das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab Zeiten, da strebten allabendlich Kurgäste, die Kurschatten im Arm führten und nicht selten schwankenden Schrittes waren, ihren Kuranstalten und ihren Kurorten zu.

(Zuruf des Abg. Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich merke an Ihren Reaktionen, Sie wissen, das gibt es heute nicht mehr. Deswegen ist der Begriff „Kur“ heute eigentlich nicht mehr als Grundlage einer Abgabenerhebung aufseiten der Kommunen geeignet. Insofern ist es Zeit, § 12 des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes an dieser Stelle zu ändern.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist aber leider vorbei.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe es ja nur festgestellt!)

Längst hat sich anstelle des klassischen Kurbetriebs – die Vorredner und Vorrednerinnen haben es gesagt – aber auch weit darüber hinaus der Tourismus moderner Prägung zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Wir wollen daher dem Bedürfnis der Kommunen entsprechen – ein Teil ihrer Ausgaben für die Touristen ist Werbung – und die Herstellung und Unterhaltung ihrer touristischen Einrichtungen über Beiträge an dieser Stelle finanzieren. Die Beiträge sollen erhoben werden können, wo zum einen Unternehmen oder selbstständige Personen unmittelbare oder mittelbare Vorteile haben oder zum anderen übernachtenden Gästen die Möglichkeit zur Nutzung

von Einrichtungen geboten wird. Im ersten Fall Tourismusbeitrag, im zweiten Fall Gästebeitrag.

(Zuruf des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU)

Da geht es nicht um eine Steuer, sondern jeweils um einen Beitrag, weil die Verwendung dieses Aufkommens zweckgebunden ist. Das heißt, wie bisher müssen die Kommunen – – –

(Alexander Licht, CDU: Letzteres ist nicht so klar!)

Das ist schon klar.

Es ist ein Beitrag, der zweckgebunden ist. Das heißt – darauf wollte ich gerade kommen –, die Kommunen müssten sehr sorgfältig abwägen und am Ende möglicherweise auch belegen, welche Ausgaben sie für welche Einrichtungen, für welche Maßnahmen ansetzen. Das geht damit los, dass sie gegebenenfalls einen örtlichen Einwohnervorteil herausrechnen, sie müssen beim Gästebeitrag die Tagesgäste herausrechnen. Das ist angedeutet worden. Es geht um die Frage: Welchen Gästen bietet sich objektiv die Möglichkeit, eine Einrichtung tatsächlich zu nutzen?

Ich sage es deshalb; denn es ist für die Kommunen eben nicht der schnelle Euro, den sie sozusagen im Vorbeigehen machen können, sondern sie müssen sich wirklich Gedanken machen und müssen es gut begründen, was sie in ihre Abgaben hineinrechnen und wie das im Einzelnen aussieht.

Ich möchte aber in aller Deutlichkeit noch einmal betonen, dass es das gute Recht der Kommunen ist, ihre tourismusbezogenen Ausgaben nicht einfach über allgemeine Steuern zu finanzieren, sondern zunächst einmal alle diejenigen heranzuziehen, denen – wie gesagt – mittelbare oder unmittelbare Vorteile aus diesen Einrichtungen zufließen. Insofern hat die Landesregierung den richtigen Aufschlag zur Novelle des KAG an dieser Stelle gemacht. Das sage ich auch im Namen unserer tourismuspolitischen Sprecherin. Das hat sie mir extra aufgetragen. Sie hat es aber jetzt nicht mitbekommen.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Fraktionen sind übereingekommen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und den Rechtsausschuss zu überweisen.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Landesjugendarrestvollzugsgesetz (LJAVollzG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5281 –

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