Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

Neben den Beratungen zu den aktuellen Beiträgen des Rechnungshofs bestand in der Rechnungsprüfungskommission auch Erörterungsbedarf zu 13 Restanten aus Vorjahren, die im Rahmen des Entlastungsverfahrens noch nicht als erledigt angesehen werden können. Dies betrifft beispielsweise die Berichterstattung über das neue Globalbudget im Zusammenhang mit Ausgaben für den Maßregelvollzug und die Erarbeitung eines Regelwerks über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesbetriebe. Zu diesen 13 Altfällen besteht die Erwartung der Rechnungsprüfungskommission, dass die jeweiligen Forderungen möglichst bald umgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich mit einigen Worten des Dankes schließen. Zuerst danke ich Herrn Präsident Behnke sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs für die geleistete Arbeit. Sie trägt wesentlich zu einer wirksamen Budgetkontrolle durch den Landtag bei. Ebenfalls danken möchte ich der Landtagsverwaltung und den beteiligten Ressorts der Landesregierung.

Ferner gilt mein Dank natürlich den Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission sowie des Haushalts- und Finanzausschusses. Die Beratungen waren stets sachlich, ernsthaft und kollegial.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Weiland. Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die SPD

Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Alt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch in diesem Jahr hat sich die Rechnungsprüfungskommission über drei Tage mit einem sehr großen und breiten Querschnitt landespolitischer Themen beschäftigt. Ich kann mich der Feststellung anschließen, dass es dabei sehr sachorientiert zuging. Schauen wir einmal, ob uns das auch heute gelingt.

Zu den behandelten Themen gab es teils unterschiedliche Positionen, aber im Ergebnis bei den Empfehlungen und Forderungen sind wir jeweils zu einem Konsens gelangt. Das ist sicherlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen liegt das auch an der stringenten Sitzungsleitung durch den Vorsitzenden der Kommission, Herrn Dr. Weiland, zum anderen an den Vorarbeiten des Rechnungshofes, auf die wir in vielen Fällen – nicht immer, aber sehr häufig – in unseren Beschlüssen zurückgreifen konnten.

Zunächst möchte ich einen Blick auf die Einhaltung der Regeln werfen, die wir als Parlament selbst beschlossen haben und deshalb auch kontrollieren sollten, nämlich die Einhaltung der Schuldengrenzen. Im laufenden Jahrzehnt stehen die alte investitionsorientierte Schuldenobergrenze und die neue sogenannte Schuldenbremse einander gleichrangig gegenüber. Im Jahr 2013, um das es hier geht, wurden beide Grenzen mit entsprechender Sicherheitsmarge deutlich eingehalten.

Das strukturelle Defizit als Kennziffer der neuen Schuldengrenze ist für uns eine zentrale Steuerungsgröße, weil es eine Konjunkturbereinigung umfasst und auch die Landesbetriebe in diese Größe mit einbezogen sind.

Hier landeten wir im Ansatz bei 836 Millionen Euro und im Ist bei 554 Millionen Euro, also deutlich besser als in der Ausgangssituation von 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2011, das heißt, relativ schnelle Konsolidierungsschritte zu Beginn. Das ist aber auch unbedingt erforderlich, weil wir ein günstiges makroökonomisches Umfeld für diese Konsolidierung in den beiden Jahren hatten.

Auch die Rechnung des Rechnungshofes selbst wurde übrigens einer Belegprüfung unterzogen. Dabei ergaben sich keine Beanstandungen. Allerdings muss ich mit einem Augenzwinkern sagen, die Prüfung, die wir als finanzpolitische Sprecher durchführen, ist natürlich nicht mit der Prüfung vergleichbar, der die geprüften Stellen der Landesverwaltung durch den Rechnungshof unterliegen. In gewisser Weise stellt sich also hier die Problematik, aus der Antike bekannt: Wer kontrolliert die Kontrolleure, wer bewacht die Wächter?

Aus den Feststellungen herausgreifen möchte ich ein Thema, das der Berichterstatter eben angesprochen hat, nämlich die Finanzierung der Werkstätten für behinderte Menschen. In der Tat hat sich die Rechnungsprüfungskommission damit ausführlich auseinandergesetzt.

Die Leistungen des Landes werden derzeit auf der Grundlage von Einzelvereinbarungen an die Werkstattträger ge

zahlt. Insofern hat das Land für seine Zahlungen eine Rechtsgrundlage. Diese Grundlage bedarf allerdings nach unserer übereinstimmenden Meinung der Weiterentwicklung in Form einer umfassenden Leistungs-, Vergütungsund Prüfungsvereinbarung zwischen Land und Trägern.

Ich begrüße es daher, dass das zuständige Ministerium vor unserem heutigen Beschluss – dem zu erwartenden Beschluss – in Gespräche mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Träger eingetreten ist und eine solche Vereinbarung zeitnah abschließen will.

Die sehr gute Qualität unserer rheinland-pfälzischen Werkstätten für Behinderte möchte ich an dieser Stelle aber herausstreichen. Sie sollte auch im Rahmen dieser Vereinbarungen mit berücksichtigt werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch der Kommunalbericht wurde in der Rechnungsprüfungskommission beraten. In diesem Jahr wurde die Situation der Kommunalfinanzen im Plenum schon oft angesprochen. Das lag unter anderem am Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Kommunale Finanzen“.

Ansonsten aber, unabhängig von dieser EnqueteKommission, sollten wir uns vielleicht überlegen, diesen Bericht künftig auch separat aufzurufen, nicht nur als Annex zum Entlastungsverfahren, weil er viele wertvolle Anregungen enthält, die einer tiefgehenden Betrachtung würdig sind.

Die weitere Verbesserung der Kommunalfinanzen ist jedenfalls eine Aufgabe, die alle Ebenen fordert – so viel wurde deutlich –, Bund, Land und Kommunen selbst. In Rheinland-Pfalz steigen die Leistungen aus dem kommunalen Finanzausgleich von 2014 bis 2016 um deutlich über eine halbe Milliarde Euro, um knapp 600 Millionen Euro, an. Allein im Haushaltsjahr 2014, das der Rechnungshof insoweit betrachtet, stiegen die Schlüsselzuweisungen um 204 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Trotzdem sind die Haushalte der Kommunen im Durchschnitt weiterhin defizitär. Wesentlicher Grund dafür sind die gestiegenen Sozialausgaben. Allein 5,7 % Zuwachs im Jahr 2014 können wir nicht ausgleichen. Wir dürfen also nicht nur über die Verteilung der Mittel reden, sondern über diesen Zuwachs auch einmal grundsätzlich nachdenken.

Meine Damen und Herren, nach dem Gesagten wird es Sie nicht überraschen, dass ich empfehle und vorschlage, dem Ergebnis der Beratungen heute durch entsprechende Entlastungsbeschlüsse zu folgen.

(Glocke des Präsidenten)

Herzlichen Dank abschließend an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes, vom Präsidenten bis hin zu denen, die bei der Rechnungsprüfungskommission nicht mit am Tisch saßen, aber Hintergrundarbeit geleistet haben.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Schreiner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte meine Rede heute mit dem Dank an den Rechnungshof beginnen. Der Vorsitzende der Rechnungsprüfungskommission wie auch Herr Kollege Alt haben gesagt, wie wichtig es ist, dass wir durch die Arbeit der vielen Mitarbeiter in Speyer und überall im Land einen klaren Blick auf das bekommen, was im Rahmen der Abwicklung des Landeshaushalts, aber auch in den Kommunen passiert, einen klaren Blick, der wichtig ist, damit wir unsere Aufgabe, die Politik dieses Landes über Landeshaushaltsgesetze zu steuern, auch sachgerecht ausüben können. Insofern vielen Dank an den Präsidenten, seine Mitarbeiter, aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtages, die beteiligt waren, wie auch an die Kolleginnen und Kollegen aus der Rechnungsprüfungskommission.

Ich möchte mich ausdrücklich auch beim Vorsitzenden bedanken, weil er durch seinen Bericht schon eine Vielzahl von Kennzahlen genannt hat, auf die wir uns in der Kürze der Zeit im Einzelnen einzugehen ersparen können.

Wichtig ist mir aber, deutlich zu machen, dass wir der Landesregierung keine Entlastung erteilen können, und zwar nicht deshalb, weil nicht auch einmal ein Fehler passieren kann. Ein Fehler kann passieren. Das wäre kein Grund, Ihnen die Entlastung zu verweigern. Oder auch nicht deshalb, weil wir unterschiedlicher Auffassung wären. Das ist normal, dass Regierung und Opposition unterschiedlicher Auffassung sind.

Es ist auch in diesem Verfahren immer wieder deutlich geworden, dass auch häufiger Regierungsfraktion und Regierung unterschiedlicher Auffassung sind. Das wäre kein Grund, die Entlastung zu verweigern.

Der Grund ist, dass über Jahre sehenden Auges Recht und Gesetz gebrochen worden sind. Sie werden sagen, das ist starker Tobak, zugegeben. Ich möchte es aber begründen. Es gibt die Dinge, über die wir immer einmal geredet haben, die nach wie vor fortbestehen, ich nenne einmal die Stichworte Liquiditätspool, Zwischenfinanzierung von Investitionsvorhaben.

(Carsten Pörksen, SPD: Und wo hat das gegen ein Gesetz verstoßen?)

Dort sind wir grundsätzlich anderer Auffassung. Wir teilen die Rechtsauffassung des Rechnungshofes und sind der Auffassung, dass hier Gesetze geändert werden müssen, damit vernünftig und rechtskonform gearbeitet werden kann.

Oder das Stichwort Pensionsfonds.

(Carsten Pörksen, SPD: Habt ihr gewonnen?)

Die CDU klagt gegen die schlechte Ausführung einer guten Idee des Pensionsfonds vor dem Verfassungsgerichtshof. Wir sind gegen diese schuldenfinanzierte Scheinrücklage und vor allen Dingen gegen deren Wertung als Investition. Wir halten es vorsichtig formuliert für rechtlich umstritten, und vor allen Dingen – das zeigt immer wieder der dann aktuelle Rechnungshofbericht –, es ist unklug und irreführend. Bei korrekter Veranschlagung der Zuführung zum Pensionsfonds nicht als Investition, sondern zum Beispiel als Personalkosten schmelzen die sogenannten Investitionen im rheinland-pfälzischen Landeshaushalt wie Eis in der Sonne. Wenn Sie den aktuellen Rechnungshofbericht aufschlagen, auf Seite 39 können Sie das sehen.

Die rheinland-pfälzische Investitionsquote von 10,1 % entsprach 2013 nur deshalb dem Durchschnitt aller anderen Flächenländer, weil die Zuführungen zum Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung als Investitionen gewertet worden sind. Ohne diese Zuführungen hätten wir die zweitniedrigste Investitionsquote in ganz Deutschland. Statt 10 % gerade einmal 6 %. Unter Rot-Grün – das ist einfach so wenn man auf die Zukunft blickt, wenn wir sagen, wofür wollen wir unser Geld sinnvollerweise ausgeben – sind die Investitionen, die klassischen Investitionen nur noch 6 % der Gesamtausgaben.

(Zuruf des Abg. Denis Alt, SPD)

Aber ich möchte vor allen Dingen auf dieses Thema eingehen, das Sie, Herr Kollege Alt, angesprochen haben. Daran ist deutlich zu machen, was wir meinen, wenn wir sagen, dass systematisch Recht und Gesetz außer Acht gelassen werden. Das ist das Thema Entgeltvereinbarungen für Leistungen der Eingliederungshilfe. Ich zitiere aus der Beschlussempfehlung, die Ihnen heute allen vorliegt. Gesetzlich ist seit 1996 vorgeschrieben, Leistungs-, Vergütungsund Prüfungsvereinbarungen zu schließen. Das hatte das Landesamt bis jetzt noch nicht getan. § 75 Sozialgesetzbuch XII verpflichtet das Land, seit 1996 diese Entgeltvereinbarungen abzuschließen. Das ist eine gesetzliche Pflicht. Es geht nicht darum, dass es irgendeine Rechtsgrundlage gibt, es geht darum, dass es die Rechtsgrundlage nach § 75 ff. SGB XII gibt. Diese Rechtsgrundlage fehlt. Deshalb ist die Auszahlung all dieser Mittel seit 1996 rechtswidrig, seit zwei Jahrzehnten.

Alternativ hätten Sie auch eine Rechtsverordnung erlassen können, wenn man sagt, man kann sich nicht einigen. Da hätten Sie auch eine Rechtsverordnung erlassen können. Aber auch die fehlt seit 1996. Auch dies ist rechtswidrig. Und auch dies sind eben jetzt schon wieder zwei Jahrzehnte. Das ist schlimm. Ich habe dieses Schreiben aus dem Sozialministerium auch gelesen, dass man jetzt auf einem guten Weg sei, entsprechende Entgeltvereinbarungen abzuschließen.

Aber was viel schlimmer ist, ist Folgendes: Auf diesen rechtswidrigen Zustand hat der rheinland-pfälzische Rechnungshof 2010 hingewiesen. 2012 hat der Rechnungshof in seinem Bericht diese Kritik erneuert. Daraufhin hat die Landesregierung 2013 erklärt, Ihr Haus, Frau BätzingLichtenthäler, dass es eine Rechtsverordnung erlassen will, so wie Sie das heute uns oder dieser Tage mit Ihrem Schreiben wiederum an das Parlament mitteilen. Das Par

lament hat Ihrem Hause geglaubt. Wir haben uns darauf verlassen, dass Zusagen des Sozialministeriums gelten, und daraufhin wurden die Hinweise des Rechnungshofs für erledigt erklärt. Passiert ist aber nichts.

Die Rechtsverordnung ist entgegen der Zusagen gegenüber dem Parlament nicht erlassen worden – bis heute. Der Zustand der Rechtlosigkeit währt seit 1996. Da geht es nicht nur um Peanuts, da geht es um viel Geld. Dies führte – Zitat – 2011 im Vergleich zum Länderdurchschnitt rechnerisch zu Mehrausgaben des Landes und der Kommunen von mehr als 30 Millionen Euro in einem Jahr. Wenn man dann den Zeitraum von 1996 bis heute in den Blick nimmt, dann ist man sehr schnell in einem sehr hohen dreistelligen Millionenbetrag. Dann ist es eben das eine, dass wir sagen, hier muss Geld aufgrund von Rechtsgrundlagen, die das Bundesrecht uns vorgibt, ausgegeben werden. Der zweite Punkt ist eben auch, dass es dabei nicht mit einem so großen Durcheinander vonstatten gehen kann, wie das vorhin schon Herr Kollege Weiland beschrieben hat.

Wir mussten in der Rechnungsprüfungskommission feststellen, dass die Werkstätten Trägerentgelte erhielten, ohne überhaupt ihre Aufwendungen nachweisen zu müssen. Wir mussten feststellen, dass Tagessätze nicht auf der Basis realistischer Belegungszahlen und ohne sachgerechte Berücksichtigung unterschiedlicher Kostenstrukturen vereinbart worden waren. Wir mussten feststellen, dass vermeidbare Ausgaben entstanden sind, weil das Land nicht bewilligte Zusatzkräfte finanziert hat,

(Glocke des Präsidenten)

weil durch pauschale Anhebung der Tagessätze auch nicht angefallene Kosten der Werkstätten gedeckt wurden, weil Investitionskosten über Förderungen und laufende Vergütungen doppelt berücksichtigt wurden und Tagessätze trotz entfallener Kosten nicht angepasst worden sind.

Das passiert, wenn man sich nicht an Recht und Gesetz hält.

(Glocke des Präsidenten)