Protokoll der Sitzung vom 20.10.2011

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Henter.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, unser aller gemeinsames Ziel muss es sein, für unsere Bürgerinnen und Bürger einen attraktiven Schienenverkehr zu organisieren.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir lehnen daher die Kürzung des Fernverkehrsangebotes durch die DB AG ab.

(Beifall bei der CDU)

Diese Kürzung stellt für uns eine nicht akzeptable Benachteiligung des ländlichen Raums dar. Sie führt dazu, dass ganze Regionen vom Fernverkehr der DB AG abgekoppelt werden. Ich darf den Kollegen aus dem

Bundestag, Bernhard Kaster, zitieren – Frau BlatzheimRoegler, Sie haben es auch schon angesprochen –, der im „Trierischen Volksfreund“ zum Ausdruck gebracht hat – Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung –: „Während wir im vereinten Europa wirtschaftlich immer enger zusammenarbeiten, marschiert Bahnchef Grube in die entgegengesetzte Richtung. Er will ausgerechnet jetzt die Europastadt Luxemburg vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abkoppeln!“ – Ich denke, das ist eine eindeutige Aussage, die von uns auch so unterstützt wird.

(Pörksen, SPD: Dem muss nur noch Handeln folgen! – Zuruf der Staatsministerin Frau Dreyer)

Wir kommen gleich dazu. Für die Region Trier bedeutet das, dass von den sechs IC-Paaren – ein ICE, fünf IC – vier eingestellt werden. Bisher war es so, dass die Moselregion in Zusammenarbeit mit Fern- und Nahverkehr einen Stundentakt von Koblenz über Trier nach Saarbrücken und Luxemburg hatte. Dieser Stundentakt wurde erreicht durch ein Zusammenwirken von Fernverkehr und Nahverkehr, Regionalexpress. Wenn die vier Zugpaare im Fernverkehr jetzt entfallen, ist dieser Stundentakt nicht mehr gewährleistet. Das kann nicht im Interesse der Region Trier und der dort lebenden Menschen sein.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was den Schienenverkehr in Deutschland angeht, ist es aber etwas komplizierter, als wir uns alle das vorstellen. Der Bundesgesetzgeber hat bei der Neuorganisation des Schienenverkehrs bei der Bahnprivatisierung Gesetze aufgestellt. Es gibt leider kein Bundesgesetz für den Schienenfernverkehr. Das hat der Bundesgesetzgeber – gleichgültig, ob die CDU, die SPD oder die GRÜNEN in Berlin mitregiert haben – bisher leider unterlassen, obwohl es vom Grundgesetz nach Artikel 87 e den Auftrag gibt, dass ein Bundesgesetz diesen Fernverkehr regeln soll. Es ist bisher aber nicht erlassen worden, gleichgültig welche Partei in Berlin regiert hat. Es gibt allerdings ein Nahverkehrsgesetz.

Die Gesetzeslage im Nahverkehrsgesetz ist eindeutig. Darin ist beschrieben, dass der öffentliche Personennahverkehr zur Daseinsvorsorge gehört und er von den Landkreisen, die das auf den Schienenzweckverband Nord übertragen haben, in Zusammenarbeit mit dem Land geregelt wird.

Jetzt haben wir folgende Situation: Wenn der Schienenfernverkehr wegfällt, haben wir in vielen Tageszeiten nach Trier nur noch einen Zweistundentakt. Das kann nicht sein. Leider gibt es – ich habe es eben ausgeführt, weil es kein Bundesgesetz gibt – keine rechtliche Verpflichtung der Bahn, diesen Verkehr aufrechtzuerhalten.

(Staatsministerin Frau Höfken: Machen Sie doch ein solches Gesetz!)

Sie haben es nicht gemacht. Ich würde es gern machen, bin aber nicht im Bundestag. Wir sind hier im Landtag. Frau Höfken, Sie waren doch im Bundestag.

Warum haben Sie es nicht gemacht, als Rot-Grün die Mehrheit hatte? Warum haben Sie nichts gemacht?

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Wer ist denn an der Macht zurzeit?)

Sie kommen doch jetzt zu uns und stellen hier Fragen, obwohl Sie selbst hätten handeln können. Also, ich bitte Sie.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, wenn man laut dazwischenruft, wird es nicht besser.

(Pörksen, SPD: Soll ich leise rufen? Dann hören Sie es ja nicht!)

Also jetzt noch einmal. Es gibt keinen rechtlichen Anspruch. Wenn es diesen rechtlichen Anspruch gäbe, müsste das Land die Bahn AG verklagen und darauf drängen, dass dieses Angebot aufrechterhalten wird.

(Staatsministerin Frau Höfken: Handeln!)

Jetzt darf eines nicht geschehen, dass in diesem Kompetenzstreit zwischen Bahn AG und Land der Bürger der Leidtragende ist, dass wir keinen Stundentakt mehr bekommen. Wir müssen doch Politik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Region Trier machen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, es sind ja jetzt Schritte im Gange – ich begrüße das –, dass man versucht, beim Schienenzweckverband Nord diese Aktion der Bahn, in der sie den Bundesfernverkehr reduziert, teilweise zu kompensieren.

(Pörksen, SPD: Die machen das weiter, und demnächst woanders! – Zuruf von Staatsminister Lewentz)

Ja, das sind Gelder, die Sie vom Bund bekommen und dann weiterleiten. Herr Minister, man kann es auch einmal so sehen: Hätte die Bahn bisher den Fernverkehr nicht angeboten, hätte das Land das in der Vergangenheit ersetzen und zahlen müssen.

(Staatsminister Frau Dreyer: Ich fasse es nicht!)

Sie wollen doch den Menschen in der Region Trier im stündlichen Verkehrstakt anbinden, oder wollen Sie uns abkoppeln? Wir sollten darauf drängen, dass der Schienenzweckverband Nord mit dem Land und dem Bund verhandelt, damit wir den Stundentakt von Koblenz nach Trier, Luxemburg und Saarbrücken erhalten können.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

(Glocke des Präsidenten)

Dem Reisenden, dem Bürger, ist es gleichgültig, ob er vom Fernverkehr oder vom Nahverkehr befördert wird. Er will nur schnell und komfortabel befördert werden.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Schmitt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Kollege Henter, das, was Sie hier gerade eben veranstaltet haben, hilft der Sache überhaupt nicht weiter. Hören Sie auf damit, die Dinge mit völlig falschen Behauptungen auf den Kopf zu stellen.

(Licht, CDU: Was ist denn daran falsch? – Bracht, CDU: Er hat gar nichts auf den Kopf gestellt! – Guth, SPD: Natürlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Befürchtungen der SPD-Fraktion – auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten das schon sehr früh im Jahr getan – haben sich leider bestätigt. Die Bahn hängt in Rheinland-Pfalz die Region endgültig vom Fernverkehr ab. Der neue Winterfahrplan ist online. Da können Sie das nachvollziehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist für die SPD-Fraktion völlig inakzeptabel.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Henter, Fakt ist, dass das nicht die erste Verschlechterung ist, die wir hinnehmen müssen, sondern in den vergangenen Jahren gab es eine Reihe von Kürzungen, unter denen der ländliche Raum in Rheinland-Pfalz gelitten hat. Diese Verschlechterung, die wir jetzt in Kauf nehmen müssen, reicht weit über die Region hinaus. Sie reicht bis Remagen und Andernach hoch. Viele Kollegen sind davon betroffen. Sie reicht vor allen Dingen aber auch bis nach Luxemburg.

Herr Kollege Henter, ich stelle noch einmal eines klar. Sie haben zwar eben auf ein fehlendes Bundesgesetz hingewiesen, aber Sie haben es unterlassen, darauf hinzuweisen – das hat Frau Kollegin Blatzheim-Roegler schon getan –, dass der Bund laut Grundgesetz dazu verpflichtet ist, ein ausreichendes Fernverkehrsangebot in allen Teilen des Landes – auch in ländlichen Regionen – sicherzustellen. Das, was hier jetzt übrig geblieben ist, ist kein Grundangebot mehr, das ist eine reine Farce.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses angeblich großzügige Angebot der DB „Dann macht es doch über den Nahverkehr“ – Herr Kollege Henter, im Ausschuss wurde es doch dargestellt –, das würde uns für die drei Jahre, die wir überbrücken müssten, schlappe 6,2 Millionen Euro kosten. Dann machen Sie doch Vorschläge, wo das an anderen Stellen im Rheinland-PfalzTakt weggenommen werden soll. Das ist doch für uns überhaupt nicht kompensierbar, abgesehen einmal davon, dass wir für diese Finanzierung nicht zuständig

sind. Das wäre genauso, als wenn wir demnächst sagen: Wir finanzieren den Bau von Bundesautobahnen, weil der Bund kein Geld mehr hat. Dann übernehmen wir das großzügig.

(Pörksen, SPD: Genauso ist das!)

Das können wir nicht ersetzen.

(Licht, CDU: Sie müssen schon genau zuhören, Frau Kollegin, was der Herr Kollege Henter eben gesagt hat!)

Nein, das können wir nicht ersetzen. Herr Kollege Licht, was noch bitterer ist, ist das Problem, wir wollten eigentlich vor allen Dingen auf der Moselstrecke zusätzliche Verbesserungen im Rheinland-Pfalz-Takt durch ein ergänzendes Angebot ab 2015. Was passiert jetzt? Diese schnelle Verbindung kommt durch den Wegfall dieses Fernverkehrsangebots ab 2015 nicht mehr zustande, egal ob das Land zusätzlich etwas anbietet oder nicht. Sein Angebot steht. Wir haben aber nur noch die Hälfte davon.

Sie kennen doch das Problem, jedenfalls alle, die sich mit dem Bahnfahren beschäftigen: Wenn Kunden, weil sich das Angebot über einen längeren Zeitraum verschlechtert, erst einmal abgesprungen sind, kommen sie so schnell nicht mehr auf das Angebot der Bahn zurück.

Ich verstehe auch die Verärgerung in unserem Nachbarland Luxemburg. Der dortige Infrastrukturminister hat zu Recht gesagt, dass auf den deutschen Nachbarn in Sachen Bahnverkehr kein Verlass mehr ist. Warum? Weil die Luxemburger gerade viel Geld in den Ausbau der Strecke zwischen Trier und Luxemburg investieren. Von daher ignoriert die Bahn völlig die Bedeutung des Fernverkehrs für die Großregion. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das ist für uns nicht akzeptabel. Ich sage es deshalb noch einmal, es wäre sehr viel ehrlicher gewesen, wenn der Bund gesagt hätte: Diese Verpflichtung des Grundgesetzes gilt für uns nur noch in sich wirtschaftlich rechnenden Regionen; wir gehen diese Verpflichtung gerade im ländlichen Raum, da wo wenig Menschen leben, nicht mehr ein. – Jetzt zu sagen, das Land solle kompensieren, ist eine Verhöhnung der Zuständigkeiten.