Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, ich stimme mit Ihnen darin überein, dass es ein wichtiges Gesetz ist; denn es regelt die wichtigste finanzpolitische Aufgabe, die wir in den nächsten Jahren haben werden. Ich sage ganz deutlich, ja, wir stehen zur Schuldenbremse. Wenn wir das nicht wollten, hätten wir es auch nicht in die Verfassung geschrieben, Herr Kollege Weiland.

Wenn Sie sich den Entwurf des vorliegenden Haushalts betrachten, sehen Sie, dass wir bis zum Jahr 2013 mehr als eine halbe Milliarde Euro konsolidieren. Das ist eine Herkulesaufgabe, die niemandem in diesem Hause leichtfällt und die auch auf viele Schultern verteilt ist; denn unter dem Motto: „Sparen und keiner merkt‘s“ ist das nicht zu machen.

Wir bekennen uns also zu diesem Weg. Wenn wir konsolidieren wollen, müssen wir die richtigen Maßnahmen ergreifen, und dafür haben wir in den letzten Wochen – letztmalig gestern – sehr viele Schläge bekommen. Wir haben sehr viele Interessenvertreter auf den Plan gerufen, aber wir haben volles Verständnis dafür.

Herr Finanzminister Dr. Kühl hat gestern noch einmal darauf hingewiesen, dass die Gesetzgebung, was das Dienstrecht anbelangt, auch mit der Haushaltskonsolidierung zusammenhängt. Dass wir dafür keine Blumen

ernten können und dafür auch einen entsprechenden Widerstand bestehen müssen, ist auch klar. Deswegen habe ich es am Anfang als wohltuend empfunden, dass in der Debatte ein sachlicher Ton eintritt; denn ganz gleich, wo wir unsere Schwerpunkte setzen und wie wir zu Einzelfragen stehen, wir werden den Kopf hinhalten müssen.

Meine Damen und Herren, wir halten den Kopf hin gegenüber unseren Beschäftigten, denen wir einiges zumuten müssen, aber auch gegenüber dem starken Feuerwehrverband, der zur Kenntnis nehmen darf, dass wir in den letzten Jahren sehr viel für die Feuerwehren in diesem Land getan haben, und der auch anerkennen muss, dass das, was im Augenblick in Planung ist, nicht dazu führen wird, dass in Rheinland-Pfalz mehr Häuser abbrennen. – Davon kann keine Rede sein, meine Damen und Herren.

Herr Dr. Weiland, wenn Sie darauf hinweisen, dass dies hoch komplexe Regelungen sind, dann haben Sie recht. Wenn Sie sagen, es müsse Transparenz eingefordert werden, sind wir genau auf diesem Weg. Deswegen werden wir dieses Durchführungsgesetz auch vorlegen, und deswegen wollen wir das Gesetz auch im Ausschuss miteinander beraten. Wenn Sie eine Anhörung beantragen, um externen Sachverstand hinzuzuziehen, dann ist dies Ihr gutes Recht. Wir werden interessiert zuhören und – wenn dies nötig sein sollte – auch den einen oder anderen Schluss daraus ziehen.

Wir konsolidieren also jetzt schon mehr als eine halbe Milliarde Euro, müssen aber konstatieren, dass diesem Land schon wieder 580 Millionen Euro aufgrund der Steuersenkungsbeschlüsse fehlen, die uns aus Berlin ereilt haben.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Frau Klöckner, gerade hat das Kabinett ein Steuersenkungsprogramm von 110 Millionen Euro beschlossen, von denen 29 Millionen Euro wieder bei unseren Kommunen hängen bleiben. Ich nenne dieses Beispiel deshalb, weil deutlich sein muss, wie schwer diese Aufgabe ist, und weil klar ist, dass die Finanzpolitik in Berlin und die Finanzpolitik in den Bundesländern, insbesondere in Rheinland-Pfalz, wie kommunizierende Röhren zusammenhängen.

Diese Diskussion führen wir schon immer: Wir haben keine großen Möglichkeiten, unsere Einnahmen zu regulieren, sondern wir müssen zur Kenntnis nehmen, was uns der Bundesgesetzgeber zugesteht. Das heißt, wenn wir konsolidieren wollen, sind wir überwiegend auf das Einsparen angewiesen.

Wir sehen langfristige Strategien. Wir führen immer wieder diese Diskussion, und Herr Dr. Weiland hat dies heute auf eine angenehm sachlichere Art und Weise getan als der finanzpolitische Sprecher seiner Fraktion zum Thema „Pensionsfonds“.

(Dr. Weiland, CDU: Das haben wir uns so aufgeteilt!)

Wir sehen, dass wir uns in diesem Bereich überaus gesetzeskonform verhalten, auch wenn der Rechnungs

hof dazu Fragen zu stellen hat. Wir verhalten uns so, wie es der Stabilitätsrat sieht,

(Glocke des Präsidenten)

und wir verhalten uns so, wie es der Bund sieht. Wir verhalten uns so wie viele andere Bundesländer auch.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Steinbach das Wort.

Meine Damen und Herren! Wir sind als GRÜNE angetreten, die Haushaltspolitik in Rheinland-Pfalz nachhaltig und tragfähig zu gestalten. Wir wollen eine nachhaltige und tragfähige Finanzpolitik mit der unterzeichneten Koalitionsvereinbarung umsetzen, und wir haben dies mit unseren Partnern der Sozialdemokratie – insbesondere mit dem Finanzminister – so vereinbart und setzen es nun institutionell und auch gesetzlich um.

Diesem Anspruch wollen wir unter anderem dadurch gerecht werden, dass wir bei der Ausführung und Umsetzung der grundgesetzlich und in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse im Vergleich zu anderen Bundesländern eine Vorreiterrolle einnehmen und mit dem Gesetz zur Ausführung von Artikel 117 der Landesverfassung für Rheinland-Pfalz den ausgeführten Grundsatz der Schuldenbremse einer konkreten Ausgestaltung zuführen wollen.

Der Beschluss über die Verfassungsänderung wurde im Landtag Rheinland-Pfalz in der letzten Wahlperiode einstimmig gefasst, und dies war auch im Sinne der GRÜNEN, obwohl wir an dieser Abstimmung damals nicht beteiligt waren. Wir hätten uns gern an dieser parlamentarischen Debatte beteiligt, und wir hätten dieser Schuldenbremse auch zugestimmt – sie bindet auch uns, und wir stehen dazu –, aber ich glaube, wir hätten an dem einen oder anderen Punkt einen etwas anderen Akzent gesetzt.

Wir sind im Übrigen der festen Überzeugung, dass auch die Mehrheit der Bevölkerung diese Regelung gutheißt. Ich nehme gern die Abstimmung in Hessen zum Anlass, die eine überdeutliche Mehrheit für die dort in der Verfassung verankerte Schuldenbremse ergeben hat. Wir haben keinen Grund, davon auszugehen, dass es in Rheinland-Pfalz zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Somit setzen wir hiermit auch einen breiten Willen der Bevölkerung um.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal daran erinnern, auf welcher Grundlage damals die De

batte im Landtag geführt wurde. Es war das Ergebnis der Föderalismuskommission II, die im Übrigen überwiegend sehr halbherzige Beschlüsse gefasst und ansonsten viele wichtige Fragen, vor allem bezogen auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen, nicht beantwortet hat, die aber mit der Neuregelung des Artikels 115 Grundgesetz eine völlige Neuausrichtung in der Frage der Zulässigkeit der Staatsverschuldung geschaffen hat.

Ich kann nicht ganz verhehlen, dass einiges an diesen Beschlüssen nicht ganz konsistent ist. So betrachte ich es nach wie vor als ziemlich fragwürdig, auf der einen Seite die Länder mit ziemlich wichtigen, bedeutsamen und auch ausgabenrelevanten Aufgaben zu befrachten – beispielsweise mit der Bildung –, aber auf der anderen Seite nicht zu sagen, in welcher Form und Art und Weise die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden können, die angemessenerweise zur Erfüllung dieser Aufgaben vorhanden sein müssen.

Das Ausführungsgesetz zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz führt nun dazu, dass das Land tragfähige und nachhaltige Haushaltspolitik gestalten und betreiben kann und es in angemessener Form seine Finanzierungskorridore und -bedarfe planen und festlegen muss. Auch der Weg in Schatten- und Nebenhaushalte ist weitgehend verbaut, soweit dies in der kameralen Rechnungslegung möglich ist.

Die Debatte damals im Landtag – ich habe sie aus der Ferne verfolgt – war konstruktiv, und sie war getragen von dem Gedanken, gemeinsam in diesem Hause eine Regelung zu finden. So, wie ich es heute in allen Redebeiträgen vernommen habe, ist dies auch bei diesem Ausführungsgesetz der Fall. Ich finde, die von Herrn Dr. Weiland aufgeworfenen Fragestellungen sind kritisch zu prüfen, und genau dafür begeben wir uns auch in ein solches ausführliches Gesetzgebungsverfahren, um dies auch entsprechend stattfinden zu lassen. Ich finde, die aufgeworfenen Fragen sind zu diskutieren.

Aber auch die Argumente, die Herr Finanzminister Dr. Kühl vorgetragen hat, sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Festlegung darauf, was eigentlich ein strukturelles Defizit ist, an dem wir uns ausrichten wollen, ist keine Festlegung, die allein vom Land getroffen wird, sondern eine Festlegung, die im Stabilitätsrat und vor allen Dingen auch im Zusammenwirken mit dem Bund getroffen wird. Daran sind wir ein Stück weit gebunden.

Der Finanzminister hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch Vorschriften der EU, vor allen Dingen im Bereich der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, und die Ermittlung der entsprechenden Kriterien dort zum Tragen kommen. Wir sind insoweit nicht völlig frei in der Abweichung, aber ich finde, wir sollten uns der von Herrn Dr. Weiland aufgeworfenen Fragestellung, was dies für uns bedeutet, in der weiteren Beratung annehmen.

Nun hat sich auch der Rechnungshof mit eigenen Denkanstößen zu Wort gemeldet, allerdings auf eine mir bislang unbekannte Art und Weise. Wir werden diese Einlassungen und auch alles Weitere, was wir an Sachargumenten vorgetragen bekommen haben, in dieser Anhörung thematisieren. Ich freue mich in diesem Sinne,

über diesen Gesetzentwurf weiter diskutieren zu können, und ich freue mich darauf, dass wir dies mit der Absicht tun, in diesem Hause eine breitestmögliche Mehrheit dafür zu erringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht erneut Herr Dr. Kühl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte keine lange Rede mehr halten, aber kurz noch einmal auf den letzten Aspekt von Ihnen eingehen, Herr Weiland, weil sonst ein bisschen der Eindruck im Raum bleiben könnte, dieses Gesetz ist so gestrickt, dass die Landesregierung sich noch irgendwo eine Lizenz zur Verschuldung ermöglicht. Ich sage Ihnen, das Gegenteil ist mit der Pensionsfondsregelung der Fall. Es ist eine Regelung, die für zukünftige Landesregierungen eine Zusatzverschuldung über den Geist der Verfassungsregel hinaus verhindert.

Ich möchte es Ihnen an einem ganz einfachen Beispiel sagen: Der Normalfall wird etwa ab 2022/2023/2024 sein, dass mehr aus dem Pensionsfonds entnommen wird, als in den Pensionsfonds eingezahlt wird, weil die Jahrgänge, die eingezahlt haben, in Ruhestand gehen, und die Beträge, die von den Aktiven eingezahlt werden, geringer sind als das, was die, die im Ruhestand sind, herausbekommen.

In Ihrem Beispiel heißt das, es wird zwar noch eine Milliarde hineingezahlt, aber es werden 1,5 Milliarden Euro ausgezahlt.

Wenn man jetzt den Pensionsfonds nicht herausrechnet, dann würde aus der Differenz zwischen 1,5 Milliarden Euro und 1 Milliarde Euro eine Erlaubnis für eine Landesregierung entstehen, sich in diesem Maße zusätzlich zu verschulden.

Unsere Regelung, die eine Analogie zwischen Einzahlungen und Auszahlungen vorsieht, verhindert, dass dieser Überschussbetrag verwendet werden kann, um noch Geld für etwas anderes zusätzlich auszugeben.

Ich würde Sie deswegen bitten, sich sozusagen nicht auf diese Argumentation festzulegen, so verführerisch sie vielleicht in der politischen Polemik an der einen oder anderen Stelle sein mag, weil ich mir wünsche, dass wir nachher am Ende gemeinsam diese Regelung verabschieden können.

Ich glaube wirklich nicht, dass wir den systematischen Fehler begehen können und sollten, für den Pensionsfonds eine andere als die von uns vorgeschlagene Regelung vorzusehen.

(Abg. Dr. Weiland, CDU, meldet sich zu Wort)

Herr Dr. Weiland, Sie haben noch 30 Sekunden Redezeit.

(Dr. Weiland, CDU: Dafür ist das Thema zu ernst. Dann besprechen wir das lieber im Ausschuss!)

Ich habe jetzt, gehört, es ist nur noch eine Sekunde. Da werden Sie keinen Wortbeitrag mehr leisten können.

(Dr. Weiland, CDU: Obwohl es eine reizvolle Aufgabe wäre!)

Damit liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.