Protokoll der Sitzung vom 19.01.2012

Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr wortreiches Geklingel hilft wenig.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Lewentz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrter Herr Abgeordneter Noss, verehrter Herr Abgeordneter Steinbach! Vielen Dank für das Lob. Das tut auch einmal gut. Wir sind wirklich bis an die Grenze dessen gegangen, was eine Landesregierung zum Abbau dieser Bereiche der Schulden ermöglichen kann. Das ist bundesweit einmalig. Ich will das gleich noch einmal mit einigen Beispielen unterlegen.

Frau Beilstein, ich kann verstehen, dass man zu dem Thema „Kommunaler Entschuldungsfonds“ versucht, eine Legendenbildung zu betreiben. Sie stehen damit ziemlich allein auf weiter Flur. Das werden gleich die Zahlen belegen.

Sie vergleichen Bund und Land – Sie wissen, dass wir ein Konnexitätsprinzip haben – und sagen dann, dass das Land an der Spitze der Bewegung derjenigen sei, die dafür sorgen, dass die Kommunen eine schlechte Finanzausstattung haben. Sie sind selbst Kreistagsmitglied. Denken Sie einmal an die alten Einzelpläne 4 zurück. Das waren doch die Hauptbereiche. Das sind alles Entscheidungen, die auf der Bundesebene zu verantworten sind.

Wenn Sie uns auf der Bundesebene behilflich sein wollen, dann sorgen Sie dafür, dass der Herr Bundesfinanzminister, die Frau Bundeskanzlerin und andere in der Gemeindefinanzkommission so entscheiden, dass bundesweit die Kommunen deutlich besser ausgestattet werden.

In der Bundesregierung gibt es auch Entscheidungen, die nicht immer nur dazu dienen, eine schwächelnde FDP an der einen oder anderen Stelle künstlich zu beatmen, indem sie zustimmen, dass die Finanzausstattung des Staates noch weiter reduziert wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Dr. Kühl hat gestern die Rahmenbedingungen für die Kommunen dargestellt. Im kommunalen Finanzausgleich gehen wir erstmals über die 2-Milliarden-Grenze. Wir

gehen auch dort deutlich nach vorne. Wir haben das Verhältnis der allgemeinen Zuweisungen zu den Zweckzuweisungen mittlerweile auf 65 zu 35 verändert. Wir sind damit dem Wunsch der Kommunen deutlich entgegengekommen. Wenn ein solcher Kommunaler Entschuldungsfonds auf 15 Jahre ausgelegt ist, ist doch klar, dass das natürlich für die Zukunft sehr hilfreich ist und damit Zukunftsgestaltung ermöglicht.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eben gesagt, dass Sie, Frau Beilstein, und die CDU in der Frage der Legendenbildung auf weiter Flur allein sind. Wir haben den Kommunalen Entschuldungsfonds mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden entwickelt.

Wir haben gemeinsam den Zeitraum von 15 Jahren definiert und festgelegt, dass diese Summe zwei Drittel der Liquiditätskredite zum Stand 31. Dezember 2009 behandeln soll. Wir haben gemeinsam festgelegt, wie wir dies finanzieren wollen. Sie müssen noch die 85 Millionen Euro Landesmittel zu dieser großen Operation Schuldenbremse mit berücksichtigen. Neben den 220 Millionen Euro, die wir Jahr für Jahr im Haushalt bis zum Jahr 2020 zurückführen werden, müssen Sie die 85 Millionen Euro noch hinzurechnen. Das sind Entschuldungsübungen für das Land und die Kommunen, die beispielhaft in Deutschland sind.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sagen, das wäre gegen die Kommunen gerichtet. Wenn ich Ihnen gleich die Zahlen nenne, die daran teilnehmen wollen, ist das eine glasklare Willensbildung.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hätte zumindest dafür, nämlich 1,3 Milliarden Euro des Landes in die Hand zu nehmen, 1,3 Milliarden Euro gemeinsam mit den Kommunen aus dem KFA zu verhandeln und dann – es sind kommunale Schulden – zu sagen, dass ein Drittel und nicht mehr die Kommunen selbst mit einbringen müssen, Worte der Anerkennung erwartet.

Meine Damen und Herren, wir hatten den Anspruch, das größte kommunale Entschuldungsprogramm in der Republik mit den Kommunen umzusetzen. Das ist uns mit diesem Kommunalen Entschuldungsfonds gelungen.

Herr Steinbach, ich bin ganz bei Ihnen. Natürlich werden wir damit nicht alle glücklich machen und alle Schulden abbauen können. Das geht über unsere Kraft. Da brauchen wir den Bund an der Seite. Da brauchen wir auch den Bund in der Steuergesetzgebung, damit dem Staat mehr Geld zur Verfügung stehen kann, um seine Aufgaben zu übernehmen.

Meine Damen und Herren, aber die Botschaft heute lautet:

1. Der kommunale Entschuldungsfonds ist planmäßig und ohne Probleme gestartet. Da hat man auch das eine oder andere gehört, ob wir das überhaupt hinbekommen würden.

2. Die Landesregierung und die Kommunen sind absolut im Zeitplan.

3. Es gibt ein sehr großes Interesse unserer Kommunen, am kommunalen Entschuldungsfonds teilzunehmen.

Ich will dafür, dass wir das erreichen konnten, an der Stelle ein deutliches Dankeschön sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innenministerium, im Finanzministerium, bei der ADD, bei den Kreisverwaltungen und bei allen beteiligten Kommunen. Da ist in den letzten Wochen und Monaten ordentlich etwas geleistet worden und muss in der nächsten Zeit noch geleistet werden.

Meine Damen und Herren, kommen wir einmal zu den Zahlen. Es ergibt sich derzeit folgende Ausgangssituation:

1.385 kommunale Gebietskörperschaften können am Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz nicht teilnehmen, weil sie im Sinne des Kommunalen Entschuldungsfonds keine Schulden haben. 1.385 Gemeinden, das will ich bewusst vorwegstellen; denn das ist eine ganz erhebliche Zahl, die immer so gerne unter den Tisch fallen gelassen wird.

(Frau Ebli, SPD: Das ist mehr als die Hälfte!)

Herr Abgeordneter Hoch hat sich bei mir einmal beklagt – er ist jetzt leider nicht da –, Andernach wäre nicht dabei und könne nicht teilnehmen. Ich fragte ihn, woran das denn liegt. Er hat gesagt, wir haben keine Liquiditätsschulden. Wir haben diese Schulden nicht. Aber wir würden trotzdem gerne in den Genuss der Segnungen des Kommunalen Entschuldungsfonds kommen. Also eine nicht ganz kleine Stadt.

(Heiterkeit bei der SPD)

834 kommunale Gebietskörperschaften können zwar am Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz teilnehmen und haben Konsolidierungsbeiträge unter 10 Euro je Einwohner und Jahr, und nur 274 kommunale Gebietskörperschaften können am Kommunalen Entschuldungsfonds teilnehmen und haben Konsolidierungsbeiträge über 10 Euro je Einwohner und Jahr.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass man über die Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz innerhalb von zwei Jahren, in einer zweijährigen Beitrittsphase, entscheiden kann. Sie wollen sicherlich wissen, wie hoch die Anzahl der Gemeinden ist, die jetzt schon fest dabei sind und bei welchen die Verhandlungen laufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie sieht denn diese von Frau Beilstein beschriebene empörte Ablehnungsfront der Kommunen quantitativ aus?

Von 82 kommunalen Gebietskörperschaften wurde bereits ein Konsolidierungsvertrag abgeschlossen. Von 652 weiteren kommunalen Gebietskörperschaften ist ausweislich des Vorliegens entsprechender Anträge ein Beitritt im Jahr 2012 noch geplant. 12 kreisfreie Städte. Wie viel haben wir im Land? – 12. Also 100 %. Fünf verbandsfreie Städte, 591 Gemeinden, 26 Verbandsgemeinden und 18 Landkreise, 18 von 24.

Die genannten Zahlen dürften noch etwas höher ausfallen, da von einer Kreisverwaltung in der Kürze der Vorbereitung für diese Rede keine abschließende Information vorgelegt werden konnte.

Also das ist doch für eine Operation dieser Größenordnung, die sehr kompliziert ist, wo mit jeder einzelnen Kommune verhandelt wird, weil wir eben nicht mit einer einheitlichen Elle dies vorgeben, sondern weil wir einzeln verhandeln, eine unglaubliche Leistung. Ich glaube, darauf können wir alle sehr stolz sei, da wir als Landesgesetzgeber, als Haushaltsgesetzgeber diese Mittel zur Verfügung stellen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal betonen, die Beitrittsphase geht bis 2013. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir weitestgehend alle Kommunen, die den Kommunalen Entschuldungsfonds in Anspruch nehmen können, auch zum Beitritt werden bewegen können. Ich lese an keiner Stelle, dass man uns Vorwürfe für den Kommunalen Entschuldungsfonds macht, ganz im Gegenteil. Auch bei vielen Begegnungen, bei Neujahrsempfängen, an anderer Stelle, wird einem immer wieder berichtet, jawohl, das sind keine einfachen Verhandlungen, wir reden über die letzten Reste der freiwilligen Leistungen, wir reden darüber, dass Gebühren erhöht werden müssen. Das kann nicht einfach sein. Aber man sagt, diese Chance, insgesamt 3,9 Milliarden Euro zu entschulden, ist richtig, wichtig, gut und in der Bundesrepublik einmalig.

Ich will an der Stelle meine Rede mit einem Blick in den „Trierischen Volksfreund“ vom 4. Januar 2012 schließen. Da hat der haushaltspolitische Sprecher der CDU – ich habe das gestern schon einmal gesagt – folgende Vorgabe an die Landesregierung gemacht: Die Union verfolge einen anderen Ansatz. Es muss einmal richtig bei Personal und Sachkosten sowie bei Zuschüssen gespart werden. – Das bekommen wir nicht zusammen mit Ihrer Rede, Frau Beilstein.

Unsere Summe, 1,3 Milliarden Euro über 15 Jahre, 85 Millionen Euro Jahr für Jahr Landesmittel neben der Reduzierung um 220 Millionen Euro im Rahmen der Schuldenbremse, die alle 101 Abgeordneten beschlossen haben. Das ist eine große, eine richtige, eine wichtige Leistung. Sowohl die Schuldenbremse als auch der Kommunale Entschuldungsfonds kommen den Menschen in Rheinland-Pfalz zukünftig sehr zugute. Das ist die Aufgabe einer Landesregierung und, davon bin ich fest überzeugt, auch des Landesparlaments.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Noss das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Minister, vielen Dank für die vorgelegten Zahlen.

Frau Beilstein, ich glaube, wenn Sie in sich gehen, werden Sie zu dem Ergebnis kommen, dass das, was Sie vorhin gesagt, nicht haltbar ist; denn die Zahlen sprechen irgendwo für sich. Sie sprechen eine ziemlich deutliche Sprache, die vielleicht auch Sie nicht einfach so verdrängen sollten.

Darüber hinaus, immer dann, wenn die CDU das Wort „sparen“ in den Mund nimmt, kann einem wirklich langsam irgendetwas überlaufen; denn, wer wollte gestern nicht sparen? – Die CDU. Wer sagt heute „mehr Geld für die Kommunen“? – Die CDU.

Sie wollen überall mehr Geld ausgeben, gleichzeitig stehen Sie an jeder Ecke und beschweren sich, dass der Landeshaushalt nicht größere Sparbemühungen unternimmt. Ich glaube, Sie sollten sich einmal überlegen, was Sie eigentlich wollen, wo Sie sparen wollen und vor allen Dingen was Ihnen der Landeshaushalt im Verhältnis zu anderen Stellen wert ist.

Dann „getrieben“. Getrieben hat uns niemand, um diese Sache zu machen; denn wir haben einige Maßnahmen im Laufe der letzten zehn, zwölf Jahre unternommen, um die Kommunen finanziell besserzustellen.

Beim Kommunalen Entschuldungsfonds hat ein Bürgermeister der CDU, Herr Matheis, ebenfalls mitgewirkt. Von daher gesehen, werden Sie zumindest dem nicht unterstellen, dass der nur schlechte Sachen macht, was Sie bei uns eben tun.

Darüber hinaus Ihre Aussage, das Land sei Hauptschuldiger an der finanziellen Situation der Kommunen. Wir haben den Vorlagebeschluss des Oberverwaltungsgerichts. Dieser sagt deutlich, wer schuld ist. Sie sagen nämlich, wenn die Sozialausgaben um 327 % und die entsprechenden Aufwüchse im kommunalen Finanzausgleich nur 25 % steigen, dann haben wir ein Ungleichverhältnis. Sie beziehen sich expressis verbis darauf, dass wir die Lasten vom Bund aufgebürdet bekommen, ohne entsprechende finanzielle Äquivalenzzahlungen zu erhalten.

Dann sagen Sie „Nachhaltigkeit“. Da ist Ihnen bereits deutlich gemacht worden, wir haben eine Nachhaltigkeit einmal darin, dass wir weniger Schulden haben. Dass neue hinzukommen können, sei dahingestellt. Das ist klar. Darüber hinaus sparen wir in den Haushalten der nächsten Jahre bei den teilnehmenden Gemeinden jeweils die Zinszahlungen. Das ist schon einiges, was die Kommunen dort sparen können.

Darüber hinaus, eines muss klar gesagt werden, der Kommunale Entschuldungsfonds ist ein ganz wichtiger Beitrag, der den Landeshaushalt bis zum Letzten beansprucht. Die Leistungen, die wir unternehmen, sind bundesweit einzigartig. Der Minister hat es ebenfalls bereits gesagt. Wir sollten dies jetzt nicht aus politischem Kalkül herunterreden.