Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

(Beifall im Hause)

Herr Kollege Bracht, Sie hatten sich zuerst zur Geschäftsordnung gemeldet.

(Bracht, CDU: Nein, zu den Legehennen!)

Das war ein Missverständnis. Das tut mir leid. Ich bin fest davon ausgegangen. Sie hatten diesen entschlossenen Ausdruck um die Augen.

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin SchleicherRothmund das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der SPD beantragt die Aussprache zur Mündlichen Anfrage Nummer 1 der Abgeordneten Noss und Hüttner zum Thema „Länderübergreifende Durchsuchungen gegen rechtsextremistische Szene“.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Wiechmann das Wort.

Herr Präsident, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt die Aussprache zur Mündlichen Anfrage Nummer 3 der Abgeordneten Frau Neuhof zum Thema „Legehennenhaltung“.

(Billen, CDU: Bravo!)

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hans Jürgen Noss und Michael Hüttner (SPD), Länderübergreifende Durchsuchungen gegen rechtsextremistische Szene – Nummer 1 der Drucksache 16/1063 – betreffend.

Wer beginnt? – Herr Hüttner, Sie haben das Wort.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Hüttner, Sie haben das Wort. Wir können uns beim Mittagessen beim Omelette dann über weitere Fragen unterhalten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“, heißt es in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Der „Internationale Tag gegen Rassismus“, den wir gestern hatten, erinnert uns daran, dieses Ideal zu fördern und zu schützen. Dieser Tag steht vor dem Hintergrund eines rassistischen Massakers.

Schauen wir einmal zurück. Wir hatten vor einem halben Jahr die Situation, dass eine Mörderbande durch Deutschland gezogen ist, die ebenfalls aus rassistischen Gründen gemordet hat. Dadurch ist eine Tatsache in Deutschland publik geworden, die man sich niemals hätte denken können. Deswegen ist sie auch im höchsten Maß zu verurteilen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es gut und wichtig, dass die gesamte Gesellschaft mit aller Vehemenz gegen den Extremismus kämpft und alle rechtlichen Möglichkeiten dazu nutzt, gegen Personen vorzugehen, die sich gegen unsere demokratische Grundordnung auflehnen.

Wir hatten in der vergangenen Woche die Situation, dass in Rheinland-Pfalz und auch in anderen Bundesländern ein riesiger Schlag gegen den Rechtsextremismus gelungen ist. In einer koordinierten Razzia sind 24 Verhaftungen vollzogen worden. 23 von diesen Menschen sind in Haft geblieben, was ausdrücklich bezeugt, dass eine hervorragende Vorarbeit geleistet wurde; denn sonst wäre der Ermittlungsrichter niemals zu dieser Entscheidung gekommen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ermittlungen in diesem Bereich sind ungemein schwierig. Von den Sicherheitsbehörden ist ein großes Engagement an den Tag gelegt worden, damit man letztendlich genau an diesen Punkt kommen konnte.

Herr Innenminister, deswegen gebührt Ihnen stellvertretend für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unser herzlicher Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz all der guten Arbeit der Polizei, des Verfassungsschutzes und aller Initiativen aus der Bürgerschaft gegen den Rechtsextremismus finden sich immer wieder neue Vereinigungen zusammen, die genau diese Straftaten begehen und, was für mich fast noch schlimmer ist, immer wieder neu junge Menschen in einen braunen Sumpf hineinziehen.

Der Innenminister hat in den letzten Tagen die aktuelle Kriminalstatistik vorgelegt. Wenn Sie in diese hineinschauen, müssen Sie leider feststellen, dass im vergangenen Jahr die Zahlen von rechtsextremistischen Straftaten um 6,5 % auf nunmehr 673 Taten gestiegen sind. Diese Situation dürfen wir nicht hinnehmen. Deswegen ist es höchst wichtig, dass wir mit einer weiteren intensiven und präventiven Art vorgehen. Nicht nur auf die Repression, sondern auch auf die Prävention muss weiter ein starker Fokus gerichtet werden.

Ich möchte von vielen guten Beispielen einmal einige wenige nennen. Ich nenne die Initiative „(R)AUSwege“, das „Netzwerk für Demokratie und Courage“, „jugendschutz.net“ oder auch die „Elterninitiative gegen Rechts“. Alle diese Initiativen leisten eine hervorragende Arbeit. Diese müssen weiter von uns gut aufgestellt werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es gut, richtig und wichtig, dass wir die Ansätze auch im Haushalt für die kommenden Jahre erhöht haben; denn nur mit einer präventiven Arbeit aus der Bürgerschaft heraus – hier bringt die Extremismusklausel die Leute eher ins Schwimmen; sie ist eher negativ zu sehen – können wir gegen den braunen Sumpf vorgehen.

Wenn wir darüber reden, müssen wir auch über das NPD-Verbotsverfahren reden. Es gibt immer wieder Leute, die das Thema mit einer gewissen Skepsis aufnehmen. Auch der neugewählte Bundespräsident hat das in seinem ersten Interview gesagt. Wir müssen die Situation sehr wohl sehen, dass wir hier eine vom Staat finanzierte Partei haben, die in aller Konsequenz gegen die demokratische Grundordnung steht. Ich kann es für mich nicht hinnehmen, dass ich Leute bezahle, die gegen die Werte des Staates stehen.

Deswegen müssen wir sehr intensiv mit sehr guten Vorbereitungen und mit großer Akribie vorgehen und dafür Sorge tragen, dass alle Sachen, die öffentlich sind, zu einem solchen Verfahren führen. Wir haben bereits vor Jahren ein Gutachten vorgelegt bekommen, das dieses belegt.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sind auf einem guten Weg. Ich fordere Sie alle auf: Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg gehen! Mit einer guten Akribie werden wir das Ziel erreichen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Lammert von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der CDU begrüßt die länderübergreifenden Durchsuchungen zeitgleich in vier Bundesländern gegen die rechtsextremistischen Personen und Organisationen ausdrücklich. Das ist ein wirklich großer und guter Erfolg unserer Polizei, des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft. Hierzu kann man nur gratulieren. (Beifall im Hause)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das konsequente Vorgehen ist die richtige Antwort auf die staatsfeindlichen und verfassungsfeindlichen Unternehmungen der rechtsextremistischen Szene.

Herr Minister, wir werden künftig bei solchen Aktionen an Ihrer Seite stehen; denn wir sind der Ansicht, dass an dieser Stelle die demokratischen Parteien in einem engen Schulterschluss zusammenstehen müssen und in diesem Bereich konsequent durchgegriffen werden muss. (Beifall im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bedauerlich ist das aktuelle Signal in der veröffentlichten Polizei- und Kriminalstatistik.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Dort ist leider eine Zunahme von politisch motivierten Straftaten aus dem Bereich des Extremismus festzustellen, und zwar eine Steigerung um 6,5 % auf insgesamt 673 Taten in ganz Rheinland-Pfalz. Bedauerlich ist auch – das ist kein Vorwurf, sondern eine nüchterne Feststellung –, dass insbesondere junge Menschen zu diesen Straftätern und Tatverdächtigen gehören. Für uns Demokraten gilt es, durch eine intensivere Aufklärungsarbeit und durch eine noch intensivere Präventionsarbeit gemeinsam dagegenzustehen. Hierfür sind Mittel eingestellt worden. Auch auf der Bundesebene sind viele, viele Mittel – rund 24 Millionen Euro – für Bundesprogramme eingestellt worden, über die der Kampf gegen Extremismus umgesetzt werden kann.

Wir müssen aber auch – Herr Minister, auch da hoffen wir auf Ihre Unterstützung, und Sie haben uns auf jeden Fall an Ihrer Seite – die Verbunddatei gegen Rechtsextremismus nutzen. Darüber hinaus müssen wir sicherlich auch die Vorratsdatenspeicherung nutzen und umsetzen. (Beifall der CDU)

Heute treffen sich die Innenminister in Berlin zu einer Sonderinnenministerkonferenz. Dort wird es sicherlich auch – Herr Kollege Hüttner hat das zuvor schon ausgeführt – Diskussionen zum NPD-Verbotsverfahren geben. Das ist kein einfaches Thema. Deshalb muss ein solches Verfahren gut und zielführend überlegt werden.

Ein Verbotsantrag und ein Verbot der NPD ist ohne Frage wünschenswert, aber Sie wissen auch, ein Verbotsverfahren ist kompliziert und juristisch äußerst verzwickt. Als vorbereitende Maßnahmen geht es jetzt zunächst einmal darum, die sogenannten V-Leute, die Verbindungsleute, abzuschalten. Das gilt für allem für die Führungsebene. Sie wissen auch, die Minister der Union haben ebenfalls beschlossen, die V-Leute aus den Führungsebenen herauszunehmen. Das ist sicherlich ein richtiger Schritt.

Das Bundesverfassungsgericht hat damals bei dem ersten Verbotsverfahren, das leider gescheitert ist, gesagt, dass V-Leute nicht in Führungspositionen dabei sein dürfen. Jetzt muss man schauen, ob V-Leute auf anderen Ebenen dabei sein können. Das wird man sicherlich in aller Ruhe besprechen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass heute auf der Sonderinnenministerkonferenz ein gemeinsamer Beschluss – auch mit den unionsgeführten Ländern – zustande kommt, um das Verfahren weiter vorantreiben zu können. In einem ersten Schritt ist zunächst zu sagen, dass die V-Leute aus den Führungspositionen abgezogen werden. Das begrüßen wir auf jeden Fall.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakt ist, dass, wie gesagt, ein neuer Verbotsantrag sehr, sehr gut begründet werden muss. Das sagt auch unsere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.

(Pörksen, SPD: So heißt die!)

Ohne Frage, ein nochmaliges Scheitern – ich meine, da sind wir uns alle einig – darf es nicht mehr geben. Es

wäre sicherlich eine Katastrophe und für die NPD ein absolut falsches Signal, wenn sie durch ein Scheitern des Verbotsverfahrens vielleicht noch geadelt und eine verfassungsrechtliche Legitimation bekommen würde.

Die NPD ist eine verfassungsfeindliche und antidemokratische Partei. Wie gesagt, die Hürden für ein Parteiverbot sind aber hoch. Deshalb gilt es, ein solches Verbot in Ruhe zu prüfen und es dann umzusetzen, so wie das im Augenblick die Innenministerkonferenz vorhat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wichtig ist, dass alle demokratischen Kräfte zusammenstehen, sich nicht auseinanderdividieren lassen und geschlossen gegen Rechtsextremismus, aber auch gegen jeglichen Extremismus vorgehen.