Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich sind die Zahlen, die die Lebensmittelverschwendung belegen, wirklich furchterregend. Mindestens ein Drittel der Lebensmittel, die weltweit für den menschlichen Verzehr hergestellt werden – ungefähr 1,3 Milliarden Tonnen jährlich –, landet im Müll. Die EU-Kommission spricht von 50 %.

Es gibt verschiedene Studien, aber wie Herr Zehfuß schon sagte, jedes Kilo ist eigentlich zu viel.

Auch wenn man die Summen anschaut, die damit jeder Haushalt in die Tonne wirft – an die 250 Euro pro Jahr –, sieht man, dieses Geld könnte für eine gute Ernährung wirklich besser eingesetzt werden.

Wir haben bald Erntedank und den Welternährungstag oder auch heute den Parlamentarischen Abend der Evangelischen Kirchen. Gerade die Kirchen, die katholische wie die evangelische, fordern ganz stark einen anderen Umgang mit Lebensmitteln und Landwirtschaft. Ich bin dem Ausschuss sehr dankbar, dass er die Anhörung zu Spekulationen durchgeführt hat. Auch das gehört in diese ganze Frage, wie man mit landwirtschaftlichen Flächen und deren Produkten umgeht.

1 Milliarde Menschen hungert, und zwar trotz – das ist wichtig – einer übermäßigen Erzeugung. Wir produzieren weit über unseren Bedarf hinaus. Dennoch haben wir erheblichen Hunger.

Wir haben gleichzeitig Fehlernährung in enormem Ausmaß. Man muss ganz klar sagen – auch das gehört zum Thema –, Überernährung ist auch unter anderem für fast zwei Drittel der Kosten im Gesundheitssystem verantwortlich, die durch ernährungsbedingte Krankheiten verursacht werden.

Wir könnten 90 % aller Diabetes-Fälle, 80 % der Herzinfarkte, 50 % der Schlaganfälle durch bessere Ernährung vermeiden. Hier wird die Dimension des Themas deutlich.

Es ist wichtig, dass Sie die ganzen im Antrag erwähnten Punkte noch einmal deutlich gemacht haben. Das deckt sich auch weitgehend mit der Haltung der Sachverstän

digen in der Anhörung. Es muss aber ganz klar sein, es müssen Schlüsse auch für die Agrarpolitik, für die Produktionsseite gezogen werden, das heißt auch für die Gemeinsame Agrarpolitik und die entsprechende Reform. Da muss politisch deutlich werden, es geht weder in Europa noch in Deutschland noch weltweit um Produktionssteigerungen. Vielmehr muss es um die Nachhaltigkeit der Produktion gehen.

Es kann nicht eine Lösung der Ernährungssituation und auch des Umgangs mit Lebensmitteln im Zusammenhang mit industrieller Massentierhaltung, mit Gentechnik, deren Risiken immer deutlicher werden, oder mit Pestiziden geben. Wir wissen, dass über 40 % unserer weltweiten Kulturfläche bereits heute beschädigt sind, und zwar durch Menscheneinwirkung. Also muss es um die Nachhaltigkeit gehen. Darum ist es auch so wichtig, dass wir bei der zukünftigen Agrarreform starke Nachhaltigkeitsaspekte setzen, was den Erhalt von Boden, Wasser und Ressourcen angeht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke. Deswegen ist die Agrarpolitik eine Chance. Das Greening ist ein solches Stichwort. Wir werden es gerade in dieser Woche wieder auf der Agrarministerkonferenz behandeln.

Aber ganz klar ist auch die Frage der Ernährungsbildung als ein Punkt in Ihrem Antrag, ein ganz elementarer Punkt. Die Kollegen von der CDU sollten vielleicht zur Kenntnis nehmen, es geht keineswegs bei uns um kurzfristige Aktionen. Das wäre vielleicht gerade im Hinblick auf die Finanzen zu dem zu sagen, was auf der Bundesebene betrieben wird, eine Kampagne „Zu gut für die Tonne“. Wunderbar! Hätten wir einmal das Geld, das für diese Kampagne, bei der alles auf die Verbraucher abgeschoben wird, hier in Rheinland-Pfalz zur Unterstützung unserer Ernährungsbildung, wären wir damit echt weit gekommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Wehner hat es schon angesprochen, heute in der Schule war der Tag der Schulverpflegung. Da wird genau das umgesetzt, was Kollegin Ahnen hier auch betreibt, nämlich die Verbraucherrichtlinie. Das machen wir ganz konsequent und setzen mit einer ganzen Reihe von Aktivitäten die Schritte voreinander, um längerfristig auch zu Strukturen zu kommen, die eine gute Ernährungsbildung und auch eine gute Ernährung in unseren Kindergärten oder Schulen, auch gemeinsam mit der Kollegin Alt, schaffen. Ich hoffe, dass wir das auch gemeinsam tun können.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1649 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Damit ist dieser Änderungsantrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1198 – unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Änderungen ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir stimmen nunmehr über den Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1221 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe nun Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zustimmung des Landtags zu dem Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Anerkennung von Ab- schlüssen, Graden und Studienzeiten im Hochschulbereich Antrag der Landesregierung – Drucksache 16/1596 –

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Conrad das Wort.

Frau Conrad, Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa:

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute legen wir dem Landtag das Abkommen zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Anerkennung von Abschlüssen, Graden und Studienzeiten im Hochschulbereich zur Zustimmung vor, bevor die Landesregierung ihrerseits ihr Einverständnis erklärt.

Mit diesem Vertrag soll die gegenseitige Anerkennung von Studienzeiten, von Abschlüssen und Graden für den Hochschulzugang oder auch für die Fortsetzung von Studien einschließlich der Promotion erleichtert werden.

Das Abkommen unterstützt damit das Ziel, Auslandsstudien und Auslandsaufenthalte zu fördern, und schafft sowohl für die Studierenden als auch für die Hochschulen größere Sicherheit und Klarheit bei der Bewertung der Zugangsvoraussetzungen oder der jeweiligen Anerkennung von Studienleistungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass Frankreich ein bevorzugtes Zielland für Auslandsstudien ist. Damit hat das Abkommen ganz praktische Bedeutung, erst recht in Rheinland-Pfalz, wo es seit Langem und traditionell sehr gute Beziehungen zwischen unseren Hochschulen und den französischen Einrichtungen gibt, insbesondere auch, aber nicht nur im Rahmen unserer Partnerschaft mit Burgund.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass dieses Abkommen damit natürlich auch ein ganz zentrales Anliegen des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrages aus dem Jahr 1963 umsetzt – wir feiern demnächst das 50-jährige Jubiläum –, weil damals bereits festgelegt worden ist, die Beziehungen unserer Nachbarländer vor allen Dingen durch die Förderung von Begegnungen und Austauschen junger Menschen insbesondere auch während der Ausbildung oder im Studium zu stärken.

Es versteht sich, dass ein solcher Staatsvertrag nur mit Einverständnis aller Länder zustande kommen kann, weil hier originäre Zuständigkeiten der Länder, nämlich die im Hochschulbereich, betroffen sind. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat das Wort Frau Abgeordnete Ganster.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Wir begrüßen das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, weil es den gemeinsamen europäischen Hochschulraum weiter zusammenwachsen lässt. Dieses Abkommen ist für uns ein klares Zeichen der Freundschaft und Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Es weist zu Recht – Frau Ministerin, Sie haben es eben genannt – auf den Beginn vor fast genau 50 Jahren hin, als am 22. Januar 1963 Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle mit dem Elysée-Vertrag die deutschfranzösische Freundschaft besiegelten.

Das heute vorliegende Abkommen ist die Weiterentwicklung und Nachfolgevereinbarung der LissabonKonvention aus dem Jahr 1997 und des BolognaAbkommens von 1999 für die Anerkennung von Abschlüssen, Graden und Studienzeiten. Dass gerade die Bologna-Reform aus dem Jahr 1999 zu überstürzt umgesetzt wurde, zeigen die Nachbesserungen, die durch das heute vorliegende Abkommen zwingend notwendig sind. (Beifall bei der CDU)

Zum Ersten werden die Bildungsabschlüsse in beiden Ländern nicht automatisch anerkannt, nur weil man sie

umbenannt und mit einem Punktesystem ausgestattet hat. Es bedarf weiterhin der bilateralen Abstimmung.

Zum Zweiten zeigt der Vertrag auch, dass, obwohl die Hochschulgrade unterschiedliche Namen tragen, die Mobilität und die gegenseitige Anerkennung trotzdem möglich sind. Das ist natürlich für uns in Rheinland-Pfalz an der direkten Grenze zu dem Nachbarland Frankreich von entscheidender Bedeutung. Diese unterschiedliche Terminologie, die wir einfach haben, gilt es jetzt durch diese klaren Absprachen zu überwinden. Wenn man nämlich in Frankreich vom Bakkalaureus spricht, von der Hochschulzugangsberechtigung, und in Deutschland vom Bachelor, dann ist damit etwas anderes gemeint, nämlich in Deutschland der erste Hochschulgrad. Das gilt es, jetzt in diesen Abkommen auch miteinander abzustimmen.

Dass die Abschaffung des deutschen Hochschuldiploms allerdings bis heute in der Wissenschaft und in vielen Wirtschaftsbereichen hier im Inland, aber auch gerade im Ausland zu Unsicherheit und Fragen nach der Qualität der neuen Abschlüsse führt, zeigt auch die gestern erst veröffentlichte dpa-Meldung, wonach ein Hochschulabsolvent der Architektur mit Bachelor-Abschluss sich nicht einfach Architekt nennen darf. Hier konnten wir gestern lesen – ich darf zitieren –: „Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz darf Absolventen eines Bachelor-Studiengangs die Eintragung in die Architektenliste verwehren.“ – Das entschied das Verwaltungsgericht Koblenz in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil.

Deshalb bleibt auch die Forderung der CDULandtagsfraktion aktuell, die international bekannten Marken der deutschen Hochschulgrade, wie zum Beispiel Diplomingenieur, wieder zuzulassen.

(Beifall der CDU)

Konkret geht es jetzt heute in diesem deutschfranzösischen Abkommen um die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, Graden und Studienzeiten im Hochschulbereich. Jedem Abschluss werden verbindliche ECTS-Leistungspunkte zugeschrieben und damit hinterlegt. Diese Vereinbarung soll der Vergleichbarkeit von deutschen und französischen Hochschulabschlüssen und damit auch der Rechtssicherheit im Hochschulwesen beider Länder dienen. Damit stellt es einen weiteren Meilenstein für den zusammenwachsenden europäischen Hochschulraum dar und macht auch deutlich, dass wir bei allen finanzpolitischen Krisen in Europa weiterhin zukunftsfähig sind und Europa wirklich auch ein Erfolgsmodell ist; denn Europa ist mehr als der Euro.

Deshalb stimmen wir heute natürlich diesem Abkommen zu und unterstützen dieses von der Bundesregierung vorgelegte und eingebrachte Abkommen.

Danke. (Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete SchleicherRothmund das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am vergangenen Wochenende fand die Gedenkfeier zur Rede von Charles de Gaulle in Ludwigsburg statt. Es war eine viel beachtete Rede von ihren Inhalten her, aber auch, weil er sie auf Deutsch gehalten hat. Er hat diese Rede vor allen Dingen an die Jugend gerichtet, die Jugend per se als Hoffnungs- und Zukunftsträger. Er hat an diesem Tag gesagt, während unsere beiden Staaten die wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit fördern werden, sollte es ihnen und der französischen Jugend obliegen, alle Kreise bei ihnen und bei uns dazu zu bestreben, engere Band zu knüpfen, einander immer näher zu kommen und sich besser kennenzulernen.

Die Staaten fördern die Zusammenarbeit, und die Jugend knüpft die engeren Bande. Das ist doch eigentlich eine sehr schöne Arbeit, die hier in den vergangenen Jahren geleistet worden ist. Wir in Rheinland-Pfalz – das ist vorhin schon angesprochen worden – sind uns unserer Verantwortung unserer unmittelbaren Nachbarschaft zu Frankreich bewusst. Wir haben viele Initiativen, Impulse und Projekte auf den Weg gebracht, um das zu unterstützen und zu unterstreichen. Wir haben bilinguale Zweige an den Gymnasien, aber auch viele grenzüberschreitende Projekte. Dieses Abkommen führt uns nun in diesem Vorhaben weiter. Es ist ausgeführt worden von der Kollegin. Ich muss das jetzt nicht noch einmal alles wiederholen, worum es da geht. Es richtet sich an den Hochschulbereich und an die Wissenschaft. Das ist sicher einmal ein Bereich, in dem Zusammenarbeit sehr gut gedeihen kann und in dem vor allen Dingen auch junge Menschen zusammenkommen. Kultur und Wissenschaft sorgen also dafür, dass die Bande weiterhin eng geknüpft werden.

Was ich jetzt nicht ganz verstanden habe, waren die Einlagen der CDU. Dass man jetzt hier bei einem Abkommen, das nun wirklich ein echter Fortschritt ist und eine gute Sache weiter voranbringt, und zwar eine gute Sache, die schon eine Erfolgsgeschichte hat – es ist ja nicht so, als wäre hier in der Vergangenheit nichts geschehen –, es dann wieder nutzt, um eine Grundsatzdebatte zu Bologna loszutreten, das finde ich bedauerlich.

(Baldauf, CDU: Es geht doch um Abschlüsse!)

Da hätten Sie vielleicht eine Aktuelle Stunde oder etwas Ähnliches einreichen können.