Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Noch ein Wort zu den Naturschutzverbänden, die am LEP ja heftige Kritik geübt haben. Wir sind, wie gesagt, ständig im Dialog auch mit denen, die Kritik üben. Das

wäre ja schlecht, wenn wir gerade mit ihnen nicht im Dialog stünden; dann könnten wir nicht voneinander lernen. Aber manche Dinge sind auch wirklich überzogen.

Ich greife ein Argument auf, dass der NABU vorgebracht hat: Wir würden zwar Gebiete schützen, in denen beispielsweise der Schwarzstorch vorkomme, was ja ehrenwert sei, man wolle aber, dass sich der Schwarzstorch in Rheinland-Pfalz auch weiter ausbreiten könne. Auch dort, wohin er sich ausbreiten könnte, dürften keine Windkraftanlagen stehen.

Meine Damen und Herren von der CDU, jetzt frage ich Sie einmal: Würden Sie so vorgehen, dass man potenzielle Ausbreitungsgebiete bestimmter zu schützender Tierarten vor der Windkraft schützt? – Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Ich glaube, das ist eine Forderung, die einfach zu weitgehend ist. Da können wir uns doch im Dialog inhaltlich miteinander unterhalten

(Glocke des Präsidenten)

und auseinandersetzen. Beide Seiten können dabei gewinnen.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Lemke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist gut, noch einige Richtigstellungen zu treffen.

Die erste, Herr Mittrücker: Ich meine, Sie haben andere Bilder benutzt, aber ich freue mich doch. Zwischen die beiden Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN passt offenbar kein Blatt Papier, und zwischen sie und die Regierung passt ebenfalls kein Blatt Papier, auch wenn Sie gern einen Keil dazwischentreiben würden.

(Dr. Mittrücker, CDU: Oh je!)

Das ist für dieses Thema eben ganz deutlich festzustellen. Deswegen begrüße ich es auch, dass die beiden Fraktionen einen neuen Antrag eingebracht haben, der zusätzlich noch einmal das stützt, was wir im Kabinett beschlossen haben, nämlich das Landesentwicklungsprogramm, über das wir uns vorhin schon intensiv unterhalten haben.

Vielleicht noch einmal einen Blick auf Ihren Antrag – Drucksache 16/1488 –. Er verdient es ja, dass wir hier nicht nur berichten, dass er im Ausschuss abgelehnt worden ist, sondern auch, warum. Nun, Gegenstand Ihres Antrags ist es, die energie- und klimaschutzpoliti

schen Zielstellungen der Landesregierung sowie die damit verbundenen Umsetzungsstrategien und -maßnahmen infrage zu stellen – wenn ich einmal so sagen darf –, ziemlich vollständig infrage zu stellen. Genau so ist Ihr Antrag aufgebaut.

Der Antrag problematisiert durchaus lösbare Fragestellungen, als wären sie im Zusammenhang mit der Umsetzung der Energiewende nicht lösbar. Ich meine, Sie tun dasselbe wie Ihr Bundesumweltminister Altmaier, der auch ganz klar und deutlich gesagt hat, wir hätten nun ja schon 25 % erneuerbare Energien in Deutschland erreicht. Eigentlich brauche man nur 35 %, also könne man mit der Energiewende jetzt aufhören. Die FDP ist so weit gegangen, dass sie das EEG abschaffen oder ein Quotenmodell zum Einsatz bringen will – also eine Deckelung –, womit die Prinzipien völlig aufgelöst würden.

(Pörksen, SPD: Da schaffen wir doch besser die FDP ab!)

Das ist es, was wir im Moment aus Berlin hören. Das sagt uns ganz deutlich: Sie stehen auf der Bremse zur Energiewende, und Ihr Antrag sagt das auch. Sie wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien auf den Ersatz der Kernkraft entsprechend der Größe und der wirtschaftlichen Bedeutung des Landes begrenzen. Das steht in Ihrem Antrag. Das heißt, Sie wollen mit dem Ausbau nicht weitermachen. Das würde diesen ganz stark begrenzen.

Eine weitere Forderung Ihres Antrags deutet genau in die gleiche Richtung. Da fordern Sie nämlich die Grundlastsicherung. Das ist nicht ausreichend. Wir brauchen Regelungssysteme, die die Dynamisierung im Regelenergiemarkt überhaupt möglich machen. Auch an dieser Stelle greifen Sie völlig zu kurz, und das wird der Dimension der Energiewende nicht gerecht. Ich will das hier noch einmal so deutlich feststellen.

(Zuruf des Abg. Dr. Mittrücker, CDU)

Wenn Ihr Antrag auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses abgelehnt wird, dann genau aus diesem guten Grund, dass Sie auf der Bremse stehen. Wir tun das nicht. Wir wollen Gas geben.

Deswegen mag ich ganz gern auch noch einen Blick auf die beiden weiteren Punkte des vorliegenden Antrags von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werfen; denn er richtet sich in die Zukunft. Er wendet sich Aufgaben zu, die wir zu lösen haben. Wir haben noch viel zu tun. Der Antrag vermittelt, wir brauchen aktiv die Entwicklung und den Bau notwendiger Pumpspeicherkraftwerke. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist eine Herausforderung hier in diesem Land.

Auch im Moment schon zeigen die beiden Träger dieser Projekte, die Stadtwerke von Mainz und Wiesbaden sowie die Stadtwerke Trier, dass sie mit den Belangen der Bürgerinnen und Bürger sehr umsichtig umgehen. Diese sind auch jetzt schon ganz weitgehend eingebunden, noch bevor die Planungen überhaupt schon richtig konkretisiert in der Schublade liegen. Das ist es, was Bürgerbeteiligung will. Das wollen wir unterstützen,

aufnehmen, was die Bürger bewegt, solange in den Planungen noch Spielraum besteht. Das haben wir ebenfalls getan und werden es weiterhin tun.

Ein weiterer Punkt ist, die Entwicklung von Projekten mit Wirtschaft und Wissenschaft, zum Beispiel „StoREgio“, in Metropolregionen voranzutreiben. Was bedeutet „StoREgio“? Das ist eine Bezeichnung für regionale Speicherkraft. Berührt sind viele technische Themen – Batterien, Gas, verschiedene Systeme –, die genutzt werden können, um regional Energie vorzuhalten.

Der Ausbau intelligenter Netze ist ein weiteres Thema – genauso wie die Potenziale des Lastmanagements zur Bereitstellung von Regelleistung –, um diese zu identifizieren und nutzbar zu machen. Das ließe sich fortsetzen.

Dann landen wir auch wieder bei der Bundesebene; denn die Bundesebene ist diejenige, die für die Weichenstellungen in der Zukunft maßgeblich die richtigen Knöpfe drücken muss, statt auf die Bremse zu treten.

Insofern ist dieser Antrag absolut geeignet, mit Blick in die Zukunft die Energiewende in Rheinland-Pfalz weiter auszugestalten. Das ist auch der Weg, den wir gemeinsam gehen sollten; denn ich glaube, ohne ein Vollziehen der Energiewende wird auch die Wirtschaft in RheinlandPfalz keine gute Grundlage haben, um gut ausgestattet in die Zukunft zu gehen. Wir machen uns ein Stück weit unabhängiger von internationalen Preiserhöhungen vor allem bei fossilen Energieträgern, die mit Steigerungen von zuletzt 24 % maßgeblich zum Anstieg der Inflation beigetragen haben.

Wenn es ein Risiko gibt, dann vor allem dieses; denn ohne Energie wird kein Betrieb in Rheinland-Pfalz auch nur irgendwie wirtschaften können. Wir wollen das auf stabile Beine stellen. Deswegen ist dieser Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, so wie er vorliegt, ein guter Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ja. Kollege Dr. Mittrücker hat das Wort für die CDU-Fraktion. Sie haben noch zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Ministerin Lemke! Sie können noch so viele Gefühlswelten verbreiten, Sie werden an der Physik und an der Technik einfach nicht vorbeikommen. Das ist elementar festzuhalten. Deswegen haben wir mit den Themen „Grundlast“ und „Regellast“ genau das aufgegriffen, was zwingend notwendig ist, was in der Vergangenheit aber vonseiten der SPD, der GRÜNEN und auch

von Ihnen, dem Ministerium, nicht hinreichend genug bedacht worden ist.

Sie müssen sich auch einmal vorstellen und uns hier im Plenum sagen, Frau Lemke: Wie viel Prozent der derzeit verbrauchten Kilowattstunden im Jahr müssen Sie, wenn Sie das Ganze bilanziell machen wollen, entweder zukaufen oder durch zusätzliche Grundlastkraftwerke sichern? – Auch diese Zahl ist uns nicht bekannt. Das ist eine elementare Zahl.

Herr Dr. Braun, Sie sagen: Wir haben uns vorbereitet, was die Netze angeht. – Sagen Sie uns doch einmal, warum dann die Elektroversorgungsunternehmen im Norden und im Süden einen Bedarf von jeweils 60 Millionen Euro bis 70 Millionen Euro für einen gerechten Umbau der Netze prognostizieren, wenn diese nach Ihrer Meinung schon jetzt ausreichend vorhanden sind.

Das kann nicht sein, weil die Zuwachsraten und die Standorte der regenerativen Energiegewinnungsanlagen überhaupt noch nicht exakt fixiert sind. Deswegen können sie auch noch nicht abschließend ein Netz gemacht haben. Das ist alles entscheidend.

Um dies zu gewährleisten, muss man Hand in Hand gehen und darf nicht alles freigeben, weil das physikalische Grundsätze sind, die wir alle zu beachten haben.

(Glocke des Präsidenten)

Wenn wir Gänsehaut bekommen, wenn wir Teilmengen formulieren, ist das nicht die richtige Art und Weise, mit dem Thema umzugehen. Wir bleiben bei der sachlichen Diskussion in der Bewertung der Netze und der entsprechenden Leistungen. Das ist für uns elementar und wichtig.

(Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Mittrücker, Sie haben das noch einmal angesprochen. Deswegen möchte ich es noch einmal klarstellen. Ich habe doch nicht gesagt, dass die Netze alle schon ausgebaut sind. Ich habe gesagt, die Nord-Süd-Netze, die in der Bundesrepublik ausgebaut werden müssen, betreffen zum Teil auch das Land Rheinland-Pfalz. Dort, wo sie das Land Rheinland-Pfalz treffen, sind sie zum Teil schon ausgebaut, oder sie laufen auf den Stromtrassen, die schon bestehen.

Das heißt, wir werden nicht die Probleme wie Thüringen und andere Länder bekommen, die neu trassieren müssen. Das heißt aber nicht, dass Netze, wenn große Anlagen neu gebaut werden, nicht entsprechend moderni

siert werden müssen. Es gibt ohnehin bei den Netzen einen Modernisierungsbedarf. Natürlich müssen wir die Netze im digitalen Zeitalter auf den Stand der Technik bringen. Das wird die Netzbetreiber viel Geld kosten. Sie können damit auch Geld verdienen. Das ist das Modell. Natürlich müssen diese das auch tun. Wir befürworten, dass die Netze modernisiert werden.

An der einen oder anderen Stelle wird noch ein Umspannwerk dazukommen müssen. Darüber hinaus wird auch an der einen oder anderen Stelle ein Einspeisepunkt für Windkraftanlagen errichtet werden müssen. Das sind doch keine Teufelsdinge. Das sind Dinge, die Ingenieure – Sie wissen das – berechnen und vollziehen können. Das können wir doch aber nicht für die nächsten 20 Jahre im Parlament festlegen. Ich gebe zu, dass ich kein Ingenieur bin. Ich habe Politologie studiert. Deswegen sehe ich es vielleicht nicht genau so wie Sie.

Wir wollen politisch eine Diskussion führen und die Rahmenbedingungen setzen, dass diese Netze ausgebaut werden können. Sie werden auch mit RWE sprechen. Im Norden von Rheinland-Pfalz gibt es nicht solche großen Probleme wie in anderen Bundesländern. Im Süden von Rheinland-Pfalz haben wir mit den Pfalzwerken eine andere Problematik. Wir befinden uns aber auch da im Dialog.

Man muss aber auch sagen, dass in der Vergangenheit zu wenig in die Netze investiert wurde. Das liegt zum Teil an der Bundespolitik. Jetzt muss nachgeholt werden. Das weiß doch jeder von seinem eigenen Stadtwerk her, dass nicht so viel investiert wurde, wie eigentlich in den meisten Stadtwerken hätte investiert werden müssen. Wenn die Netze noch funktionieren, wird man nicht unbedingt in die Erneuerung gehen.