Wir wollen die Erbschaftsteuer erhalten, aber wir wollen auch eine ungerechtfertigte Vermeidung bekämpfen und ihr gesetzlich begegnen. Dadurch sorgen wir insgesamt für eine gerechte Lastenverteilung dessen, was staatliche Finanzierungsquellen anbelangt, und wir sorgen für eine angemessene Umverteilung von oben nach unten und nicht andersherum. Genau dies ist unser Ziel in der Steuerpolitik, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Legislaturperiode hat die Große Koalition in Berlin ein neues Erbschaftsteuergesetz auf den Weg gebracht. Dies war – wie so oft – ein Kompromiss, und ich sage ganz ausdrücklich, es war und ist ein guter Kompromiss. Wenn ich mir etwas wünsche, dann dies, dass wir diesen Kompromiss hochhalten.
Wir können nun alle Debatten, die wir damals geführt haben – damals waren die GRÜNEN noch nicht in diesem Parlament vertreten –, noch einmal wiederholen. Damals waren die Positionierungen von Union und SPD schärfer, als dies der Kompromiss nachher ergeben hat. Aber in einem so wichtigen Punkt wie der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen ist es erforderlich, Rechtssicherheit dadurch zu schaffen, dass man zu einem Kompromiss, den man einmal gefunden hat, steht
und man, wie Herr Ministerpräsident Beck dies vorhin auch betont hat, keine unnötigen Gräben aufreißt und für Scherben bei den Unternehmen sorgt.
Ich möchte an dieser Stelle allerdings auch die grundsätzlichen Überlegungen, die uns damals geleitet haben und die vielleicht jetzt auch die Junge Union leiten, einmal kurz darlegen. Ich möchte unsere Jugendorganisation, die sich solche Gedanken macht, weiß Gott nicht im Regen stehen lassen; denn wir müssen eines deutlich machen: Wir müssen eine Balance schaffen zwischen einer gerechten Besteuerung insbesondere auch der Leistungsfähigen einerseits und dem Ziel andererseits, Unternehmen, Arbeitsplätze, Investitionen und all das, was dazu gehört, an die deutsche Volkswirtschaft zu binden. Wir haben in Rheinland-Pfalz zum Glück sehr große Familienunternehmen, für die die Erbschaftssteuer natürlich ein Aspekt ist.
Ich finde, grundsätzlich haben wir in Deutschland ein Problem. Wir sehen die Debatte immer vom Erben her. Insoweit scheint es so, als sei es ein unverdientes Einkommen – schließlich hat man nichts dafür geleistet –, und als könne man es ohne Schaden für die Leistungsbereitschaft des Erben gut besteuern, vielleicht noch viel höher, als es jetzt schon der Fall ist.
Ich würde die Debatte gern auch einmal aus dem Blick des Erblassers verfolgen. Die Erbschaftsteuer hat auch Auswirkungen auf den Erblasser. – Nun werden Sie vermutlich sagen, dass stimmt nicht; denn er ist ja schon tot; sonst käme es nicht zum Erbfall. Aber dies ist aus meiner Sicht eine naive Sichtweise.
Wenn sich jemand in seinem Leben dazu entschieden hat, dass er Vermögen hinterlassen möchte, dass er Vermögen vererben möchte, dann wird er auch schon zu Lebzeiten auf eine Erbschaftsteuer reagieren. Er wird reagieren, wenn es ihn als Normalsterblichen betrifft, aber er wird auch reagieren, wenn er ein großes Familienunternehmen hat. Wie gesagt, einer der größten Steuerzahler dieses Landes sind die Familienunternehmen, und darauf sind wir stolz. Dann sind spektakuläre und mögliche Fälle von Auswanderung aus steuerlichen Gründen sicherlich nur die Spitze des Eisberges.
Das heißt, Steuern sind notwendig. Sie sind ein notwendiges Übel. Wir halten den Kompromiss ausdrücklich hoch, weil wir sagen, auch Erbschaften, auch Schenkungen müssen besteuert werden.
Aber zu hohe Steuereinnahmen sind ein Gift für unsere Volkswirtschaft, für jede Volkswirtschaft, und sie sind ein Gift für die Staatsfinanzen, weil sie zu Ausweichreaktionen führen. Was zu hohe Steuersätze bedeuten, sehen wir gerade in Frankreich. Dort steht der Sozialist Hollande vor einem Scherbenhaufen seiner Politik, weil ihm die ganzen zahlungskräftigen Bürger davonlaufen. Umgekehrt sehen wir aber auch, was eine gute Steuerpolitik in der Bundesrepublik Deutschland bewirken kann: Dass die Steuereinnahmen in diesem Land sprudeln, verdanken wir in erster Linie dem Fleiß und dem Ideenreichtum unserer Bürgerinnen und Bürger, aber eben auch einer klugen und richtigen Steuerpolitik der Großen Koalition, wenn es um die Erbschaftsteuer geht, aber ganz aktuell auch von Schwarz-Gelb in Berlin.
Lassen Sie uns also den im Jahr 2007/2008 gefundenen Kompromiss zum Erbschaftsteuergesetz hochhalten und nicht über neue Steuererhöhungen sprechen.
Ich habe gestern der Presse entnehmen können, dass sich die zukünftige designierte Ministerpräsidentin darüber Gedanken macht. Ich sage einmal ganz ungeschützt, als Sozialministerin war sie uns teuer, aber als Ministerpräsidentin wird sie beweisen müssen, dass sie sparen kann. Den Haushalt mit Steuerhöhungen zu sanieren, das wird nicht funktionieren.
(Beifall der CDU– Ministerpräsident Beck: Oh Herr, lass‘ Abend werden; denn Morgen wird von selber!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über die Erbschaftsteuer diskutieren, möchte ich dies auch einmal in dem Rahmen darstellen, in dem sich diese Steuer präsentiert. Einige Zahlen wurden bereits genannt.
Wir müssen feststellen, dass etwa 60 % des Vermögens in der Bundesrepublik Deutschland bei etwa 10 % der besonders Reichen liegt. Wir müssen des Weiteren feststellen, dass etwa 200 Milliarden Euro pro Jahr weitervererbt werden, Tendenz steigend, und in diesem Zusammenhang etwa 4 Milliarden Euro Erbschaft- oder Schenkungsteuer anfallen. Das sind, heruntergebrochen auf Rheinland-Pfalz – diese Zahl ist mehrfach genannt worden –, 200 Millionen Euro.
Wenn man sich einmal die Prozentzahl vor Augen hält, wie viel denn tatsächlich an diesem Erbe versteuert wird, dann reden wir von noch nicht einmal 2 %.
Herr Kollege Schreiner hat den internationalen Vergleich mit Blick auf Frankreich zitiert und die Steuersituation dort dargestellt. Wenn wir die Situation einmal lediglich im Bereich der Erbschaftsteuer betrachten, müssen wir feststellen, in der Bundesrepublik Deutschland wird gar nicht so viel Erbschaftsteuer erhoben. Nur 0,18 % des Bruttoinlandsprodukts wird bei uns im Bereich der Erbschaftsteuer anfallen, in Frankreich ist es doppelt so hoch und in anderen europäischen Staaten noch mehr. Dies bedeutet, wir haben in der Bundesrepublik Deutschland mit Sicherheit kein Problem der Höhe nach.
Sie wollen an dieser Stelle auch noch die Einnahmen des Landes Rheinland-Pfalz um eine Größenordnung von 200 Millionen Euro reduzieren. Sie sprechen nämlich davon, dass Sie zu einem Kompromiss stehen.
Lieber Herr Kollege Schreiner, wir haben an der Stelle auch die Aufgabe, dafür zu sorgen – und zwar als Landesparlament –, dass Korrekturen in Berlin vollzogen werden.
Nicht umsonst haben 13 von 16 Bundesländern festgestellt, dass der Weg, wie er bei der Großen Koalition gewählt wurde, ein schlechter Kompromiss ist, weil sich zu viele Schlupflöcher aufgetan haben.
An dieser Stelle muss es dann auch darum gehen, dass diese Schlupflöcher geschlossen werden. Nichts anderes besagt die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Steuergesetz 2013, das die Bundesregierung gerne erlassen will. Übrigens hat sich die Bundesregierung in ihrer Feststellung dazu eher positiv geäußert, dass eine Korrektur erforderlich wäre. Allerdings ist es in der Umsetzung des Steuergesetzes nicht erkennbar.
Wenn jetzt Cash GmbHs, also Gesellschaften, die keinen anderen Sinn haben, als Vermögen zu parken, sich als Schlupfloch aufgetan haben und große Vermögen sozusagen an der Erbschaftsteuer vorbeijongliert werden, dann mag das den einen oder anderen, der besonders hohe Vermögen hat, freuen. Aber das hat mit Sicherheit nichts mit Steuergerechtigkeit zu tun, wenn bei dieser Art und Weise besondere Vermögensarten privilegiert werden.
Ich möchte das herunterbrechen. Wir reden hier nicht über das kleine Häuschen der Oma, um das es geht. Da sind die Freibeträge viel zu hoch. Wir reden hier über richtig große Beträge. Wenn wertvolle Immobilien beispielsweise in der Weise angehäuft wurden, dass sich jemand das über seine Lebensleistung erworben hat, okay, dann zahlt er auch bei entsprechender Größenordnung Erbschaftsteuer.
Aber derjenige, der vielleicht im Rahmen seiner Vermögensverwaltung eine Cash GmbH gegründet hat, ist in der Lage, seine Erben als Erblasser zu schützen, indem er denen sozusagen die Erbschaftsteuer durch diese Gründung erspart hat.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, die letzten drei Redebeiträge haben gezeigt, dass es bei der Frage der Erbschaftsteuer im Wesentlichen um eine Frage der Steuergerechtigkeit geht. Es geht um eine Frage, welche Rolle die Erbschaftsteuer in einer sich demografisch wandelnden Gesellschaft hat, und es geht um die intergenerationelle Gerechtigkeit und den Beitrag, den die Erbschaftsteuer dazu leisten kann.
Die nächsten zehn Jahre werden die letzten Jahre sein, in denen uns die geburtenstarken Jahrgänge für den Arbeitsmarkt erhalten bleiben. Die Alterskohorte der jetzt 38- bis 50-Jährigen ist im Schnitt 1,1 Millionen bis 1,5 Millionen Personen stark, und die Alterskohorte der jetzt 20- bis 38-Jährigen liegt im Schnitt 30 % darunter.
Das kann doch für die Finanzpolitik und für die Frage, wie das Gemeinwesen funktioniert, nur bedeuten, dass der jetzige Fokus, der stark auf die Einkommensbesteuerung gerichtet ist, umgelegt werden muss auf eine Besteuerung, die den demografischen Wandel mit berücksichtigt.
Ich glaube, deswegen ist es schon richtig, dass man über die Frage spricht, wie das Zusammenwirken der Generationen finanzpolitisch ausgestaltet ist und welche Rolle die Erbschaftsbesteuerung und – ich ergänze – die Vermögensbesteuerung spielen.
Um gewisse Missverständnisse gar nicht aufkommen zu lassen, möchte ich – ich denke, im Namen aller Jüngeren in diesem Hause – sagen, dass wir Anlass zu Dank für das haben, was uns von den vorhergehenden Generationen übertragen und überlassen worden ist. Natürlich die Sicherheit, natürlich der Frieden. Aber bei allen Diskussionen über Bildungspolitik müssen wir doch festhalten, unsere Großeltern haben uns ein Bildungssystem überlassen, von dem sie in existenzieller Not nicht glaubten, es uns irgendwann einmal geben zu können.
Aber zur Auseinandersetzung der Generationen über Finanzpolitik gehört sicherlich auch die Feststellung, dass in den letzten Jahrzehnten eine Finanz- und Steuerpolitik betrieben worden ist, die ihre Versprechungen nicht hat einhalten können. Es war eine Politik, die von dem Gedanken geprägt war, in guten Zeiten müssen wir die Steuern senken und in schlechten Zeiten die Ausgaben erhöhen.
Die Steuersenkungen waren immer mit der Hoffnung verbunden, sie würden sich selbst refinanzieren. Man senkt die Steuern, es generiert sich Wachstum, und am Ende werden die Einnahmen steigen. Es war, wie wir wissen, ein Irrglaube über Jahrzehnte mit dem Ergebnis, dass wir heute über 2.000 Milliarden Euro Schulden reden, mit dem Ergebnis, dass wir jeden Tag eine wachsende öffentliche Verschuldung und gleichzeitig jeden Tag eine Zunahme privaten Vermögens haben, das zudem sehr asymmetrisch verteilt ist.
Wenn wir dies nicht korrigieren wollen, dann laufen wir in das hinein, was viele auch befürchten, nämlich eine Gesellschaft, die völlig auseinander driftet. Wenn wir es
korrigieren wollen – diese Entwicklung wollte keiner durch die Steuerpolitik erzeugen –, dann brauchen wir eine Erbschaftsteuer. Dann muss sie gelebt, und sie muss auch vollzogen werden; denn sie ist das Instrument, eine Entwicklung zu korrigieren, die über Jahrzehnte in eine falsche Richtung gelaufen ist.
Wir brauchen die Erbschaftsteuer für die Haushaltskonsolidierung, weil wir gerade dann, wenn die Einkommensbesteuerung nicht mehr im Zentrum stehen kann, wir andere Formen der Besteuerung stärker in den Fokus stellen müssen, um die öffentlichen Ausgaben finanzieren zu können.
So muss angesichts der Haushaltssituation in Europa jedoch auch gesagt werden, wir können uns doch gar nicht den Luxus erlauben, öffentlich über die Abschaffung von Steuern zu sprechen. Es ist sowieso schon erstaunlich, dass wir in der jetzigen Situation bundesweit ernsthaft über neue Steuersenkungen debattieren sollen. Ich hoffe, dass das im Vermittlungsausschuss nicht zu entsprechenden weiteren Einnahmeverschlechterungen führen wird.