Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank für die sehr sachliche Diskussion; denn das Thema betrifft viele Menschen in Rheinland-Pfalz. Ich will den Blick über die Landeshauptstadt hinaus bis nach Rheinhessen und in die Region Bad Kreuznach ausweiten.

Das, was wir alle an Rückmeldungen bekommen, zeigt, dass die Menschen sehr erbost und ein Stück weit perspektivlos sind, weil sie wissen, wie am Schluss Zielmargen in Frankfurt sein können: weit über 700.000 Flugbewegungen. – Wir wissen, wo wir jetzt sind. Wenn man sich diesen Zuwachs nur vorstellen möchte, dann muss man verrückt werden, wenn ich das einmal so sagen darf.

Von daher ist das Stichwort „gerechte Verteilung“ und auch die Frage, ob man Obergrenzen hinbekommen kann, sehr bedeutsam. Wenn wir über den Fluglärm reden, will ich nur daran erinnern, es gibt viele Menschen, die fühlen sich von Straßen- oder Bahnlärm und anderen Dingen sehr stark beeinträchtigt, auch gesundheitlich beeinträchtigt. Deshalb ist das eine große Aufgabe für ein Landesparlament und eine Landesregierung, noch dazu unter Berücksichtigung der Nachbarregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der Homepage des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung ist der Planfeststellungsbeschluss dargestellt. Ich will Ihnen zwei Absätze eines Textes vorlesen: Gemäß Ziffer 5 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main vom 18. Dezember 2007 können verspätete Starts zwischen 23:00 Uhr und 00:00 im Einzelfall durch die örtliche Luftaufsichtsstelle genehmigt werden, wenn die Verspätung auf Gründen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des jeweiligen Luftverkehrsunternehmens liegen. –

Nächster Absatz: Zwischen 23:00 Uhr und 05:00 Uhr finden entsprechend des Beschlusses des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2011 keine planmäßigen Flugbewegungen statt. – Wenn ich Bürger

wäre und das lesen würde, würde ich sagen: Gut, bis 23:00 Uhr achten sie sehr darauf, dass wenig geschieht, und zwischen 23:00 Uhr und 05:00 Uhr findet nichts statt.

Ich habe Ihnen vorhin die Zahlen genannt, die in der Aufaddition zwischen 23:00 Uhr und 05:00 Uhr 822 bedeutet haben. Für wenige Monate hat die Zahl zwischen 22:00 Uhr und 22:59 Uhr bei 12.187 und von 05:00 Uhr bis 05:59 Uhr bei 7.584 gelegen. Ich glaube schon, dass ein Bürger in einem solchen Ballungsgebiet durchaus den Anspruch erheben kann, dass er sich Nachtruhe von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr vorstellt, mindestens allerdings von 23:00 Uhr bis 05:00 Uhr und auch einen Anspruch darauf hat. Die vielen Maschinen, die zwischen dieser Zeit fliegen, das muss die Bürgerinnen und Bürger umtreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe in Beantwortung einer Kleinen Anfrage noch einmal deutlich zur Südumfliegung Stellung bezogen. Wir haben dazu auch Gutachten in Auftrag gegeben. Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit, schwere Flugzeuge bereits jetzt über den Umweg auf der Südumfliegung zu führen, da die anderen Kapazitäten bisher nicht ausgenutzt werden. Es werden Umwege produziert, Flüge über Mainz und Rheinland-Pfalz dadurch organisiert. Es werden Sicherheitsaspekte, die man beleuchten könnte, nicht beantwortet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Möglichkeiten. Das will ich betonen. Früher hieß es immer, es sei alles alternativlos, was dort organisiert wird. Nichts ist alternativlos, ganz im Gegenteil, das haben wir über Gutachten gezeigt.

Es muss die Bürgerinnen und Bürger umtreiben, wenn man dann in einem Zeitungsartikel mit der Überschrift „Der Flughafenausbau und die Kultur“ lesen darf, dass es offenkundig Möglichkeiten gibt, Flüge zu verhindern.

(Frau Schmitt, SPD: Das ist wahr!)

Dort ist Folgendes niedergelegt, was ich gerne zitieren würde. Es geht um das Rheingau-Musikfestival: „Klar, große Stars sind im Rheingau schon gelandet. Aber das Engagement für den Flughafen hat noch einen anderen Grund. Schließlich ist das Festival nur durch Sponsoren möglich. Und unter den Geldgebern sind die Lufthansa und auch der Flughafenbetreiber Fraport.“

„Für uns ist der Flughafen als Sponsor ungeheuer wichtig, und dann gibt es viele Firmen, die unmittelbar durch den Flughafen ihr Geld verdienen, wie die Wisag zum Beispiel oder andere große Logistikfirmen“, sagt der Festivalmanager Michael Herrmann.

Der Firmengründer der Wisag – das Dienstleistungsunternehmen ist am Flughafen gut im Geschäft – ist ein Freund von Michael Herrmann und Mitbegründer des Rheingau-Musikfestivals. Der wird zitiert. Das ist ein Herr Claus Wisser. Der sagt – da würde ich als Bürger verrückt werden –: „‘Auch überm Rheingau gibt es schon relativ viel Fluglärm, so dass wir für wichtige Konzerte manchmal auch schon gebeten haben, die Flugrouten zu ändern, das ist uns auch schon ein paarmal gelun

gen‘. „Musikgenuss ganz ohne Fluglärm. Welch ein Einsatz für die Kunst!“‘

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was soll man dem Bürger noch erklären, wenn solche Aussagen vorhanden sind, dass, wenn man Geld in ein Unternehmen gibt, man offenkundig das verändern kann, was man einer Landesregierung immer verweigert hat, und zwar mit immer fast amtlich anmutenden Begründungen. Das ist ein Verhalten, das der Bürger als Schlag ins Gesicht empfinden muss. Das zerstört die Restakzeptanz für ein solch großes Unternehmen und einen solchen Flugbetrieb.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen bin ich dankbar, dass wir hier zusammenstehen. Wir stehen für die Bürgerinnen und Bürger in Mainz und in der Region Rheinhessen bis nach Bad Kreuznach ein. Das müssen wir beibehalten; denn es wird noch ein langer Kampf, denn in den Bilanzen ist der Weg weit über die 700.000 Flugbewegungen hinweg angelegt. Es ist eine Aktiengesellschaft, die natürlich diesen Weg gehen will, da damit Geld verdient werden kann.

Ich bin sehr dankbar, dass Frau Kollegin Höfken über die Lärmmessstation einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, dass wir uns argumentativ gut aufstellen können, diskutieren und inhaltliche Begründungen zum Schutz unserer Bevölkerung vorlegen können.

Von daher freue ich mich sehr, dass wir im Rahmen der Aussprache die Gelegenheit hatten, auf das eine oder andere Gemeinsame einzugehen. Solange es Unternehmen gibt, die mit Geld offenkundig dort etwas verändern können, muss Politik auch in der Lage sein, für die Bürgerinnen und Bürger etwas zu erreichen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank.

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Hüttner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Reichel, es ist zunächst einmal sehr positiv, dass wir zu dem Grundthema einvernehmlich stehen, nämlich die Menschen besser zu schützen. Aber ich habe auch die Bitte – das ist von Frau Blatzheim-Roegler schon angedeutet worden –, dass Sie sich aktiv darum bemühen. Das gilt sowohl in Berlin, gilt aber insbesondere auch in Hessen. Das ist insgesamt notwendig.

Ich möchte ein herzliches Dankeschön an die Bürgerinitiativen richten, die einen guten Job machen. Quasi jeder Stadtteil in Mainz hat eine eigene Initiative, manchmal mit anderen Ansätzen, aber mit im Großen und Ganzen gleichen Ansätzen. Das ist auch bei vielen Orten in Rheinhessen so, zumindest bei denen, die betroffen sind, ob das die Südumfliegung oder die Ostanfliegung ist.

Hier sind Fachleute am Werk, die dezidiert mit dem Thema umgehen und uns letztendlich mit Argumenten bestücken, damit wir in den Argumenten nachlegen können.

Die Bürgerinitiativen fordern eine Flugmengenbegrenzung. Das ist absolut nachvollziehbar; denn man hat den Eindruck, man wird nicht mehr ernst genommen.

Wenn Sie sich im Internet anschauen, wie die Flugspuren sind, und auch andere Flughäfen in Deutschland betrachten, dann glauben Sie, fast der gesamte Flugverkehr sei in Frankfurt vereint. Ob das Hamburg, oder München ist, ich habe sie mir alle angeschaut: In Frankfurt fliegen sie im 30-Sekunden-Takt,

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 20 Sekunden!)

in den anderen Flughäfen dauert es etliche Minuten, bis das nächste Flugzeug kommt.

Insoweit muss endlich etwas geschehen und nicht dieses An-der-Nase-herumführen, das hier abläuft, wenn man versucht, mit Kleinigkeiten etwas zu erreichen.

Wir brauchen eine Veränderung auf der Ebene des Bundes, was die Gesamtheit betrifft, wir brauchen aber noch viel mehr. Das Thema muss in Hessen richtig platziert werden. Hier gilt noch einmal die Bitte an Sie: Gehen Sie auf die Kollegen in Hessen zu. Das ist sehr wichtig. Es kann nicht sein, dass jede Nacht diese Ausnahmen laufen. Darüber hinaus muss es geschehen – das hat das Gericht gesagt –, dass in den weiteren Randstunden reduziert und nicht bis 23:00 Uhr voll geflogen wird.

Es ist wahnsinnig wichtig, dass die Hessische Landesregierung endlich auch für die Gesundheit der Menschen in der Region eintritt.

(Glocke der Präsidentin)

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) , Zukunft und Reform der Erbschaftsteuer – Nummer 3 der Drucksache 16/1769 – betreffend, auf.

Herr Kollege Steinbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Staatssekretär hat es vorhin ausgeführt, die Erbschaftsteuer – Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer eigentlich – bringt dem Landeshaushalt rund 200 Millionen Euro jährlich. Das ist ein wichtiger Grund und der wichtige Anlass, warum wir uns mit ihr hier näher beschäftigen; denn sie steht in Rede.

Durch die Vorlage des Bundesfinanzhofs an das Bundesverfassungsgericht besteht dringender Handlungsbedarf, hier bei dem, was der Herr Staatssekretär vorhin vorgetragen hat, Änderungen vorzunehmen.

Ich bin sehr dankbar, dass wir mit der Initiative des Landes im Bundesrat einen Vorstoß auf Bundesebene erreicht haben, um diese wichtige Einnahmequelle für das Land zu sichern. Wenn wir bei den sogenannten Cash GmbHs keine Begrenzung und keine Eindämmung vornehmen, dann droht dieser Steuer, dann droht dieser Einnahmequelle schlimmstenfalls das Aus.

Offensichtlich nehmen manche in der Bundesregierung gern und billigend in Kauf, dass die Erbschaftsteuer auf diese Art und Weise durch die kalte Küche erledigt wird, und in manchen Bereichen wird sogar offensiv gefordert, dass die Erbschaftsteuer abgeschafft werden soll. Dies will ganz offensichtlich die Junge Union. Die Jugendorganisation der CDU möchte, dass wir auf 200 Millionen Euro Einnahmen verzichten. Wir wollen das nicht. Wir wollen, dass starke Schultern mehr tragen als schwache, und wir wollen, dass große Vermögen angemessen zur Finanzierung des Staates beitragen sollen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben schon einmal im Haushalts- und Finanzausschuss über dieses Thema gesprochen. Es gab eine vorgelagerte Debatte, und dort haben wir ausdrücklich darüber geredet, dass es nun auch einer Positionierung der CDU, insbesondere der CDU im Land RheinlandPfalz, bedarf, wie sie denn zu dieser Erbschaftsteuer steht. Darum hat sich die CDU im Land bislang geschickt herumgedrückt, zu Deutsch, sie hat diese Frage einfach nicht beantwortet. Daher stelle ich Ihnen coram publico, in diesem Plenum, die Frage: Wie positioniert sich die CDU im Lande Rheinland-Pfalz zur Forderung nach einer Abschaffung der Erbschaftsteuer? – Dazu möchte ich hier und heute endlich einmal eine Antwort hören, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Kommen Sie mir bitte nicht mit den aufgewärmten Geschichten, welche Belastungen für die Unternehmen dies angeblich darstelle. Herr Staatssekretär Dr. Barbaro hat es ausgeführt: Der Bundesfinanzhof hat überhaupt nicht feststellen können, dass darin eine außerordentli

che oder gar unverhältnismäßige Belastung für die Unternehmen bestehen würde und es in irgendeiner Weise Arbeitsplätze gefährden würde. Das ist eindeutig im Urteil nachzulesen. Offensichtlich scheint Ihnen auch nicht bekannt zu sein, welche Positionierung die Unternehmensverbände zur Reform der Paragraphen 13a und 13b des Erbschaftsteuergesetzes eingenommen haben. Sie stellen sich nämlich keineswegs dagegen und sagen, das wollen wir nicht, sondern sie fordern nur, dass man darauf achten solle, dass das betriebsnotwendige Vermögen dabei geschont wird. Das ist die Position der Unternehmensverbände. Das, was Sie – zumindest in Berlin – immer wieder in die öffentliche Debatte einbringen, hat damit sehr wenig zu tun.

Ich halte es nach wie vor für richtig, dass wir schonend mit dem Betriebsvermögen umgehen; denn wir wollen nicht die Existenz von Unternehmen und Betrieben in der Unternehmensnachfolge gefährden. Dafür haben wir entsprechende Regelungen vorgesehen, die ich auch für sinnhaft halte. Aber die Erbschaftsteuer insgesamt ist eine wichtige Einnahmequelle für das Land und im Übrigen auch für die Kommunen, die Ihnen doch angeblich so am Herzen liegen, und deswegen wollen wir sie erhalten.