Protokoll der Sitzung vom 15.06.2011

„Umgang der rot-grünen Landesregierung mit den Vertretungslehrkräften in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/25 –

Frau Dickes, Sie haben das Wort. Die Redezeit beträgt in der ersten Runde fünf Minuten und in der zweiten Runde zwei Minuten je Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, mit Ihrer freundlichen Genehmigung möchte ich mit einem Zitat von der Homepage unseres Ministerpräsidenten beginnen. Zum einen finde ich es sehr aussagekräftig, und nach den Emotionen bei der Debatte, die wir soeben geführt haben, ist es vielleicht auch ein Grund für den Ministerpräsidenten, dass er sich einmal in Zurückhaltung bei den Zwischenrufen üben kann.

Herr Ministerpräsident Beck führt auf der Homepage aus:

Wir wollen gute und sichere Arbeitsplätze für alle. Die SPD-geführte Landesregierung steht an der Seite der Beschäftigten und macht sich für den Erhalt zukunftsfester Arbeitsplätze stark. –

Herr Ministerpräsident und Frau Ministerin Ahnen, ich würde Ihnen ein Gespräch mit jungen Menschen empfehlen, die gerade auch da oben zuhören, die verzweifelt sind, weil sie nicht wissen, wie es ab dem 1. Juli mit ihnen weitergeht, die bis heute keine Antwort haben, die bis heute nicht wissen, ob sie dann nach einer Woche Sperre von Hartz IV leben oder weiter an Schulen unterrichten dürfen, die dringend auf sie angewiesen sind.

(Beifall der CDU)

Genau solche Betroffenen können viel eindringlicher das klarmachen, was uns alle beschäftigt, genauso die Briefe, die uns täglich von Menschen erreichen, die einfach nicht mehr wissen, wie es mit ihrem Leben weitergeht.

Ich möchte hier aus einigen dieser Briefe zitieren, die wir alle – sicherlich auch Sie von den regierungstragenden Fraktionen – erhalten haben. Ich zitiere aus einem Brief, der mich sehr berührt hat:

Ich bin verwitwet, habe drei minderjährige Kinder und unterrichte nunmehr seit elf Jahren, davon vier Jahre an der Realschule plus X. Ich bin eine von 2.700 betroffenen Vertretungslehrern, die dem rot-grünen Bildungswahnsinn zum Opfer fällt und wohl nun künftig auf der Straße stehen wird. Ich soll nun das Feld räumen, obwohl an unserer Schule weiterhin Bedarf besteht.

(Frau Klöckner, CDU: Unglaublich!)

Ich habe mit einem jungen Lehramtsstudenten gesprochen, der kurz vor dem Examen steht und bereits im Januar von der ADD einen Vertrag bekommen hat, dass er zum 02.05. eine Vertretung übernehmen soll für eine Lehrerin, die in Mutterschutz geht.

Als er am 02.05. in die Schule kam, wurde ihm gesagt, tut uns leid, wir haben gerade einen Anruf bekommen aus dem Ministerium. Sie dürfen nicht anfangen. Für den jungen Mann sind das acht Stunden weniger, in denen er Geld verdienen kann. Aber für die Schüler an dieser Schule sind das zwei Klassen, die bis zu den Sommerferien keinen Mathematikunterricht mehr haben. –

Es gibt einen weiteren Brief, in dem steht: An unserer Schule – Ganztags- und Schwerpunktschule – gibt es momentan neun Klassenleitungen, von denen fünf einen Zeitvertrag haben. Ich selbst bin im August vier Jahre Vertretungslehrerin. Wir werden schlecht bezahlt und müssen jetzt noch bangen, überhaupt weiterbeschäftigt zu werden. Von festen Stellen können wir wohl weiterhin nur träumen. –

Mag sein, Frau Ministerin, dass die Opposition Sie nicht immer so versteht, wie Sie das wünschen. Ich frage Sie: Versteht Ihre Basis Sie? Versteht die Basis, dass man als rot-grüne Landesregierung so mit den Ängsten von Beschäftigten umgeht? Oder schneidet es vielmehr tief ins sozialdemokratische Herz, wenn man, wie Sie, als

Arbeitgeber agiert? – Ich jedenfalls nenne es verantwortungslosen Umgang von Dienstherren mit Lehrern,

(Beifall der CDU)

von Dienstherren, die vor der Wahl gesagt haben: Wir brauchen mehr Lehrer, wir brauchen mehr Vertretungsverträge. Deswegen haben wir auch den Pool in den ersten Monaten ziemlich weit ausgeschöpft.

(Frau Ebli, SPD: Sie nicht!)

Vor allem brauchen wir natürlich auch keinen Vertretungslehrerpool. Das war Aussage in den Haushaltsdebatten.

Jetzt ist nach der Wahl eine neue Zeitenwende eingetreten. Jetzt brauchen wir plötzlich weniger Lehrer. Wir brauchen weniger Vertretungskräfte, aber einen MiniPool. Das ist wie im Schwimmbad auch, in einem MiniPool lässt sich nicht so entspannt schwimmen.

(Pörksen, SPD: Seien Sie vorsichtig mit Vergleichen!)

Ich schließe eine Frage des vlbs-Vorsitzenden, Herrn Brenken, an, wie bei einer Einsparung von Lehrkräften der Unterrichtsausfall zum Beispiel bei den berufsbildenden Schulen von 5,9 % reduziert werden soll.

Wir haben noch vor der Wahl – das ist sehr sinnvoll – die Seminarkapazitäten erhöht, um künftig mehr Lehrer zu haben. Nach Aussage der Verbände höre ich jetzt, dass wir nach den Sommerferien zum Beispiel im Bereich der Realschulen genau sieben dieser fertig ausgebildeten Lehrer einstellen wollen. Die restlichen können dann über PES-Verträge arbeiten. Auch das ein Umgang mit Schülern und Lehrern.

Aber zur Beruhigung für die Übrigen: Laut einer Veröffentlichung des Landeselternbeirats nach einem Gespräch mit Ministerin Ahnen hat die Ministerin offensichtlich gesagt, sie dürfen dann über PES auch arbeiten, schlecht bezahlt und ohne Verlässlichkeit, aber zumindest qualitativ gut ausgebildet.

Aber im Mittelpunkt von allem stehen unsere Schüler, Frau Ministerin.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Unsere Schüler müssen das, was Sie hier an Personalpolitik betreiben, später ausbaden. Dazu komme ich dann in der zweiten Runde.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Brück das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich zu Beginn klar und deutlich sagen:

Bildungspolitik ist und bleibt der politische Schwerpunkt im Land Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heiterkeit und Zurufe von der CDU)

Das war in der Vergangenheit so, und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Wir haben im Koalitionsvertrag viele Punkte zur Weiterentwicklung im Bildungsbereich erarbeitet, die sowohl den Schülerinnen und Schülern als auch den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern und Schulträgern unmittelbar zugutekommen,

(Licht, CDU: Wenn Sie mit jedem Schwerpunkt so umgehen, oje!)

und das bei rückgehenden Schülerzahlen.

Wir haben großen Respekt und große Wertschätzung vor den schwierigen Bildungsaufgaben, die die Lehrkräfte heutzutage haben. Engagierten Lehrerinnen und Lehrern gilt unser Dank und unsere Anerkennung. Lehrkräfte sollen wertschätzende Arbeitsbedingungen haben.

(Beifall und Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU: Eben!)

Deshalb sind von den mehr als 36.000 Lehrerinnen und Lehrern im allgemeinbildenden Bereich mehr als 30.000 verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer. Die Landesregierung ist dabei immer bemüht – trotz der gesellschaftlichen und bildungspolitischen Veränderungen –, die Rahmenbedingungen für den Lehrerberuf attraktiv zu halten. Rund 17.000 Lehramtsstudierende und rund 2.900 Lehramtsanwärter sprechen eine klare Sprache.

Auch in Zukunft werden in unserem Land Lehrkräfte gebraucht. Allein für das kommende Schuljahr werden zum 1. August rund 350 bis 400 Lehrerinnen und Lehrer auf Beamtenstellen, also auf Planstellen, neu eingestellt. Das haben Sie vollkommen ignoriert, Frau Dickes.

(Licht, CDU: Wie viel scheiden aus?)

Nun kommt aufgrund der Erkenntnisse aus den Überprüfungen der Vertretungskräfte der Vertretungspool mit 200 weiteren unbefristeten Planstellen für das ganze Schuljahr, also 100 jetzt zu Beginn für das nächste Schulhalbjahr, hinzu. Das bietet jungen Menschen eine gute Perspektive und Schulen eine verlässliche Vertretungspraxis.

Zudem senken wir die Klassenmesszahl in einem ersten Schritt in der Grundschule auf 24 Kinder in der 1. Klasse. Das wächst dann Jahr für Jahr auf. Die Senkung auf 25 Kinder in der Orientierungsstufe, in den Gymnasien und in den Integrierten Gesamtschulen wird ebenfalls kommen analog zur Realschule plus. Das ist eine gute Grundlage für eine noch bessere individuellere Förderung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Da können Sie einmal schauen, in welchem Bundesland das noch gemacht wird. Da sind wir mit Hamburg an vorderster Front.

(Licht, CDU: Jetzt kommen Sie einmal von der Theorie zur Praxis, Frau Kollegin!)

Trotzdem kann ein so großes System nur funktionieren, wenn man auch Vertretungslehrkräfte für einen flexiblen Einsatz hat. Diese Vertretungskräfte sind sehr wichtig und leisten sehr wertvolle Arbeit;

(Licht, CDU: Beschreiben Sie jetzt einmal die Praxis, nicht die Theorie!)

denn eine bedauerliche, plötzliche und längerfristige Erkrankung, eine Abordnung oder die Zeit des Mutterschutzes sowie der Elternzeit lassen sich anders kaum regeln. Deswegen sind Vertretungsverträge von ihrer Natur her befristete Verträge. Mit Wegfall des Vertretungsgrundes endet dann natürlich der Vertrag.

Das Ministerium hat nunmehr die Praxis der Vertretungsverträge überprüft. Warum? Weil die Ausgaben hierfür in den letzten Jahren immer stärker angestiegen sind,