Protokoll der Sitzung vom 06.06.2013

Sie sagt: „Das ist ungefähr so, als wenn ein Stuttgarter oder Wolfsburger Kraftfahrzeughersteller nebenher Autobahnen bauen und nur noch für die eigenen Modelle die Asphaltdecke freigeben würde, und für die anderen tut es auch die Schotterpiste.“ – Ich meine, das trifft den Kern ziemlich genau. Wir kommen genau in diese Problemlagen, wenn wir keine Verantwortung, auch keine Finanzierungsverantwortung, des Bundes in diesem Bereich in der nächsten Zeit bekommen werden; denn der Markt wird es in diesem Bereich nicht richten. Die Finanzierung des Ausbaus der Netze muss meiner Meinung nach sichergestellt sein. Wir leisten unseren Beitrag dazu, aber das muss auf der Bundesebene genauso geschehen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ist Ausschussüberweisung beantragt? – Nein, dann kommen wir direkt zur Abstimmung. Wir stimmen über den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Digitale Teilhabe gewährleisten – Netzneutralität gesetzlich festschreiben“ – Drucksache 16/2386 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir stimmen über den Alternativantrag der Fraktion der CDU „Netzneutralität schützen“ – Drucksache 16/2411 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Kostenanalyse für die umfassende Einführung der freien Heilfürsorge bei der rheinland-pfälzischen Polizei Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2207 –

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die Fraktion der CDU spricht Herr Abgeordneter Lammert.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in RheinlandPfalz werden in puncto Krankenversicherung unterschiedlich behandelt. Beamtinnen und Beamte der Bereitschaftspolizei haben einen Anspruch auf die sogenannte freie Heilfürsorge, also auf eine kostenlose medizinische Versorgung. Dagegen müssen sich die Beamtinnen und Beamten des polizeilichen Einzeldienstes und der Kriminalpolizei zu 50 % privat versichern, und 50 % der Behandlungskosten werden durch die Beihilfe erstattet. Hierdurch entstehen einem Polizeibeamten oder einer Polizeibeamtin im Einzeldienst und der Kriminalpolizei nicht unwesentliche monatliche Mehrkosten durch die private Krankenversicherung. Das ist der aktuelle Sachstand.

Schon seit Längerem gibt es vonseiten der Polizeigewerkschaften die Anregung, die freie Heilfürsorge auf den gesamten Bereich der rheinland-pfälzischen Polizei auszuweiten. Das haben wir gerne bereits im Oktober 2012 im Rahmen unserer Woche der Inneren Sicherheit aufgegriffen und uns damit schon thematisch beschäftigt, weil wir im Zuge dieser Woche mehrfach darauf angesprochen wurden. Aktuell ist es wohl so, dass es in acht Bundesländern und auf der Bundesebene die freie Heilfürsorge gibt. In Hamburg haben alle Polizeigewerkschaften ebenfalls Bestrebungen unternommen, die freie Heilfürsorge auch in diesem Bundesland wieder einzuführen.

Es gibt Studien in einigen Bundesländern, unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Danach ist die freie Heilfürsorge für die Länder günstiger als die Ausgaben, die durch die Zahlung der Beihilfen entstehen. Beispielsweise hat der Landesrechnungshof in Baden-Württemberg in einem Bericht im Jahr 2008 festgestellt, dass die Ausgaben je Berechtigtem für die freie Heilfürsorge unter den Ausgaben liegen, die das Land für seine aktiven Beamtinnen und Beamten im Bereich der Beihilfe leistet. So lagen in BadenWürttemberg die Kosten für die freie Heilfürsorge gegenüber den Beihilfekosten um jährlich rund 390 Euro pro Polizeibeamten günstiger.

Man fragt sich: Wieso ist das in Baden-Württemberg so? Wenn man sich den dortigen Bericht des Landesrechnungshofes anschaut, kann man feststellen, dass sich die Sätze, nach denen Heilfürsorgeleistungen abgerechnet werden, an den Vergütungssätzen der Ersatzkassen für vertragsärztliche Leistungen orientieren. Diese sind in der Regel geringer als die Sätze, die die Ärzte den beihilfeberechtigten Privatpatienten in Rechnung stellen können.

Dann gibt es noch eine Vereinbarung. Bei den Medikamenten gewähren die Apotheken im Land BadenWürttemberg beispielsweise einen Rabatt, den die beihilfeberechtigten Beamten nicht erhalten. Sprich, die Beamten, die einen Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, haben in diesem Bereich ebenfalls einen größeren Vorteil. Es gibt auch Vereinbarungen mit der Apothekerkammer, dass für mehrere Medikamente ein größerer Bestand angelegt wird, sodass auch in diesem Bereich durchaus Ausgaben gedeckelt werden könnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesen Gründen halten wir eine Kostenanalyse für angebracht, im Rahmen derer geprüft werden soll, ob nicht nur durch eine umfassende Einführung der freien Heilfürsorge auch in Rheinland-Pfalz für alle Beamtinnen und Beamten der rheinland-pfälzischen Polizei Gleichberechtigung unter den Polizeibeamtinnen und -beamten geschaffen werden kann, sondern dabei am Ende vielleicht sogar ein Einsparpotenzial für das Land herauskommen könnte. Das wäre dann im Übrigen ein wirklicher Sparansatz und würde vielleicht tatsächlich – darüber haben wir heute schon mehrfach diskutiert – zu einer Entlastung des Haushalts führen. Das wäre dann ein konkreter Vorschlag, wenn sich diese Annahme bewahrheiten sollte. Genau wissen wir das aber nicht.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es bei dem heutigen Antrag nicht – deshalb will ich heute nicht über die vielen Pro-Gründe, aber auch nicht über den einen oder anderen Kontra-Grund, den es sicherlich gibt, diskutieren – um die Einführung oder Ablehnung der freien Heilfürsorge geht, sondern es geht vielmehr um eine seriöse Kostenanalyse, um eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile, um eine Evaluation des bestehenden Systems der Krankenversicherungsversorgung bei der Polizei.

(Beifall der CDU)

Wie gesagt, die Bedenken sind mir bekannt. Diese wurden auch schon im Ausschuss vorgetragen. Es geht

zunächst um die Kostenanalyse. Eine solche Analyse kann eine Oppositionsfraktion nicht umfänglich leisten. Selbst die Landesregierung hatte durch Herrn Staatsminister Lewentz auf eine Kleine Anfrage meiner geschätzten Kollegin Brigitte Hayn im Juli 2011 geantwortet, dass hierfür umfangreiche Ermittlungen und Berechnungen anzustellen wären und im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht beantwortet werden können. Das sagt im Grunde genommen schon alles. Wir brauchen eine umfängliche Kostenanalyse.

Vor dem Hintergrund haben wir gestern beim Landesgesetz zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts nicht darüber diskutiert. Auch dort gibt es unter den Begründungen den Passus, dass man dies in separaten Gesprächen tun und dort auch Prüfungen vornehmen bzw. Gespräche vorantreiben will. Wir wollen das aber endlich einmal auf die Schiene setzen,

(Pörksen, SPD: Das kommt leider zu spät!)

dass die umfängliche Analyse vorwärtskommt. Wir werden dann Daten und Fakten haben und das entsprechend ausweisen können.

Vor dem Hintergrund würden wir uns freuen, wenn dieser Antrag, der durchaus seriös ist und von den Gewerkschaften mitgetragen wird, heute Ihre Zustimmung bekommen würde.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hüttner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die freie Heilfürsorge ist bei allen Polizeien in allen Ländern und auch in Rheinland-Pfalz schon immer ein Dauerthema. Deswegen bin ich sehr froh, dass das Innenministerium bereits vor Monaten einen Prüfauftrag, über den wir heute auch reden, an den Landesrechnungshof vergeben hat und das Thema, das diskutiert wird, bereits erledigt ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, Sie kommen zu spät oder wollen sich noch auf ein Pferd schwingen, das schon lange gesattelt ist und längst den Stall verlassen hat.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Weiland, Sie schwören doch sonst immer auf den Landesrechnungshof. Was ist jetzt los?

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Vordergründig betrachtet, könnte man bei dem Gedanken der freien Heilfürsorge auf die Idee kommen, das sei

uneingeschränkt etwas Gutes, weil die Polizeibeamtinnen und -beamten dabei Geld sparen. Die freie Heilfürsorge hat auch andere Seiten. Die freie Heilfürsorge in Baden-Württemberg – das wurde von Herrn Lammert zitiert – hatte übrigens den Prüfauftrag, ob man sie wieder abschaffen sollte. Dann hat man gesagt, es macht keinen Sinn, sie abzuschaffen. Alle anderen Länder haben ganz verschiedene Ergebnisse erhalten. Wenn man diese Situation betrachtet, muss sie sehr spezifisch sein; denn es ist dann für das Land interessant, wenn wenig Kosten für die Polizeibeamtinnen und -beamten im Sinne der Krankheitskosten und der Beihilfe entstehen. In Baden-Württemberg hat man insgesamt ca. 1.500 Euro ausgerechnet.

Damit das System genau passt, bedarf es der Überprüfung. Dabei gibt es verschiedene Arten. Mache ich das in einem Vertragsarztsystem, über die Kassenärztliche Vereinigung, oder suche ich mir ein separates System, das in der Sache passen könnte. Es muss aber flächendeckend sein. Das, was wir heute bei der Bereitschaftspolizei haben, kann nicht funktionieren.

Es gibt einen weiteren Punkt, den man sehen muss. Mir sagen die Fachärzte von der Bereitschaftspolizei, dass man bei der Bereitschaftspolizei insbesondere deswegen viel Geld spart, weil die Medikamente so gut eingekauft werden können. Das lässt sich aber nicht so einfach umsetzen; denn der Mann oder die Frau, der oder die irgendwo zum Arzt geht, muss die Medikamente bekommen. Das heißt, das muss zeitnah laufen. Auch wenn Baden-Württemberg eine Vereinbarung getroffen hat, muss man den Sturm der Apotheker in der Sache auch sehen.

Wenn Sie die Situation der Polizeibeamtinnen und -beamten im Einzelnen sehen, dürfen Sie diese Seite der Medaille nicht verlassen; denn diese haben heute alle die freie Arztwahl. Sie können sich auch einen zweiten oder dritten Arzt der gleichen Kategorie aussuchen. Das ist bei der freien Heilfürsorge nicht der Fall.

Sie müssen die Situation betrachten, dass auch eine Beamtin oder ein Beamter einmal in den Ruhestand geht. Das bedeutet in der Konsequenz, dass man sich dann privat versichern muss. Um überhaupt genommen zu werden, ist es erforderlich, eine Anwartschaft abschließen. Diese ist nicht gerade kostengünstig, weil die Krankheitskosten mit dem Alter immer weiter steigen. Die privaten Versicherungen nehmen nicht unbedingt einen leicht oder stark erkrankten Menschen im Alter von 60 Jahren gern auf. Auch das sind Kosten, die Sie für die Polizeibeamtinnen und -beamten sehen müssen.

Außerdem muss man die Situation in der Familie betrachten, zum Beispiel ob der Partner arbeitet, wie viel Geld er verdient und ob die Kinder separat versichert werden müssen. Auch das sind sehr differenzierte Berechnungen, die nicht nur Vorteile in der Sache bringen. Man sollte auch sehen, dass die Beamtin oder der Beamte Vorteile bei den Wartezeiten hat und manche Medikamente oftmals sehr günstig sind. Wenn die Beamtin oder der Beamte Zusatzleistungen abgeschlossen hat, müssen diese auch bezahlt werden. Ansonsten wird eine Zusatzversorgung benötigt, die auch wieder Kosten verursacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, die Medaille hat mehrere Seiten.

Herr Lammert, Sie haben den großen Vorteil angesprochen, den man in Baden-Württemberg errechnet hat. Dort spricht man davon, dass man im Landeshaushalt bei 25.000 Polizeibeamtinnen und -beamten 2 Millionen Euro bis 3 Millionen Euro sparen könnte, wenn diese mit 10 % anteilig beteiligt sind. Das sind bei einer Summe von 1.500 Euro und 25.000 Polizeibeamtinnen und -beamten 4 Millionen Euro.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Die Medaille hat mehrere Seiten. Diese sollen von allen Seiten beleuchtet werden. Deswegen macht es durchaus Sinn, im Ausschuss über den gemeinsamen Auftrag, den das Land schon herausgegeben hat, weiter zu diskutieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Steinbach das Wort, der damit beweist, dass es vorhin nicht seine letzte Rede war.

Es tut mir leid, manche Erwartungen enttäuschen zu müssen. Ich komme ganz kurz zu dem Zwischenruf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war der Zwischenruf nach dem Motto, dürfen die denn das. Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. In § 88 Abs. 3 Landeshaushaltsordnung steht: „Der Rechnungshof äußert sich auf Ersuchen des Landtags oder der Landesregierung gutachtlich zu Fragen, die für die Haushalts- und Wirtschaftsführung von Bedeutung sind.“ – Dazu gehört auch ein solcher Auftrag. Damit dürfte die gesetzliche Grundlage klargestellt sein. Dann kann ich sie auch wieder weglegen.

Meine Damen und Herren von der CDU, der vorliegende Antrag „Kostenanalyse für die umfassende Einführung der freien Heilfürsorge bei der rheinland-pfälzischen Polizei“ begehrt, eine Kostenanalyse durchzuführen, die die Wirtschaftlichkeit für die kostenfreie Heilfürsorge untersuchen soll. Dem ist zunächst einmal nicht zu widersprechen. Das Anliegen ist keineswegs verkehrt, die Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Es ist allerdings an dieser Stelle darüber zu sprechen, unter welchen Rahmenbedingungen eine entsprechende Prüfung stattfinden soll.

Der Antrag benennt eine unterschiedliche Behandlung zwischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei der Bereitschaftspolizei und den anderen Beamtinnen und Beamten und nimmt das als Anlass dafür, diese Untersuchung zu begehren. Der Antrag begehrt zu prüfen, dass alle Beamtinnen und Beamten im Polizeidienst die freie Heilfürsorge erhalten sollen. Dabei ist unter dem Aspekt der Gleichbehandlung infrage zu stellen, inwieweit beispielsweise dabei auch Verwaltungstätigkeiten

und Vollzugsdiensttätigkeiten voneinander getrennt oder abgegrenzt werden.

Ergänzend zu dem Ansinnen der CDU würde ich den Prüfungsauftrag dahin gehend erweitern wollen, dass mindestens auch geprüft wird, ob der reine Polizeivollzugsdienst und möglicherweise auch der uniformierte darin anders zu behandeln ist.

Weiter fordert der Antrag ganz generell eine Kostenanalyse. Ich bin mir nicht ganz so sicher, wie ich den Begriff verwerten soll bzw. welchen Kostenbegriff die CDUFraktion verwendet. Meinen Sie die mittelbaren Ausgaben des Landes oder sämtliche Aufwendungen des Landes? Ich glaube, wir müssen im Prüfungsauftrag sehr präzise arbeiten, um dann ein sehr vernünftiges Gutachten oder ein gutes Ergebnis dabei herauszubekommen. Ich finde, darüber kann man reden. Das ist alles eine Frage der Erklärung des Begriffs. Ich glaube, von daher kann man das ergänzen.

Ich bin ein bisschen skeptisch, ob der Antrag so unvoreingenommen eine Prüfung verlangt oder ob nicht darin gleich eine Präferenz zum Ausdruck kommt, es tatsächlich einzuführen. Ich finde, wir sollten uns mit aller Objektivität der Prüfung gegenüberstellen und rational über dieses Ergebnis reden.