Protokoll der Sitzung vom 03.07.2013

In vielen Fällen ist es allerdings notwendig, dass zum Schutz der Person selbst oder auch zur Feststellung der Gewahrsamsfähigkeit eine einfache körperliche Untersuchung durchgeführt werden muss, die eine ärztliche Inaugenscheinnahme darstellt. Diese bedarf aber derzeit der richterlichen Bestätigung. Das stellt insgesamt einen Widerspruch in sich dar. Das heißt, die Person wird in der augenblicklichen Situation in Gewahrsam genommen und durch den Arzt untersucht. Während die Ingewahrsamnahme am nächsten Morgen nicht mehr bestätigt werden muss, da die Person bereits entlassen ist, muss die einfache körperliche Untersuchung durch den Arzt noch vom Richter bestätigt werden. Hier ist ebenfalls eine Anpassung gegeben.

Auf den sechsten Punkt wird Frau Kollegin Raue noch intensiver eingehen. Wir werden regeln, dass bei der Quellen-TKÜ in Zukunft die Anordnung durch den Richter statt wie bisher auf drei Monate auf zwei Monate verkürzt wird. Das gilt gleichermaßen auch für eine potenzielle Verlängerung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesen Änderungen und Anpassungen verfolgt der Gesetzentwurf weiterhin das Ziel, das POG im Sinne der Sicherheit anzupassen. Dadurch wird der Polizei ermöglicht, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, nämlich die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und die vorbeugende Verbrechensbekämpfung erfolgreich wahrnehmen zu können. Ich bin für eine Überweisung und spätere Zustimmung sehr dankbar.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und des BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Lammert von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ende 2011 hatten wir das letzte Mal das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz verändert, damals auch einvernehmlich. Heute liegt uns ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zum POG vor, der in weiten Teilen Änderungen, überwiegend eine Rechtsanpas

sung, vornimmt, die zu einer Aktualisierung des POG beitragen. Grundsätzlich sind viele Dinge absolut unproblematisch und zustimmungswürdig. Es gibt aber einen Punkt, den wir etwas kritischer sehen.

Ich möchte vielleicht kurz auf die einzelnen Regelungen eingehen. Herr Kollege Hüttner hat es kursorisch getan.

Zunächst § 15 des POG. Dort wird im Rahmen des Verfahrens bei Freiheitsentziehung auf das Gesetz in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen. Hier fehlt letztendlich der Verweis, dass die Gerichtskosten ebenfalls über dieses Gesetz abgearbeitet oder abgerechnet werden können. Das ist eine sinnvolle Regelung, bei der Zustimmung absolut angebracht ist.

Auch bei der Änderung des § 18, in dem der richterliche Vorbehalt in Bezug auf körperliche Eingriffe vorgesehen wird, ist es richtig, dass man dies auf den körperlichen Eingriff beschränkt und es nicht zu einem Wertungswiderspruch, zu einer Ingewahrsamnahme, kommt und man sagt, dass nur bei einem körperlichen Eingriff dieser richterliche Vorbehalt zum Tragen kommt.

Ebenso die Versteigerung, die Sie angesprochen haben. Es ist sicherlich eine sinnvolle Regelung, dass man zukünftig bewegliche Sachen auf eine Versteigerungsplattform stellt. Diese Möglichkeit gibt es schon in anderen Ländern, wodurch höhere Gewinne erzielt werden. Wir wissen, die Bedeutung des Internetverkaufs ist größer. Vielleicht kommen viele nicht zu der Versteigerung an einen Ort, sondern sind im Internet unterwegs. Da hat man vielleicht den einen oder anderen höheren Betrag. Das könnte ein Stück weit zur Haushaltskonsolidierung beitragen.

Punkt 4 ist die Überarbeitung des Artikels 29 gewesen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel. Da ging es um die Festlegung, welche Stelle letztendlich zuständig ist, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahme auszuführen. Hier soll zukünftig das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zuständig sein. Das ist sinnvoll, weil bereits an vielen Stellen im POG das Oberverwaltungsgericht für andere Maßnahmen und die Rechtmäßigkeit zuständig ist. Also ist dies eine stringente Forderung, und es ist begrüßenswert, dass dies aufgenommen wird.

Im vorletzten Punkt, § 83, geht es um die Zentrale Stelle für den Digitalfunk. Das ist eine Organisationsform. Es gebe ein entsprechendes Verwaltungsabkommen mit Bund und Ländern. Auch das ist unproblematisch. Das sollte man novellieren.

Zuletzt, oder bei Ihnen in der Gesetzessystematik an erster Stelle, sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Dauer einer richterlich angeordneten Quellentelekommunikationsüberwachung statt wie bislang von drei Monaten auf zwei Monate verkürzt werden soll. Ich muss sagen, da warnen wir ein Stück weit vor Schnellschüssen. Dass für diesen Änderungsvorschlag im vorliegenden Gesetzestext keine Sachkriterien seitens der Regierungsfraktionen maßgeblich waren, zeigt sich schon daran, dass zur Begründung ausschließlich auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag verwiesen wird.

Ich habe es noch einmal ausdrücklich nachgelesen. Da steht, eine ausführliche sachliche Erklärung ist nicht zu finden. Die bleiben Sie uns schuldig. Die würden wir schon gerne wissen. Für uns wäre zunächst einmal eine ordentliche Evaluation in diesem Bereich sinnvoll gewesen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, die Effektivität unserer Gefahrenabwehr sollte nicht zum Preis Ihres Koalitionsfriedens beeinträchtigt werden. Das muss man auch darstellen. Es gibt sicherlich polizeiliche Maßnahmen, bei denen eine Dauer der Telekommunikationsüberwachung von zwei Monaten schlicht und ergreifend zu kurz ist. Ich kann Ihnen sagen, es gibt viele, die gehen nicht über zwei Monate. Es gibt auch viele, die gehen noch nicht einmal über einen Monat. Deswegen muss man dies abwägen. Deswegen kann ich im Augenblick nicht ganz verstehen, warum Sie dies ohne triftigen Grund herunternehmen wollen.

(Zuruf des Abg. Hüttner, SPD)

Unseres Erachtens sollten wir deshalb im Innenausschuss im Rahmen der Gesetzesberatung unbedingt die Vertreter der Polizeigewerkschaften anhören. Ich denke, das werden wir vereinbaren können. Von mir aus können wir auch eine schriftliche Anhörung machen. Aber wir sollten sie anhören. Wir würden nämlich gerne wissen, was dahintersteht, und vor allem, was der Praxisbezug und die Erfahrungen in den letzten Wochen und Monaten gebracht haben und wie sich dies mit dieser Maßnahme, speziell der TKÜ, darstellt und erörtert wird.

Alles in allem, sechs Maßnahmen sind es. Fünf Maßnahmen sind von unserer Seite völlig unproblematisch. Bei der anderen hätten wir noch etwas Klärungsbedarf. Wir sind da – wie gesagt – sehr offen. Wir haben gerade beim POG oftmals Gemeinschaftlichkeit gesucht, weil es uns wichtig ist, dass die Polizei ordnungsgemäße Arbeitsmittel hat. Deswegen würden wir dies gerne diskutieren und die Gewerkschaften mit ins Boot holen, damit dort noch einmal Erklärungen gegeben werden.

Ich denke, alles Weitere erfolgt im Innenausschuss und im weiteren gesetzgeberischen Verfahren.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Frau Kollegin Raue von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort.

Danke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den detaillierten Ausführungen meiner Vorredner zu den einzelnen Regeln im Gesetzesänderungsentwurf möchte

ich mich auf das eine Thema beschränken, auf das Schwerpunktthema der Datenerhebung nach § 31 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Wir wollen eine Neuregelung. Es geht um die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation und die Verkürzung der Fristen hierfür.

Herr Lammert, dafür liefere ich gerne noch sachliche Begründungen.

Telefonate, E-Mails und Telefaxe dürfen unter den Voraussetzungen des § 31 POG zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben aufgezeichnet und überwacht werden, das heißt, eine präventive Maßnahme, ein präventiver Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen. Diese Befugnis umfasst nicht nur die Verkehrsdaten, also wer wann mit wem telefoniert hat, sondern auch die Inhalte der Kommunikation an sich. Damit wird in die Kernbereiche der Persönlichkeitsrechte eingegriffen.

Mit dem vorliegenden Gesetz reduzieren wir die zulässige Dauer dieser Maßnahme. Das mag einem auf den ersten Blick als Lappalie erscheinen, anderen schon zu viel zu sein. Das spricht dafür, dass es ein ausgewogener Vorschlag ist.

Nach unserem Verständnis vom Einsatz der Mittel, die Persönlichkeitsrechte einschränken, sehen wir darin, dass für die Betroffenen eine kürzere Überprüfbarkeit dieser Maßnahme erreicht wird und die Gerichte nun bereits ab zwei Monaten über eine weitere Berechtigung der Überwachungsmaßnahme entscheiden können. Dies bedeutet mehr Rechtssicherheit für die Betroffenen. Es bedeutet, dass relevante Veränderungen der Anordnungsvoraussetzungen zeitnäher Berücksichtigung finden können.

Erlauben Sie mir einen kurzen Ausblick. Sie haben eine Evaluation angemahnt. Mit Ablauf dieses Jahres werden wir die Evaluation nach § 100 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in wesentlichen Teilen vornehmen und die Eingriffsbefugnisse in wesentlichen Teilen überprüfen. Datenerhebung durch technische Mittel, Telekommunikationsüberwachung und Rasterfahndung werden auf den Prüfstand gestellt werden.

In diesem Zusammenhang werden wir auch die Bedenken unseres Datenschutzbeauftragten aufnehmen, der deutliche Zweifel an der Erforderlichkeit dieser Regelung in § 31 POG und damit an der Rechtmäßigkeit der Quellen-Telekommunikationsüberwachung an sich äußert.

Einstweilen bleibt es bei der Verkürzung der Anordnungsfristen, eine Maßnahme, die gerade in der gegenwärtigen Situation die Wichtigkeit von Datenschutz in der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringt.

Zusammen mit den weiteren Änderungen ist es eine gute Weiterentwicklung unseres POG. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss.

Was den Kreis der Anzuhörenden anbetrifft, ist es gut und richtig, die Polizei mit einzubeziehen. Wenn Polizeivertreter, dann auch den Landesbeauftragten für den

Datenschutz und die Informationsfreiheit und die Datenschutzorganisationen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Staatsminister Lewentz hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die für die Fraktionen begründet haben.

Herr Lammert, um die Reihenfolge von Ihnen aufzugreifen, 1 bis 5 lasse ich weg. Das sind die Punkte, da sind wir uns alle einig.

Ich will Ihnen sagen, warum ich als für die Innere Sicherheit zuständiger Minister mit Blick auf die QuellenTKÜ glaube, dass dies ein verträglicher Vorschlag ist.

Bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung wird die im Internet geführte Kommunikation durch Zugriff auf einen Computer überwacht. Die Maßnahme bedarf einer richterlichen Anordnung. Daran wird sich nichts ändern. Sie ist nach geltendem Recht auf höchstens drei Monate befristet, und dann kommt das, warum ich keine Probleme damit habe. Dementsprechend kann die Maßnahme um jeweils maximal drei Monate verlängert werden.

Das heißt, wenn wir auf zwei Monate verkürzen, kann verlängert werden.

(Lammert, CDU: Maximal um zwei Monate!)

Selbstverständlich dann auch wieder im Schritt maximal um zwei Monate. Das bedeutet aber schlicht und ergreifend, dass alle Beteiligten nach zwei Monaten gefordert sind zu bewerten, ob die Maßnahme noch in diesem Umfang notwendig ist, und wenn sie notwendig ist, ob eine Verlängerung beantragt werden kann. Wenn wir gute Argumente haben, ist uns die Verlängerung in der Regel nicht verwehrt worden.

Daher glaube ich, dass man diesen Weg gehen kann. Er passt in den Diskussionsprozess von heute Morgen: Wie geht man mit Daten der Bürgerinnen und Bürger um?

Eines ist für mich aber auch klar. Ich schätze den Landesbeauftragten für den Datenschutz sehr, er ist aber für diesen Bereich zuständig, ich bin für die Innere Sicherheit zuständig. Deshalb muss man einen auskömmlichen Weg finden, damit wir in diesem Land beides gewährleisten können. Das scheint mir aber mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen gewährleistet zu sein.

Deshalb glaube ich – was auch geschieht –, wenn man bei der Anhörung noch einmal abwägt: Zwei Monate plus jeweils zwei Monate Verlängerungsmöglichkeit bedeutet, wir können damit arbeiten und operieren,

wenn wir Argumente für eine Verlängerung an der Hand haben. Darum geht es.