Protokoll der Sitzung vom 18.09.2013

Allein im Libanon halten sich weit über 700.000 Flüchtlinge auf. Die Bundesrepublik unterstützt finanziell und mit humanitärer Hilfe vor Ort.

Es muss bei einer solchen Sachlage auch humanitäre Verpflichtung Deutschlands sein, syrischen Flüchtlingen hier Zuflucht und Schutz zu gewähren. Bund, Länder und Kommunen sind bereit, ihren solidarischen Beitrag zu leisten und das humanitäre Völkerrecht mit Leben zu füllen.

Rheinland-Pfalz bietet Zuflucht. Die Flüchtlinge erreichen uns über verschiedene Wege. Seit Beginn des Bürgerkriegs bis heute, also seit Anfang 2011, haben über 1.000 syrische Staatsangehörige in RheinlandPfalz Asyl beantragt und ihre Zuflucht gefunden. Bundesweit sind es über 15.000 Personen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkennt in den Asylverfahren regelmäßig Abschiebungshindernisse an. Das bedeutet, dass syrische Asylbewerber einen Schutz erhalten, entweder einen Flüchtlingsschutz oder einen internationalen subsidiären Schutz und damit ein humanitäres Aufenthaltsrecht, eine Aufenthaltserlaubnis verbunden mit einer Arbeitserlaubnis und einem Leistungsanspruch nach dem SGB II oder nach dem SGB XII.

Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich den Kommunen, die trotz teilweise schwieriger Umstände Flüchtlinge aufnehmen und in ihren Kommunen mit finanzieller Unterstützung des Landes unterbringen. Hier sind die Kommunen hervorragend aufgestellt. Dafür möchte ich ihnen ganz herzlich danken.

(Beifall im Hause)

Unser Bundesland nimmt zusätzlich entsprechend dem Königsteiner Schlüssel 240 Flüchtlinge aus dem sogenannten 5.000er-Kontingent auf, das die Bundesregierung im Mai 2013 zugesagt hat. Rheinland-Pfalz hat sehr früh Bereitschaft signalisiert, seinen solidarischen Beitrag zu leisten und die Flüchtlinge aufzunehmen. Auch diese Flüchtlinge bekommen eine Aufenthaltserlaubnis verbunden mit einer Arbeitserlaubnis und mit Leistungsansprüchen nach dem SGB II und dem SGB XII.

Die ersten Flüchtlinge sind bereits bei uns in RheinlandPfalz eingetroffen.

Der Bund hat erst relativ spät reagiert und dieses Bundeskontingent festgelegt. Wir alle wissen, dass wir mit diesem 5.000er-Kontingent noch nicht zufrieden sein können, und wir werden uns gemeinsam beim Bund dafür einsetzen – ich werde das in jedem Fall tun –, damit wir dieses 5.000er-Kontingent erheblich erhöhen.

Um den Menschen in Syrien weitere Hilfe zukommen zu lassen, hat das Land eine eigene Aufnahmeordnung erlassen. Durch sie können syrische Flüchtlinge nach Rheinland-Pfalz kommen, wenn hier lebende Verwandte bereit und in der Lage sind, den Lebensunterhalt zu sichern; denn verständlicherweise wollen die hier lebenden syrischen Staatsangehörigen ihre Familienmitglieder in Sicherheit wissen.

Auch dritte Personen können sich dabei zur Sicherung des Lebensunterhalts für diese Angehörigen verpflichten.

Die Bundesregierung hatte keine Regelung für den erweiterten Familiennachzug getroffen. Deswegen hat Rheinland-Pfalz zusammen mit Schleswig-Holstein einen Vorstoß gemacht und eine landesrechtliche Aufnahmeordnung ausgearbeitet. Nach und nach sind 12 weitere Bundesländer diesem Beispiel gefolgt.

Die Landesregierung fühlt sich nicht zuletzt im Hinblick auf die Erfahrungen unserer eigenen Geschichte in besonderer Weise einem humanitären Flüchtlingsschutz verpflichtet; denn es gab einmal eine Zeit, in der Deutsche Zuflucht in anderen Ländern suchen mussten. Es ist daher eine besondere Aufgabe unseres Staates, verfolgten Menschen Hilfe zu leisten.

Die Situation in Syrien zeigt uns vielleicht am deutlichsten, warum dies notwendig ist, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit. Die Menschen sind traumatisiert, sie fliehen, weil sie in Lebensgefahr sind, und die Entwicklung in Syrien ist mehr als ungewiss.

Vor diesem Hintergrund – das muss ich deutlich sagen – kann ich nicht verstehen, wenn Leute gegen Unterkünfte für Asylsuchende, so wie hier in Mainz geschehen, demonstrieren. Ich bin sehr froh, dass wir in Mainz und auch in Rheinland-Pfalz parteiübergreifend in dieser Frage zusammenstehen.

(Beifall im Hause)

Lassen Sie mich mit Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat aus dem Weckruf von Lars Reichow vor anderthalb Wochen am Samstag, den 7. September, schließen: Wir sollten Mitgefühl zeigen für die verletzte Seele eines Menschen, der seine geliebte Heimat gegen seinen Willen verlassen musste. Auf geht es, Mainzer. Flüchtlinge aller Länder willkommen in Mainz. –

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Spiegel das Wort. – Bitte schön.

Sie haben noch 2 Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde eben schon gesagt, ich würde es aber gerne noch einmal unterstreichen, um die Wichtigkeit dieser Forderung zu betonen. Wir brauchen eine europäische Lösung in der Frage der syrischen Flüchtlinge. Nur wenn sich alle europäischen Länder gemeinsam daran beteiligen, können wir den syrischen Flüchtlingen substanziell helfen. Natürlich muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen. Egal, welche Kriterien man anlegt – von der Bevölkerungszahl, von der ökonomischen Stärke her –, steht es uns sehr gut an, wenn wir als Deutschland und

auch als Rheinland-Pfalz mit sehr gutem Beispiel vorangehen.

Wir sind eine Wohlstandsgesellschaft, und wir können es uns leisten, wir müssen es uns leisten, in diesem Moment Solidarität mit den syrischen Flüchtlingen zu zeigen, meine Damen und Herren.

Der erste Schritt ist, dass wir Flüchtlinge nach Deutschland und auch nach Rheinland-Pfalz holen. Der zweite – das wurde eben schon gesagt; ich möchte aber auch das noch einmal unterstreichen – ist, dass wir eine Willkommenskultur für die Syrerinnen und Syrer haben, die zu uns nach Rheinland-Pfalz kommen, wir sie mit offenen Armen empfangen, es für sie Integration, die Möglichkeit des Spracherwerbs, den Zugang zu Gesundheit und Arbeit gibt und sie damit zu einem Teil unserer rheinland-pfälzischen Gesellschaft werden, meine Damen und Herren.

Ich freue mich sehr, dass die Flüchtlingspolitik der Landesregierung, das Vorangehen und die Aussage, wir brauchen hier die Solidarität mit den syrischen Flüchtlingen, die Zustimmung und Unterstützung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses findet.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der eben erwähnt wurde.

Ich glaube und bin der festen Überzeugung, dass wir alle Religionsgemeinschaften unterstützen müssen. Für uns zählt der Mensch, der sich auf der Flucht und damit in Lebensgefahr befindet. Die Religionsgemeinschaft ist für uns in diesem Moment sekundär.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Frau Kollegin Klöckner das Wort. – Bitte schön.

Deutschland ist in der EU das Land, das mit weitaus größtem Abstand die meisten Asylbewerberanträge zu bewältigen hat. Deshalb unterstütze ich unseren Bundesinnenminister, Herrn Dr. Friedrich, dass wir eine europäische Konferenz, eine Flüchtlingskonferenz brauchen, damit die Länder in Europa zusammenstehen und sich nicht einige Länder hinter die Büsche schlagen.

Eines möchte ich noch einmal besonders betonen – Herr Kollege Klöckner hat es vorhin auch noch einmal gesagt –: Wenn jemand auf der Flucht ist, sind Essen, Trinken und Unterkunft das eine, aber auch Traumaverarbeitung und -begleitung werden gebraucht. Das ist das andere.

Nichtsdestotrotz ist eines auch deutlich: Natürlich spielen alle Religionsgemeinschaften eine Rolle; aber wenn

nicht wir, wer dann kümmert sich gerade auch um die Christen? Malula liegt 55 Kilometer nordöstlich von Damaskus. Dort gibt es intensive Christenregionen. Dort werden Menschen nur deshalb aufgehängt, weil sie Christen sind. Dort werden Regionen nur deshalb ausgebombt, weil man weiß, dass dort Christen sind. Malula liegt im Brennpunkt der aktuellen Auseinandersetzung von Rebellengruppen, aber auch Regierungsanhängern.

Deshalb will ich auch noch einmal betonen, egal, wie sich die Christen dort drehen, wenden und verhalten, sie sind immer in einer Zwickmühle, in einer ganz schwierigen Lage.

Ute Granold, eine sehr geschätzte Kollegin, die in diesem Jahr im Oktober, wenn sich der neue Bundestag zusammensetzt, ihr Mandat nach vielen Jahren niederlegen wird, hat sich – finde ich – in Menschenrechtsfragen sehr verdient gemacht. Sie war im Libanon und in Jordanien. Sie ist vor Ort gewesen, dort, wo Christen verfolgt sind. Sie hat den Stephanuskreis gegründet und wird ihn in Mainz parteiübergreifend auch anderen öffnen. Ich finde schon, dass wir, ganz gleich welcher Konfession, zeigen sollten,

(Glocke des Präsidenten)

dass wir eine besondere Aufgabe haben, da es Glaubensbrüder und -schwestern sind. Deshalb brauchen wir eine europäische Flüchtlingskonferenz. Aber hier vor Ort sind sie natürlich willkommen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Klöckner. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte vorhin gesagt, im zweiten Teil möchte ich die Forderungen aufstellen, die aus unserer Sicht notwendig sind. Das richtet sich in erster Linie an die Bundesregierung, weil hierbei der Bund gefragt ist.

(Staatsminister Lewentz: Den kann man einladen!)

Wir können abwarten – das sei mir erlaubt zu sagen–, da wir nicht wissen, wie die Wahl am Sonntag ausgeht. Vielleicht sind wir dann die Adressaten.

Eines ist in jedem Fall wichtig für den Bund: Es sollte eine europäische Regelung getroffen werden. – Da haben wir Konsens; denn im Konzert der EU-Staaten ist die Aufnahme von Flüchtlingen relativ unterschiedlich, ob man Frankreich oder beispielsweise Schweden sieht. Hier sollte man eine europäische Regelung treffen.

Dann heißt es bei der Aufnahme von Flüchtlingen: ohne Verpflichtungserklärung kein Visum. – Das heißt, wer will schon die Verwandten nicht aufnehmen, auch wenn er sich finanziell überfordert. Hier muss eine Regelung getroffen werden – das kann auch der Bund –, Beratung

anzubieten, wie man ohne Sozialleistungen einen Weg finden und vielleicht auch bei der Suche nach einem Arbeitsplatz helfen kann; denn wenn jemand von den Angehörigen kommt und schon bei Eintreffen einen Arbeitsplatz vorweisen kann, hat er auch den entsprechenden Versicherungsschutz. Hier muss man den Menschen helfen und sie begleiten. Ich denke, hierbei sind die Kirchen und andere Organisationen genau wie die staatlichen Einrichtungen aufgerufen, in dieser Hinsicht etwas zu unternehmen.

Pro Asyl hat selbst gesagt – dem kann man nur zustimmen –, dass Humanität keine Frage des Geldbeutels sein darf; denn dann werden diejenigen, die im Grunde genommen mittellos sind, diejenigen sein, die am Schluss übrig bleiben und das alles ertragen müssen.

Ich will ein Beispiel nennen. Sie haben die Christenverfolgung in Ägypten genannt.

(Glocke des Präsidenten)

Die Regierung in Ägypten hat 100.000 Menschen aufgenommen, die sich nicht in Lagern befinden und die Schule besuchen dürfen und denen die Krankenhauskosten erstattet werden.