Protokoll der Sitzung vom 02.10.2013

Ein weiterer Punkt, den ich nennen möchte und der an diese Stelle anknüpft, ist die Frage, wie man Beteiligungsverfahren auch vor Ort in den Kommunen begleitet. Wohin wenden sich Mitglieder einer Bürgerinitiative oder Ratsmitglieder, wenn sie Beratung bei Beteiligungsverfahren wollen? An die kommunale Verwaltung, an das Innenministerium, an Landtagsfraktionen? Alle sind irgendwo in diesen Verfahren Beteiligte und Betroffene. Das zeigt auch schon ein bisschen die nächste

Baustelle, wer nämlich eine Moderation und eine Begleitung leistet.

Ich glaube, es wird an Folgendem sehr deutlich. 2010 wurde ein Leitfaden zur Bürgerbeteiligung vom Innenministerium herausgegeben. Er wurde unter Führung von Herrn Professor Sarcinelli zusammengestellt. Da haben betroffene kommunale Vertreterinnen und Vertreter zu 89,6 % geantwortet, dass sie sich eine starke Unterstützung durch die Landesregierung bei Beteiligungsprozessen wünschen. Hier müssen wir schauen, wie wir diesem Wunsch entgegenkommen können und optimieren können, wie die Begleitung bei Beteiligungsverfahren intensiviert werden kann.

Ein weiterer Punkt, der auch angesprochen wurde, ist die Informationsgrundlage. Hiermit haben wir uns auch intensiv in der Enquete-Kommission auseinandergesetzt. Einige Mitglieder der Enquete-Kommission waren in der Schweiz und haben sich dort angeschaut, wie Grundlagen für Abstimmungen geschaffen werden. Es wird neutral ein Pro und Kontra abgewogen. Wir müssen uns die nächste Baustelle vornehmen im Hinblick auf die zweite Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform. Das ist die Frage der Informationsgrundlage. Es ist wesentlich, dass durch die Art und Weise, wie Informationen weitergegeben werden, Bürgerbeteiligung befördert werden kann, aber auch wesentlich erschwert, verhindert und instrumentalisiert werden kann. Ich glaube, wir müssen uns das auch selbstkritisch anschauen, wie das in den jeweiligen Beteiligungsverfahren vor Ort genutzt wurde.

(Licht, CDU: Und ob das Ergebnis stimmt!)

Herr Licht, eine weitere Baustelle, die ich nennen möchte, ist folgende: Wir möchten gerne die Bürgerbeteiligung weiterentwickeln und diese Erfahrungen ernst nehmen. Das hat Herr Kollege Haller auch schon angesprochen. Eine weitere Frage ist daher die der Mehrebenenkonflikte. Wir haben häufig verschiedene Ebenen, die sich mit dem jeweiligen Thema auch bei der Kommunal- und Verwaltungsreform befasst haben. Es kann zu einer wahren Zerreißprobe vor Ort werden. Wir müssen uns hier über die Instrumente unterhalten, damit diesen Mehrebenenkonflikten oder horizontalen Konflikten bei der Bürgerbeteiligung mit Instrumenten begegnet werden kann, damit sie nicht vor Ort zu Problemen führen.

Ich habe verschiedene Punkte genannt. Die EnqueteKommission hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, dass sie von der Landesregierung eine umfangreiche Auswertung aller Beteiligungsverfahren im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform erbittet. Auf der Grundlage dieser Auswertung, also aller Kommunen, die zur Fusionierung aufgefordert waren, wollen wir uns anschauen, wie die jeweiligen kleinteiligen Prozesse auf kommunaler Ebene tatsächlich abgelaufen sind und welche Probleme möglicherweise aufgetaucht sind. Ich glaube, es steht uns allen gut an, uns diese Erfahrungen für zukünftige Reformvorhaben wirklich genau anzuschauen und die Bürgerbeteiligung weiterzuentwickeln.

Wir wollen Bürgerbeteiligung. Das haben wir mit dem breiten Ansatz bei der Kommunal- und Verwaltungsre

form sehr deutlich gezeigt. Man kann hier aber sicherlich auch die Erfahrungen aufnehmen, die die Kommunal- und Verwaltungsreform an den Tag gebracht hat. Wir wollen hier besser werden und mehr Bürgerbeteiligung haben. Im Rahmen der Enquete-Kommission werden wir uns das intensiv anschauen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Frau Kollegin Dickes zu Punkt 3 der Tagesordnung, Landesgesetz über freiwillige Gebietsänderungen der Gemeinde Lambsheim und der Verbandsgemeine Heßheim sowie der Städte Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein Ebernburg – Drucksache 16/2818 – das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein gemeinsamer Gesetzentwurf über den freiwilligen Zusammenschluss vor, hinter dem natürlich, wie wir immer bei freiwilligen Zusammenschlüssen gesagt haben, auch die CDU-Landtagsfraktion steht und hinter den ich mich persönlich stellen kann und auch unsere Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner, die leider heute nicht sprechen kann, weil sie auf der Beerdigung ist.

Das große Problem für uns liegt in den Dingen, die nicht geklärt sind. Das sieht man schon an dem unterschiedlichen Umfang, wenn Sie sich den Gesetzentwurf zu Lambsheim-Heßheim und Bad Kreuznach und Bad Münster anschauen. Die Landesregierung hat viele Jahre den Fokus auf die Fusion der Städte Bad Kreuznach und Bad Münster gelegt und dabei vergessen, dass es auch noch übrige Gemeinden in der Verbandsgemeinde Bad Münster gibt. Aber die waren nicht so wichtig.

Man hat uns immer wieder mitgeteilt, dass man sich diese Gedanken erst dann machen wolle, wenn es klar ist, dass es zu einer Städtefusion kommen würde.

Es tut mir jetzt sehr leid, dass der Kollege Pörksen bei der Fusion seiner Stadt, in der er lebt, nicht anwesend ist.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Frau Kollegin, so wie der Kollege Baldauf!)

Es hat mich schon gewundert, dass er sich als Mitglied im Innenausschuss, als Fachpolitiker, in dieser Sache überhaupt nicht eingebracht und als Wahlkreispolitiker seine Dörfer im Stich gelassen hat.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD – Frau Schneider, CDU: Entschuldigung, wenn man das beim Kollegen Baldauf macht, muss man auch ertragen, wenn es auf der Gegenseite gemacht wird!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist die Zeit davongerannt. Neun Ortsgemeinden stehen im Regen. Knapp 8.000 Bürger blicken in eine ungewisse Zukunft.

Herr Innenminister, Sie haben vor etwa zwei Monaten einen Brief geschrieben und darin erklärt, dass nach der Fusion der beiden Kurstädte die Restgemeinden der Verbandsgemeinde Bad Münster bis zum Ende der Amtszeit des Verbandsbürgermeisters 2016 weiter existieren sollen. Was danach mit der Verbandsgemeinde geschieht, lassen Sie weiter offen.

Sie lassen auch offen, wie es bis zum Januar 2016 mit der Verbandsgemeinde weitergehen soll, zum Beispiel mit der Frage, was mit dem Personal wird, das die Verbandsgemeinde hat. Eigentlich müsste es anteilmäßig zwischen Verbandsgemeinde und Stadt aufgeteilt werden. Dann wäre aber die Aufgabenwahrnehmung in den Restgemeinden nicht mehr zu leisten. Gleichzeitig, wenn wir sie behalten würden, kann die Restverbandsgemeinde diese Kosten nicht mehr tragen.

Es ist ein absolutes Dilemma, in das Sie diese Ortsgemeinden hineingeschickt haben, und diese sind fast nicht mehr handlungsfähig aufgrund Ihrer Handlungsunfähigkeit.

Diese Fragen, die sich beim Personal stellen, stellen sich auch bei den Gebäuden, bei der Personalrückstellung und ganz klar bei der Frage, mit welcher Motivation sollen Menschen bei der Kommunalwahl 2014 für eine Verbandsgemeinde wählen gehen oder sich für eine Verbandsgemeinde wählen lassen, wenn sie überhaupt nicht wissen, wohin der Zug fährt, wie wir weiter agieren wollen. Sie nehmen den Menschen auch die Motivation, sich zu engagieren.

Ich bitte Sie inständig, schnellstmöglich Rechtssicherheit für diese neuen Gemeinden zu schaffen und nicht nur einen solchen kurzen Entwurf vorzulegen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Zu Punkt 4 der Tagesordnung, Landesgesetz über die Gebietsänderung der Verbandsgemeinde Treis-Karden – Drucksache 16/2819 – erteile ich Frau Abgeordneter Beilstein für die CDU-Fraktion das Wort.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ich dachte, wir nehmen zuerst die Opposition. Aber wenn Sie – – –

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Gut, dann nehmen wir zuerst die SPD-Fraktion. Herr Oster.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir, die Verbandsgemeinde Treis-Karden – das darf ich

sagen; denn es ist meine Heimat, und da bin ich Mitglied des Verbandsgemeinderates –, haben uns innerhalb der Freiwilligkeitsphase bewegt und die notwendigen Beschlüsse für die Gebietsänderung gefasst. Deshalb ist es für uns alle – ich betone „alle“ – ungemein wichtig, dass unsere Gebietsänderung als freiwillig-gesetzlich identifiziert und eingeordnet wird. Mir ist bewusst, dass wir, die Akteure vor Ort, für die Umsetzung noch einiges an Arbeit leisten müssen.

Die vier Verbandsgemeinden sind auf einem guten Weg. Sie sind kurz davor, die Fusionsvereinbarung zu unterschreiben. Der Verbandsbürgermeister von Treis-Karden ist heute hier. Also sprich, auf Verbandsgemeindeebene sind wir auf einem sehr guten Weg.

Auf Kreisebene konnten wir in den vergangenen Tagen noch einmal Berichte in der Zeitung lesen. Ich denke, da muss man sich einfach noch einmal annähern. Da muss man über den einen oder anderen Punkt noch einmal offen reden. Ich denke aber, daran darf es letztendlich nicht scheitern; denn wir sind in diesem Prozess sehr weit vorangeschritten.

Mittlerweile streitet es in unserem Landkreis niemand mehr ab, dass es richtig war und ist, zu fusionieren; denn allein der demografische Wandel macht dies notwendig. Wir werden weniger. Dies braucht zukunftsfeste Verwaltungseinheiten, damit Verwaltung bezahlbar bleibt.

Darüber hinaus muss noch einmal ganz deutlich gesagt werden – das betone ich –, es geht um eine Verwaltungsreform und nicht um eine Bürgerreform. In erster Linie geht es um Optimierung von Verwaltungszuschnitten und vor allen Dingen um wirtschaftliche Synergieeffekte. Diese Synergieeffekte werden mit der Fusion Treis-Karden erzielt. Deshalb ist es umso wichtiger, diesen Prozess zu Ende zu bringen.

Eines sei auch in aller Deutlichkeit gesagt, ich hätte mir im gesamten Prozess mehr Sachlichkeit gewünscht und weniger Emotionen; denn es war teilweise so gewesen, dass die sachlichen Argumente gar nicht mehr gezählt haben, nur noch Polemik im Spiel war. Ich glaube, da müssen alle Akteure sich selbst noch einmal an die Nase packen und das ein Stück weit relativieren.

Mein ausdrücklicher Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller betroffenen Verbandsgemeinden und den Ratsmitgliedern, die es in den letzten zwei Jahren sicherlich nicht leicht hatten. Keine Ratssitzung blieb ohne das Thema „Kommunalreform“, und viele andere wichtige Themen mussten hintanstehen. Das sei heute noch einmal gesagt, auch an die Mitglieder, die aus den Verwaltungen und der Bürgerinitiative heute hier sind. Es waren keine leichten zwei Jahre.

Wir, die SPD vor Ort, mussten am Anfang heftige Kritik für das Gesetz einstecken. Aber wir haben es von Anfang an akzeptiert und gesagt, wir wollen die Freiwilligkeitsphase nutzen; denn sie gibt uns eine Chance, und diese Chance haben wir genutzt und werden sie weiter nutzen.

Meine Damen und Herren, deshalb werde ich auch zum schwierigsten und kritischsten Teil der Fusion selbstverständlich Stellung beziehen und mich äußern.

Unsere Fusion hat landesweit für Aufregung gesorgt, da drei Gemeinden den Landkreis verlassen wollten und jetzt schlussendlich verlassen werden. Beschlossen worden war von den Gremien zunächst etwas anderes, aber das nun vorliegende Gesetz erzielt jedoch eine gute Lösung, mit der wir die drei wichtigsten Ziele erreichen und hinter der die Menschen aus allen drei Teilregionen der bisherigen Altverbandsgemeinde TreisKarden stehen können: Zukunftsfestigkeit von Verwaltungseinheiten, Würdigung der regionalen Zugehörigkeitsempfindung – das ist ein Punkt, den man ansprechen sollte; der ist wichtig für die Bürger, und den haben wir aufgenommen – und – der letzte Punkt – die Stärkung des ländlichen Raums.

Insofern kann man aus heutiger Sicht sagen, die Fusionen waren nicht nur erfolgreich, sondern man hat auch dem Empfinden und dem Willen der Bürger Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren, da sei ein Dank ausdrücklich an das Innenministerium gesagt; denn wir haben unzählige Gespräche über die Fusion geführt. Wir dachten, alles ist gesagt, alles ist besprochen, und immer wieder kamen Wünsche von den Kommunen vor Ort. Dies wurde vom Innenministerium, das sicherlich viele Aufgaben hat, zu keinem Zeitpunkt abgelehnt. Bis vor Kurzem wurden noch Gespräche geführt. Ich glaube, man sollte an einem solchen Tag wie heute sagen, dass das Haus uns in dieser schwierigen Zeit jederzeit zur Verfügung gestanden hat. Wir sind froh, dass das Gesetz heute in den Landtag eingebracht ist.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Beilstein das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem gebe ich Herrn Oster völlig recht, ich glaube, der Fall TreisKarden ist im gesamten Land einmalig; denn die Gefühle der betroffenen Menschen, der ehrenamtlichen Ratsmitglieder, der Verwaltungskräfte sind über fast drei Jahre hinweg Achterbahn gefahren. Das hat seinen Grund darin, dass dieses Grundsätzegesetz nicht ausgegoren ist.

Zunächst hat man sich vor Ort auf die Suche nach einem Partner innerhalb der Kreisgrenzen gemacht, wie es das Grundsätzegesetz vorsieht. Als Problem erwies sich dabei sehr schnell der Wunsch der drei Hunsrückdörfer, in den Nachbarkreis zu wechseln. Das haben wir vor Ort sehr ernst genommen. Wir haben deswegen zur

Lösung dieses Problems ein Gespräch mit dem Innenminister gesucht.